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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Januar
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»icht geschehen, und der Berein dort seine
Thätigkcit ungestvrt entfalle, so stehe die Rc-
.qicrung in ihren Maßregcln gegen denselben
in gewiffen Beziehungen vereinzelt, ihr Ein-
schrciten sei wcniger wirksam, uud es habe
in vielen Kreisen Verwunderung erregt,' daß
man im Großherzogthum Hessen verboten
habe, was anderwärts in Deutschland für
erlaubt gehalten zu werden schei'ne. Des
Grüßherzogs von Heffen Königl. Hoh. hegten
abcr den aufrichtigen Wunsch, mit ihren
deutschen Bundesgenvffen möglichst überein-
sti'mmend zu handeln, daher es von Wichtig-
keit sei, die Ansicht der Bundesversammlung
übcr den Änn des gedachten Bundesbeschlus-
ses in skiner Anwendung auf den sogenann-
ten Natl'onalverei'n kennen zu lernen, um
hiernach in der cinen oder andern Weise
weitere Entschließung faffen zu können.

Krankfurt, 8. Zan. Eine gestern von
1000 Bürgern besuchte Versammlung des
Nationalvereins genehmigte einstimmlg die
Eltviller Erklärung, nnd beschloß, diese Auf-
forderung auch an dieBrüderDeutschösterreichs
zu richten, damit diese in gesetzlicher Weise
eine Mitwirkung ihrer Regierung zur Ver-
werfung dieses Antrages und somit einen Be-
ginn thatsächlicher Verwirklichung ncuerdings
gemachter Verheißungen herbeiführen.

Kreuznach, 8. Jan. Zn der hcute statt-
gesundcnen Gcneralversammlung dcr Actionärc
der Rhcin-Nahe-Eisenbahn wurdc die
Creirung einer neuen ät/zprvcentigen Priori-
täts-Anlcihe von 3 Millionen Thalcrn unter
Zinsgarantie des Staatcs beschloffen. (F. I.)

Uebcr die Art und Weisc, wie dic Bücher-
censur in Frankrcich gehandhabt wird, findct
sich im Börsenblatt für dcutschen Buchhandcl
folgende intereffante Mittheilung aus Berlin:
Bet Gelegenheit der Necherche übcr den Ver-
bleib eines von Berlin nach Nizza abgesand-
tcn PvstpaketS mit ruifischen Büchern, wel-
ches mchrcre Wochen nach dcr üblichen Zeit
seinen Bestiminnngsort nicht erreicht hattc,
gab das Königl. preußische Postamt den
Nachweis, daß fragliches Paket 19 Tage
lang vvm Ministeriinn iu Paris zurückgehal-
ten, nnd „daß Schriftcn, Büchcrsendungen
und Druckschriften jedcr Art, selbst Nvten,
bei ihrem Eingang in Frankreich, gleichvicl
nach welchem Orie Frankrcichs dicselben be-
stimmt find, dcm Ministeiium des Znnern in
Paris zur speziellen Revifisn übersandt wer-
den müffen, und daß in svlchen Fällen weder
dic Spediteure, nvch dic sranzöfische Postver-
waltuug ei» Mittcl in Händcn hat,^um die
prompte Erpedition zu erzwingen oder evcn-
tlicU die Bcschlagnahnie oder völlige Vernich-
tung einer Büchersendung zu verhindcrn.

Berlin, 5. Jan. W,r erhalten so cben
cine Zlugschrift aus Wien, Letitelt: „Ermanne
Dich, Oesterreich! Ossener Brief an Kaiser
und Volk." Es hcißt darin: „Der Geist
dcr Zerstörung klvpst an die Pforten dcs
alten Oesterreichs. Es ist die letzte Skunde,
und was geschehen soll, muß gleich gethan

werden. Glaubt man denn, Oestcrreich

könnc nvch Zahrc so fortleben? Es müffc

„O wic erbärmlich, zwci Herzen, dic in reiner
Licbe sich aneinander gckettet habcn, voneinander
reißen und dic schönstc Blüthe dcs GlückeS durch
das rauhk Vorurthcil dcs StandeS und die schalc
Speculakion dcs Gewinncs entblättern zu «ollen!
Das ist wider Gottcs Gcbot! Und stehc ich dcnn
so niedrig da? Bin ich nicht von Adcl, wie er,
wenn er auch tn scinen Augen nicht so gut klingen
mag? Habe ich nicht cin Talcnt in der Brust, das
übcr allen Adcl crhaben ist und ist er nicht rcich
genug, um übersehen zu könncn, ob ich ihm einc
große oder kleine Mitgift in den Kasten lege?"

„Ereifcre dich nicht so sehr, Lieber; mein Bater
hat cin gutes Herz, aber er ist ein starrsinniger
Mann, dcr seine Tochter gar hoch verkaufen möchte,
und das ist's, waS mir das Herz brechen wird."

„Dein Vater ist dcr stolzeste Edelmann, und wenn
er dich und michunglücklichgemachthat, dann crstwird
cr's cinsehen, denn der Vcrblendung Kind istdic Rcue."

„Hicr giebt's nur Ein Mittel, um uns zunächst'
zu hehfen, daß du selbst mit ihm rcdest, ihm in
bescheidcnen Worten kündest, daß uns're Herzen für
cinander schlagcn, und ihn offcn ftägst, ob er dir
alle Hoffnung nehinen will?"

nicht in Monaten zertrümmert sein und seine
Bewohncr Bettler werden?" — Die Völker
werden aufgefordert, eine Bersaffung für die
»icht ungarischen Länder und einen Reichstag
in Wicn zu fordern. Dem Kaiser wird zu-
gerufen: „Bedenke, daß Deinc Zukunft und
di'e Deines Hauses auf dem Spiele stcht."

Berlin, 7. Jan. Die Zeitungen sind mit
Berichten über die Beisetzung der Leiche des
Kvnigs und was damit zusammcnhangt, an-
gesüllt. Dabei bringen fie eine Liste fürst-
lichcr Personen, welche aus dieser Veranlas-
sung nach Berlin gekommen stnd, worunter
vcr König von Hannover, di'e Großherzoge
von Badcn, Weimar, Schwerin, Strelitz und
Oldenburg, der Herzog von Sachsen-Alten-
burg, der russischc Großfürst Nicolaus rc.

Berlin, 8. Jan. Die Proklamation des
Königs ist erschienen. Nach Erwähnung der
Verdienstc des verstorbencn Königs hcißt es;
„Meine Hand svll das Wohl, das Rechl Aller
in allen Bevölkerungsschi'chten hüten. ES ist
Preußens Bestimmung nicht, im Genuß der
erworbenen Güter zu leben. Zn der An-
spannung seiner Kräfte, im Ernst, in der
Aufrichtigkeit der religiösen Gesinnung, in der
Vereinigung von Gchorsam und Freiheit, in
der Stärkung seiner Wchrkraft liegcn die
Bedingungen seiner Macht, seines Ranges
unter den europäischen Staaten." Er, der
König, halte fcst an dcn Traditionen des
königl. Hauscs; er wvlle das Recht des
Staates nach suner'geschichtlichen Bedeutung
befestigcn, ausbauen, die von dem Vorgänger
gkgkbencn Znstiiutionen aufrecht erhaltcn; treu
seinem bci der Ueberiiahmc der Regentschaft
gegebenen Eide, werde er die Gefetzc des
Königsreichs schirmen. Sodann heißt es wört-
lich: „Meine Pfiichtcn für Preußen fallen zu-
samincn mit dcn Pflichten für Dcutschland.
Als deutschcm Fürsten liegt es mir ob, Prcu-
ßen in seiner Stellung zu kräftigen, die es
unter den dcutschen Staaten zum Heile aller
cinnchmen muß. Das Vertraucn auf die
Ruhk Europa's ist erschüttert. Zch werde
mich bemühen, dic Segnungen dcs Friedens
zu erhalten. Dennoch können Gcfahren für
Preußen und Deutschland heraufziehen. Möge
dann der gvttvcrtrauendc Muth, der Preußen
in scinen großen Zeiten bcseeltc, vvn mir und
von incinem Volkc bewährl werden; möge
daffclbc mir auf meinen Wcgen in Treue, Ge-
horsam und Ausdauer fest zur Seite stchen!"

LLien, 3. Jan. Der Prozcß Nichter hat
einen raschen und tragische» Abschluß crhal-
tcn. Hcrr Franz Richter ist dcm Tpphus er-
legen,, der ihn nach dem Austritt aus der
UniersuchungKhaft befiel. Neun Monatc lang
hatte dcr Mann Geist und Körpcr auf-
recht erhalien; seine Willenskraft hat seine
phpsische Natur bewältigt und sie ge-
zwungen, ihr zu dicnen; abcr als dcr
große Kämpf, den er vor dem öffentlichen
Gerichte durch fünf Wochen zu durchfechten
hatie, zu Ende war, da verlangte die Natur
ihre Nechte, und cr brach unter ihrer Hand
zusammen. Er ist nun das zweite Todes-
opfer, wclches Epnattcns Selbstmord nach

„Und wcnn cr sic mir nimmt — ? O laß' uns,
so lange es möglich tst, schwelgen in dieser Hoff-
nung. Dcr Mcnsch steht fo lange «ic möglich still,
chc cr cinen Schritt thut, der fcincs Lebcns Glück
odcr Vcrderben entscheidct."

„Thuc mir's zu Liebc", bat Elise drtngendcr,
„ich kann's. nicht mehr crtragcn; am Tage muß kch
nur die Thräncn zerdrücken und Nachts raubt ihr
heißer Strom mir dcn Schlaf. Bcffer, der Mcnsch
kennt sein Unglück nnd ist größer, als dasselbe, als
zwischen Furcht und Hoffnung schweben, wic der
Kahn auf denWellen des Mecres hin und hergeworfcn
wird, jcden Augenblick in Gcfahr, zu vcrsinkcn."

Nach kurzem Besinncn drückte Gcrhard ihr inniger
die Hand und sprach fichtlich entschlossen:

„ES sei! Jch werde morgen mit ihmredcn, und
mag des Himmels Wille geschehen."

Sic danktc ihm und stand dann auf:

„Jctzt aber iass' mich hinein, man könnte mich
vermiffen, und die Entdcckung diescr Unterrcdung
würdc Alles verdcrben. Schlafe süß, und mögc
dcr Gott der Liebc uns nahc sein am Tage der
Entscheidung."

Schweigend lägcn flc fich in den Armen/ dann

sich zog. Der Stolz und das Selbstgefühl
des Freih. v. Bruck vcranlaßten .diesen sich
den Tod zu geben, ehe er dic lintcrsuchungs-
haft an sich heran kommen ließ; di'c Gcduld
und die Selbstbeherrschung Franz Ri'chters
ließen ihn den Prozeß überdauern, abcr nach-
dem er zu Ende war, folgte er seinem Freundr,
lrgte sich hin und starb. Wie der Prozeß
Richter in vielfacher Beziehunq i'n den An-
nalen der östcrrcschifchen Geschichte Epoche
bilden wird, so wird man auch dem tragischen
Ausgang desselbcn in seinen phpsischen Ur-
sachen nachforschen, »nd das Grab, welches
di'eses Opfer unscrer Prozeßordnung um-
schließt, wird die Wiege von Reformcn wer-
den, wclche allein den vcrsöhnlichen Abschluß
dieser an tragischen Jnzidmtien so überrei-
chen Geschichte des Prozeffes Epnatten bil-
den können.

Wien, 4. Jan. Di'e „Ostd. Post" be-
richtet übcr den Empfang der galizi'schen
Deputation u.A.Folgendcs- Herr vvn Schmer-
ling beantworiete dic Anrede in ernster und
wohlwollender Wcise. Er belrachtet« dt'e hi'cr
anwesende Deputation in i'hrer Gesammthci't
als ei'ne Versammlung von Männ-crn, vcnen
stcherlich das Wohl i'hres Vaterlandes äm
Herzen läge, die. aber, wei'l sie kein Mandat
von dcm Lande- habe, von dem Mimsterium
nur als ehrenwerthe Patrioten, nicht aber ais
Repräsentanlen des Köni'grei'chs Galizien be-
trachtet werden können. Die Wünsche dcs
Landes werden Gelegenhcit habcn, sich auf
dem Landtage vernehmen zu laffcn, von dcm
er hoffe, daß cr längstens i'n zwei Monaten
werde zusammcntreten können. Dem LEnde
stehe die Jnitiätive zu mit Allem, was die
Landesintcreffen ersordern, und die Regierung
wird die Stiunne deffelben gerne vernehmen.
Vor der Hand könne er nur das versprechen,
daß dcr polnischen Sprache ihr Recht werden
svlle unv daß sie bemnächft als Unterrichts-
sprachc cingcsührt werdcn wird.

Wien, 6. Jan. Die Bcerdigung Rich-
tcr's hat am 5. untcr gcwaltigem Menschen-
andrang staitgesundcn.

Wien, 9. Zan. Die Wi'encr Zeitung ent-
hält cin kaiserliches Handschreiben, das einen
unifaffcndcn Gnadenact sür di'c in Ungarn,
Siebenbiirgen, Croatic» und Slavonieii vor-
gekouimencn strafbaren Handlungcn, dcren Ten-
denz lediglich die Aenderung des vor dem 20.
Ocivber bestandenen Regierungsspstems war,
oder sich darauf bezog, verleiht.

Pesth, 4. Jan. Zm Arader Comitate
wurbe Klapka in ten Ausschuß gewählt. Auch
drei Jsraeliten, dcr Oberrabincr und zwei
andere, wurden — „da diese durch Vermögen
und Zntelli'genz hervorragendc Volksclaffc so-
wohl im Zahr 1848 als während der letzten
Lcidensperiodc so viele Bewcisc ihrer auf-
opfcrnden Valerlandsliebe gegebcn habe" —
vorgeschlage» und aufgenommen.

Frankreich.

PariS, 4. Zan. Di'e „Op. nat." erwar-
tet von dem neuen Zahrc: Den Sieg dcr
Gerechtigkeit und der Freiheit in ganz Europa.

riß fich Elisc los und vcrschwand bald im Dunkcl
des Laubganges. Er durchschritt in der entgegen-
gesetztcn Richtung dcn Park mit schnellen Schrilten
unL trat auö dcmselbcn in die fteie Landstraße,
auf der er ftinen Weg iu das nahe Städtchcn bc-
schleunigte. _ (Forts. f.)

Der „Kölll. Ztg." «ird LUS Pctersburg folgende
Anecdote mitgctheilt: „Dcr Gcneral-Gouvcrneur
W. dcs Gouvcrnemcnts P, hegte für Lie Frau eines
von thm sehr begnnstrgtcn Beamtcn ein bcsondcrs
zartlichcs Znteresse. Das vcranlaßtc ihn zn hän-
figen Visitcn, die jedenfalls dem Hcrrn Gcmahl,
viclleichi auch der Dame lästig wurden. An cinem
Tage, als der Herr Gcneral-Gvuverneur cben in
der bestcn Stimmung seincr Verehrten den Hof
macht, crcignet sich, was HLufig in solchcn Fällen
oorkommt, eine Stvrung. Man hört Tritte. Dcr
Herr Gmerai-Gouvcrneur vcrlicrt darüber dic Faf-
sung und bittet die Frau, ihn zu verstecken. Zn der
Eiie bcmerkt er aber nicht, daß dic Kran ihn in
eincn schon bercit stchendm, gut zu dicftm Zweckc
hergerichtcten Mcnagerie-Käfig cinläßt. So wie er
darin ist, wird der KLfig gut vcrschloffcn. Der Herr
Gemahl erscheint nnd trotz allerWiderredc wird der
Hcrr Ämeral-Gouvcrnenr zum Fenfter hinausgc-
hängt. Natürlich versammelt sich ganz P. in kurzcr
Zeit »or dieftm sonderbaren Vvgei — und der Scan-
val ist nnermeßilch."
 
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