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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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-^052we»

gj*ie Amateur-Pho-
tographie hat seit
einem Jahrzehnt in den
fashionablen Kreisen
immer mehr Boden ge-
wonnen und sich als ein
nicht zu unterschätzen-
des Mittel zur Hebung
des Kunstverständnisses
bewährt, ohne der be-
rufsmässig geübten Licht-
bild-Kunst Abbruch zu
thun. Auf dem Umwege
über die Camera obscura
lernt man sehen, Valeurs
beobachten, Licht- und
Schattenmassen in das.
nöthige Gleichgewicht
bringefn. Zahlreiche Aus-
stellungen haben Gele-
genheit geboten, die ge-
machten Erfahrungen
auszutauschen und zu
zeigen, dass der Dilettan-
tismus, so Iange er nicht
der fachmännischen Pro-
duction Concurrenz macht, seine volle Berechtigung hat. Der Pariser Roth-
schild gehört zu den eifrigsten Amateur-Photographen, und die hier abgebildete
Protraitstudie dürfte beweisen, dass er es in seiner Lieblings-Beschäftigung
ziemlich weit gebracht hat. Das schöne Original kann mit der Reproduction
seiner Reize zufrieden sein. Das Bild hält die rechte Mitte zwischen der
blossen Aehnlichkeit tind der Ueberhöhung in das Genrehafte hinein.

Amateur-Photographie nach einer AufnaUme des
Baron von Rothschild, Paris.

vt-

Das älteste active Mitglied der deutschen Bühne, Herr Anton Lutz
in Weimar, ist im Juli dieses Jahres in sein
achtzigstes Lebensjahr getreten. Trotz dieses
hohen Alters ist er immer noch mit seiner wohl-
geschulten Tenorstimme eine Hauptstütze des
Opernchores im Hoftheater, wenn er nicht gerade
in einer seiner Parthien, als Beppo im Fra
Diavalo, Rustighetto in Lucretia, Fischer im
Tell, Vogelsang in den Meistersingern, der
Richter in Figaros Hochzeit u. A. beschäftigt ist.

Auch in der im vorigen Jahr in Weimar zum
ersten Male auf'geführten Oper „Guntram“ des
jetzt nach München berufenen Hofcapellmeisters
Strauss hatte er eine Parthie. Lutz ist auch als
Dichter nicht unbekannt; besonders ist sein den
Frauen gewidmetes didaktisches Gedicht „Ein
philosophisches Capitel“ in weiteren Kreisen be-
kannt geworden. Seine Verse sind von vornehmstem Wohlldang und erinnern
an die Spraehe Wielands und anderer Classiker. Vierzig Jahre ist Lutz jetzt in
Weimar und ist von vielen grossen Männern, die während dieser langen Zeit in
dem classischen Städtchen gelebt, hochgeschätzt worden. Viele verkehrten gern
mit ihm, besonders aber Franz Liszt, auf dessen Vermittelung er einst für das
Grossherzogliche Hoftheater engagirt wurde.

Anton Lutz,

das älteste deutsche Bühnenmitglied.

Portugal iiat bereits im vorigen Jahre zur fünfhundertjährigen Gedäclitniss-
fcier Heinrichs des Seefahrers eine Reihe sogen. „Jubiläumsmarken“ heraus-
gegeben, denen in diesem Jahre die Marken zur Feier des siebenhundert-
jährigen Geburtstages des heiligen Antonius von Padua gefolgt sind,
der im Jahre 1195 zu Lissabon als Spross der von den Bouillons abstammenden

höns geboren wurde. Die Reilie be-
Freimarken und einer Postkarte, die
sich in der Zeit vom 13. bis zum
15. Juli im Kurs befanden. Der heilige
Antonius, ein strenger Asket und als
Bussprediger von lortreissender Bered-
samkeit, soll nach der Legende einmal
sogar dieFische als andächtigeGemeinde
haben, eine Scene, die bekanntlich Murillo
seiner berübmtesten Gemälde gedient hat.
karte ist dieser Vorgang veranschaulicht.

Der hl. Antonius gilt, von dieser Legende ausgehend, als Schutzpatron der
Thiere. — Die beiden Werthe von 5 und 200 Reis sind durch die beigc-
fügten Abbildungen wiedergegeben. Die nähere Beschreibung und Werth-
bemessung der Marken diirfte wohl schon in den neuesten Journalnummern
und Katalogen der Gebrüder Senf in Leipzig enthalten sein, die als unentbchr-
liche Führer durch die Gebiete der Briefmarkenkunde gelten.

In Amerika rnacht man scit einiger Zeit grossartige Versuche, um mittels
des Heliographen und also ohne Draht zu telegraphiren. Auf eine Ent-
fernung von 200 englischen Meilen sind die Versuche geglückt. Das Morse’sche
Alphabet mit seinen Strichen und Punkten hat bisher als Zeichen gedient.

Der schwedische Oberingenieur Andree, der im nächsten Jahre eine Nord-
pol-Expedition im Luftballon zu unternehmen gedenkt, hat sowohl in
Deutschland wie in Frankreich mit Fachleuten über sein Unternehmen berathen.
Die deutschen Fächleute und Luftschiffer hatten sich dem Unternehmen gegen-
über ziemlich skeptisch verhalten, sich aber schliesslich, wie Andree behauptet,
zumeist bekehren lassen, nachdem sie nähere Aufklärungen erhalten. Jctzt ist

Andree nach

um sich auch
Luftschiifern in
setzen, sowie
nalen Geogra-
beizuwohnen,
Vortrag halten
für die Nordpol-
Ballon gebaut
noch nicht be-
nächst lässt

Constructeuren

0 este lado si se escreve adireccäo. _

London gereist,
mit dortigen
Verbindung zu
dem internatio-
phen - Congress
auf dem er einen
wird. Wo der
fahrt bestimmte
werden soll, ist
stimmt. Zu-
Andree bei den
in den verschie-

Portugiesische Postkarte zum Antonius-Jubiläum.

denen Ländern Modelle in kleinem Maassstab anfertigen, und erst nachdem er hin-
sichtlich der Haltbarkeit und relativen Dichtigkeit Versuche angestellt, trifft er
seine Entscheidung. Da die Anfertigung des Ballons je nach den verschiedenen
Systemen zwei bis vier Monate erfordert, soll die Herstellung selbst erst Anfangs
nächsten Jalires erfolgen.

„Venedig in Wien“ hat manche italienischen Künstler an die schöne blaue
Donau gelockt, wo Lied und Klang immerdar ofienes Ohr und offenes Herz
und — was Jenen gewiss die Hauptsache ist — aucli offene Hand gefunden
haben. Sängergesellschaften, Musikcapellen, Strassenbarden und verschiedene
Virtuosen werben da der heimischen Tonkunst Frcunde und Anhänger, keiner
mit so leichtem und sicherem Erfolge wie Veniero d'Annunzio, ein entzücken-
der kleiner Junge, dem man es von der kindlich reinen Stirne und dem weichen,
lieblichen Gesichtchen herabliest, dass seine secbs Jahre keine dichterische
Subtraction eines Impresario sind. Veniero spielt unter der Leitung und Beglei-
tung seines Mcisters, Pi'ofessor Tartaglia die Mandoline und behandelt das
nationale Instrument mit einer Meisterschaft, welche die Hörer sofort in ihren
Bann zwingt; wie Sturm bi'aust
es bald aus den Saiten, bald
säuselt Liebesgeflüster von
Küssen und Rosen unterbro-
chen, süss daraus hervor. Man
sollte eine solche Kraft und
Fülle des Ausdrucks einem
kaum schulpflichtigen Knaben
nicht zumuthen. Nichts von
der Nervosität, von der uner-
quicklichen Hast der Bewegun-
gen, wie sie Wunderkindern
eigen zu sein pflegt, stört beim
Anbiiek des kleinen Virtuosen,
der, verklärt von der Inspira-
tion, wie ein Engel aussieht.

Die Wiener können sich an
dem Liebreiz des begabten
Kindes nicht satt sehen, das
wohl zumRuhme seinesVaters,
des bedeutenden italienischen
Novellisten und Romanciers,

Gabriele d’Annunzio empor-
wachsen wird. Mit dem „Tri-
umph desTodes“, einem präch-
tigen epischen Werke, hat die-

Veniero d Annnnzio, ein Miniaturvirtuose.
 
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