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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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Malkowsky, Georg: Ein Maler der Daseinsfreude
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https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0332

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dKachdem man die Darstellung des Schönen als vornehmsten Kunst-
zweck einmal aus der Aesthetik entfernt und ihn durch die
'^iedergabe des Wahren ersetzt hat, muss man folgerichtig zu dem
^ehlusse gelangen, dass es sich bei Kunstschöpfungen um Dokumente
^andelt, die der Wirklichkeit garnicht nahe genug kommen können. Sinte-
^alen nun aber nicht Jeder sich des allumfassenden Blickes erfreut, der
2l,r Erreichung dieses Ideals d. h. zur unterscheidungslosen Abconterfeiung
c^ er Natur mit all’ ihren Zufälligkeiten unbedingt nöthig ist, wird es nach
^ le vor Maler geben, die ein besonderes Auge für das Charakteristisch-
^ässliche haben, und solche, die absichtlich oder unabsichtlich das Ideal-
^chöne vorziehen. Da wären wir denn trotz der modernsten Kunst-
hieorien nicht viel weiter gekommen, und Meister Hans Dahls Wahlspruch

Und wär’ dagegen die ganze Welt,
Ich male doch, wie mir's gefällt!

^liebe zu Recht bestehen, natürlich auch für die Herren von der anderen
^bservanz. Kunst kommt von Können, und wenn es einmal gelingen sollte,
einem geehrten Publikum das Hässliche annehmbarer zu machen als das

Schö

^eb

öne, dann wird natürlich die Lehre vom Hässlichen gleichberechtigt
en der vom Schönen stehen. In der Aesthetik haben beide Platz, wie

Leben.

[Nachdruck verboten.]

Die Summe des Bösen und Guten, des Schönen und Hässlichen, der
Lust und Unlust, des Lachens und des Weinens entzieht sich bisher der
statistischen Aufrechnung, die für die Philosophen von grossem Werth sein
mag, im Uebrigen aber an der Thatsache nichts ändern würde, dass die
Mehrzahl der Menschen die Freude dem Leid vorzieht und lieber lacht
als weint. Wenn es denn nun doch Maler der Weltlust und Maler des
Weltleids geben soll, so werden jene sicher die Majorität der Lachlustigen
auf ihrer Seite haben, während diese sich mit der Minorität der Wein-
seligen begnügen müssen.

In der Philosophie, wie im Glauben, und schliesslich auch in der Kunst
kann Jeder nach seiner Fa^on selig werden, und auf keinem anderen Ge-
biete spielen die Fanatiker eine so traurige Rolle, als auf dem zuletzt
genannten. Man sollte kaum glauben, dass ein so liebenswiirdiges Künstler-
naturell, wie das Hans Dahls’, sich mancher Anfeindung von Seiten seiner
Kunstgenossen und besonders seiner eigenen Landsleute zu erwehren hatte,
weil er nun einmal für das „heilge Lachen“ eine mindestens entschuldbare
Vorliebe hegt.

Die Norwegische Kunst ist eine verhältnissmässig junge. Sie hat
überraschende Erfolge erzielt, weil sie eine ganze Entwickelung in wenigen
Jahrzehnten durchlaufen musste. Wie jede gesunde Kunst wurzelte sie

IX. 16. I.
 
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