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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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Löwinsohn, Eugen: Die Diva und ihr Haus
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https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0242

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152

MODERNE KUNST.

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Von Eugen Löwen.

n Gmunden ist es, wo die einstige Königin des Berliner Opernhauses,
Pauline Lucca, jetzige Baronin Wallhoffen, nach deren undefinirbaren blau-
grauen Augen die Berliner Conditoren noch heute eine Kuchenart benannt
haben, ihr sommerliches Nest sich gebaut hat.

Schon von Weitem winkt die schmucke Villa, die von der garnicht unbe-
deutenden Anhöhe, auf der sie gelegen ist, einen prächtigen Ausblick auf den
glitzernden Traunsee und einen grossen Theil der mächtigen Alpenkette bietet,
dem Ankommenden entgegen.

Wenn man dann das kunstvoll gestaltete Parkthor passirt hat, an dem ein
wohlerzogener Pförtner seines Amtes waltet, braucht man noch fast fünfzehn
Minuten, ehe man auf Schlangenwegen bis zu der schon vorhin so nah er-
schienenen Villa gelangt, die sich in dem modernen stillosen Stil zweistöckig
in die Höhe reckt. Beim Eintritt wirkt die Treppenhalle, mit ihrer breit aus-
ladenden Freitreppe, die sich am oberen Ende in zwei kieinere Treppen theilt,
wahrhaft imponirend. Im ersten Stockwerk befinden sich die Salons und das
Speisezimmer, während im zweiten Stock die Schlafzimmer gelegen sind, die
sämmtlich auf die rund um das Treppenhaus herumlaufende Säulen getragene
Gallerie hinausgehen. So prächtig und ausgedehnt der Park ist, so beschränkt
sind die mit vornehmer Eleganz, aber ohne jeden Prunk ausgestatteten Wohn-
räume. Und das lässt sich begreifen; denn ursprünglich war dies Tusculum
das auf einem früher der Erzherzogin Elisabeth gehörigem Grunde steht, zu

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nichts anderem bestimmt, als zur Erholung für die Sommermonate. Aber
nun einmal ein göttlicher Funke in die Brust geiegt worden ist, der kann " lC

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ruhen und nicht rasten wie Andere zum ruhigen Daseinsgenuss geborene Mens
kinder, dem dünkt die Unthätigkeit als der Uebel grösstes, und er sucni • ^
vor ihr zu retten, wie er nur kann. So .kam die Beherrscherin dieser
zu ihrer Musikschule.

Und nun will ich der Diva, die jetzt wieder zum Winteraufenthalt 111 ^
hiesiges im Bezirke Landstrasse belegenes Palais zurückgekehrt ist, selbA
Wort lassen;

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„Ja sehen Sie,“ so plaudert sie, im türkischen Schlafrock ohne jede P° se ^
dem Sopha sitzend, „meine Musikschule, das ist ein wahres Unglück, die i st
über den Ivopf gewachsen. Ich habe einfach nicht gewusst, was ich vor La' 1
weile anfangen sollte, da hab’ ich meinen Mann gefragt, ob er mir e
Stunden zu geben. Ja! hat er gesagt, aber nur, wenn ich mich nicht zu

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anstrenge. So fing ich denn mit ein paar Schülerinnen an. Aber

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bald von allen Seiten so viele auf mich zugestürmt, dass ich's garnicht
allein bewältigen konnte. Früher hab’ ich nur einen Unterlehrer gehabt- J
aber hab' ich auch einen Bassisten, einen Bariton und einen Regisseur ans te

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müssen: nur ein Orchester hab’ ich nicht, dazu fehlt eben der Raum.

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ja so wie so alles viel zu eng, und ich bitt’ Sie, der Theatersaal, von dert 1 ^ &

so viel Geschichten macht, ist doch nichts als ein grosses Zimmer. Die
 
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