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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0294

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20$


|as Wappen des Reichskanzlers Chlodwig Fürsten zu Hohenlohe-
Waldenburg-Schillingsfürst, Prinzen von Ratibor und Corvey ist in seiner
jetzigen Gestalt neueren Datums. Das Diplom ist in Breslau den 11. September 1890
ausgefertigt. Die Zusammenstellung beruht auf einem Erlass des Königs Friedrich
Wilhelm IV. bei Gelegenheit der Erbhuldigung zu Berlin vom 15. October 1840.

Damals wurde dem Fürsten als Neifen
und Erben des am 12. November 1834
kinderlos verstorbenen Landgrafen Victor
Amadeus von Hessen-Rotenburg, Herzogs
von Ratibor, Fürsten von Corvey, der Titel
eines Prinzen von Ratibor und Corvey ver-
liehen.

Das Wappen des Reichkanzlers.

Der SohnNapoleon’s III. hat im Zulu-
lande ein ruhmloses Grab gefunden, ohne
einen legitimen Erben zu hinterlassen.
Das Gerücht von einem unehelichen Sohne
des Prinzen ist schon mehrfach aufgetaucht;
in jüngster Zeit hat es in gewissen Bona-
partistischen Blättern greifbare Gestalt ge-
wonnen.

Die Heldin des Romans ist die Gattin eines englischen Schreibers, Walter
Kelly, der sich durch eine Lungenkrankheit für schwerere Arbeiten unverwend-
bar, dürftig durch Abschreiben ernährte. Die junge Frau, eine zierliche Brünette,
musste sich einen Nebenverdienst suchen und wurde auf einem Skating-Ring im
Westend in der Nähe des Empire-Theaters als professionelle Rollschuhläuferin
engagirt. Hier lernte sie den Prinzen Louis Napoleon kennen und trat zu ihm
in nähere Beziehungen. Lotty Watkins — sie hatte sich diesen nom de guerre
selbst beigelegt — hatte von dem Range ihres Geliebten keine Ahnung, sie er-

fuhr erst nach seinem Tode,
ter ihres Kindes war. Nachdem
te seinem unheilbaren Leiden
sie ihren Knaben in der Obhut
Martin, die ihn bei sich aufnahm
Lotty Watkins ist seither ver-
soll sich nach Australien ge-
Engagement an einem Theater
angenommen und neue Ver-
den haben, die für sie sorgten.
Wallie Kelly — er führte den
nes Pseudovaters — wurde bis-
ten unbekannter Wohlthäter
war von 1885 bis 1886 in dem
Mrs. Husson in Bercy und be-
Zeit lang das katholische Er-

Lotty Watkins,
die Geliebte Napoleons IV.

wer der Va-
auch ihr Gat-
erlegen, liess
einer Miss
und erzog.
schollen. Sie
wendet, ein
in Melbourne
ehrer gefun-
Der junge
Namen sei-
her auf Kos-
erzogen. Er
Institut einer
suchte eine
ziehungs-

institut zum heiligen Nicolas in Issy. Jetzt soll er sich nach Vollendung seiner
Ausbildung in Blackheath in England aufhalten, um später in ein Handelshaus
in London einzutreten.

Der Roman ist nicht ungeschickt combinirt, und ein authentischer Briefwechsel
zwischen Lotty Watkins und dem Prinzen Napoleon hat natürlich dem unzu-
friedenen Theil der Bonapartisten vorgelegen. Die Familie der Bonapartes ist
an Schicksalswechsel gewöhnt, und so wäre es denn nicht ganz unmöglich, dass
ihr letzter illegitimer Spross sein Leben nicht im Comptoir beschliesst.

Der Hansom, das beliebteste Vehicle Londons, hat nün eine zeit-
gemässe Abänderung erfahren, die dem conservativen Engländer ein Dorn im
Auge sein mag, das Gefährt aber auch für den Continent möglich macht, der

nicht in gleichem Maasse an unbequemen
hängt. Die Modification des Hansoms ist von
Brewer, 46 New Kent-road, ausgeführt und in

n

-rr/'T' v' _r'C' 1

«

Der neue Court-Hansom, in Deutschiand patentirt.

Traditionen
der Firma
Deutschland
patentirt.
Der Sitz des
Kutschers an
der Hinter-
seitedes Wa-
gens ist bei-
behalten.
Vom Bock
aus wird eine
einfache Vor-
richtung diri-
girt, die das
Aufziehen
und Herab-

lassen des vorderen Fensters ermöglicht. Statt auf zwei bewegt sich der
Wagen auf vier Rädern. Das Einsteigen erfolgt von der Seite, wie bei einem
Coupe, nicht wie bisher von vorne.

In Spandau hat man sich, dem schämigen und prüden Zug der Zeit foigend,
kürzlich einer greulichenVerhunzung eines deutschenDichters öffentlich
schuldig gemacht. Bei einervolksthümlichenNachfeier von Kaisers Geburtstag wurde
u. A. Theodor Körner’s markiges Lied: „Das Volk steht auf, der Sturm bricht
los“ vorgetragen. In der Strophe, die anhebt: „Pfui über Dich Buben hinter
dem Ofen“, war die Zeile: „Ein deutsches Mädchen küsst Dich nicht“ im
Interesse der „guten Sitte“ umgeändert in „Ein deutscher Jüngling grüsst Dich
nicht“.

* *

Die amerikanischen Millionäre machen wieder einmal von sich reden.
Jay Gould ist gestorben. Sein hinterlassenes Vermögen beläuft sich nach amt-

Millionen Dollars und be-

licher Schätzung auf 82
steht in 220 023 Stück
101 800 Missouri Pacific-
hattan - Actien, 8 753 000
Consois nebst einer For-
Millionen Dollars und
centigen Missouri Pacific
Dollars Prämienforde-
berichtet, dass in den
Vanderbildt und seine
bild-KIinik am Colum-
lars, Mrs. Sloane für
Millionen und zwei ano-
neuen Columbia-College-

Ein angeblicher Sohn Napoleon IV.

Western Union - Actien,
Actien, 100 033 Man-
Dollar Iron Mountain-
derung von über drei
10 055 000 Dollars 5pro-
mit nahezu 2 1/» Millionen
rung. — Gleichzeitig wird
letzten Tagen Cornelius
Brüder für die Vander-
bia-College 350 000 Dol-
das Sloane - Spital zwei
nyme Spender für die
Gebäude 500 000 Dollar
amerikanischen Millio-
sie für wissenschaftliche

gestiftet haben. — Die

näre zeichnen sich bekanntlich dadurch aus, dass
Zwecke stets eine offene Hand haben — eine Eigenschaft, die man bei ihren
europäischen „Collegen“ leider nur zu oft vermisst!

Eine Ehescheidungsstatistik für Frankreich wird jetzt veröffentlicht,
welche ergiebt, dass von 1884 bis 1891, also in acht Jahren, über 40000 Scheidungen
von den Gerichten erkannt worden sind. 93 von 100 Scheidungsklagen haben
durchschnittlich eine günstige Aufnahme gefunden, während die „separation“
weniger leicht bewilligt wird. Vor zehn Jahren, ehe die Scheidung (divorce)
wieder eingeftihrt wurde, verhielten sich die „Trennungen“ zu den Heirathen
wie 14:1000; jetzt verhalten sich die Trennungen und Scheidungen zu den
Heirathen wie 24:1000. Die meisten Scheidungen (42 pCt. der Gesammtzahl)
finden im Arbeiterstande statt, während auf die ländliche Bevölkerung nur 7 pCt.
entfallen. Paris allein hat über ein Drittel der sämmtlichen Ehescheidungen des
Landes auf seiner Rechnung; die katho-
lische Bretagne mit der Lozere weist
deren die geringste Zahl auf. In dem
letzteren Departement waren in sieben
Jahren nur neun Scheidungen zu ver-
zeichnen. Aus dem Ueberwiegen der
Pariser Ehescheidungen ergiebt sich von
selbst, dass man sich hüten muss, aus
dieser Statistik auf die Moral in Frank-
reich zu schliessen. Wenn bei uns alle
Ehen getrennt würden, die eigentlich eine
Liige sind, würden wir dem berüchtigten
Frankreich nicht erheblich nachstehen.

In Calcutta fand in diesem Winter
der erste Congress indischer Aerzte
statt, der ein eigenartig orientalisches
Gepräge trug. Es ist ein Beweis, auf wie
grossartige wissenschaftliche Fortschritte die Civilisation in Indien zurückblicken
darf, dass das Verzeichniss der Theilnehmer 800 Namen aufzuweisen hatte und
zwar zum weitaus grössten Theil solche von Eingeborenen. Männer aller Ragen
und Secten discutirten mit gleichem Interesse Fragen von medicinisch-wissen-
schaftlicher Bedeutung. Der Vicekönig, der katholische Bischof und seine Geist-
lichkeit, Mohamedanische Fürsten, Rajahs und Maharajahs, Generale und Juristen
verfolgten mit gleichem Eifer die Debatten. Die Costüme variirten von den
edelsteinbesetzten Gewändern und dem Turban des Maharajah von Kapurthala
bis zu dem einfachen schwarzen Gehrock des englischen Stadtarztes. Als Vice-
präsidenten fungirten beispielsweise Dr. Joggotundhu Bose und der Militärchirurg

IX. 13. IV.
 
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