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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0232

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141


Hs vor nicht ganz zwei Jahren in
Wien eine EnquSte veranstaltet
wurde und ein fleissiger Mann Stimmen
sammelte, um aller Welt mittheilen zu
können, wer der beliebteste Mann in
ganz Wien sei, da ergab es sich. dass
zwei Menschen die meisten Stimmen er-
halten hatten: der Kaiser und —
Alexander Girardi. Es läuft wie
ein Sonnenglanz über alle Wicner
Gesichter, wenn man nur den
Namen ausspricht! Unser Girardi,
der Nand), ja das ist a ganzer Kerl. Man
wird den Namen gar nicht los, wenn
man in Wien ist; es giebt Herrenmode-
handlungen zum Girardi, Gasthäuser
zum Girardi, Girardihüte, Girardistöcke,
Girardicravatten.

Und das Josephstädter Theater ver-
dankt neuestens seine grössten Erfolge
der Thatsache, dass es einen Komiker
besitzt, derdem Girardi zum Verwechseln
ähnlich sieht und ihn auch in Ton und
Bewegung täuschend imitirt. Schön ist
er nur gerade nicht, der Alexander
Girardi: eine Gestalt kaum mittelgross,
ein kleines gelbbraunes Gesicht mit
dunklen lebhaften Augen. Und um den
Mund herum sitzen ein paar tiefe Furchen.
^as kommt vom vielen Singen und Gesichterschneiden, denn das kann er wie
Selten Einer. Aber er ist wirklich ein grosser Schauspieler dabei, der derbe
Schlosserlehrling aus Graz. Er kann brillant charakterisiren. Den
«Ninetta“ machte Girardi. Ueber-

^uiutriinrrr,,,

5s

Helene Odilon.

^aupt: eine Operette fällt in Wien
’hcht durch, wenn Girardi die
Nauptrolle spielt. Ganz Wien läuft
ebsn vierzehn Tage hin, um „ihn“
lr> der neuen Rolle zu bewundern.
Der arme Jonathan, der Vogel-
^ändler. Cassim Pascha, Bettel-
student,

Oberstei-
§ er,Lustige
^rieg, das
sind die
^egweiser
SeinerLauf-
hahn. Aber
' ch glaube,
^Vien er-
^ebt noch
rinmal die
Geber-
'aschung,

ffjf

n

Der erste Silberdollar.

Erfolg von
dass Gi-
rardi eines
schönen
Tages die
ganze Sin-
gerei, die
Operetten
und das
Theater an
der Wien
aufgiebt. I
habs satt,
den Wurstel zu maehen und
immer nur dalcete Couplets zu
singen, — i will ernsthaft Co-
mödie spieln, — ich glaube
Girardi wird demnächst zum
ernsten Volksstück übergehen.
Er kann es auch, er hat es oft
und oft bewiesen. Den „Valen-
tin“ im „Verschwender“ spielt
ihm keiner nach. Als er im ver-


Unter den verschiedensten Geräthschaften wurde in Bozen iüngst ein Galgen
aufgefunden, der anfangs der Fünfzigerjahre bei einer öffentlichen Hinrichtung
auf der sogenannten „Galgenwiese“ bei St. Jacob das letztemal in Verwendung
gekommen war. An diesen Galgen knüpft sich die folgende heitere Geschichte:
Zum ßeginne dieses Jahrhunderts wollte der Stadtrath von Bozen einen Misse-

thäter aus Welschnoven, das
„Galgenjäggele“, vom Leben
zum Tode befördern. In Er-
mangelung eines eigenen Gal
gens wendete
sich der Stadt-
rath an den
benachbarten
Markt-

magistrat Kal-
tern, dieser
möge zur Hin-
richtung des

Jäggele seinen Galgen aus-
leihen. Die ehrsamen Räthe
von Kaltern wiesen jedoch
dieses Ansinnen mit Ent-
rüstung zurück, indem sie
bemerkten: Der Galgen wird
nicht hergeliehen; den brau-
chen wir für uns und unsere
Kinder. Auf diesen ablehnen-
den Bescheid hin entschloss
sich endlich der Bozener
Stadtrath einen eigenen Gal-
gen durch einen geschickten
Meister zimmern zu lassen.

Eine merkwürdige, wohl
einzig dastehende Einrich-
tung hat man in einer Ber-
liner Kirche zur Erhöhung
der Akustik getroffen, die

W ,1H|

sichim Uebrigen
vortrefflich be"
währt. In der
Thomaskirche
befinden sich
neben der Kan-
zel noch zwei
kleinere Hallen.
in deren Bogen-
bau früher die
Rede des Predi-
gers verhallte,
sodass den ini
Schiff derKirche
befindlichenPer-
sonen die Worte
des Geistlichen
schwer ver-
ständlich waren.
Diesem Uebel-
stande hat man
durch eine eben-
so einfache wie
sinnreiche Ein-
richtung abge-
holfen, indem
von der Decke
herab vor den
Hallenbogen
ganz feine, dem
Auge kaum
sichtbare, aber
doch ziemlich
eng geflochtene

Netze aufgehängt wurden, welche in geradezu überraschender Weise den von
ihnen verlangten Zweck, das Eindringen der Schallwellen in die Hallen abzu-
halten, erfüllen. Die Akustik in der Thomaskirche ist jetzt eine absolut zufrieden-
stellende.

* *

*

Am 15. October des Jahres 1894 feierte der jedem Amerikaner so theure
allmächtige Dollar sein hundertjähriges Jubiläum. Am 18. Juli 1794 deponirte
die Bank von Maryland in der Münze zu Philadelphia französische Silberstücke
im Werthe von etwa einer halben Million Francs, die nach einem eben erlassenen
Gesetz der jungen Republik in Silberdollars umgeschmolzen werden sollten.
Am 15. October gelangte die neue Münze in der Bank von Maryland zur Aus-
gabe. Die damals in Unlauf gesetzten 1785 Dollars bildeten somit die erste Welle

des Silberstromes, der sich seither

Alexander Girardi.

gangenen Jahr sein 25jähriges Schauspielerjubiläum feierte, verlieh ihm
^Vien, das seine zweite Vaterstadt geworden ist, das Bürgerrecht und die
S°ldene Salvatormedaille, die höchste Auszeichnung, welche die Stadt
vergeben kann. Und mit Recht, Girardi hat nicht nur mehr Freude
eie Welt gebracht, sondern auch unendlich viel Gutes gethan
^ürch seine Kunst. Wohlthätigkeitsvorstellungen, wo Girardi
Uitwirkt, sind im Vorhinein eines glänzenden Ergebnisses
s,eher. Vor etwas über zwei Jahren ist Girardi wider alles
Krwarten — Ehemann geworden. Ein Jahr oder noch
länger dauerte seine Bekanntschaft mit Helene Odilon. Man
sah sie überall zusammen in Soireen, auf Bällen, im Theater,

^enn sie oder er zufällig einmal nicht spielten. Unterhielten
Sle sich blos, oder liebten sie sich, werden sie sich heirathen
°der nicht — diese Fragen erhitzten die Gemüther aller
^heaterfexe und Gigerl zum Zerspringen. Nun, und sie
haben sich doch geheirathet, der Wiener Komiker und die
lT<Untere Liebhaberin aus Berlin, beziehungsweise Dresden.

^*e ist übrigens bemüht, ihrem Gatten den Rang abzulaufen,

"'us Popularität anbetrifft und in dieser Beziehung ist er
n* cht eifersüchtig. Er gönnt ihr die grossen Erfolge als
^adame Sans-Gene und neuestens im „Halali“. F. D.

il.

'j#

über die Vereinigten Staaten er-
gossen. In einem Jahrhundert prägte
Nord-Amerika in halb, viertel und
zehntel Dollarstücken eine Summe
von über drei und einer viertel
Milliarde, der eine Goldprägung von
mehr als 7 Milliarden gegenüber-
steht. Die Prägung des ersten Dollars
war keineswegs schön: Der Adler
des Revers gleicht einer mit den
Flügeln schlagenden Gans, und der
sternenumglänzte Kopf der Freiheit
blickt sinnlos in hoidem Wahnsinn
gen Himmel.

Die achtzehnte, vom Stanley-
Club in der Ackerbauhalle in Lon-
don veranstaltete Bicycle-Aus-
stellung zeugte von der colossalen
Entwickelung der Fahrrad-Industrie
in England. 362 Aussteller hatten
nicht weniger als 1300 Fahrräder der

Das Bambus-Fahrrad.

TX. 9. IV.
 
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