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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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Malkowsky, Georg: Ein Maler der Daseinsfreude
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Kirchbach, Wolfgang: Der Wein, [2]: Roman
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https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0336

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MODERNE KUNST.

245

vorzr-,

2öge, Wgr wollte ihm, dem berufenen Darstelier sonniger Naturschönheit,
^ as als Fehler anrechnen, was ihn zum Lieblinge aller derer macht, die
° c^ inimer altväterisch genug denken, um die Sonnenseite des Daseins
r Schattenseite vorzuziehen?

Helles, ungebrochenes, gleichmässig vertheiltes Licht ist das Medium,
Urch das Hans Dahl die Dinge sieht. Die schweren Lichtmassen seines
C lrers Riefstahl haben sich ihm gelockeft und aufgehellt, die glitzernde'n
l’ nh schinnnefnden Bcleuchtungsflächen Häns Gude's sind für ihn zu einern
”higen Strom geworden, der Landschaft urid Staffage umfluthet und die
°kaltöne leise mildernd neben einander stehen lässt. Däs ganze Colorit
s<J'ner Bilder, besonders seine Fleischtöne sind wie durchschimmert von
Hhlich pulsirend em Leben. Was Hans Dahl von einem seiner ersten
'Her .erzählt, ist charakteristisch für die Kunstauffassung in Düsseldorf
01 zwei Jahrzehnten. Er malte ein Mädchen, das träumerisch aut einer
lesenfläche die Glieder reckt, und erregte allgemeines Entsetzen dadurch,

'ha:

Ss er die griine Fläche des Rasens durch veritable bunte Blumen unter-
’ ach. Das war vor zehn Jahren so naturalistisch, dass ein allgemcines

" Schii

'tteln des Kopfes uicht ausbleiben konnte.

Von Wilhelm Sohn hat Hans Dahl die Vorliebe für das Ewigweibliche,

das V’erständniss fitr gesunde Mädchenanmuth überkommen. Auch hier
macht man ihm den Vorwurf eines Verschönerungsstrebens, das es mit
der Wahrheit nicht allzu genau nimmt, er soll im idealisirten Typus stecken
bleiben, anstatt aus dem Individuum das Charakteristische herauszuholen.
Aber ist es denn wirklich ein so grosses Unglück, wenn ein Künstler mit
allen Kräften über das Modell hinaus zu konnnen sucht? Auch darin steckt
ein ehrlich Stück Arbeit, und wer einmal Hans Dahl's unzählige Skizzen-
bücher durchgeblättert hat, der weiss, dass er auf seinen „verwerflichen“
Idealisirungstrieb mehr Mühe verwendet, als sich mancher Naturalist,
Impressionist u. s. w. träumen lässt. Der norwegische Genremaler ist nicht
vergeblich durch Meister Gebhardt’s strenge Schule gegangen.

Der grösste Vorzug Dahl’scher Bilder ist die Klarheit des Vorganges.
Seine lachenden Mädchen wissen, warum sie lachen und übertragen ihre
Daseinsfreude mit unfehlbarer Sicherheit auf den Beschauer. Wer eine
Gruppe vergnügter Menschen sehen will, der stelle sich vor ein Bild Hans
Dahl’s und beobachte seine Bewunderer! Von den Wänden der Aus-
stellungen starrt uns meist des „Lebens ganzer Jammer“ entgegen. Da ist
es nicht unerspriesslich, wenn man daran erinnert wird, dass „das heilige
Lachen“ noch nicht verloren gegangen ist in all’ dcr wehleidigen Trübsal.


mep

ein.

4|V

Roman von Wolfgang Kirchbach.

[Fortsetzung. | *

,ehen Sie nur nicht zu lange hin, Fräulein Martha, sonst platzen
gleich die Weinaugen aus!“ rief der Mann endlich iiber die Mauer,
°bei seine Augen wie Rattenfängers Augen lockten.

Martha kelirte sicli überrascht und bekl.omineh.um; sie wunderte. sich,

‘ Iemanden zu sehen, ob sie gleich die Stimme. erkannt hatte, denn in
f;l1i Augenblicke, da sie sich umwenden wollte, hatte der junge Bursch
S’ cb hinter die Mauer geduckt. Er wartete so ein Weilchen, dann hob
Wieder langsam den Kopf in die Höhe. Martha stand unbeweglich,

[Nachdruck verbotcn.]

die Scheere zum Schnitte an die Rebe gelegt, und blickte nach der Mauer.
Da sah sie langsam den Kopf des Mannes mit spähendem Ausdruck wieder
über den Mauerrand emportauchen.

Martha senkte, von einem ängstlich-seligen Gefühl der Beschämung
erfasst, die Augen, und schnitt die Rebe ab, die sie in der Hand hielt. Als
das lange Ende abfiel, sah sie, dass sie mitten in ein Auge hineingefahren
war ünd es verdorben hatte. Mit yerlegener Hast setzte sie ein Sttick tiefer
an, um die unnöthig gekürzte Rebe auf einen richtigen Schnitt zu bringen

Des Künstlers Sommerheim (Balholmen-Sogn.)

TX. 16. II.
 
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