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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Januar
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derselbe fort »nd fort gegen die Miß.
handlungen Schlcrwig-Holstcins »ichts cin-
sctzlc alS von dcn Dänm verhöhntc Leschlüsse.
Man ließ nicht undeutlich verstehen, daß
Preußen, wenn eS nur nicht durch den Bun-
deStag behinvert wärc, ganz anderS austreten
würde. Endlich macht der Bundestag Lrnst.
Die Miltclstaaten siiid bcreit, sich bci Voll-
streckung dcr Bundescrckilrion unter die Küh-
rung Preußcns zu stcllcn. Da inacht plöß-
lich die liberale Preffc Preußens Kehrt. Die
„Volksztg." erblickt in dcr Uebertragung der
B undesrrekution an Prcußen nur die Adsicht,
Preußen in Verwickelungen zu stürzcn. Die
„Köln. Ztg.", die Grcß Tanten-Weisheit, die
sich lieber üi einem Mauscloch verkriecht, als
sich mannhaft wehrt, geht auch hier wicder
voran, wo es sich daruui handelt, cin deut-
sches Jntereffc preiszugeben, das nicht mit
pfiffigcn Worten allcin mehr zu vcrtheidigen
ist. Sie weist darauf hin, daß Preußen keine
der dänischen gewachscne Flotte habc, daß
es alle Schmach und Hchanbe einer Blokade
tragen wcrde, um endlich ernen demüthigcn-
den Frieden zu schließen. Einen solchcn Krieg
anzusangen, nennt sie „Unsinn und Raserei".
Zhrc Frcunde im katscrlich-französischen Preß-
bureau und itord Palmcrstvn werten wohl
dasselbe sagen. Wir aber sehen nur mit
Bedanern, wie tief dcr öffentlichc Gcist in
Preußen durch den Druck der Rcaction und
bie Schwäche unb Halbheit der dicscr fvl-
gendcn Regierung ycrabgebracht sein muß,
wcnu die gelesensten Lrgane der Preffe es
wagen durfen, einer feigen Thatlosigkeic das
Wort zu keden, wenn cs gilt, beutfches kand
vor fremder Tprannci untz fremder Unterso-
chung zu wahren." Die „Ztg. f. Norbd."
widerlegt nun die cinzelnen Einwendungcn
und schiießi mit solgender Bcmcrkung: „Die
inittelstaatlich-deutsche Politik sucht Preußcns
Einireten sür Venctien durch ihr eigenes nnd
Oesterreichs Eintreten für Schleswig-Holstein
zu gewinnen. Und daö schcint uns eine ge-
sundc dcutsche Politik, die uns in Europa
wieber zu Ansehe» unb Ehre bringcn kann.
Waö die Hcrren von dcn Mittelstaaten nöch
svust im Hintergrunhe habcn, braucht uns
vorläuftg nicht zu kümmern und wird sich zu
seiner Zeit finden." Dic „N. F. Ztg." fügt
noch folgende Bemerkung bei: Mrb Preußen
die moralische Verantwortung auf sich laben,
dic längst nothwendige Erecution verhindert
zu haben? Das wäre die zweite verschlech-
terte Auflage deS Malmöer Waffenstillstands-
vcrtrages, und die Folgen würden verdien-
termaßen nicht ausbleiben. Daö hieße Preu-
ßen sür irnmer moralijch zu Grunde richten!

Berlin, 15. Zan. Die „Ztg. f. Nordd."
bringt gclegentlich des ergangenen „Gnadcn-
actes einen Mann in Erinnerung, der zwar
einer „Amnestie" nicht bedarf, weil cr nicht
Flüchtling ist; der aber zu ben Opser» rer
Reaction in Preußen gehörr. Sic sagt: „Bei
dieser Anincstie müffen wir eines Manncs
gedenken, der von rerselben nicht berührt
wird und der doch vor Allen verdiente, daß
dle Folgen des Jahres 1848 von ihm genom-

schast ich in Rom gemacht, ist aus Münchcn hier
angekommcn; ich mußtc mit ihm in fcinem Hotel
cüiigen Flaschcn Champagner die Hälse brcchen,
und dcr Champagner, wie Du wcißt, macht muntcr.
Zch sag' Dir, Melanie, eS geht nichts über den
Lhampagner! — Abcr ich muß des Gutcn heute
noch mchr thun. Wir habcn Woldemar zu Ehren
cin Bankct im Kunstverein vcranstaltct, da wird
es hoch hergehcn, und vor Mitternacht wcrdcn wir
wohl schwerlich auseinandcr gehen. Jch sage Dir's
im Voraus, damit DuDichnicht grundlos ängstigst."

„Ei, ci!" sagte Melanic, eincn scherzhasten Ton
vetsuchend, „mcin solider Hcrr Gemahl sängt an
ein Nachtschwärmer zu werden! Da solltc ich von
Rcchts wcgcn Einsprache erhcben; aber in der Hoff-
nung, daß solchc Fälle nicht häufig vorkommcn
werden, will ich Dir dcn llrlaub in Gnaden er-
theilen; abcr komm nicht allzu spät, hörst Du
Theodor? nnd schone Dich, Du bist solche Gclage
nicht gewohnt, cS könute Dir schadcn", fügte fie
mit ernstlich besorgtem Tonc hinzu.

„Es geht doch nichts übcr ein licbcS, eingutes,
ein treues Werb", sagteThcodor, indcm crsciner
Frau rnit affectirter Zärtlichkcit die Hand küßte;

mcn wür-en. Wir mcinen den ehcmaligen
Gerichtsdirector Temme. Kaum ist irgend
ein politisch Mißliebiger unter dem Minister
Rinteln, bcsonders nber unter dem Minister
Simons in ähnlicher Weise verfolgt unb miß-
handelt worden, wie jener Mann, ver 30
Zahre lang dem Staate treu und mit Aus-
zeichnung m den HLchsten Richtcrstellen ge-
dient hatte. So langc Hr. Simons dic Ju-
stiz verwaltete, war freilich nicht darauf zu
rechnen, daß daS gcgen Hrn. Temme geübrc
Unrecht wieder gut gemacht würve. Aber
nachdem Hr. Simons aus dem Amte geschie-
den war, durfte man wohl rrwarten, daß
die Aolgen eines Disciplinargerichtsurtheils
anfgehoben würden, die wahrlich nicht zur
Ehre der preußischen Zustiz und des preußi-
schen Volkes fortwirken. Sehen wir ganz
ab vvn der unendlich schwierigen Lagc, in
welcher ein Mann sich befindet, der sein Brod
für eine zahlreichc Familie lediglich durch die
ihm früher fern gelegene Tagesschriftstellerei'
erwcrbe» muß; sehen wir auch davon ab,
daß es eineö Staates unwürdig ist, den Mann,
der ihm ein Menschenalter hinburch wesent-
liche Dienste leistete und den nur der Haß
der Partcien stürzte, in jener Lage zu belas-
sen: so svütc es das cigcne Jnkcreffe des
Staates gebieten, die großen Fähigkeiten ei-
neS solchen Mannes angemeffen zu verwen-
den. Hoffen wir, vaß ber jetzige Chef der
Justiz sich bei Gelegenheit der Amnestie erin-
nere, daß nvch ein Mann eristirt, an dem
dic Justiz eben so viel gut zu machen hat,
wie sie an ihm zurückgewinnen kann.

München, 16. Zan. Zn der heutigen
Kammer beantragte Dr. Völk, Verwahrung
gcgcn dcn Leschluß des deutschen Bunbes
bezüglich Kurheffens, welcheS die Competenz
des Bundestags überschreitc, cinzulegcn, weil
derselbe alle deutschcn Verfaffungen bebrohe;
fcrner die baperische Sraatsrcgicrung zu ver-
anlassen, für die WiederhcrsteUung ver Ver-
fäffung Kurhcffeiis vvn 1831 zu wirken.

Wien, 10. Jan. Man trifft hier umfas-
sendc militärischc Vorbereitungen, welche dar-
auf hindeuten, daß man in den entschcibenden
Kreisen vie AuSsichten nicht für so frievlich
hält. Nach Ztalicn gehen neuerbingS Trup-
pen ab, und soll an bie in Südtprol stativ-
nirten Truppen der Bcfehl ergangcn sein, nach
Vcnetien zu marschiren. Zn Tprol werden
sie durch Regimeiiter, welche aus dem Znnern
der Monarchie kommcn, ersetzt. Auch hat
man beschloffen, nicht nur alle Garnisonen in
den größeren Stäbten und namcntlich in Un-
garn zu verstärken, sondern auch an der süd-
östlichen Gränze bes Kaiserstaates ein Obser-
vationscorpö aufzuftellen, welches 20,000 M.
stark scin svll. (Sch. M.)

Wien, 12. Jan. (Oestr. Bl.) Der
Staatsminister hat im Einvcrstänvniß mit bem
; olizeiminister füralle deutsch-slavischenLändcr,
in welchcn Gemeindewahlen vorgcnommen
werden, am 5. b. eincn besvndern Erlaß an
die Skatthaltereien gcrichtet, wornach bic
Wahldesprcchungen in folgcndcr Weise rcgle-
mcntirt werven: 1) keine Wahlversammlung

„Adicu, schönc Frau, «icl Bergnügen!" Er machte
cinigc Schritte gegcn die Thüre, dann kehrtc er um
und trat vor seine Frau. „Ja, wirklich schön bift
Du, Melanie; kein Wunder, daß Du Bewundcrer
ftndest", sagte cr zu ihr.

„Wahrhaftig, Thcodor, wenn ich nicht wüßte, daß
Du getrunkcn hast, ich könntc mich sürchten, so
wunderbar sprichst Du und so seltsam sichst Du
aus. — Nimm einen warmen Rock mit, Vater,
damit Du Dich iüi Nachhausegchcn nicht crkältest,
hörst Du?" rief fie ihm nach, als er schon unter
dcr Thüre war.

Eine halbe Stunde darauf fuhr ein Wagcn vor.
Es war Marie, welchc Mclanie ins Theater ab-
holtc. Die beiden Frauen waren Jugendfrcun-
dinnen vom Pcnsionat her, in wclchem beide er-
zogen «orden warcn. Maric hattc cinen altcn,
abcr sehr reichen General gehcirathet und führte
cin großcs Haus. Die bösc Wclt sagte, fic laffe
sich mehr als billig und erlaubt den Hof machcn,
doch konnten ihr Schlimmeres sclbst ihre Fcinde
nicht nachsagen.

4.

Als Marie und Melanie die Loge betratrn, «ar

darf ohne ZustiMmung der Polizei stattsinden;
2) an ben Wahlversammlungen dürfcn nur
Wahlberechtigtetheilnehmen, welcheWahlscheine
mitbringcn müffcn; 3) in allen Wahlver-
sammlungen hat cin Polizeibeamter anwcsend
zu sein, welcher die Besprechung überwacht,
dcn Vorsitzenden zur Abstellnng einer etwaigen
„Ordnungswlbrigkkir" aufzufordern, und wenu
ber Aufforderung nicht nachgekommen wird,
oder wcnn die „Ausschreitung" cine strafbare
Handlung begründen sollte, „Kraft seines
Amts cinziischreitcn" hat.

Wien, 14. Zan. Ueber das Brandun-
glück, wclchem Erzherzog Ferdinand Mar auf
bcr Herreise von Bcrlin nach Wien eatgaugen,
crfährt dic „Aulogr. Corr." folgendc Derails:
Miitwoch den 9. um 9 Uhr Abenbs hatte
der Separatzug, welcher den Erzherzog sammt
Gefolge nach Wicn zurückführle, kaum 30 .
Minutcn Berlin verlaffen, als der preußischc
Salonwagen, in welchem stch bcr Erzherzog,
bann FML. Schmerling, Graf Bombclles
u. A. befanden, durch Ueberheizung in Brand
gcrieth. Die Flammc griff, gcnährt durch die
Menge des brennbaren Stoffes, rasch um
sich. Die Eommunication mil dcn anberen
Wägen konnte nicht hergestcllt werben. Da
erkletterte Graf Bombelles mit Lebensgcfähr
das Dach deS Waggons, worauf endlich die
Zugführer den Ruf dcs Grafen hörteu und
anhielten. Mit Mühe gelang cs, die Sam-
mctmöbel unv sonstigcn brcnnbaren Stoffc zu
kntfernen; Schnee uno Waffer, welcheö die
Herren und Diener dcS Gefolges in ben
Wagen warsen, löschte den Brand, ber Wagcn
wurde ausgehängt, und der Erzherzvg nahm
mic dem Gefolge in dem Coupe eincs andern
Waggons Platz. Zn Breslau bestieg ber
Erzherzog den österreichischen Separatzug nnd
setzlc ungehinbert die Reise nach Wien fort.

Ans Boralberg, 14. Zan. Der Stand
des Silberagio's drangt zu ben ernstcsten Bc-
sorgniffen bei dcn obwaltenden Verhältnisse»
hiesigen Gränzgebietes; für 100 fl. österrei-
chischeö Silber müffcn gegenwärkig nahezu
150 st. in Banknoien bezayle werben, worauö
die Entwerthung des Papiergeldes stch ent-
nehinen läßk. — Nach den sübtprolischen
Gränzbezirkcn werbcn laut bestehender An-
vrdnungcn in kürzcster Zeit größere Trup-
penkonringente der österreichischen Armec vor-
geschobcn werden.

Krankreich.

Paris, 14. Zan. Gestern oder vorge-
stern ist ein Budgetentwurf vor dcn Staars-
rath gebracht worden. Wie schlecht es mit
französtschen Finanzcn steht, geht aus dem
Umstande hcrvor, daß man, um cin scheinba-
res Gleichgewicht in das Budget zu biingeii,
in dem Bndger der Einnahmen die spanische
Schnld (80 Millionen für den Feldzug im
Z. 1823) und die chinesische Kriegscnkschä-
bigung figurircn läßl. Dir Anführung dieser
Postcn war um so nothwenbiger, als bie
Wirkungcn deS englisch-französischen HandelS-
verteages ben französtschen Finanzen außer
ordentlich nachthcilig gewesen sind. Dicß ist

der Vvrhang schon aufgczogen. DaS Erschcinen
her beiden jungen Frauen zog Vielcr Blickc nach
der Loge; und von Seitcn der Mannerwclt wurde
manchcs Wort dcr Bewundcrung geslüstcrt. Sie
nahmen Platz, waS nicht ohnc einige llmftändlich-
keit gcschah, sti cs, daß die Klciber sich nicht gleich
Anfangs in die rechten Faltcn icgcn wollten, odcr
wie dic neidischen Frauen sagten, aus Kokeiterie,
um Aufmerksamkeit zu crrcgen — wir wollen das
ununiersuchi laffen.

(Forts. folgi.)

Als ein lustiges Jagdcuriosum möge hier fol-
gender Vorsall Platz finden. Ein nichi ungeübier,
aber nicht cbcn sthr gcsammelter Schütze hattc ncn-
lich auf ciner Hastnjagd aus gewiffen Gründen
scine Waidiasche abgelegi und diestlbe »uS Zer-
streuung beim Fortgehcn mitznnchmen vergessen.
Nnaefähr 60 Schrittc cntfernt, nimmt er Posto.
Scm scharfes Augc entdcckt ftine Tasche, er hält
sie für cinen Fuchs: jlugS die Büchst auf — der
Schuß fälli mitien hinein in die Tasche nnd schießt
cinen darin befindlichen, bereits crlegien Hasen rioch-
mals iodt.
 
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