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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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Die Philosophin
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Kirchbach, Wolfgang: Der Wein, [3]: Roman
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https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0362

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[Nachdruck verbotcn.]


tii bseifs der §frasse sici? ein pfüTjlein ?ei<^f,
Ein alfer p-ol^sc^uh drauss’ als lnsel sfei^f.


k

Ein Vi)ind\)erWet^fes dürres ßlaff lie^f drin,

Ond auf dem Blaff sif^t eine 09asserspinn’.

i

§ie sfaunet, Wie das Blatf im 09inde bebf,

Ond Wie il?r §cbaffen Wandernd sie umscbWebf.

--—>*<•

§ie sinnf und sinnf, bis endiicb sie erKennt:
,,Om einen punKt dreijf siclj das pirmamenf.

<äAm ifa^ die §onne, pacijfs die §fernlein klar,
Das Meer, die Insei, und das ßlaff sogar,

Qeborsam Wirbeln sie und dreijen sicb,

Om einen MiffelpunKf, — und das bin icip“

Ernst Lenbach.

m.

Roman von Wolfgang Kirchbach.

[Fortsetzung. |

[Nachdruck verboten.]

üdig setzte sich am Fenster auf den Stuhl und lehnte den Kopf in her?“ versetzte der Mann. „Es müsste ja jedem Weinstock bis in

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die Hand, den Arm auf's Fensterbrett stützend. Die Kinder sahen
den Vater ängstlich an; die Mutter starrte auf ihren Teller und wischte
sich von Neuem die Augen.

„Man muss doch leben!“ sagte sie endlich. „Und lieber das Eigene
einmal billig geben, als borgen. Wenn wir nur erst über den Frühling hinaus
sind, vielleicht werden die Erdbeeren gut, da haben wir für’s erste doch
wieder baar Geld und Gott wird auch helfen.“

„Ja, ein gutes Weinjahr!“ meinte Rüdig bitter. „Das ist leicht gesagt!
Die letzte Nacht hat mir schon viele Augen erfroren, wo der Wind hin-
trifft, und wenn wieder solche Nachtfröste kommen, kann Alles hin werden.
Und was wird dann? Wenn wir wieder ein schlechtes Jahr haben, dann
müssen wir den Wein im Keller verauctioniren und das reicht so lange,
bis wir borgen müssen und wenn wir einmal so weit sind, dann versteigern
sie uns auch noch den Berg und wir müssen froh sein, wenn sie uns als
Weinbergsarbeiter auf irgend einem grossen Weingut annehmen!“

„Ach, Gotthelf, verzage nur nicht! Gott hat meinen Eltern vierzig
Jahre lang geholfen, dass immer wieder einmal schöne Trauben wurden,
und unsere Stöcke wissen’s ganz genau, wenn sie wieder einmal vollhängen
müssen.

„Und wenn Du das weisst, warum giebst Du dann den Wein so billig



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Wurzel weh thun, wenn er wissen könnte, wie man seinen besten
und sein innerstes Blut verschüttet um einen Judaslohn und wie die ai'ü 1
Leute es trinken, als wär's saures Bier, Leute, die es nicht zu würdi£ e
wissen und vielleicht denken, sie haben irgend eine Manscherei um bill 1£ e
Geld gekriegt! Sagen Sie, Martha, können Sie das riun zugeben,
Ihre Schwester den Wein so billig hergiebt, wo wir so hart arbei
müssen, dass er gedeiht?!“


iteri

Martha hatte nur mit halben Ohren dem sorgenvollen Gespräche

de r

Schwester und des Schwagers zugehört. Sie war ganz wie in einen Tra 11"
versenkt und es war ihr in diesem Augenblicke so gleichgültig, ob man m 1
Wein billiger oder theurer trank. Auf die Frage des Schwagers erwiderte s* e
„Es giebt doch jedes Jahr neue Reben und warum soll man nicht
einmal verschenken, was umsonst wächst wie die Liebe umsonst wäch st''
Sie blickte träumerisch vor sich hin, zog die Kinder an sich 1111
küsste sie sanft. Rüdig schüttelte den Kopf. Er verstand die Schwä;
nicht. Anna sah mit grossen Augen auf ihre Schwester und eine
Angst und Sorge um das Mädchen, um sich selbst, um sie Alle zog
auf einmal in’s Herz, 'sie wusste nicnt, warum.

„Ist es denn wahr, Gotthelf, dass die Reblaus in der Nähe ist!“
„Ach, ja, nur zu wahr!“ versetzte der Mann, indem er seufzte. ,

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„Und wenn sie kommt, dann werden die Weinberge ausgerottet u
die Stöcke herausgerissen und der Boden mit Petroleum tiberschwenin 11'

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