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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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Klitscher, Gustav: Aus dem Heidelberger Studentenleben
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https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0251

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us derrt Seidelberger ^tudentenlebea.

Von Gustav Klitscher.

>s ist ein altes neidischbitteres Wort, dass der junge Fuchs im
ersten Semester sich nur unter dem Vorwande des Studirens
auf einer deutschen Hochschule aufhalte. Mag das nun über-
trieben oder richtig sein, Zweierlei vergisst der krasse Fuchs
■ ledenfalls nicht, sich immatriculiren zu lassen und Collegs zu belegen.
Db diese Collegs dann auch immer besucht werden, das ist freilich eine
'titdere Frage. Mit der Immatriculation aber wird der mulus erst das was
<Jr so lange heiss ersehnte: wirklicher akademischer Bürger, mit ihr erhält
<:r de jure erst die Eigenschaft, die ein activer Corpsstudent besitzen
’huss. Nachdem die Förmlichkeiten in Quästur und Secretariat erledigt
Slud, hält der Rector vor mehr oder minder feierlicher Versammlung in
^ er alten Aula eine mehr oder minder feierliche Rede, zum Schluss ver-
Pflichtet er den jungen Akademiker, der sich bei den vielen Ermahnungen
iJ,1d Warnungen, was er thun und lassen soll, wieder sehr wichtig vor-
^ ekommen ist, mit Handschlag auf die Universitätssatzungen und übergiebt
die grosse Immatriculationsurkunde und die kleine Studentenkarte.
die kleine Karte ist meist wichtiger als die grosse Urkunde. Sie
Sehiitzt den Besitzer, den nächtlicherweile die Geister des Weines verluhrt
haben bürgerliche Ordnung und Sitte gering zu achten, vor der rächenden
^ and des Nachtraths oder Polypen, vulgo des den Nachtdienst versehenden
°hzeibeamten, der ihn ohne Legitimation in die wenig hcimlichen Räume
^ es Arrest's sperren könnte.

Das Gebäude der nunmehr 508 Jahre alten Universität ist wie die
llleisten Häuser Heidelbergs, da nur wenige die Verwüstungen von 1689

[Nachdruck verboten.]

und 1693 überdauerten, verhältnissmässig neu. Der Bau, zu dem Kurfürst
Johann Wilhelm 1712 den Grundstein legen liess, wurde 1735 unter Karl
Philipp vollendet. Die Architektur der Aula, die nach ihrem Grtinder
den Namen Wilhelmiana führt, zeigt natürlich barocke Formen. Sehens-
werth sind vor allem die Deckengemälde. In der Mitte sieht man eine
Fama mit Posaune, über dem Wappen des Kurfürsten. Zwei weitere Dar-
stellungen sind der Biblischen Geschichte entnommen. Bilder von Ruprecht I.
(„Fundatio 1386“), Ruprecht II. („R. II. dotavit“) und Ruprecht III. („R. III.
confirmavit“) schmücken den Rest des Plafonds. In den Ecken des Saales
tragen Löwen die Zeichen der vier Facultäten: das der philosophischcn:
Die Weltkugel mit Winkelmaass — der juristischen: Waage, Schwert und
Merkurstab — der theologischen: Bibel und Auge Gottes — der medi-
cinischen: Lebensbaum mit Früchten, darunter ein Gefäss mit der Auf-
schrift: Panacea“.

Nach der Immatriculation geht’s an’s Belegen der Vorlesungen. So
ein unerfahrener Fuchs hat gewöhnlich einen unbezähmbaren Wissensdrang.
AH’ die viel verheissenden Ankündigungen im Vorlesungsprogramm sind
auch gar zu verlockend. Nur mit Mühe halten die kundigen Aelteren den
Neuling zurück, dass er sich nicht allzu viel vornimmt. Goldig lockt die
Sonne im Neckarthal und der Wein in der Pfalz. Da wird der anfangs
so willige Geist nur allzu leicht schwach. Man kennt das.

„So ist’s recht Leibfuchs, das Streben kommt früh genug in späteren
Semestern, soll auch nicht vergessen werden, aber ein privates und ein
publikum genügen für Dich jetzt vollständig. Zudem schreibt mein Alter,

IX. 11. I.
 
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