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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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Mischke, Karl: Naturforscher
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https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0146

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MODERNE KUNST.

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1 em Blick nach der Uhr, dann macht er kurz Kehrt und marschirt los,
anderen hinterdrein. Pünktlich zur festgesetzten Minute bearinnt die

v.11 llXXXLV-i. U.1 e.111. X UlllvL.

^Pedition, der Beffriff des War

tens ist unbekannt.

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strammer Marsch. Ab und zu wird Halt gemacht, wo irgend cin

t’° nderer „Standort“ ist, und die Gesellschaft begiebt sich auf die Suche.
^ieist an unscheinbaren Orten, wo der .Laie kal't vorbei schlendern würde,
^en sich plötzlich die interessantesten Pflanzen. Da wachsen auf einem

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eckenen Sandfleck Arten, die eben nur in der Diirre gedeihen, wahre
^ ^stenbewohner, da kommen auf irgend einem abgelegenen Eckchen
randgewächse vor, wo man sie nicht vermuthet, und an iener Stelle ist

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^ uer eine interessante Varietät zu beobachten. Der Professor wird
. e,'niudlich, und die Anfänger benutzen die Gelegenheit, um von seinem
1Ssen Vortheil zu ziehen. Jedes Pflänzchen, das mari ihm bringt, benamst
^ braucht man nur den Namen auf ein Zettelchen zu schreiben, den

^ ettel an der Pflanze befestigen und dann hinein in die Büchse! Beim
§ enen „Bestimmen“ irrt man sich nur zu leicht.

Füchse sehen, dass alles in Gemüthlichkeit zugeht, und dass ihnen
^ 6 ^nerfahrenheit nicht übelgenommen wird, dass die Aelteren ihnen
^ 11 an die Hand gehen und der Professor ihnen die dümmsten Fragen
‘Utwortet. Ihr scheues Wesen verschwindet, sie thauen auf. Der vor-

tigi ’

Y- 1116 Physiologe lächelt zuerst, wenn er den Herrn Professor auf allen

jj. (1 en im Grase herumkriechen sieht, wenn dieser dann plötzlich in einiger

/fernung irgend etwas bemerkt und wie ein wilder Eber, ohne sich zu

, Den, darauf losstürmt. Aber er kann doch nicht unthätig dabei stehen,
vw

n alles sammelt. Er beginnt auch, zuerst nur um den Schein zu wahren;
nald ergreift es auch ihn und er ist eifrig dabei.

E Tun wird im Walde Rast gemacht. Der Professor ei'örtert irgend
® n besonders interessanten Blüthenbau und seine Bestäubungsvorrich-

L Ütl§ en,

‘ aPet.

dabei kommen dann ähnliche und unähnliche Verhältnisse aufs
Ein Fuchs sagt etwas Gescheites, und einer der Erfahrenen giebt

eine kolossale Dummheit zum Besten, die ihm einmal beim Bestimmen
passirt ist, der Physiologe steuert etwas aus seinem Gebiete bei. Man
theilt mit und lernt und fühlt sich behaglich dabei.

Jetzt entdeckt einer, dass er Durst hat, und da natürlich die Feld-
flaschen schon alle leer sind, wird der Weg nach dem Forsthause ein-
geschlagcn, denn wir sind von der Civilisation abgekommen und Wirths-
häuser sind nicht in der Nähe. Unterwegs wird der Wissenschaft jedes
Opfer gebracht. Man muss über Gräben setzen, was manchem recht
schwer wird, Zäune sind zu überklettern, schwere Hitze ist zu ertragen.
Darauf hält einer Geum für eine Anemone, und der Physiologe bringt die
Spiraea Filipendula und fragt den Professor ganz naiv: „Wie heisst dieser
I'arn?“ Auch die Specialisten, die z. B. nur Moose oder Pilze sammeln
oder den Schlamm der Gräben zu späterer mikroskopischer Untersuchung
in Flaschen füllen, kommen zu ihrem Recht.

So naht die Scheidestunde, und man wandert nach dem Bahnhofe.
Unterwegs wird noch eine kleine Bootfahrt gemacht, weil es doch Dinge
giebt, die man vom Ufer aus zu schwer erreichen kann, und die meisten
der Anwesenden beim Fischen nach Nymphäa und Potamogeton schon in’s
Wasser gefallen smd. Trotzdem können es einige sogar nach beendeter
Fahrt nicht unterlassen, noch die eigenartigsten Angelversuche zu unter-
nehrnen.

Zu Hause geht es dann an das Einlegen, Aufkleben und Ordnen des
Herbariums, an das Arbeiten im Museum und im botanischen Garten; der
Geologe pappt sich Kästen für seine Steinsammlung, und der Zoologe
nimmt mit seinen Thierchen die wunderbarsten Studien vor. Ein einziger
Nachmittag hat eine ungemein reiche Ausbeute geliefert; wieviel mag
erst auf einer Ferientour, die etwa in’s Gebirge geht, profitirt werden?
 
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