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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0561

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Unter den vielen Huldigungen, die Professor Ludwig
Pietsch an seinem 70. Geburtstag dargebracht wurden,
befindet sich eine Dedication, deren künstlerischer Werth
allgemeineres Interesse beansprucht. Auf den Wunsch
der ihm befreundeten Familie Bechstein stiftete Professor
Hubert Herkomer in London ein durch Erfindung und
Ausführung gleich hervorragendes Gedenkblatt. In ge-
fälligem Rococorahmen präsentirt sich in leichter Tusch-
zeichnung eine schwebende Idealfigur von strengen
Formen. Um ihre Hüften ist, den Oberkörper frei-
lassend, ein dünnes Gewand geschlungen, dessen gerad-
linig fallende Falten sich um die Knöchel im Luftzuge
bauschen. Mit aufgerichtetem, lorbeer-
bekränztem Haupte, den Blick ernst in die
Ferne gerichtet schwebt sie empor, gleich-
sam getragen von sich hinter ihrem Rücken
kreuzenden Gänsekielen. Hinter diesem ori-
ginellen Flugapparat flattert ein breites
symmetrisch geordnetes Schriftband. Der
sich iiber dem Haupte wölbende oberste
Bausch trägt die Devise: Semper Peratus,

Semper Fidelis (Stets bereit, stets getreu).

Das Ganze erscheint als eine eigenartig
erfundene Symbolisirung des Schriftthums,
als eine Verherrlichung der journalistischen
Arbeit, die selbstlos und aufopferungsvoll
den Tagesereignissen berichtend nachgeht.

Westfront des Reichstagsgebäudes, das Hermannsdenk-
mal auf dem Teutoburger Walde, die ausgezeiehneten
Arbeiten, welche die Howaldts geliefert haben, ins-
besondere ihre Brunonia mit dem Viergespann auf dem
Schloss zu Braunschweig, und eine stattliche Reihe
anderer Leistungen legen für die Verwendbarkeit der
Kupfertreibe-Technik glänzendes Zeugniss ab. Die
Figuren in Kupfertreibearbeit sind leichter und scheinen
auch besser zu patiniren als die Bronze. Die Berolina
des Professor Hundrieser, die für den Alexanderplatz
in Berlin bestimmt ist, wird in der Werkstatt von Fr.
Peters getrieben. Ebendort geht der eine von den
beiden beriltenen Herolden. welche über der Ostfront
des Reichstagsgebäudes aufgestellt werden, seiner Voll-
endung entgegen. Auch er ist nach dem Modell des

^ichard Vagner in jMadrid.

Spanien war bisher eins der wenigen
Länder, das der Wagner-Invasion einen un-
überwindlichen passiven Widerstand ent-
gegensetzte. Erst der geniale Mancinelli
fand den Muth, die Zukunftsmusik einzu-
führen und die Aufführung der „Meister-
singer“ in Madrid durchzusetzen. Nun hat
die spanische Hauptstadt Gelegenheit er-
halten, mit Wagner’s Werken eingehender
bekannt zu werden. Unter der Leitung von
Campanini wurde das erste Wagner-Concert
abgehalten, in dem ausschliesslich Werke
des Meisters zur Wiedergabe gelangten. und
man kann sagen, dass der Erfolg ein durch-
schlagender war. Zuerst wurden drei
Frggmente aus dem „Parsifal“ vorgetragen
und mit rauschendem Beifalle aufgenommen.

Den zweiten Punkt des Programmes bil-
deten mchrere Nummern aus „Tristan und
Isolde“ mit einer von Mancinelli hinzucom-
ponirten Suite. Das Liebesduett, das Finale
des ersten Actes, Präludium und Tod von
Isolde, die in leidenschaftlichen Accenten
dargestellte tragische Liebe, riss das ent-
zündliche Madrider Publikum zu begeisterten
Beifallskundgebungen hin. Sgr. Menotti, der
auch in der königlichen Qper die Rolle des
Hans Sachs in den „Meistersingern“ creirt
hat, sang dann noch .eine Nummer aus der
„Walküre“, und den Schluss des Concertes
bildete der „Walkürenritt“, in dem die ersten
Solistinnen ’ der königl. Oper mitwirkten.

Bezeichnend für die Begeisterung, die
Wagner an den Ufern des Ebro entziindet hat, sind
die Dithyramben, die der fiihrende spanischc Musik-
kritiker, Sr. Manrique de Lara, bei diesem Anlasse an-
stimmt. Mit dem Ritter Lohengrin vergleicht er Wagner,
der zur Erde niederstieg und dieselbe erst verliess,
nachdem er überall die Spuren seines wohlthätigen
Wirkens hinterlassen, die verweichlichte Künst empor-
gehoben und mit den mächtigen Accenten echt mensch-
licher Tragik durchtränkt hatte.

2)ie Kupfertreibearbeit für 2)enkmäler.

Die in früheren Jahrhunderten so beliebte Kupfer-
treibe-Technik nimmt einen erfreulichen Aufschwung
und wird besonders in Berlin neuerdings mit grossem
Erfolge angewendet. Aus dem Umstande, dass der
Kupferarbeiter das Werk des Künstlers nach dem kleinen
Modell direct in Kupfer überträgt, erwächst der Vortheil
der Ersparung des grossen Modells für den Guss. Die
Bedenken gegen die Genauigkeit der Ausfiihrung sind
^ängst widerlegt. Die Begassche Germania mit den
beiden begleitenden Figuren auf dem Mittelvorbau der

financiere’“. Ich bin Grösseres als mein äusserer Schein.
(Kent.) — „Fricassee von Kapaunen“. Zerhackt zu
Carbonade ihre Beine. (Kent.) — „Wein: Schloss
Johannisberger 1859er; Steinberger Kabinet 1857er“.
Den beiden Schwestern schwur ich meine Liebe. Welche
soll ich nehmen? Beide? (Edmund.) — „Junge Hühner“.
Mich diinkt, er scheint nicht grösser als sein Kopf.
(Edgar.) — „Burgunder; Chambertin 1861er“. Sein Alter
wirkt, sein Rang noch mehr, wie Zauber, ihm alle
unsere Herzen zu gewinnen. (Edmund.) — „Kartoffeln“.
Der Erde arme Kreatur (Edgar.) — „Schnepfen“. Bring
her die armen Kerle. (Lear.) Du Bachstelze. (Kent.)
— „Marzipan“. Die ldeine schimmernde Substanz.
(Lear.) — „Salat“. Ich will es glatt und ölig haben.
(Cornwall.) — „Omelette soufflee“. Gieb mir ein Ei,
Gevatter! (Narr.) — „Gallerte“. Seht nur
das Ding da zittern. (Lear.) — „Punsch“.
Mag eine Freundes Hand ihm volle Stärke
jetzt verleihen. (Gloster.) — „Limburger
Käse“. Gewiss, unter Zwanzigen ist eine
Nase, die den nicht röche, der stinkt.
(Narr.) — „Kaffee“, Das Schlechteste nicht,
wenn auch das Letzte. (Lear.) — „Cigarren“.
Ein kleiner Funke und der ganze tibrige
Körper ist kalt. Seht, hier kommt ein wan-
delndes Feuer. (Narr.)

(ß>oftfrteJ> fteffer afe Qflafer.

H. Herkomer. Widmung zum siebzigsten Geburtstage des Professor Ludwig Pietsch.

Prof. Maison-München in Kupfer getrieben. Andere
Werke in Kupfertreibearbeit sind aus dieser Werkstatt
für die Marienburg geliefert worden, unter ihnen die
gewaltige, von Prof. Behrendt modellirte Gestalt des
Ordensritters: mit der Lanze, der von beherrschender
Höhe aus weithin als Wahrzeichen der Burg in die
Lande schaut, und die reizvolle Krönung des Burg-
brunnens.



Hliterarische CDenu-OECarte.

Die Shakespeare-Gesellschaft in Phiiadelphia hat bci
einem Festessen Gastronomie und Literatur in einen
Zusanmienhang gebracht, bei dem Geist und Sinne in
gleichem Maasse auf die Kosten kommen. Das Menu
ihres Jahresdiners verband die Bezeichnung eines jeden
der köstlichen Gänge rnit einem Citat aus „König Lear“.
„Austern in der Schale“. Dir wäre besser in Deinem
Grabe, als so mit unbedecktem Leibe dieser Gefahr
begegnen. (Lear.) — Oeffne die Börse, nimrn, was sie
enthält. (Kent.) Kannst Du mir sagen, wie die Auster
ihre Schale macht? (Narr.) — „Soupe ä la reine“. Wie
heiss sie ist! sie dampft! (Edelmann.) — „Päte ä la

Im Künstlerhause zu Zürich war es
jü’ngst zu sehen, das ldeine Bildchen, das
cine rührende Geschichte erzählt von dem
Malerelend, das einer unserer grössten
Dichter zu erdulden hatte, als er noch
zwischen Palette und Feder schwankte. Vor
zwei Jahren wurde es von dem Maler Albert
Welti zufällig bei einem Trödler entdeckt
und bildete bei der Züricher Ausstellung
einen der Hauptanziehungspunkte. Eine
einfache Landschaft: vorn ein stilles Wasser,
umkränzt von hohen, dichtbelaubten Bäu-
men, über die sich der lichtblaue Himmel
mit einer charakteristischen Wolkenbildung
wölbt. Das ist Alles.

Die Geschichte des Bildchens mag Gott-
fried Keller selbst berichten, wie er sie in
einem Briefe an seine Mutter vom 21. März
1842 mittheilt.

’ . Letzten Februar hatte ich einen

Unfall. Der Kunstverein hierkauft alljährlich
cine Menge Bilder an, welche dann verloost
werden. Die Verloosung war am 16. Fe-
bruar. Der Verein hatte noch eine Summe
Geldes übrig, welche noch verwendet werden
musste; aber es waren nicht genug Gemälde
zum Verkaufe da. Man lud daher mehrere
Künstler ein, etwas einzusenden, und ich
wurde auch gefragt, ob ich vielleicht etwas
Fertiges hätte, das ich zu verkaufen
wünschte; wenn ich ein kleineres Bild zu
60 — 80 Gulden hätte, so wolle man es
nehmen. Ich lief vergnügt nach Hause und
sah nach, fand eine Landschaft, die ich vor"
mehreren Mor.aten schon gemalt hatte, und
zeigte sie vor. Man fragte mich um den
Preis; ich sagte 6 Louisdor. Wurde an-
genommen, nur sollte ich noch eine kleine Aenderung
machen. Ich pechierte wieder heim, pinselte noch
schnell daran herum, und weil die Verloosung schon in
zwei Tagen vor sich ging, so stellte ich das Bild an
den Ofen, daniit es schneller trockne, und verfügte mich
darauf in die Kneipe, um ein Glas Bier auf den glück-
lichen Handel zu trinken Ich sah das Bild nicht mehr
an bis an dem folgenden Morgen, und als ich es da
vom Ofen wegnehmen wollte, siehe — da war meine
arme Landschaft von oben bis unten angebrannt!
Fahret hin, ihr theuren 60 Gulden! Ihr könnt Euch
denken, wie ich geflucht habe; denn ich hatte nichts
anderes fertig. das ich statt des verbrannten hätte ver-
kaufen können.“

—wvw—

Ein Goethe-Sammler.

Eine der markantesten Erscheinungen Budapests,
der gewesene Rechtsanwalt B. Elischer, ist gestorben.
Seit Monaten schon sah man die stattliche Gestalt des
allgemein bekannten und gea,chteten Mannes nicht mehr
auf der Strasse; sein hartnäckiges gichtisches Leiden

IX. Fr.-No. B. 1.
 
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