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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0186

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93


fs ist nicht der letzte, sondern der
jüngste Johanniterritter, den wir
unseren Lesern im Bilde vorführen. Ba-
ron von Wolf ist ein ostpreussischer Edel-
mann, dessen stattliche Gestalt sich in der
Eisenrüstung vermuthlich noch wtirde-
voller ausnehmen würde, als in der mo-
dernen Ordensuniform. Seitdem die pro-
testantische Balley Brandenburg im Jahre
1811 als erloschen erklärt worden, be-
steht ein Königlich J’reussischer Johan-
niterorden, dessen Bestrebungen der
Krankenpflege im Kriege und im Frieden
gewidmet sind. Die malerische Ordens-
tracht hat sich natürlich dem modernen
Geschmack anbequemen müssen. Eigent-
lich ist nur der schwarze Rittermantel mit
dem achtspitzigen weissen Kreuz auf der
linken Brustseite geblieben. Aus der
rothen Sopraweste mit dem weissen
Balkenkreuz, das über dem Panzer ge-
tragen wurde, hat sich die rothe Uniform
entwickelt mit weissem Kragen, Vorstoss
Aufschläge, goldenen Knöpfen und Epaulettes. Auch die Beinkleider sind
' e'ss, bei den Commendatoren und Rechtsrittern goldgalonirt. Dazu gehört

B,

ar° n von Wolf als Johanniter-Ritter.
i'i'ot0grapl,ie yon Franz Kühn, Berlin,

W,

Clri schwarzer Dreispitz, für die Ehrenritter ohne Federn.

Cobl,

DasGeheimniss der berühmten italienischen Geigenbauer will OttoMigge,
enz a. Rh., gefunden haben. Seit mehr als hundert Jahren sucht man nach
:rri Geheimniss der alten italienischen Geigen aus der berühmten Cremoneser

Schule. Migge behauptet, dass das Geheimniss der grossen Meister in nichts
■^hderem bestand, als in der natürlichen Art und Weise, eine Geige zu bauen
^ zu lackiren. Er zeigt, auf welche Weise die Elastizität der Geigendecke
^" rch die Lackirung erhöht wird; es ist nur durch einen harten Lack zu erreichen,

er in bestimmter Weise aufgetragen wird. Er stellt einen Lack von gleicher
f cllönheit und Giite, wie der italienische Geigenlack, her und macht kein Ge-
^ifftniss aus dessen Zusammensetzung. „Die Mängel der ,Ansprache‘ einer

^ e'ge vermuthete man seither stets im Holz, während sie in Wirklichkeit nur
die

Folge einer unnatiir-
enLackirung oderUeber-
rung waren.“ Der

•ich,

'acki

^Usikschriftsteller Richard
urtheilt über die Ent-
CckungMigge's: „DieTrag-
c‘ te dieser Entdeckung ist

schr

«U

W,

gross. Das Vertrauen
^en neuen Geigen wird
^ld erhöht werden; der
reis für neue Geigen

Wi-j .

^,‘ a sich in bescheidenen

^ rerizen halten, der der

etl Cremoneser Instru-

^ eute bedeutend ermässigt

^ Crden. Der Gefahr des

etrUgs wird vorgebeugt;

dorbene Cremoneser In-
str„

uniente können durch
chverständige Behandlung
ettet, Reparaturen auf
^ Minimum beschränkt
erden. Auch für alle
, eren Saiteninstrumente
a die Lösung des Pro-
etns von Bedeutung sein.“

, Wie verschieden sich
r Werth der mensch-
en Arbeit je nach den
fQi nständen bemisst, mag die
s § ende pseudovolkswirth-
a tliche Studie beweisen:
^iu^ ^' C^ ter Tennyson nahm
er* werthlosen Bogen

Papier, und während er ein Gedicht darauf schrieb, verdiente er 100 000 Mark.
Das war Genius. Vanderbilt kann auf irgend ein Stück Papier schreiben und er-
hebt es zu einem Werthe von 100000000 Mark. D?.s ist Kapital. Die Vereinigten
Staaten können 1'/2 Unzen Gold nehmen und prägen darauf einen Vogel (Adler
genannt), dcr einen Werth von 400 Mark hat. Das nennt man Geld. Der Mechaniker
nimmt Material im Werth von 5 Mark und macht daraus eine Uhr, die 100 Mark
werth ist; und das nennt man Geschick. Ein Kaufmann nimmt einen Artikel, der
25 Pfennig werth ist und verkauft ihn für eine Mark. Das ist Geschäft. Eine
Dame kann sich einen sehr schönen Hut für 3 Mark 75 Pfennig kaufen, aber sie
zieht es vor, sich einen Hut für 27 Mark zuzulegen.

Das ist Narrheit. Der Arbeiter mit der Schaufel
arbeitet 10 Stunden und befördert drei oder vier
Tonnen Erde oder Kohle für 4 Mark. Das ist Arbeit.

Der Schreiber dieser Zeilen kann einen Wechsel
für 80000000 Mark schreiben und der würde keine
10 Pfennig werth sein. Das ist schändlich!

Ein wirklicher „Flirt“ gehört in Tanger zu
den Unmöglichkeiten, zumal eine Maurische junge
Dame bis zum sechsten Tage ihrer Hochzeit von
keinem männlichen Auge, ausser dem des Vaters
und der etwaigen Briider, erblickt werden darf.

Erst wenn sie in einer verschlossenen, von Maul-
thieren gezogenen Sänfte in das Haus ihres Gatten
getragen worden, entschleiert sie dieser. Auf der
Strasse begegnet man den jungen Mädchen sowohl
als den verheiratheten Frauen nur in einer Ver-
hüllung, die nichts weiter sehen lässt als ein paar
dunkle Augensterne, die zwischen Kopftuch und
hinaufgezogenem Mantelzipfel verführerisch zu
funkeln wissen. Zum Ueberfluss beschattet ein ge-
waltiger Stroh- oder Filzhut mit breiter Krämpe die ganze, gespensterhaft ver-
mummte Figur.

Maurisches Mädchen
im Promenaden-Costüm.

Der Triumphzug des Bicycle wird durch nichts besser illustrirt, als
durch die Errichtung eines Denkmals für seine französischen Erfinder in Bar le
Duc. Pierre Michaux, ein Wagenbauer in Paris, fertigte, von seinem Sohn Ernest
unterstützt, zuerst im Jahre 1861 ein wirkliches Zweirad an, indem er das Vorder-
rad mit einem Pedal versah. Verbesserungen erfolgten durch
die Bekleidung der Felge mit Gummi auf Anregung des Mechani-
kers Truffault und durch die Kraftübertragung vermittelst einer
Kette auf das Hinterrad. Schon im Jahre 1892 hatte sich ein
Comite gebildet, um dem Vater des Zweirads ein
Denkmal zu setzen. Man brachte in einem und
cinem halben Jahrc mehrere tausend Francs zu-
sammcn und errichtete das Monumcnt für Picrre
Michaux in Bar le Duc, sei-
ner Vaterstadt. Ein Bronce-
Putte, von dem Bildhauer
Houssin modellirt, stützt
sich, einen Lorbeerzweig
haltend auf ein prachtvolles
Zweirad, das nach dem
Modell seines Erfinders her-
gestellt ist. Die Enthüllung
hat in diesem Herbst unter
Veranstaltung aller mög-
lichen sportlichen Festivi-
täten stattgefunden.

In Amerika wird der
Automat neuerdings auch
zum Spielen um Geld
verwendet. Die Einrichtung
des Apparates ist derge-
stalt, dass, wie bei den ge-
wöhnlichen Verkaufsappa-
raten ein Zehnpfennigstück
in einen Einwurf geschoben
werden muss; fällt dann
das Geldstück in eins der
drei unter einer Glasplatte
befindlichen Löcher, so fällt

Das Denkmal der Erfinder des Fahrradcs, Gebrüder Michaux, in Bar le Duc.

IX. 6. IV.
 
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