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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921

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Heft 4
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Wolfradt, Willi: George Grosz
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https://doi.org/10.11588/diglit.27278#0125

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Abb. 1. George Grosz. Der Liebeskranke. 1916.

überkarikaturiftifche Charakter diefer Konftruktionen fid) erweift, denn der Junior greift
feinem ganzen (Hefen nach niemals zum lebten.
Voliendet fid) fo der grimme (Hit^ im Gitat, fo kann freiiid) von einem Naturalismus
im gewöhnlichen Sinne bei Grosz nicht die Rede fein. Vielmehr nur von jener kom-
plizierteren (Hirklichkeitstreue, die dem Chaolifchen der Dinge in der bildlichen (Hieder-
gabe auch die Chaotik beläßt, die den harten (Hiderfprüchen und rückfichtslofen Über-
fchneidungen der Realität das formale Äquivalent nicht vorenthält und der empirifchen
Erfcheinung er[t dadurch vollends gerecht wird, daß fie auch ihr Innenleben, ihre ge-
heimen Gedanken und Griebe, ihre Hnterbewußtheiten abbildet. Diefes Prinzip, ge-
meinhin futuri[tifch genannt, beherrfcht nicht gerade das Schaffen unferes Künftlers,
macht fich aber allenthalben bei ihm geltend, um die gefpenftige, albdruckartige Stim-
mung feiner Geftaltungen zu erhöhen und den der (Hirklichkeit entriffenen Einzelheiten
die zufammenfaffende kompofitionelle Ordnung zu geben, die erft den lebten Sinn der
Dar[tel!ung offenbart: die entfe^liche I^armonielofigkeit diefer (Heit kund zu tun, in der
gleichfam nichts mehr feinen reinen Kontur, feine plaftifche Individualität ausleben kann.

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