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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Januar
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ordmmg, welchr so »ollstindtg khrcnhiste, ji »on ganz Un-
erläßltchrn Geboten jcdem Deutschen aujgcbrnngcne Ner-
einlgungen, wie dcu Nakionalvereiu, dessen Glteder nur lllit
grsetzlicheu Witteln wlrlcn durfeu, im Großherzog-
thum oerblitet, lann nicht, oder nicht länger zu Recht be-
ftchen, D!e Stände dc» Großherzogthumi habcu an deren
Erlaß leinen Anthell; fie widersxricht, wte uns die bestcn
StaatrrechtSlehrer DeutschlandS b-z-ugen, der großher-
zoglichen Versaffllng, nud ihre Handhabung beschwört ge-
radezu alles DaSjenige herauf, waS fie etwa oerhiutern
sollte. — Lönigliche Hoheit! Es gcschah wohl in trübcn
Zeiten, daß man mitunter auch eine gute Sache aus Utt-
lauteren, persönlichcn Gründcn und aus Zntcressen oder
Parteileidenschaften durch dic V-rdächtigung vcrderben
konntc, fie schmccke nach Dcmagogic Anarchic, Atheismus
oder derglcichcn. Wir glaubcn uicht, daß dies hcut zu
Tage noch gcschtchr odcr geltugt. Solltc Lennoch, trotz der
Noth aller llmstände, Ew. königl. Hohett unserc durchaus
reiue HandlungSweise nurichtkg gcschildert worden sein, so
bittcn wi« chrerbietigst um gcrcchtc Sühne. Wir erstrcbcn
ketncSwcgS die Ntederschligung dcr -gegen unS oer-
hängtcn llntcrsuchung. D-nn unser xcisönliches Zn-
tercsfe rcchncu wir kn dteser Angelegenhett für NichtS. Wir
lcgen vielmehr vor dcm Throne Ew. köntgl. Hoheit die
ehrerbletigstc Bitte ntcder: Ew. königl. Hoheit geruhc in
Gnadcn, zn »eiorducn, daß im Großherzogtbum dem Na-
tioualverein k-in Hinderniß f-rncr iu den Weg gclegt, daß
jene Vcrorduung vom 2. October 1850 aufgehoben wcrde,
und daß die Räthe dcr Krone, wrlche in deu jctztgeu ge-
fahrdrohenden Zcitläusen drrartigc Vcrfolgungen veranlaßt
habcn, auS der Näh- dcs Throues entfcrnt werden. Jn
ticfster Devotion u. s. w." (Folgeu dic llnteeschriften.)

München, 3. Jan. Heute wurve in der
Abgeordnetenkammer das Budqet für 186l
emqcbracht, das sich auf 46,858,525 fl. be-
läuft. ILhrlich werden also 5 Millloncn
mehr verlangt, als das bisherigc Bndqet be-
träqt. Dcffcnunqeachtet wird keine Stener-
erhöhllnq nothwendiq. Für dic außerordent-
lichen Bedüriniffc dcr l'lrmee wird ein-eige-
ner Geseßentwurf vorgeleqt werden.

Leipzig, 31. Dec. Hier häufen sich wie-
der die Beschlaqnahmeu von Druckschriften.
So sind die »Grenzbotcn" No. 51 nnd die
„Berliner Volkszcitung" vom 29. Dee. von die-
sem Lvose belrvffen wordcn, Lie letzte wcqe»
zwei darin cnlhaltcner Correspondenzartikcl
über die Auslieferunq Teleki's. Wann wird
man cndlich zn dcr Einsicht qelangen, daß sol-
ches poltzcilichcs Dreinfahrcn das allerschlech-
teste Mittkl ist, welchcs eine Regierung an-
wendcn kann.

Berlin, 2s Jan. Der „St.-Anz." brinqt
an der Spitze scincs Blattcs cinc Versügung
über die Landcstrancr wcgcn Ablcbcns deö
Königs, und meldet dann u. Ä. in seinem nicht-
amtlichen Thcile diesen Todesfall in eincm
Artikel, in welchcm wir folgcnder eiqcnthüm-
Iichcr Stelle beqcqnen: „Dcr größcste Trvst
Seiner trenen Unterlhancn ist es aber, daß
der König bis zu scincm Ende Glanben ge-
halten; daß er Scine Erqebung ans dem ihm
reichlich gespendetcn Worte Gottes schöpfte
und Sich ganz und allein für Seine künstige
Scligkcit auf das Verdicnst Selnes Heilandes
Jesu Christi verließ."

Ueber die letzten Stunden des Königs bringt
die „Rat.-Ztg." svlqendc Mittheilungcn: Der
Zustand Sr. Masestat hatte schvn am31. Dcc.
eine so Besorgniß erreqendc Wcndunq genom-
men, daß am Abeno Gencralstabsarzt Dvetor
Grimm von Berlin nach Sanssouci berufen
wurdc. Am 1. Januar, Mvrgens 1^/2 Uhr,
erhielt der Prinz-Rcqent aus Sanssouci die

rung. Wie ich wieder zur Besinnung kain, fühlte
ich mich ruhigcr, als ich seit mehrercn Tagen gc-
«esen «ar: cs wurve llarer.in meinem Gciste und
dcnnoch «arcn alle mcine Hoffnungen verschwunden.
Zch glaubte es wenigstens und diesc Gewißheii gab
mir meinc Kaltblütigkeit zurück. Zch dachte an die
unerhörten Anstrengungcn, die ich zur Erhaltung
eincS so elenden Dascins gemacht hatte, und dabei
zuckte ein verächtltches Lächeln um meine Lippen.
„Jst cs nicht Wahnwitz", sagte ich zu mir, „fich
so gegen ein unabwendbares Schicksal zu sträuben?
Jch füge mich und will sterbcn. Was ist übrigens
der Tod Andercs, als Schlaf und das Ende aller
Leiden?"

Nur noch ein letztcs Derlangcn fühltc ich, näm-
ltch auf wcichem Moose auSgestreckt, im Schatten
hoher BLumc, sanft zu verscheiden. Freilich ge-
hörte dazu noch eine äußerstc Anstrengung und ich
versuchte fie; aber meine Schwächc war zu groß und
zu wicdcrholtcn Malcn sank ich zusammen und blieb
dann eine Wcile liegcn. Aber dcr Wunsch, auf
dem Moosbett zu sterben, gewann so sehr übcr jcdcn
«mdern die Oberhand, daß ich noch auf Händcn
nnd Knieen fortkroch nnd so doch mdlich die Baum-

teleqraphische Nachn'cht, daß der Todeskamps
eingetretell sei. «c. Kql. Hoheit ließ sofort
der königl. Famille die traurige Botschaft mlt-
theilen und begab sich um 4 Uhr nach Pots-
dam, wohi'n dle übriqen Mitqlieder der köniql.
Familie folqtcn. Nach 11 Uhr Mvrgens
wurde der Puls wied?r etwas lebhafter, doch
trat am Adend ein stchibares Erlösche» Ler
Kräite ein. Der Todcskampf verlängerie sich
bis Nachts 12 Uhr 40 Minuten.

'Friedrich Wilhelm IV. von Preußen war
am 15. Oct. 1795 geboren. Sein Vater war
der damaligc Prinz von Prrußen, scit 1797
König Friedrich Wilhelm III., seinc Mutter
dic gefeierte „Königin Louise". Unter den
Lchrcrn des Prinzen befand sich Scharnhorst.
Am 29. Novembcr 1823 vermählte sich Fricd-
rich Wilhelm mit der Prinzessin Elisabeth von
Bayern. Die Ehe blieb kinverlos. Am 7. Juni
1840 gclangie der Prinz zur Regierung. —
Wir unierlafsen es hier, einc Schilderung Lcr-
selben z» entwcrsen. Thatsache ist, daß die
Erwariungen und Hoffnungcn, dic sich an das
Ercigniß knüpften, keineswegs zur Erfüllnng
qelangien. Statt enier Constitution erhieli
Preußen nnd zwar erst am 3. Februar 1847,
blos das Zwitter-Jnstitut ves „vcreinigten
Landtags." (Zwei Atteniate gegen den Kö-
nig, das eine Tschechs am 26. Juli 1844, und
jenes Sefeloges am 22. Mai 1850 waren nicht
von politischcr Leidenschaft ansqcgangen; der
letzte dieser Mordversnche ist überhaupt noch
qar nichi in allcn Beziehimgen klar gestellt.)
Es kamen die Märztage des Zahres 1848.
Am 21. hielt ver Köniq den bekannten Um-
ritt unter der schwarz-rvth-goldenen Fahne.
Am 2. April des Jahres 1849 lehntc der-
selbc dic ihm anqebotene dentsche Kaiser-
krone ab. Es entstand das Unionsprojcct,
das mit deu schmachvollen Tagen von Olmütz
und Bronnzell endetc. Die am 5. Dec. 1848
ociroKirtc Verfaffung ward unter Mithülsc
der kleinen, aber mächtigen Partei vielfach
umqewandelt. Am 23. Octbr. 1857 übertrng
dcr König wegcn schwercr Erkrankung dem
Prinz von Prcußen (seincm Brnder und nun-
mehrigen Könige) die einstweilige Stellvcr-
trctunq in der Reqierunq und am 7. October
1858 die bis heute von ihm geübie Regcnt-
schaft.

Wien, 30. Dez. Das größte politische
Tagesblatt Galiziens, der in Krakau erschei-
nende „Czas" veröffentlicht einen lanqcn Leit-
artikel, der gewiffermaßen als Programm
der Forderunqen und Wünsche der gemäßig-
ten Partei unter dcn österreichischen Polen
gelten kann, stch aber nichtsdcstowenlger ganz
bcstimmt für eine vollständige nakionale Re-
oraanisation im Sinne dcr Selbstverwaltung
ausspricht.

Ans Ungarn wird dcr „Oesterreichischen
Zeitunq" geschricbcn: „Der Zeilpunkt ist nicht
mehr feru, in welchcm dic bishcrigen Beam-
tcn im Königrciche Ungarn und in seincn
Nebenländern ihre Wirksamkeit beenden und
in so fern Lieselben Angehörige der deutschen
und slawischen Kronländer stnd, auch den
Wanderstab ergreisen nnd in ihre Heimath

zurückkehren mnffen. Unter deü 25,000 Be«
amtcn der politischen, Justiz - nnd Finanzbe-
hvrden sind nach ven qemachten Erhebungen
ungefähr 10,000 Eingeborne, das ist Magpa-
ren, Scrben, Rnmänen, und wir wurden
hinzufügcn, auch Dentschc, wenn nicht die be-
dauerliche Wahrnehmung zu machen wäre,
daß ein großer Thcil Ler hier zu Landc ge-
borcnen deutschen Abkömmlinge mit einer un-
beqreiflichen Selbstverlcugnung ihrc Nationa-
lität über Bord qcworsen und sich einem
Volksstamme angeschloffcn und incorporlrt
haben, der diesc Rencgaten vcrachtcnd, sie
doch immer uur als „dumme Schwaben" bc-
handelt. Wir benciden diese unsere deutschca
Mitbrüdcr nicht um das zweifelhafte Glück,
ihren chrlichcn deutschen Namm magparisi-
ren und stch als Nachkommen Arpad's bcwe-
gen zu dürfen. Trotz der Unsicherheit ihrcr
künftige» Eristenz hat die überwiegende Mehr-
zahl dcr in ihre Helmath zurückkehrenden Fa-
milien bercitwiUiq und unverdroffen eincm
Landc den Rückcn gekchrt, in welchem diesel-
ben so vlel passtven Wi'derstand, in ihren gc-
selligen Beziehungen so viel Ungemach erlei-
den mußten. Viele unler dlesen Männern
mußten selbstvcrständlich durch das Vcrlaffcn
ihrcr Dienstespvsten auch materielle Verlustc
erleidcn; aber an mannigfaltigen Erfahrun-
ge» sind sic alle reicher gewvrden. Sie haben
ein Land kennen gelernt, daS in seincn Zu-
ständen von den übrigen Landestheilen Euro-
pas wesentlich vcrschieden ist; sie haben viele
Mcnschen kennen gclcrnt, die stch Ungarn
nennen und deren Wiege in deutschen Lan-
dcn gcstanden ist; ste haben erfahrcn, daß
dcr Vollblut - Magpar doch noch ein edlerer
und befferer Mensch ist, als derjemge, wel-
cher seinc Nationalität verläugnct; sie haben
die Ueberzcugung crhalten, daß nur durch
deutschen Flciß die Gcwerbe, Künstc und
Wiffenschaftcn in das Land gekommen, daß
deutsche Händc und deutsche Jntelligenz Berg«
bau aufgeschloffen, Steppe» fruchtbar gemacht
und Capitalien von dcutschen Firmen sich bei
den größere» Unternehmungen des Landes bc-
theiligl haben. Sie habcn aber auch bcmerkt,
wie für diesc unläiigbareii Thatsachea jede
Anerkennnng verlorcn gegangen ist."

Pesth, 29. Dec. Die neuen Kronhüter
haben, wie „Jd. Tan." berichtct, bereils
Sonnabend die ungarischc Krone übernommen.
Diesclbe befindet sich unter neun Schlöffern,
drel Schlüffel hat Ler Taverni'cus und jc drci
haben die beidcn Kronhütcr an sich genommea.

Dänemark.

Schleswig, 27. Dec. DaS Recht hat
ausnahmSweise gestegt. Hcute ist die Hei-
bergschc Buchhandlung endlich auf Befehl des
Mlnisteriums für das Hcrzogthum Schleswig
entflegelt und dem Dr. Heiberg zur freien
Vcrsügung zurückgegeben.

F r a n k r e i ch.

Paris, 31. Dcc. Zur Erbauung der
Gläubigen in dieser glaubensarmen nnv glau-
bensbedrängten Zeit erschcint cine Geschichte

gruppe erreichtc, nachdcm ich unterwcgS noch mein
weggeworfeneS Gcwehr wieder mitgenommen hattc.
Zch wollte in Friedcu stcrbcn, und dic Flinte war
mtr unentbehrlich, um die Coyoten fern zu halten.
(Schluß fvlgt.)

Das tn Darmstavt erscheinende „Kirchenblatt für
das Großherzogthum Hessen" bringt folgcnde, wirk-
lich nicht üble Mitthcilung: „Jnstanzcnzug in
Hesscn. Wer isl dte höchste Jnstanz und Autori-
tät in Heffen? Zu cincm gräflichen Bcamten in L.
kam ein Baucrsmann und verlaugte zum Herru
Grafen. Beamtcr: Was wollt Ahr beim gnä-
digen Herrn? Baucr: Jch will mci RLcht; ich
habb en Proceß mit dcr Rcntkammcr. Bcamter:
Aber den hat ja das Landgericht zu N. entschieden.
Bauer: DeS hot mer awwer mei Rächt nct gLwwe.
Beamtcr: So appcllirt an's Hofgericht. Bauer:
An des habb' ich schun appellirt- des hot mer mct
RLcht ach net gäwwe. Bcamter: So geht an's
Appcllationsgericht, das «ird Euch aber wahrschein-
iich auch kcinen andern Befcheid geben. Bauer:
Dann grhn ich an Großherzog. Beamter: Der

Großhcrzog wird nicht anders entschciden, als die
ordentlichen Gerichte entschieden haben. Bancr:
Dann gehn ich an's Frankfortcr Schornal."

Man schreibt aus Hamburg, 12. Sept.: „Keinc
Langschläfer mehr!" könnte als Dcvist eines Weck-
Apparates gelten, welcher gegenwLrtig im „Hotel
d'Angleterre" zur Schau aufgestellt ist. Das origi-
nelle mechanischc Werk begnügt sich nicht damit, durch
eine Glocke zur bestimmten Stundezu wecken, sodann
nach cinigen Minuten dem Schlafcndcn dic Nacht-
mütze zu cntreißen und cndlich einc stiirkcrc Glocke
dicht vor stinen Ohren lärmcn zn laffcn, sonbern,
wenn dies AllcS vergeblich dleibt, wirft es dcn
trägcn Schläfcr sammt dem Bettzeug auf dcn Fnß-
bodcn. Während deffen zündct dcr Apparat sogar
noch die Tischlampe an, sowic die Spiritnsflamme
untcr der Kaffcemaschine, und wcnn in cinigcn
Minuten der Kaffee fcrtig ist, erlischt die Flamme
wieder. Sogar Fiuer im Ofcn macht der Apparat
tn glcichcr Weist an. Es fehlt nur noch eine Vor-
richtung zum Kehren des ZtmmerS, zum Bürsten
von Rock und Stiefcln und die Dienerschast wistk
ersetzt.
 
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