Er weinte.
Er weinte und sein dünner Körper wand sich ....
dfcbei. Aber wie komisch klang sein Weinen!
Wie ein Varietöulk. Wie die quietschenden Laute
eines exzentrischen Clowns.
Herrn Joachim rannen, während er sich um
Öen Freund bemühte, die dicken Tränen über die
Wangen.
Mit Mühe schleppte er ihn zu dem breiten
Lehnstuhle, der am Fenster stand.
Herr Theobald ließ alles mit sich geschehen.
Er blieb teilnahmslos und passiv, er schien gar
nicht zu wissen, was um ihn vorging, sein Kör-
per fiel in sich zusammen, der Kopf lag ihm welk
atrf der Brust, die Augen waren wie erloschen.
Doch sein Schluchzen ließ nach, während er
im Stuhle saß. Nur von Zeit zu Zeit schüttelte und
würgte es ihn.
Herr Joachim unterließ es, Licht anzuzünden.
Ihm war, als liege die Dunkelheit wie ein Man-
tel über der Schande seines Freundes, und er
drückte sich an dieser Hülle scheu vorbei.
Er ging kaum hörbar in der Stube umher, -
brachte alles in Ordnung und schloß die Türe;
Er sprach kein Wort.
„Er kommt ganz von selbst wieder zu sich,“
kalkulierte Herr Joachim.
In sich aber hatte er eine umnäßige Freude.
Die Sache war aus, wußte er jetzt. Für alle
Male aus!
Theobald, Theobald! . . . dachte er. — ich
- . . ich werde dir gewiß nicht mehr damit kom-
men! ... ich nicht? ... Ich weiß von alledem
nichts! . . . Nichts weiß ich! . . . Ueberhaupt,
gar nichts ist geschehen!
Er pfiff innerlich, lachte und war glücklich.
Ohne Lärm zu machen, holte er Kohlen her-
auf, spaltete Holz und machte Feuer.
Ein lustiges Feuer, das prasselte, lind dessen
tanzende Flammen in der halben Finsternis pos-
sierlich und' zugleich unheimlich anzusehen waren.
Er ist schon ganz still geworden, dachte Herr
Joachim. Er sieht starr zum Fenster hinaus und
schämt sich. Ich aber bin der, der von allem
»ichts weiß. Ja, der bin ich!
Herr Joachim hatte Wasser auf die Platten
gestellt, um Kaffee zu bereiten. Jetzt ging er
daran, seine Pfeife zu stopfen.
Er war jetzt nicht mehr der Lautlose, sondern
fing allmählich an, sich bemerkbar zu machen.
Er trat kräftiger auf, paffte mit einer nach-
drücklichen Behaglichkeit seine Pfeife, pfiff sich
eins und ging herum wie einer, der endlich reden
möchte.
Endlich setzte er sich, mit viel Umständlichkeit,
Herrn Theobald gegenüber.
„Dieser Schnee . . .“ sagte er, „es nimmt kein
Ende! . . .“
Herr Theobald, der ebenfalls zum Fenster hin-
aussah und von dem Spiele der Flocken gebannt
schien, nickte schwach, wie zögernd.
Herr Joachim war befriedigt.
„Wenn es so bleibt,“ fuhr erfort, „haben wir
heuer prächtige Weihnachten . . .“
„ . . . prächtige Weihnachten . . .“ wiederholte
Herr Theobald und wunderte sich darüber, daß
in diesen zwei Worten etwas so Stimmungsvolles
und Zauberhaftes lag: prächtige Weihnachten...
Herr Joachim blies gelassen den Rauch vor
sich hin und sprach ruhig weiter.
Er ging viele Jahre zurück, erzählte, wie das
Wetter alle die verflossenen Weihnachten ge-
wesen sei, zum Teil sehr häßlich und naß, zum Teil
höllisch kalt, er flocht Reminiszenzen ein, wurde
behaglich, weitschweifig und breit.
Herr Theobald sah nichts, hörte nur, daß je-
mand ihm gegenüber sprach, und diese Stimme
hatte die märchenhafte Wirkung eines Schlum-
merliedes: ihm war, als müsse er jetzt ein-
schlafen, als träume er schon, als löse sich alles
Feste und Erdliche am ihn auf, als steige er und
steige . . .
Er sah, wie durch einen Schleier von Nebel,
die schmale „Sorge“ hinunter, und er glaubte sich
einer Zeit zu erinnern, da er diesen Weg, Tag für
Tag, gegangen war.
Er erschauerte . . .
Es umspann ihn ein seltsames Gefühl, das
neben einer tiefen Bangigkeit viel von süßer
Freude und Innigkeit hatte.
Besonders aber fesselte ihn das wehmütige
Rot der zitternden Flamme dort unten.
Eine bebende Seele . . . dachte er.
. . . doch nein, . . . wie ein zündender Funke
fiel plötzlich die Idee in sein Herz:
. . . dieses rote Leuchten dort unten . . . durch
den nebelhaften Schleier hindurch ... es war
wie der Abendstern! . . .
Der Abendstern, zu dem er seine müde Sehn-
sucht hinaufschickte, und der mild und gewährend
sein Lächeln zu ihm hinabgleiten ließ . . .
Ach, er fühlte es:
Er würde künftig vor diesem Sterne knieen,
in der Art, wie er einst in den vielen blauen Näch-
ten zum Himmel hinaufgeweint hatte, und es
würde wieder so viel Friede und Milde herab-
träufeln, daß sein Schmerz zu etwas unendlich Be-
glückendem und Großem aufblühen mußte . . .
Deutschsprachiges
Ein Herr in St. Gallen hat ein Buch herausge-
geben: Ueber die deutsche Sprache. Briefe an alle
deutschsprachigen Volksstämme. Ich habe das
Buch natürlich nicht gelesen. Der Prospekt genügt
vollkommen. Nachdem sich dieser Herr Stähly
freundlichst auf Schiller berufen hat, empfiehlt er
seine Gemeindeutsche Sprachpflege den deutsch-
sprachigen Ländern mit folgendem deutschsprachi-
gem Satz: „Wprin kann aber dieses für die bereits
vorhandene gemeindeutsche .regelnde Sprachbe-
hörde1 nötige gemeinsame und einheitliche Aus-
drucksmittel der .gemeindeutschen Sprachpflege1
in allgemein wirksamer Form anders, ja einzig
zweckentsprechend bestehen, als in einem Lehr-,
Lern- und Uebungsbuch, das, eben auf der einheit-
lich als schönstes und richtigstes Deutsch aner-
kannten klassisch deutschen 'Sprache aufgebaut,
im ganzen deutschen Sprachgebiet in der sprach-
lich entscheidenden Bildungsstufe namentlich der
obersten Volks- und allfällig noch der untersten
Mittelschulklasse einheitlich verwendet wird, dann
aber auch dem erwachsenen deutschsprachigen
Menschen im sogen, .praktischen Leben* als siche-
rer Führer in sprachlichen Nöten jederzeit leicht
und einheitlich zu dienen vermag!“
Das ist deutschsprachig. Man wundert sich
nicht weiter, daß der Verfasser selbst von seinem
schönsten und richtigsten Deutsch entzückt ist.
Darüber wäre keine Zeile zu verlieren. Aber sämt-
liche pädagogischen Zeitschriften sind einfach be-
geistert So empfiehlt die bayerische Lehrerzeitung
München das Buch also:
„Seine positiven Vorschläge gipfeln in einem
Sprachlehrbuch für die obere Volks- und die untere
Mittelschule, daß „die Vermittlung der Grundge-
setze in unmittelbarem Anschluß und Zusammen-
hang mit einem einheitlichen klassischen Lesestoff
innerhalb eines oder höchstens zweier Jahre er-
möglicht.“ Stähly (St. Gallen) ist der Verfasser
dieses neuen Lehrmittels, das aber der Referentin
nicht vorliegt. Es ist unter dem Titel „Deutsche
Sprache, Lehr-, Lern- und Uebungsbuch“ erschie-
nen, und, soweit der Manuskriptdruck reicht, vonf
Verfasser gegen Nachnahme von M. 3,50 zu bezie-
hen.“ E. Weber
Man kann auch durch Nichtlesen eines Buches
zu verschiedenen Urteilen kommen. Wenn die
Tägliche Rundschau nur das Wort deutschsprachig
hört, gerät sie sofort in Begeisterung. Herr K S.
schreibt eine sehr lange Besprechung allein über
die „Idee“, ein deutschsprachiges Uebungsbuch
herauszugeben. Seine Sätze könnte der deutsch-
sprachige Herr Stähly höchstselbst' geschrieben
haben. Zum Beispiel: „Der Umstand, daß die
deutsche Sprache besonders im Unterricht in der
Schule, aber auch in der Wendung im täglichen
Leben als etwas betrachtet und behandelt wird,
das einer eingehenden, abschließenden Durchar-
beitung nicht bedürfe, als etwas, das als selbstver-
ständlich vorhanden in der allgemein auftretenden
Form genüge, ohne für das gewöhnliche Leben
veredelt werden zu können, ja verdelt werden zu
müssen“ — diese in letzter Reihe auf die einseitig
klassizistische Denkweise unserer Humanistenzeit
zurückgehende Vernachlässigung der pflegenden
Arbeit in der Entwicklung und im Unterricht der
deutschen Sprache ist ohne Zweifel der tiefste
Grund für das allgemeine sprachliche Unvermö-
gen, das uns heute in den breiteren Massen wie
leider auch unter den Geschulten und „Gebildeten“
so beschämend entgegentritt.“
Das allgemeine sprachliche Vermögen der Täg-
lichen Rndschau ist desto beträchtlicher. Die Sätze
wenigstens entwickeln sich. Nach dieser neuen
Methode des deutschsprachigen Unterrichts wird
offenbar bereits in der Künstlerstadt Darmstadt
gelehrt. Auf den Fahrkarten der Darmstädter
Straßen- und Vorortbahnen befindet sich folgen-
der Satz, der zu schade ist, um nur „während der
Fahrt“ aufbewahrt zu werden. Er dürfte entweder
von der Täglichen Rundschau oder von Herrn
Stähly oder von der bayerischen Lebrerzeitung
München verfaßt sein und heißt:
,Als Umsteige-Fahrschein zur Weiterfahrt gül-
tig nur von der in der auf der rechten Seite
genannten und durch Lochnung gekennzeichneten
Umsteigestelle aus mit dem nächsten anschließen-
den noch nicht vollbesetzten Wagen.“
H. W.
Empfohlene Büeher
Die Schriftleitung behält sich Besprechung der hier
genannten Bücher vor. Die Aufführung bedeutet bereits
eine Empfehlung. Verleger erhalten hier nicht erwihate
Bücher zurück, falte Rückporto beigefügt wurde.
Claude A m ayrol-Grander
La Victoire du Souvenir
Paris / Verlag Eugene Figuiöre et Cie.
Verantwortlich für die SchriftleitMng:
Herwarth Walden / Berlin W 9
27S
Er weinte und sein dünner Körper wand sich ....
dfcbei. Aber wie komisch klang sein Weinen!
Wie ein Varietöulk. Wie die quietschenden Laute
eines exzentrischen Clowns.
Herrn Joachim rannen, während er sich um
Öen Freund bemühte, die dicken Tränen über die
Wangen.
Mit Mühe schleppte er ihn zu dem breiten
Lehnstuhle, der am Fenster stand.
Herr Theobald ließ alles mit sich geschehen.
Er blieb teilnahmslos und passiv, er schien gar
nicht zu wissen, was um ihn vorging, sein Kör-
per fiel in sich zusammen, der Kopf lag ihm welk
atrf der Brust, die Augen waren wie erloschen.
Doch sein Schluchzen ließ nach, während er
im Stuhle saß. Nur von Zeit zu Zeit schüttelte und
würgte es ihn.
Herr Joachim unterließ es, Licht anzuzünden.
Ihm war, als liege die Dunkelheit wie ein Man-
tel über der Schande seines Freundes, und er
drückte sich an dieser Hülle scheu vorbei.
Er ging kaum hörbar in der Stube umher, -
brachte alles in Ordnung und schloß die Türe;
Er sprach kein Wort.
„Er kommt ganz von selbst wieder zu sich,“
kalkulierte Herr Joachim.
In sich aber hatte er eine umnäßige Freude.
Die Sache war aus, wußte er jetzt. Für alle
Male aus!
Theobald, Theobald! . . . dachte er. — ich
- . . ich werde dir gewiß nicht mehr damit kom-
men! ... ich nicht? ... Ich weiß von alledem
nichts! . . . Nichts weiß ich! . . . Ueberhaupt,
gar nichts ist geschehen!
Er pfiff innerlich, lachte und war glücklich.
Ohne Lärm zu machen, holte er Kohlen her-
auf, spaltete Holz und machte Feuer.
Ein lustiges Feuer, das prasselte, lind dessen
tanzende Flammen in der halben Finsternis pos-
sierlich und' zugleich unheimlich anzusehen waren.
Er ist schon ganz still geworden, dachte Herr
Joachim. Er sieht starr zum Fenster hinaus und
schämt sich. Ich aber bin der, der von allem
»ichts weiß. Ja, der bin ich!
Herr Joachim hatte Wasser auf die Platten
gestellt, um Kaffee zu bereiten. Jetzt ging er
daran, seine Pfeife zu stopfen.
Er war jetzt nicht mehr der Lautlose, sondern
fing allmählich an, sich bemerkbar zu machen.
Er trat kräftiger auf, paffte mit einer nach-
drücklichen Behaglichkeit seine Pfeife, pfiff sich
eins und ging herum wie einer, der endlich reden
möchte.
Endlich setzte er sich, mit viel Umständlichkeit,
Herrn Theobald gegenüber.
„Dieser Schnee . . .“ sagte er, „es nimmt kein
Ende! . . .“
Herr Theobald, der ebenfalls zum Fenster hin-
aussah und von dem Spiele der Flocken gebannt
schien, nickte schwach, wie zögernd.
Herr Joachim war befriedigt.
„Wenn es so bleibt,“ fuhr erfort, „haben wir
heuer prächtige Weihnachten . . .“
„ . . . prächtige Weihnachten . . .“ wiederholte
Herr Theobald und wunderte sich darüber, daß
in diesen zwei Worten etwas so Stimmungsvolles
und Zauberhaftes lag: prächtige Weihnachten...
Herr Joachim blies gelassen den Rauch vor
sich hin und sprach ruhig weiter.
Er ging viele Jahre zurück, erzählte, wie das
Wetter alle die verflossenen Weihnachten ge-
wesen sei, zum Teil sehr häßlich und naß, zum Teil
höllisch kalt, er flocht Reminiszenzen ein, wurde
behaglich, weitschweifig und breit.
Herr Theobald sah nichts, hörte nur, daß je-
mand ihm gegenüber sprach, und diese Stimme
hatte die märchenhafte Wirkung eines Schlum-
merliedes: ihm war, als müsse er jetzt ein-
schlafen, als träume er schon, als löse sich alles
Feste und Erdliche am ihn auf, als steige er und
steige . . .
Er sah, wie durch einen Schleier von Nebel,
die schmale „Sorge“ hinunter, und er glaubte sich
einer Zeit zu erinnern, da er diesen Weg, Tag für
Tag, gegangen war.
Er erschauerte . . .
Es umspann ihn ein seltsames Gefühl, das
neben einer tiefen Bangigkeit viel von süßer
Freude und Innigkeit hatte.
Besonders aber fesselte ihn das wehmütige
Rot der zitternden Flamme dort unten.
Eine bebende Seele . . . dachte er.
. . . doch nein, . . . wie ein zündender Funke
fiel plötzlich die Idee in sein Herz:
. . . dieses rote Leuchten dort unten . . . durch
den nebelhaften Schleier hindurch ... es war
wie der Abendstern! . . .
Der Abendstern, zu dem er seine müde Sehn-
sucht hinaufschickte, und der mild und gewährend
sein Lächeln zu ihm hinabgleiten ließ . . .
Ach, er fühlte es:
Er würde künftig vor diesem Sterne knieen,
in der Art, wie er einst in den vielen blauen Näch-
ten zum Himmel hinaufgeweint hatte, und es
würde wieder so viel Friede und Milde herab-
träufeln, daß sein Schmerz zu etwas unendlich Be-
glückendem und Großem aufblühen mußte . . .
Deutschsprachiges
Ein Herr in St. Gallen hat ein Buch herausge-
geben: Ueber die deutsche Sprache. Briefe an alle
deutschsprachigen Volksstämme. Ich habe das
Buch natürlich nicht gelesen. Der Prospekt genügt
vollkommen. Nachdem sich dieser Herr Stähly
freundlichst auf Schiller berufen hat, empfiehlt er
seine Gemeindeutsche Sprachpflege den deutsch-
sprachigen Ländern mit folgendem deutschsprachi-
gem Satz: „Wprin kann aber dieses für die bereits
vorhandene gemeindeutsche .regelnde Sprachbe-
hörde1 nötige gemeinsame und einheitliche Aus-
drucksmittel der .gemeindeutschen Sprachpflege1
in allgemein wirksamer Form anders, ja einzig
zweckentsprechend bestehen, als in einem Lehr-,
Lern- und Uebungsbuch, das, eben auf der einheit-
lich als schönstes und richtigstes Deutsch aner-
kannten klassisch deutschen 'Sprache aufgebaut,
im ganzen deutschen Sprachgebiet in der sprach-
lich entscheidenden Bildungsstufe namentlich der
obersten Volks- und allfällig noch der untersten
Mittelschulklasse einheitlich verwendet wird, dann
aber auch dem erwachsenen deutschsprachigen
Menschen im sogen, .praktischen Leben* als siche-
rer Führer in sprachlichen Nöten jederzeit leicht
und einheitlich zu dienen vermag!“
Das ist deutschsprachig. Man wundert sich
nicht weiter, daß der Verfasser selbst von seinem
schönsten und richtigsten Deutsch entzückt ist.
Darüber wäre keine Zeile zu verlieren. Aber sämt-
liche pädagogischen Zeitschriften sind einfach be-
geistert So empfiehlt die bayerische Lehrerzeitung
München das Buch also:
„Seine positiven Vorschläge gipfeln in einem
Sprachlehrbuch für die obere Volks- und die untere
Mittelschule, daß „die Vermittlung der Grundge-
setze in unmittelbarem Anschluß und Zusammen-
hang mit einem einheitlichen klassischen Lesestoff
innerhalb eines oder höchstens zweier Jahre er-
möglicht.“ Stähly (St. Gallen) ist der Verfasser
dieses neuen Lehrmittels, das aber der Referentin
nicht vorliegt. Es ist unter dem Titel „Deutsche
Sprache, Lehr-, Lern- und Uebungsbuch“ erschie-
nen, und, soweit der Manuskriptdruck reicht, vonf
Verfasser gegen Nachnahme von M. 3,50 zu bezie-
hen.“ E. Weber
Man kann auch durch Nichtlesen eines Buches
zu verschiedenen Urteilen kommen. Wenn die
Tägliche Rundschau nur das Wort deutschsprachig
hört, gerät sie sofort in Begeisterung. Herr K S.
schreibt eine sehr lange Besprechung allein über
die „Idee“, ein deutschsprachiges Uebungsbuch
herauszugeben. Seine Sätze könnte der deutsch-
sprachige Herr Stähly höchstselbst' geschrieben
haben. Zum Beispiel: „Der Umstand, daß die
deutsche Sprache besonders im Unterricht in der
Schule, aber auch in der Wendung im täglichen
Leben als etwas betrachtet und behandelt wird,
das einer eingehenden, abschließenden Durchar-
beitung nicht bedürfe, als etwas, das als selbstver-
ständlich vorhanden in der allgemein auftretenden
Form genüge, ohne für das gewöhnliche Leben
veredelt werden zu können, ja verdelt werden zu
müssen“ — diese in letzter Reihe auf die einseitig
klassizistische Denkweise unserer Humanistenzeit
zurückgehende Vernachlässigung der pflegenden
Arbeit in der Entwicklung und im Unterricht der
deutschen Sprache ist ohne Zweifel der tiefste
Grund für das allgemeine sprachliche Unvermö-
gen, das uns heute in den breiteren Massen wie
leider auch unter den Geschulten und „Gebildeten“
so beschämend entgegentritt.“
Das allgemeine sprachliche Vermögen der Täg-
lichen Rndschau ist desto beträchtlicher. Die Sätze
wenigstens entwickeln sich. Nach dieser neuen
Methode des deutschsprachigen Unterrichts wird
offenbar bereits in der Künstlerstadt Darmstadt
gelehrt. Auf den Fahrkarten der Darmstädter
Straßen- und Vorortbahnen befindet sich folgen-
der Satz, der zu schade ist, um nur „während der
Fahrt“ aufbewahrt zu werden. Er dürfte entweder
von der Täglichen Rundschau oder von Herrn
Stähly oder von der bayerischen Lebrerzeitung
München verfaßt sein und heißt:
,Als Umsteige-Fahrschein zur Weiterfahrt gül-
tig nur von der in der auf der rechten Seite
genannten und durch Lochnung gekennzeichneten
Umsteigestelle aus mit dem nächsten anschließen-
den noch nicht vollbesetzten Wagen.“
H. W.
Empfohlene Büeher
Die Schriftleitung behält sich Besprechung der hier
genannten Bücher vor. Die Aufführung bedeutet bereits
eine Empfehlung. Verleger erhalten hier nicht erwihate
Bücher zurück, falte Rückporto beigefügt wurde.
Claude A m ayrol-Grander
La Victoire du Souvenir
Paris / Verlag Eugene Figuiöre et Cie.
Verantwortlich für die SchriftleitMng:
Herwarth Walden / Berlin W 9
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