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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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144

MODERNE KUNST.

teressan-
ten Natio-
nen im süd-
lichen Eu-
rop a umDo-
nau und Bal-
kan herum
haben sich
noch immer
einen Theil
jener wilden
Grazie ge-
wahrt, die in
denNational-
tänzen am
besten zum
Ausdruck
kommt. Der
Schlauchtanz
der Herzego-
winer ist ein

volksthümliches Vergnügen, dessen Ursprung bis auf die heidnischenFeste deralten
Griechen zurückgeht. Ein Weinschlauch wird aufgeblasen, zugebunden und mit
Fett bestrichen. Der Tänzer versucht durch wiederholtes Aufspringen den
Schlauch zum Platzen zu bringen, gleitet aber meist zum Gaudium der Zu-
schauer von der glatten Fläche ab, bis endlich ein glücklicher Sprung die ersehnte
Wirkung hervorbringt.

Schlauchtanz in der Herzegowina.

ebenfalls mit
einem Lilien-
muster be-
deckt.

*

*

*

Die in-

*

Als vor etwa drei Jahren der König von Württemberg dem Göttinger
Corps der „Bremenser“, mit welchen er während seiner Studienzeit (als Prinz)
verkehrte, zur Erbauung des Corpshauses die Summe von 20,000 Mark schenkte,
da erinnerte man sich in Göttingen eines Vorganges aus jener Studienzeit, welcher
wohl verdient, auch ausserhalb Göttingens bekannt zu werden. Als nämlich der
Prinz einem schwerhörigen Professor der Rechte, bei welchem er ein staats-
rechtliches Colleg belegt hatte, einen Antrittsbesuch machte und hierbei als
Prinz Wilhelm von Württemberg sich vorstellte, erhielt er von dem schwer-
hörigen Professor, der nur das Wort „Württemberg“ verstanden hatte, die

schleunige Antwort: „Ausländer bekommen
keine Freitische.“

* *

*

Der Vicomte Ferd. de Lesseps war
im November 1805 zu Versailles geboren
und schlug die diplomatische Laufbahn
ein. Als Consularbeamter hatte er die
willkommene Gelegenheit, fremde Länder
und Menschen kennen zu iernen. Er
wurde zuerst dem Consulat in Tunis
attachirt, verwaltete dann die Consulate
in Kairo, Rotterdam und Malaga selbst-
ständig und wurde im Jahre Achtund-
vierzig als bevollmächtigter Minister des
Ferdinand von Lesseps f. republikanischen Frankreichs nach Madrid

gesandt. Ein Jahr später erhielt er eine wichtige Sendung für Rom. Im Jahre
1854 erhielt er von Said Pascha, dem Vicekönig Aegyptens, eine Einladung, in’s
weite Nilthal zu kommen und er folgte ihr. Hier, im Lande der Pharaonen, reifte
in seinem Kopfe der kühne Plan, die Landenge von Suez zu durchstechen. Mit
Feuereifer ging er an dies Unternehmen. Er wusste den französischen Capitalisten
das Nutzbringende desselben nachzuweisen und ein Actiencapital von 200 Millionen
aufzubringen; er verstand es, die Schwierigkeiten, welche England ihm in den
Weg legte, auf diplomatischem Wege zu beseitigen und das ungeheure Werk
zu beginnen. Im Jahre 1869 war das Werk, das der Handelswelt neue Bahnen
anwies, vollendet, und die Eröffnungsfeier des Suezcanals gestaltete sich zu einem
Fest, an dem die ganze Culturwelt Antheil nahm. Zehn Jahre nach der Er-
öffnung des Suezcanales plante er dann den Durchstich der Panama Landenge.
In Frankreich war von käuflichen Pressorganen der Panamadurchstich als ein
nationales Unternehmen ausposaunt worden und im Vertrauen darauf und auf
die Thatkraft und geistige Ueberlegenheit des Lesseps schossen grosse und kleine
Capitalisten Frankreichs 600 Millionen Francs zur Ausführung dieses gigantischen
Projects zusammen. Zwanzigtausend Arbeiter gingen mit vielen Maschinen an's
Werk. Aber die Arbeiter stiessen auf unerwartete Hindernisse: compacte Fels-
massen, ein mörderisches Klima, sündfluthartige Regengüsse. So verschlang der

Canalbau bald die 600 Millionen und Tausende von Arbeitern. Nochmals brach
das französische Volk 600 Millionen für Panama auf; sie zerrannen in den tta ^
der Leiter des Unternehmens und habgieriger Schmarotzer, und der Canal
nicht zu Stande. Nun klagten in Frankreich die Beraubten um ihr verlor

Geld und es kam jener Skandalprocess, der eine entsetzliche Corruption
litischen und journalistischen Kreisen aufdeckte. Lesseps, sein Sohn undSchwie.

sohn, Eiffel und andere Männer von Rang

in P 0'

cref'
dei'

sS'

und Ansehen standen unter

schweren Anklage, sich durch schwindelhafte Machenschaften bereich e
zu haben und wur- sein Odem verlösc' 1*

den vom Gericht und
der öffentlichen Mei-
nung verurtheilt. Nach
dem Panama-Process
wurde der einst so
thatkräftige und gefei-
erte Mann ein Einsa-
mer. Langsam breitete
der Tod seine Schat-
ten über ihn; sein
einst so heller Geist
wurde dunkler, sei-
ne Lebenskräfte san-
ken bis in Chesnaye

Der Erbgro
herzog von Sach
sen-Weimar ist fcP‘
der Heimath einei
nkhe‘‘

tückischen KranK
erlegen. Geboren

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ichte

Karl -August

Erbgrossherrog von Sachsen-Weimar +.

31. Juli 1844 errei
er somit nur ein Ai ter
v°n 50 Jahren. & b'
grossherzog Karl A u"
1873 17111

gust war seit
der PrinzessinPa u

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Tochter des Prinzen Herrmann von Sachsen-Weimar-Eisenach vermählt, un
dieser Ehe entsprossene älteste Sohn Wilhelm-Ernst (geb. 10. Juni 1876)
nunmehr zum Thronfolger proclamirt worden. Die Bestattung des Erbg r° s
herzogs Karl August fand am 29. November in heimathlicher Erde statt.

Es ist ein kunstgewerbliches Unicum, das wir unseren Lesern in
einfachen Meissener Tassenkopf vorführen. Auf den ersten Blick sieht

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et 1

in der rothen Marmorirung des kleinen Porcellangeräthes nichts, als eine un re^

mässig gewellte Musterung. Bei genauerer Untersuchung entdeckt man

grosse Anzahl von Köpfen, die' nach Art der Vexirbilder in unbestimmten L lUl

umrissen sind. Männer-, Frauen- und Kinderköpfe wechseln mit Thierrna 5

he r'

ab. Der in der Ikonographie Bewanderte wird bald Portraitähnlichkeiten

ausfinden. So glauben wir unter der Fülle der Gesichter Bildnisse August

Starken, der Gräfin Königsmark und Friedrichs des Grossen zu erkennen. f

, d eI

scheinlich handelt es sich um eine in

Meissener Porcellanfabrik um die
des vorigen Jahrhunderts angeferbS
Spielerei mit satirischer, nicht nähe r
bestimmender Tcndenz. Aehnlich vl

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wendete man am Ende des siebzehn
Jahrhunderts die Bildnisse des
glücklichen Ludwig XVI. und se> u
Familie.

Der Kanon der menschL 0

h e

Gestalt d. h. das

1-

Tasse mit Portraitköpfen.

beschäftigt.

genaue hJo rU1^
verhältniss der einzelnen Körpefth e^
hat von jeher die bildenden Kün s ^
In der ägyptischen Kunst war das Schema so ausgebildet, ^

efl

4 e

man angeblich die beiden Ilällten einer Statue an verschiedenen Orten anf ertlr
und später zusammenfügen lassen konnte. Unter den griechischen Bildnern
besonders Polyklet und Lysippos durch die eigenartigen Masse ihrer Bild vVer
bekannt. In der Zeit der Renaissance haben Michel Angelo, Leonardo da ^ 1^
und Aibrecht Dürer sich vielfach mit dem Kanon des Körperbaues beschäft 1®^
Eine Kunstübung, wie die japanische, deren Hauptvorzug in der geschi c
Stilisirung der natürlichen Erscheinung liegt, theoretisirt natürlich mit besofld e^
Vorliebe. Die beiden hier abgebildeten Schemata sind für die handwerksnia 5^
Kunstübung von besonderem Werth. Sie fügen die Körpertheile in ein Ne tz
Vierecken und bieten so einen Anhalt für die Festsetzung der

i em n'—- gi
Normalni» 55

Japanischer Kanon der menschlichen Gestalt.
 
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