Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

DOI Artikel:
Weissenturn, Emil: Im Loch: eine Wiener Künstlerkneipe
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0127

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3i

§E>

oeh.

Eine Wiener

Von Emil

le ^ramatische Kunst wäre im Niedergang?

\\>f_ ^er wagte solche Behauptung aufrecht zu erhalten, führte ihn sein
einmal in die Wiener Ivünstlerkneipe, in's „Loch"?
cüesem langgestreckten, schmalen, niedern, nur von zwei Bogenfenstern
g’ ö erhellten Raum, der so recht wienerisch gemüthlich „ka Traurigkeit
fi,, len<< liess — da er mildthätig selbst die schäbigste Eleganz der schärfsten

e0b;

' lch zweimal

j||)rl. achtung zu entziehen wusste — sahen wir die lustigen Zugvögel, die all-

Re

zu Palmarum und Michaeli, aus den entferntesten Winkelr

f'gjj ^’ehes, aus den böhmischen Wäldern, wie aus den k. und k. schlesischen
l| "ksorten, aus dem fernen Osten, aus Galizien, ja aus Bosnien und der
er2e§o\vina, ermüdet von ihrem kulturellen Wirken, nach der Residenz wanderten.
^ier stärkten sie sich für die nächste Campagne — wenn sie diese schon
ractlich in der Tasche“ hatten — oder sie suchten
Solche sich erst zu sichern.

\\,. i J*e Hauptsache war ihnen aber die Früchte ihres
\^ rkens hier zu geniessen, so recht von Herzen, ohne —

” c°nt

e»n,

Kiinstlerkneipe.

Weissenturn.

_ [Nachdruck verboten.]

„Einen Schnaps —“

,,5 — “

„Drei Cigarren —“

„12 — rnacht 17 —“

„6 Semmeln —“

„6 — Semmeln? 12 — macht 29; sonst nix? Is 30. Aber Sie, Herr Lung,
ein ander’smal, wenn S’ einen Schnaps trinken woll'n, geh'n S' zum Bäck’n.“ —
Und hier in der Ecke, die — Soufleuse. Geduldig hört sie all die Ergtisse,
schwimmt ruhig mit in diesem Meer von Ruhm und brummt philosophisch vor
sich hin: „Ihr — Ihr Künstler — was wäret Ihr ohne mich? — Schemen! —
Nichts! — wenn ich Euch nicht Leben ein-hauchte.“

Und — sie hat recht.

Ld,


erspruch.-

^er Raum wiederhallt von den maasslosen Erfolgen
Einzel

es

§tino

nen, die er hier mit dem Brustton der Ueber-

■ J'"g zum Besten giebt, und neidlos, mit dem Brustton
'■ Eeberzeugung, beglückwünschen ihn die Collegen —

’8 endi

lenste zu empfangen stets bereit.

k‘i, lst nur erstaunlich wo das vieltausendköpfige Unge-
das Publikum, all das Verständniss zur Würdigung

di

eUer

ks.

^ 1 kolossalen „Leistungen“ gewinnt — in Bosnien,

erzegowina, in den — böhmischen Wäldern.

^er junge Mann in der Mitte — schade, dass sein Hut

Vann man da noch von einem Niedergang der dramati-

6ri Kunst sprechen?
th
Uns

5^ ren Blicken die mächtige Stirn entzieht, weiche uns
0,1 Von der Fülle der Locken verrathen wird; wie er
9llci 2t> nachlässig und doch so bedeutungsvoll, ein König
\y atif dem primitiven Holzstuhl! Er erzählt der seinen
V^ rfen athemlos lauschenden „Naiven“, wie viele Damen
b^cl'. Cnd seines Rorneo in Weinkrämpfe verfielen und hart-
kitt darin verbheben, bis er sie persönlich überzeugt
j>6 6’ dass ihm das Gift, welches Julia ihm gereicht, nicht
si<v adet' hätten 'bn vergöttert -- nun, das liess er

trotz seiner Weiberscheu gefallen. aber da auch alle
9r>c] r* ack'§ von ihnt entfiihrt sein wollten, blieb ihm nichts
6res übrig, als — „aus dem Engagement zu gehen“.

,Siebenten“.
sie spielte

(J(;r ^he Naive revanchirt sich sofort mit dem
Slch ihres „Sonnenscheinchens“ halber,


Wv ei"ahe zu natürlieh, — ersclioss oder vergiltete, sie
es nicht rnehr genau.

kJ>er „erste Liebhaber“, dort an die Säule gelehnt,

\v„i. h'e Mundwinkel und denkt: „Wenn ich erst erzählen
...

• > während der „lynsche“ ini Biberpelz ein geeigne-
l0s, a(zchen und gute Freunde sucht, um seine Triumphe
Werden.

Vfi„ ller „humoristische Vater“, von Geburt Optimist, lauscht
° r§eh .

tle ueUgt den Darstellungen der „ersten Heldin“, während

\\f ,” kterr Director“ als geborener Pessimist, „Dichtung und

VnK “ eit“ scharf zu unterscheiden sucht.

§ ih„

d0tr rer Toilette, dem nachlässig, aber doch geschickt über
ted ^ tnkll geworfenen Sammtmantel, und von der Ueber-
?tvU ^ Skunst des neben ihm sitzenden Theateragenten bc-
geiL das „Engagement abschliesst“.

1 ci’’J ean, ein klein’s Gullasch und ein Bier für das Fräu-
rdft lch! - Vorschuss kriegen S’ beim Eintreffen“,

bis er geblendet

> und die Sache ist erledigt.

IÜqI^ ,es Lachen zieht die Aufmerksamkeit nach jener
eb0ll’ VV° einem directorlichen Ehepaar die „Soubrette“ so-
eirie ziemlich eindeutige Probe ihres derben Humors
erpp^ Das Kind an ihrer Seite schaut verständnissinnig
tks „ ’ Seln Lächeln mit einem sentimentalen Ausdruck
f, Slchtchens maskirend.

keben r‘ eSgrämig hlickt der „Komiker“ (Komiker blicken int
lrr|nier griesgrämig) nach dem Kellner, der sich einen

sPass

»W,

erlaubte.

as haben S’ g'habt?“ fragte er den Gast.

„Ich meint’ nur, ob der Herr Rechtsanwalt inir nicht auch möchten vertheidigen?“
 
Annotationen