Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 3.1912-1913

DOI Heft:
Nr. 131
DOI Artikel:
Scheerbart, Paul: Die neue Oberwelt: Venus-Novellette
DOI Artikel:
Ehrenbaum-Degele, Hans: Rhapsodie
DOI Artikel:
Heinrich, Karl Borromäus: Menschen von Gottes Gnaden, [7]: aus den Bekenntnissen des Herrn Lieutnant Miéville, nachmaligen Paters Bonaventura S. J.
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.56300#0176

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
eniporsteigen. lassen... könnte; durch längere
Stricke-ließ sich ja. die Verbindung: mit der Venus.7
haut der Nahrungsaufnahme .wegen leicht, her-
stellen — auch wenn ;.die Ballons, ein paar Meilen
hoch .stiegen* ..... ..........
. Und siehe —. bald stiegen sie auch ein paar
Meilen hoch empor.; .
Und da machte man.dann neue Ballons über den
Kratern und ließ diese neuen Ballons auch — be7
völkert mit vielen Zwanzigarmigen — zum Him-
mel emporsteigen. . •
Und. da ^schwebten dann bald sehr, sehr viele
Ballons, die alle möglichen Formen annahmen, in
den Venuslüften herum. ••
.Und die schildkrötenartigen Bewohner der
Venusober fläche freuten sich über die Belebung
der Atmosphäre ebenso sehr wie die Zwanzig-
armigen, die natürlich niemals runterfielen, da sie
ja viel zu gut klettern konnten.
„Jetzt sind alle Schatten weg!“ sagten die
dicken Faulen. . . . .. ... .
„Und die unruhigen Geister auch!“ fuhren sie
fort
Knax aber ließ sich oben auf dem größten Bal-
lon, aus dem nicht weniger als zweihundert keu-
lenförmige Nebenballons herausgewachsen waren,
als Retter verehren und sagte dazu:
.. „Ja, ja, Ballonhautbewohner! Wenn man sich
nicht zu.helfen weiß, so ist man nicht sehr schlau.
Im. andern Falle aber ist man’s ganz bestimmt.“
Und die riesengroße Sonne mit ihren Protube-
ranzen machte die Wangen und die Hände des
weisen Knax ganz braun — so heftig brannte sie
hoch oben in der Venusluft. .
Glücklicherweise schadete allen Venusbewoh-
nern die größte Hitze nicht im mindesten; in der
Nähe einer Sonne ist man immer an die größte
Hitze gewöhnt — alle Körper sind da so kon-
struiert daß es gar nicht zu heiß werden kann.

Rhapsodie
Fern,
Hinter Bergen,
Verbrandet meiner Mutter Land.
Ich übersprang die Hecken der Heimat
Und achtete der Wächter nicht.
Freund war nicht mehr Freund;
Fackeln ließ ich in die Kissen lodern.
Fern, hinter Bergen verbrandet meiner
Mutter Land.
Um dich.
Auf in die Eisgebirge
Trieb mich Stolz.
Niedergezwungene Gipfel!
Firn, war unter mir.
Ich sah die Sonne aufgehn in den Einöden
Und war wolkig mit dem Sturmhimmel
’• ’ Urid knarrte im Knieholz.
‘ Geber Gründen an Zacken
'Hing ich, Hände wund;
"Nachts perlten Sterne nah und schwer herab.
• :Nun betteln meine Augen:
"Achte mich nicht gering!
Meine trotzige ■ Einsamkeit
'ÄVärd Gebet zu dir, '
: "Mit" lodernden Psalmen
• Preis-ich deine Herrlichkeit.
Goldene Wunder fühl'ich • <
'• Weben dtfrch die*'Welt •

. Sehnsuchtweinend
Ging ich durch die Nacht
Und, fror an den Wänden der Häuser.
Ueber.all, wo Herzschlag war,
Rief mein Blut nach dir.
Nun will es strömen.
Rot auf Seide,
Dir - zum Kleide
Will es sein. '
Siehe, ich bin alles Blut
An den Opfersteinen,
Siehe, ich bin alles Blut,
Daß dir Opfer ist,
In die Welt kam Melodie
Wie ein Windweben ■
Klingend über weißen Klee
Leis im Morgenrot.
Rosen füllen die Täler,
Glanz spielt auf den Bergen,
Süße Blütenwolken
Tragen mich ins Blau.
Nebel war um mich ein Meer
Und drohte, mich zu ertränken;
Winter starrte um mich stahlhart
Und kältete mir das Herz.
Schatten war ich und schrie nach Blut,
Daß ich Gestalt würde;
Blumen dufteten Nachtweh;
An schwarzen Strömen
Weinte meinte Seele.
Himmel bin ich nun und weiße Wolke,
Falterschwärme und süße Müdigkeit.
Lachen darf ich
Und frohe Augen haben
Und über Wiesen hinspielen
Und Glanz sein.
Meine Knospen sind aufgesprungen
Und überschimmernd bin ich vor Blüten-
herrlichkeit.
Meine Lippen sind rot geworden von Tag-
träumen.
Herrlich kamst du in die Welt.
Goldmeere tränkten das Land rings.
Tauverweinte Blumen küßtest du
Und wecktest die sehnsucht-gestorbenen
Nachtigallen.
Die Berge brannten, die Gefilde wurden
Geleucht durch dich und königliche Pracht.
Kämpfer bin ich geworden
Wider allen Tod,
Regen bin ich geworden,
Saaten segnend,
Sturm bin ich geworden
Und wildes Gespiel,
Nebel bin ich geworden,
Schimmerverschwebend.
Die Bienen kennen
Deine Süßigkeit,
Die Bäche wissen
Ein Lied von dir,
Singende Winde
Umtanzen dich, ■
Blaüschimmernde Buchten
’ Träumen ■ dich “tief.
GlöckenStühle preisen dich, ’
•Rollende1 Räder singen dich,
Es 'kniet die- gah'ze' Welt. Du aber strahlst
Und schenkst aus deiner Fülle Tag und Träume.

Daß ich dir brausen könnte,
Meer,
Und dich eintrinken
Ganz in meine Tiefen!
Daß ich dich spiegeln dürfte
Auf deiner Leuchtbahn! ’ *' ;
Daß wir, Ströme durchs Land,
Uns mischten, Tropfen mit Tropfen!
Dein Blut singt in mir,
Dein Atem füllt mir die Brust;
Ich kann. nicht leben ohne deine Liebe.
Wo' du bist,
Geht meine Seele unter.
Langsam sinkt mein Stern
In deinen seligen Schoß
Rings umfängt mich dein Leuchten;
Schattenlos bin ich;
Deine schimmernde Heiligkeit,
Schenkerin, ist mein.
Deine Hände, Rosen,
Duften Sommer;
Des Meeres Wellen
Rauschen durch dein Haar;
• Glanzhimmel ist dein Angesicht.
Berghangfrühling dein Leib;
Aber dein Herz,
Dein Herz,
Ist Flamme und erdelos.
Immer lächelt deine Liebe Antwort.
Flimmerndes Licht
Ueber den Wäldern am Mittag,
Rieselndes Rosengerank,
Silberner Frühe Geläut,
Alle Schönheit der Erde
Bring ich dir zum Geschmeide.
Aber dein Strahlen
Macht alles arm.
Zwischen All und Erde
Webt mein Leben hin.
Eine ferne Sage
Ward die Angst der Nacht.
In den Paradiesen
Deiner Augen
Wurden meine Träume
Kinder und Blüten,
Wie die Mandelblüten
Duften Traum und Sein.
Ich will in die Wiesen gehn
Zu den Hirtenflöten,
Ich will Sonne trinken
Und ein Jauchzen sein,
Ich will mein Herz ausjubeln in die blauen
Fernen.
Sieh, in allen Knospen
Brach die Liebe auf!
Hans Ehrenbaum-Degele

Menschen von Gottes
Gnaden
Aus den Bekenntnissen des Herrn Lieutenant
ville, nachmaligen Paters Bonaventura S. J.
Von' Karl Borromäus 'Heinrich
Fortsetzung
Baron Frangart trat, wie zu erwarten war, mit
keinem seiner Mitschüler in Verkehr. Diese hier
liebten ihn‘auch‘keineswegs, wie etwa vorher die
adeligen Zöglinge des Jesüitencollegs ihn geliebt
■hatten; sondern zum Teil beneideten sie ihn wegen
seines Reichtums, zum'Teil wegen seiner Freiheit

175
 
Annotationen