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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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Schumacher, Heinrich Vollrat: Das Hungerloos, [12]: humoristischer Roman
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https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0287

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98

MODERNE KUNST.

Er senkte das Haupt.

„Thu', was Du musst!“

Die Thür fiel hinter ihm zu, und der Schlüssel drehte sich im Schloss.
Und drinnen blieb der alte Mann in sich zusammengesunken stehen und
horchte auf das Rauschen von Otti’s Gewande, bis es verklungen war.
Weisst Du, dass ich dann nie, niemals wieder . .?

Er wusste es und wankte auf das Sopha im dunklen Winkel des
Zimmers nieder und krallte die Finger in sein graues Haar. Er versuchte
zu denken. Aber er fand nichts, keinen Ausweg. Sein Kopf war wüst
und in seinem zermarterten Hirn wälzte sich nur der eine qualvolle Gedanke:
Nun ist er wieder da! Und alles ist verloren, verloren!

Draussen auf dem Hof das Geräusch der abfahrenden Wagen. Mochten
sie gehen, diese Menschen alle! Was fragte er nach ihnen:

Dann noch einmal durch den Wirrwarr hindurch eine
schluchzende Stimme, Otti’s Stimme.

Nun schluchzte auch er. Und presste sich die Hände
auf die Ohren, um nichts mehr zu hören. Auch das zag-
| / hafte Klopfen an der Thür nicht und das scheue Flehen.

„Oh Winand! Wenn Du uns doch sagen möchtest,
11 was ... Er ist doch aus Amerika gekommen, nur um sich

l mit Dir zu versöhnen! Und nun bist Du . . und wir wissen

nicht, womit wir Dich . . warum Du ..."

Wie aus weiter, nebeliger Ferne drang’s zu ihm herein-
Er antwortete nicht und er öffnete nicht.

Nur allein sein, allein! Ueberlegen!
Draussen wurde es still, und Herr von Rocholl
auf Rochollshof, Templin und Amalienruh war
allein.

Nicht allein. Jene beiden Stimmen waren
bei ihm.

Nun ist er wieder da! Und alles ist ver-
loren, vexioren! . .

Weisst Du, dass ich dann niemals, niemals
wieder —? . . .

Und sie hämmerten auf ihn ein
und zeiTten an ihm, bis er es nicht
länger zu ertragen vermochte.

Wie ein Dieb schlich er hinaus,
durch den leeren Corridor, über den
einsamen Hof, in’s Freie.

Vielleicht, dass sie ihn dort ver-
liessen?

Heimkehr von der Redoute.
Siehe Seite 203.

Und so wandte sich Winand von Rocholl wortlos ab und tastete nach
der Thür zu seinem Zimmer.

Aus Otti’s Brust kam ein zitternder Ton.

„Papa! Weisst Du, dass ich dann nie, niemals wieder....?“

Dr. Hans Seegebusch sass inx
Fonds und Leo kutschirte. Mitten in
der dichten Staubwolke, die den
dahinsausenden Wagen einhüllte,
hielt sie den Braunen plötzlich an.

„Mia, Du?“ rief sie erstaunt. „Was giebt’s?“

Mia sprang athemlos von dem Fusspfade neben dem
breiten Landwege auf diesen hinüber.

„Onkel schiekt mich Dir entgegen! Du sollst mit dem Herrn
Doctor sofort zu ihm in sein Zimmer konxmen. Und ich soll Euch
nicht einen Augenblick ..."

Sie stockte eiTöthend, wie erschi-eckt von dem, was ihr beinahe
herausgeschlüpft wäre.

„Nun, was sollst Du nicht?“

„Nichts! Onkel war so merkwürdig! Er sah ganz grau und
verstört aus!“

Leo lachte.

„Nattirlich! Vom Sect! — Steig' auf, Mädel! Doctor, rnachen
Sie ihr Platz!“

Mia ti'at unwillkürlich einen Schxitt zurück.

„Nein, nein! — Nicht vom Sect, Leo! Ich glaub’s nicht. E'
lachte so seltsam ..."

„Warum sollte er weinen? Er wird noch mehr lachen, nachhei,
 
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