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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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Gollmer, Richard: Bad Homburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0376

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286

MODERNE KUNST.

Während friiher das ausländische Element unter den Kurgästen fast
möchte man sagen überwog, sind es doch jetzt in erster Linie Deutsche,
welche das Hauptcontingent. stellen. Es dauert ja lange, bis der Deutsche
an die Vorzüge des Ileimathlichen glaubt — dann aber hält er gründlich
daran fest, und so wird Homburg für alle Zeiten eins der besuchtesten und
beliebtesten Bäder Deutschlands bleiben, zumal es durchaus nicht das theure
Luxusbad ist, als das es vielfach verschrieen wird.

Grüne Bäume und goldene Sonne sind das Charakteristische Homburgs.
Und man soll dies gesegnete Fleckchen Erde nicht aufsuchen, wenn die
Julihitze und Augustsonne die Säumigen mit Gewalt aus den dunstigen
Mauern drängen — jetzt, wo das junge, helle Frühlingsgrün prangt, wo
Apfel und Birne, Mandel und Pfirsich ihre süssen Blüthendüfte aus-
strömen, jetzt ist Homburg am schönsten für den gesunden Freund der
Natur — aber leider am leersten.

Homburg macht einen fast grossstädtischen Eindruck. Gerade Pro-
menaden mit gepflegten Baumreihen, breite, reine Strassen mit eleganten
Läden, herrliche Gartenanlagen, flotte Miethwagen mit gutem Gespann
und adrett uniformirten Kutschern erhöhen diesen Eindruck.

Vom Bahnhof beginnend, durchschneidet die Luisenstrasse die Stadt
in nordwestlicher Richtung der Länge nach. An ihr liegen die meisten
öffentlichen Gebäude, darunter das Kurhaus, das Kreishaus, das Theatep
die neue Post u. s. w. An das Kurhaus schliesst sich der Kurgarten und
an diesen die prachtvollen Anlagen mit den Quellen und dem Kaiser
Wilhelmsbad.

Zwischen Kurhaus und Kaiser Wilhelmsbad, beides elegante Gebäude
aus rothem Sandstein, spielt sich das Badeleben ab.

Das Kurhaus mit seinen wahrhaft prächtigen Sälen ist eins der grössten
und schönsten in Deutschland. Sommer und Winter — denn in der ge-
heizten Wandelhalle trinkt man auch im Winter seinen Brunnen — sind
seine Räume offen. Hier ist der Mittelpunkt des Badelebens. In den von
Meisterhand mit Gemälden gezierten Conversationszimmern versammelt
man sich, hier liest man seine Zeitungen, deren eine Unmenge aufliegt.
Bälle und Concerte, Vorträge und Theateraufführungen wechseln mit
einander ab. Das Interessanteste in den Mauern des Kurhauses dürfte
das Saalburgmuseum sein, welches die in der alten Saalburg und am Orte
selbst gemachten Römerfunde — sehr reichhaltig und instructiv —
beherbergt.

Vom Kurhaus in den Kurgarten führt die berühmte Terrasse. Glas-
gedeckt lagert sie sich breit vor die ganze Front des Gebäudes.

Das ist ein farbenfrohes Bild!

Auf der Terrasse Tisch an Tisch mit plaudernden lachenden
Menschen, davor in den Gängen des Gartens die gleiche lebensfrohe,
bunte Menge auf- und abwogend nach den Klängen des Kurorchesters, das
ebenfalls zu den besten Deutschlands gehört. Meister Iwan Schulz, dessen
40 geschulte Künstler auch in den Museumsconcerten in Frankfurt mit-
wirken, hat es verstanden, seine Capelle auf eine achtunggebietende Höhe
zu bringen. Sogar Johannes Brahm’s scharfer Kritik hielt sie stand.

Mehr wie Morgen und Nachmittag bildet der Abend den Culminations-
punkt des Lebens auf und an der Terrasse. Besonders in der Hoch-
saison, wenn die Kurliste all die tönenden Namen der fürstlichen Gäste
zeigt, die Homburg Jahr für Jahr aufzuweisen hat.

Früher waren die Kaiserin Augusta und das Kronprinzenpaar ständige
Besucher. Auch der alte Kaiser weilte oft im schönen Homburg, noch
1883 versammelte sich um ihn hier eine glänzende Gruppe von Königen
und Fürsten, von denen wir den König Alphons, dem damals gerade das
preussische Ulanen -Regiment verliehen wurde, weswegen er in Paris
einigen Pöbeleien ausgesetzt war, besonders nennen wollen. Kaiser
Wilhelm und Augusta ruhen nun im Mausoleum in Charlottenburg, und
Kaiser Friedrich schläft im Schatten der Friedenskirche. Noch oft nach
seinem Tode besuchte die Kaiserinwittwe Homburg und wohnte im Schlosse
—, jetzt hat sie sich im nahen Cronberg die Villa Ileiss zu einem behag-
lichen Tusculum umgebaut, wo sie still den Künsten und ihren Erinne-
rungen lebt.

Das waren Bilder echt fürstlichen innigen Familienlebens, damals,
als unser Fritz mit Frau und Kindern — anders nannte er diese im
Gespräch nie — in Ilomburg weilte und ungezwungen mit dem Publikum
verkehrte. Vorbei! — Noch in der letzten tödtlichen Krankheit sehnte

sich der zu früh Verstorbene hierher — er hat sein Homburg nicht wi e'
gesehen.

Regelmässig weilen hier der Grossherzog von Mecklenburg-Strehtz,

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im vergangenen Jahre sein 25jähriges Jubiläum als Kurgast begmSi
Grossherzogin Anastasia von Schwerin, der Herzog von Cambridge;

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Herzog und die Herzogin von Rutland, die Prinzess Christian von Schl c ^
wig-Holstein und vor allen Andern der Prinz von Wales. Da gieW

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’was zu sehen, wenn die hohen Herrschaften auf der Terrasse diniren-
Dann pulsirt das Treiben noch einmal so froh und prächtig. Und W eri
sich die Dunkelheit niedersenkt und von den Höhen der Hardt und
Taunus der erquickende Abendwind fächelt, dann bietet sich d.em sta
nenden Auge noch ein weiteres glänzendes Schauspiel: das Feuerwerk^ ^
Raketen und Leuchtkugeln sausen am Nachthimmel empor, Feuerr»
und Pots-ä-feu mischen ihr Leuchten mit den flackernden, gelben Strahl
des Gaslichtes, bengalische Feuer übergiessen Bäume und Häuser
ihrem magischen Lichte — ein feenhaftes Bild.

Inmitten der Parkanlagen liegen die Quellen. Homburg zählt
fünf, die Elisabethenquelle, mit zierlicher, eiserner Wandelhalle an
Palmenhaus anschliessend, den Ludwigs-, Kaiser-, Stahl- und Lm 5
brunnen.

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Angezeigt sind die Homburger Wasser bei allen Krankheiten md

störten Functionen der Unterleibsorgane, wie sie so häufig unsere m

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Lebensweise zeitigt, ferner bei Krankheiten des Magens, der Leber,
Gicht, Diabetes und den Folgen der Influenza.

Der bedeutendste Brunnen ist der Elisabethenbrunnen, weit kochs 3

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reicher als der Kissinger Rakocszy. Salzärmer, aber reicher an Eis e0
die Luisenquelle und der kräftige Stahlbrunnen, sodass besonders
letztere als Arcanum bei Blutarmuth und Chlorose nicht warm g e°
empfohlen werden kann.

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Sämmtliche Quellen werden getrunken und in alle Welt versandt,
Kaiser- und Luisenbrunnen ausserdem noch zu Bädern benutzt.

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prächtige Kaiser-Wilhelms-Bad vereinigt höchsten Comfort mit grö sS

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Zweckmässigkeit — ein Bad, das wirklich auf der Höhe der Zeit sl
Neben kohlensäurehaltigen werden auch einfache, Fichtennadel- und
bäder hergestellt.

Neben den Wassern dienen auch Molken zum Kurgebrauch und al1 ^
eine Kaltwasserheilanstalt, die des Dr. Hünerfauth, zugleich Heilan st:l


für Massage, Elektrotherapie und Heilgymnastik, besteht seit 23 Jahren
ist das ganze Jahr hindurch geöffnet und besucht.

In den Anlagen befinden sich wundervolle Ruhepunkte und malerr
Partien, z. B. am Weiher. Auch das Kaiser-Friedrich-Denkmal nahe
Promenade und tiefer hinein das Hölderlin-Denkmal stehen hier.

Grosse Rasenplätze sind der Jugend für ihre Spiele zugewiesen-
jagen und haschen sich die Kleinen und werfen Bälle und Reifen,
Grösseren spielen das noch immer beliebte Crocket, das neue Golf, f uS
ball und Aehnliches.

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Ausgedehnte und für ihre Zwecke ganz ausserordentlich geeig u
Plätze dienen dem Lawn-tennis-Spiel. Im Juni und Juli finden auf

Homburger Terrain die grossen internationalen Lawn-tennis-Matche

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gespielt von berühmten Champions. Aus Nah und Fern, von weit j erl ^

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unserer Grenzen, eilen die Theilnehmer und Interessenten herbei
verleihen dem Kurleben Homburgs während jener Zeit einen sporth c
Reiz, von nicht zu unterschätzender Bedeutung, der gerade in diesem J a

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besonders ausgeprägt sein wird, da Kaiser Wilhelm den Officiereti ^
deutschen Armee und Marine zum ersten Male die Theilnahme an d' lcS
öffentlichen Spielen gestattet hat. _

Wenn man den Park verlässt und sich westlich wendet, so er<e>^e(

Schönheit ist der Bau nicht, aber seine Kunst-
machen ihn interessant. Ueber einem

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man das Schloss, auf einem Hügel gelegen. Von bemerkensW elt^

und historischen Sch‘
Portal fällt uns das steio e ^
Brustbild des Landgrafen Friedrichs II. von Hessen-Homburg in s ^
jenes Reitergenerals, der durch sein kühnes, eigenwilliges Eingreh eI1

Sieg des grossen Kurfürsten bei Fehrbellin entschied.

Im oberen Schlosshof steht der „Weisse Thurm“, der einzige Ueh cl

rf eS

if! l<

der alten Hoenburg. Ein Silberstück erschliesst uns seine Thür ell<
klimmen auf steilen Stiegen die 58 Meter in die Höhe und geniessen ,
herrlichen Rundblick. Waldige Höhen und satte Ebenen, weisse
 
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