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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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Dincklage-Campe, Friedrich von: Eingelappt
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https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0236

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Jagen im Zeug.

ingelappt

Von Hans Nagel von Brawe.

<Ti

#ie hat ihn eingelappt" sagt man wohl von einer Coquetten, der es gelang, einen Gimpel in
ihre Netze zu locken.

„Er ist seinem Principal mit so und so viel durch die Lappen gegangen!“ heisst es, wenn
etwa ein Kassenbeamter überseeisch wurde. Durch den Ausdruck „er scheut die Lappen“, ist
wohl die Furcht vor einer eingebildeten Gefahr bezeichnet.

Aber selbst in Fällen, in denen das Gleichniss durchaus zutreflfend angewandt wird, dürfte
nicht immer — weder dem Sprecher noch dem Hörer — bekannt sein, dass der Vergleich der
Jägersprache entstammt, dass die „Lappen“ in der Jagd, auf Hochwild besonders, einen wichtigen
Factor bilden. Seit vordenklichen Zeiten und bei allen Völkern und Stämmen, die sich über-
haupt mit der Jagd beschäftigten, war dem Jäger der Kunstgriflf bekannt, durch Anbringung in’s
Auge fallender Gegenstände das zu erjagende Wild dort zurück zu schrecken, wo es gefahrlos
entkommen konnte. Ein frischer Bruch, ein weisses Tuch, ja, schon ein Häufchen schwarzer
Erde, genügen, um dem Hirsch den Wechsel zu verlegen.

Als mit der Vervollkommnung der Schusswaffen die Jagd auf das Edelwild zur Wissen-
schaft gedieh, als nach und nach an den Höfen der Fürsten und Grossen eine ganze Berufs-
classe nur dem Bestreben lebte, die Freuden des Waidwerkes dem Jagdherrn nach Möglichkeit
ergiebig und dennoch mühelos zu gestalten, suchte die Jägerei durch Anbringung langer Reihen
solcher, das Wild erschreckenden Gegenstände ganze Gestelle abzugrenzen und dadurch das
Wild auf einzelne Durchgänge zu drücken. Die zu diesem Zwecke verwendeten und an
ausgespannten Leinen befestigten bunten „Lappen“ gaben einer Jagdmethode den Namen, die
noch heute gebräuchlich ist — der „Lappjagd“.

Die „Lappen“, in bestimmten Zwischenräumen an starken Schnüren befestigt, bestehen ent-
weder aus quadratischen Stoffstücken in auffälligen Farben, oder aus Federn und werden im
letzten Falle Federlappen genannt. Ein „Bund“ Lappen begreift eine Länge von 160 Schritten.
Es sei schon hier bemerkt, dass beim preussischen Hofjagdamte Tuchlappen zur Verwendung
kommen, bei denen jedes einzelne weisse Tuch in Farben das Bild des preussischen, branden-
burgischen oder des Reichsadlers trägt.

Federlappen werden in Rücksicht auf ihr geringeres Gewicht da zur Anwendung gebracht,
wo die Terrainverhältnisse oder die Vorsicht dem Wilde gegenüber das Folgen der Wagen
mit dem Jagdzeuge verbieten, oder wo etwa Tuchlappen nicht vorhanden sind.

Am häufigsten kommen die Lappen auch heute noch in der altüberkommenen und einfachsten
Weise bei freiem Treiben auf Roth- oder Damwild zur Anwendung, und zwar auf den Seiten
des Triebes, an denen die Schützen im Winde stehen würden oder nach denen hin das Wild

IX. 10. I.
 
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