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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0575

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Madame Demont- Breton.

Kriegs-^rinnerungen.

Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben.

Unter diesem Titel erscheint im Verlage des Deutschen
Verlagshauses Bong & Co., Berlin W. 57, ein neues
Lieferungs - Prachtwerk (vollständig in 15 Lieferungen
ä 50 Pf.), das unter ähnlichen Verherrlichungen der
Jubeljahre 1870—71 eine hervorragende Stelle einzu-
nehmen bestimmt ist. Im Gegensatz zu anderen Ver-
öffentlichungen handelt es sich hier nicht um eine nach-
trägliche Schilderung der Kriegsereignisse, sondern um
eine lebhafte Darstellung der Einzelerlebnisse der Mit-
kämpfer durch diese selbst. Das Ganze stellt sich als
ein Ruhmes - Album der deutschen Armee dar, in das
jeder Krieger den bescheidenen Antheil, den er an der
Wiedererrichtung des deutschen Reiches genommen, in
der ihm eigenthümlichen schlichten Sprache erzählt.
Biirgt der Name des Herausgebers, des Generalmajors z. D.
Freiherrn Friedrich von Dincklage-Campe, der sich der
Redaction des gross angelegten Werkes unterzogen, für
die militärische Correctheit sowohl, wie für eine geschmack-
volle Auswahl und Bearbeitung, so liegt der Hauptreiz
des originellen Unternehmens in der Heranziehung der
ihre eigenen Erlebnisse erzählenden Mitarbeiter, in der
Lebhaftigkeit einer Darstellung, die unter dem Einflusse
der frischen Erinnerung entstanden, sich wie ein Aus-
schnitt aus dem gesammten Kriegstableau giebt. „Preussen
und Baiern Hand in Hand“, „Ohne Signal“, „Nächtlicher
Angriff“, „Schweres Geschütz“, „Im Feuer genommen“,
„Allen voran“, „Ein schneidiger Reservemann“, „Der
erste Gefangene“, „Diable de Prussien“, das sind die
Spitzmarken, unter denen diese Einzelschilderungen sich
mosaikartig zu einem bunten, abwechselungsreichen Bilde
zusammenschieben. Dem in seiner Gedrungenheit und
Anschaulichkeit packenden Text entspricht eine überaus
prächtige Illustration. Jedem Erlebniss ist das Portrait
des Haupthelden beigegeben. Hervorragende Thaten
sind durch zahlreiche Textbilder veranschaulicht, deren
Reihenfolge durch grosse Vollseiten-Illustrationen unter-
brochen wird. So schmückt die erste Lieferung ein
meisterhafter Aquarellfacsimile-Druck: „Der Kronprinz
überreicht im Auftrage des Kaiser Wilhelm dem Feld-
marschall Grafen Moltke das Eiserne Kreuz I. Classe.“
Unter den Vollbildern dieses Heftes ist besonders eine
prächtige Schilderung des Vorgehens des 52. Branden-
burgischen Infanterie-Regiments, unter Major Schlippen-
bach zu Pfe.rde mit der Fahne in der Hand, hervor-
gehoben. Wir fiigen dieses von G. Koch meisterhaft
gemalte Bild in dem Hauptblatt der „Modernen Kunst“
als Illustrationsprobe bei. Das ganze Unternehmen wird
tiach seiner Vollendung nicht nur ein Volksbuch im besten
Sinne des Wortes, ein nationales Prachtwerk sein, das
in keinem patriotisch gesinnten Familienkreis fehlen

sollte, es stellt sich zugleich als eine unentbehrliche Er-
gänzung zu allen Kriegsgeschichten 1870 71 dar, indem

es wie ein theures Vermächtniss der Mitkämpfer des
grossen Jahres an die Nachkommen erscheint, die es
zu gleich ruhmvollen Thun begeistcrn soll.

—wvw-

Ein weiblicher Ritter der
Ehrenlegion.

Der einzige Orden, den die fran-
zösische Republik aus den Tagen des
ersten Kaiserreiches beibehalten hat, ist
„die Ehrenlegion“. Freilich trägt das
fünfarmige Kreuz nicht mehr den Kopf
Napoleons, sondern den der La France
und statt der kaiserlichen Krone knüpfen
es heute Lorbeer- und Eichenlaub an
das rothe Band — aber sein Ansehen
hat es behalten trotz Wilson und Pa-
nama. Das rothe Bändchen der Ehren-
legion ist noch heute in der freien
Republik das Ziel so vieler Wünsche,
so vieler Intriguen und so vieler Be-
stechungen, dass man dabei kaum noch
an die schöne Devise von Liberte,
Egalite und Fraternite glauben mag. Vor
jedem Ritter schultert die Wache das
Gewehr — oh, das ist etwas Grosses!

Selten, sehr selten, ist der Orden
der Ehrenlegion Damen verliehen wor-
den. Eine der letzten so Ausgezeich-
neten ist die bekannte Malerin Frau
Adrian-Demont, oder wie sie im Reiche
der modernen Künste häufiger genannt
wird, Madame Demont-Breton.

Sie hat nicht nur das Talent ihres berühmten Vaters
Jules Breton geerbt, sondern ihn künstlerisch weit über-
troffen. Am 26. Juli 1859 in Couvrieres, einer kleinen
Stadt am Aermel-Canal geboren, debutirte sie bereits
1880, im Jahre ihrer Heirath mit Mr. Adrian-Demont,
im Salon mit 2 Bildern (Aprilblumen und Quecken),
welche berechtigtes Aufsehen erregten.

Während Jules Breton ihr Vater, seine Stoffe in
der Idylle sucht und mit grosser Einfachheit und Naivetät
seine Figuren auf die Leinwand bannt, noch ganz und
gar in der Schule stehend, hat sich die Tochter bald
von allem Hergebrachten frei zu machen gewusst und
ist jetzt der Modernsten und Beliebtesten Eine. Auch
ihre Stoffe haben den engen Rahmen verlassen. Grosse
Perspectiven, sei es See, Strand oder Haide, zaubert
ihr Pinsel hervor, und Jahr auf Jahr finden ihre Bilder
auf den französischen, belgischen und holländischen
Ausstellungen die verdiente Anerkennung und Preise.
Neben scharfem Blick zeichnet sie eine weiche Auffassung
der Stimmung aus, es liegt etwas ungemein Poetisches
in ihren Gemälden. Zwar hat sie nicht, wie ihr Vater,
einen Band Gedichte herausgegeben — aber ihr Pinsel
spricht von dem harmonischen Leben ihres Innern
deutlich genug. Des Vaters Bilder hängen im Luxembourg,
er ist der anerkannte, amtlich beglaubigte, grosse Mann —
aber man spricht nicht mehr von ihm! Die Tochter da-
gegen noch in voller Kraft und Blüthe lässt uns noch
Herrliches erhoffen, und ihr Ehrenkreuz verdankt sie
nicht der Galanterie und Stimrnungsmacherei, sondern
hat es sich ehrlich verdient durch meisterliches Können
und redliche Arbeit! R. G.

iBei jSetfr

„Geräuschlos in aller Stille“ geht zur Zeit in München
eine sehr geräuschvolle Arbeit ihrer Vollendung entgegen:
das von Hundrieser modellirte Kaiser Wilhelm-Denkmal
für den Kyffhäuser, welches in einem Hofe der krummen
Müllerstrasse in der Isarstadt von dem Hofkupferschmied
Seitz in Kupfer getrieben wird. Die Besucher der letzten
Berliner und Münchener Ausstellungen werden sich noch
der schönen getriebenen Arbeiten, Wasserbecken, Am-
phoren und Krüge erinnern, welche die Firma Seitz aus-
gestellt hatte. Es ist derselbe Meister, der neuerdings
die von Begas entworfene Germania auf dem Reichstags-
gebäude in Kupfer treiben liess und dem aller Wahr-
scheinlichkeit nach auch das 13’/i Meter hohe Germania-
Denkmal am Rhein überträgen werden wird. Wie noch
allgemcin erinnerlich sein wird, kommt bei dem vor-
liegenden Denkmal.zum ersten Male ,die Idee Hund-
rieser’s, die auch später von Begas und anderen acceptirt
wurde, zur Ausführung, dass das Ross des Herrschers
von einer Victoria geführt wird. Zuerst war diese als

syinbolische Figur vollkommen gewandlos gedacht, später
hat dcr Künstler auf äussere Anregung hin die Figur
von den Hüften abwärts mit einem wallenden Gewande
umgeben.

Die Ausführung des Kaiserdenkmals ist eine eben-
so schwierige wie interessante, weil den Arbeitern
nur ein Gypsmodell in halber Grösse vorliegt.
Zunächst wurde es in einzelne Stückc zersägt und
von diesen Theilen Profile in Pappe — natürlich von
jedem mehrere verschiedene Quer- und namentlich
Längsdurchschnitte — hergestellt. Die so entstandenen
Pappstreifen wurden sodann mit den feinsten Instru-
menlen der Präcisionsmechanik um das Doppelte ver-
grössert und nach den Curven der nunmehr für die
endgültige Arbeit maassgebenden Längsprofile viereckige
Eisenstangen gebogen und gehämmert. Auf diese werden
sodann die viele Quadratmeter grossen, 2'/3 bis 3 mm
dicken Kupfcrplatten aufgeschraubt, einc schr complicirte
Arbeit, wenn man bedenkt, welche eigensinnigen Falten
z. B. ein Beinkleid im Kniegelenk oder ein Aermel am
Ellbogen wirft. Immerhin ist diese Arbeit soweit noeh
eine mechanische; nun aber beginnt das Krümmen der
Platten und das Bearbeiten, d. h. das eigentliche Mo-
delliren in Kupfer, welches in jedem Arbeiter ein gutes
Stück Künstler voraussetzt; um so mehr, als wie bereits
erwähnt, der Kupferschmied das Gipsmodell nur in
halber Grösse vor sich hat und allein auf sein geiibtes
Augenmaass angewiesen ist. Ebenso setzt die Bear-
beitung des Materials eine bedeutende künstlerische
Technik in der Behandlung des Kupfers voraus; denn
der Helm soll wie Metall, das Zaumzeug wie Leder, die
Uniform wie Tuch wiiken. Man muss gestehen, dass
Herr Seitz es verstanden hat, die besten und tüchtigsten
Kräfte zu diesem Werk heranzuziehen; so ist z. B. die
Darstellung der Pferdehaut, zu welchem Zweck das
Metall von aussen nach innen und zugleich umgekehrt
getrieben wurde, ganz überraschend gelungen. Besonders
difficile Theile, wie der Kopf, werden, wenn sie im
Rohen fertig sind, mit Pech ausgegossen, um für das
Heraushämmern der liegenden Theile, wie der Augen,
ein geeignetes Widerlager zu bieten, damit die ver-
hältnissmässig sehr dünnen Platten nicht löcherig werden.
Die einzelnen Theile, welche an den Rändern etwa drei
Finger breit zu gross sind, werden auf kaltern Wege
zusammengehämmert, eine Löthung findet nirgend statt.
Die Figur selbst wird nicht mit Metall ausgegossen,
sondern bleibt hohl, jedoch erhält das Innere, soweit
es die Krümmungen zulassen, verbindende Eisenstangen,
ebenso führen vom Sockel aus stärkere Eisenstangen in
das Innere, damit dem kolossalen Winddruck geniigender
Widerstand geboten werde. Die einzelnen Glieder
werden schon jetzt sofort nach der Fertigstellung mit
Säure bespritzt, um der Bildung einer natürlichen Patina
Vorschub zu leisten; eine grünliche Bemalung wird
nicht beabsichtigt. Hat man doch überall, wo sie bisher
versucht wurde, trübe Erfahrungen gemacht. Künstliche
Färbung vermag niemals die natür-
liche Oxydirung des Metalls zu er-
setzen, deren Grobkörnigkeit einen
matten Gesammtton hervorruft, der
das Licht aufsaugt, statt es spiegelnd
zurück zu werfen.

Die Grössenverhält-
nisse des Kaiserdenk-
malsauf demKyffhäuser

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Ein Theil des Reiterstandbildes für das Kyffhäüser-Derikmal.

IX. 21. B. 1.
 
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