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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0068

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lmigen wegen Besetzung der freken jnristi'schen
Lehrkanzel brs jetzt zu dem gcwünschten Ziele
nicht geführt, doch rechiiet man mit Si'cherheit
darauf, daß auch dicse bis kommendcs Seme-
stcr wi'eder besctzk sein wird. — Unser Thea-
ter unter der Leitimg der Herrcn Dr. Muct
und Krutinsky erfreut sich di'escn Winter der
entschicdenen Gunst des Publikums, sowvhl
i'm Schauspiel, wie iu der Oper. Jn dcr letz-
tepn Zcit wurden namentlich größere neuerc
Opern gcgebcn und stehcn dercn weitere auf
dem Uepertoi'r; jene fielen mit einer solchcn
Volikommenheit aus, welchc selbst größeren
Anforderungen deS Publikums genngen kann.
Die nächsten Aufführungen werden Don Juan
und der schon mehrere Jahre'nicht mehr ge-
hörte Tannhäuser sein.

Kvnstanz, 17- Jan. Dem ehemaligen
Obergcrichtsadvskaten Zgnaz Vanotti von
hier, wegcn Thcilnahme an der Revolution
pon 1849 zu eincr Zuchihausstrase von 9
Zahren verurtheilt, ist auf sein Ansuchen
durch grvßh. Zustizministerium vvm 8. d. M.
im Gnadcnwege die Sirafe nachgelaffen wvr-
den. Wie man vcrnimmi, wird Hr. Vanotti
einstweilen in seinem bisherigcn Aufenthalts-
ort Luzern verbleiben.

Aus der bayer. Pfalz, 16. Zan. Die
Pfälzcr wollen nun ein und für allemal von
dcm ncuen Gesangbuchc nichts wiffcn. Das
k. Ministerum hat zwar auf die Beschwerde-
schrift von 36,000 pfälzischen Protestanten
cine ablchnende Antwort ertheilt, allein
wir möchtcn sehr bezweifeln, ob jetzt Friedc
und Eintracht im Haus der pfälzischen Union
einzieht. Uuseres Erachtens wird nun erst
ein Durcheinander eintreten. Aller Zwang ist
aufgehoben. Die Bürger erhcbcn sich in
Maffe in den Gemcinden und erklären, daß
sie auf den Grund der kgl. Reskriptc ihren
Kindcrn den Kauf und Gcbrauch des Gesang-
buches vcrbikien. Dürkhcim, Ncustadt, Ann-
wciler, Zwcibrücken haben" bereits solchc Er-
klärungcn erlaffen. Auch in den Dvrfgemein-
den treicn jctzt dcrartige Erklärungen zu
Tage. Die erwachsenen Protestanten kann
man natürlich auch nicht zwingen, in die
Kirche zu gehen, geschweige aus dem neucn
Gesangbuche zu singen. Sv kommt cs, daß
die Kirchen leer stehen und sogar, wie dicS
i'n Neustadt der Fall war, wird geradezu
ausgesprochen, daß man cventuell die Geist-
lichen zu keincn Beerdigungen, Trauungen
unb Hochzeiten heranziehcn wolle — kurz die
Antwort des kgl. Ministeriums hat überall
einen höchst ungünstigcn, schmerzlichen Ein-
druck hervorgerufcn.

Stuttgart, 16. Jan. Zn Eßlingen wird
am 3. Febr. eine von der demokratischen und
altliberalen Pariei gemeinsam beschickte Ver-
sammlung staiifiiidcn.

Darmstadt, 19. Zan. Die gegen das
Naiivnalvereinsmitglied, Gutsbesitzer L. Cretz-
schmar zu Rvdelheim, eingeleitete Untersuchung
ist suspendirt worden.

Berlin, 17. Zan. Eine beim Herrenhause
eingegangene Petition, welche nach der
„Pr. Ztg." weit über tausend Unterschrifien

drohmder Punkt auf; er fuhr unwillkürlich mit der
Hand an's Herz, als wolle er das tückische Znsekt,
das sich daran legtc, vcrschcuchen. Allmalig wurde
eS Licht in sciner Erinnerung und mit ihm scnktc
sich dic ganze Wucht scines Schmerzes neuerdingS
auf ihn herab. Er sah sich in einem sremdcn Zim-
mer, in cinem frcmden Bcit. Es war das erste
Mal seit seiner Vcrheirathung, daß er dic Nacht
nicht unter scincm cigencn Dachc zugebracht hatte.
Er fühlte sich unaussprcchlich elcnd. „Also betrogcn!"
sagte cr vor sich hin, „betrogcn von ihr, der ich
mich so unbedingt, so ganz zu eigen gegeben hatte;
betrogen wic so vielc andcrc unglückliche Ehemänner,
dic dcr Schadenfreude zum lustigen Anlaß dtcncn!
Also waren dic tranten Licbesworte, die mich noch
jüngst in schönen Stunden so glücklich machten, eitcl
Lügc? Also galtcn wohl gar ihre Liebkosungen in
Gedrnken einer andercn Adreffe?" Dieser Gedankc
rief plötzlich alle hrßlichen Gedankc» des Vorabends
wteder in ihm wach. Er sprang aus dcm Bett,
kleidete sich rasch an, bezahltc scine Zechc und
cilte in's Kicie, dcn Lrennenden Kopf in der Mor-
gcnluft zu kühlen. Anfangs war sein Gang hastig ^
und nnregelmäßig, allmälig wurde erruhiger. Theo- i

trägt, klagt daräbcr, „daß das älteste und
heiligste Recht dcs preußischen VolkeS, nur
unter christlicher Obrigkeit zu stehen, ein
Recht, verbrieft durch das neuc Testament,
durch zahlreiche Huldigungsaffekurationen un-
serer Landesherrn, und ncucrdings vcrbrieft
durch das Gesetz vom 23. Zuli 1847, durch
jährlich veränderte Ministerialrescripte besei-
tigt werden soll.«

Berlin, 18. Jan. Berthold Auerbach hat
die Stelle eines Vorlesers bei der regierendm
Königin von Preußen erhalten. (N. F. Z.)

Berlin, 19. Jan. Die ministerielle „Preuß.
Ztg." bringt einen längern Leitartikcl über
den hessischen Bundesantrag, den National-
verein betreffcnd, erwägt zuvörderst die recht-
lichen Bedenken des fraglichen ANtragS, er-
wähnt: die preußischc Regierung würde sich
selbst verläugnen, wollte sic die Hand bietcn
zur Verfolgung solcher Vereine, welche sich
vorgesetzt, durch Mittel geistiger Arbeik und
in. dcn Schranken bestehendcr LandeSgcsetze
für dic Annäherung an das Zicl einkr festern
El'nigung der Nation zu wirken. Weiter
hcißt es in dem Artikel: Dem Rechtsgefühl
des deutschen Volkes widerspricht es, daß die
nationalen Regungen heute verfolgt werden
sollen, die in leicht erkennbarer Verwandt-
schaft mit Bestrebungen stehen, welchcn auch
die hessische Regierung im Jahrc 1849 bei-
getreien. Zum Schluß wird erklärt, daß das
Einlenken in den Geist der Karlsdader Be-
schlüffe. nicht angcthan wäre, das Leben der
Nati'on in gesunder gssctzlichcr Eniwickelung
zu erhalten und dic Autorität der Regierun-
gen ber kleinern beuischen S-taaten zu be-
festigen.

Hannover, 17. Jan. Die (demokrat.)
„Ztg. f. Nordd." enthält fvlgende „Anfrage":
Sollte es nicht im Jntereffe des curopäischen
Friedens am zweckmäßigsten und iur Zntereffe
der Humanität am menschenfreuiidlichsten und
im Jntercffc wahrer Ehre am nobelsten sein,
damit endlich die schleswig-holsteinische Frage
definitiv beseitigt werde, selbigen ohnehin
zweideutigen Besitz an Däncmark zu ver-
auctioiiiren? Ein Schlcswig-Holsteiner unv
ein cifriger Lescr der „Gazctte de Cologne."

Zn Hannover hai sich bic officielle Zei-
tung mil Enkschiedenhcit für den darmstädti-
schen Bundesantrag ausgesprochen; die Re-
gierungsorgane in Drcsden und Stuttgart
(in München eristirt bekanntlich keincs) schwci-
gen noch; in Wicn ist man, nach eincr Kor-
respondenz der „Klr. Z.", dem Antrag ent-
gegen. (S. Z.)

Bremen, 15. Zan. Dic Wes.-Ztg. äußert
sich über dic in Aussicht stchende Eventualität
einer Bundeserccution ungefähr folgen-
dcrmaßcn: „Abgesehen davon, daß die Bun-
deScrekutivu zu einem schlechihin unbezwci-
felbarcn Gebot der Selbstachtung geworden
ist, haltcn wir sie auch für cine zweckmäßigc
Maßregcl und auch aus diesem Grunde für
dringend. Sie wird, wenn noch rechlzeitig
bewirki, Holstein in unsere Hände bringen
in einem Augenblick, wo nach dcr herschenden
Meinung sv etwas wie ein allgcmciner Krieg

dor schien zu cinem Entschluß gekommen zu sein.
„Ltst widcr List", murmeltc er vor sich hin, „Ver-
stellung gcgcn Vcrstcllung. Dte Rache anfschicbcn,
heißt nicht sic aufgeben; wcnn ich clend, sein soll,
will ich Gesellschaft habcn; nur Geduld! nllr Ge-
duld!"

Einigc Augenblickc daraus trat Theodor in scin
Haus. Hatte Melanic vom Fcnster aus ihn kom-
men schen, odcr hatie sic seinen Tritt auf der Treppc
gehört, schon tm Vorsaal kam fie ihm entgcgcn-
geflogen.

„Abcr Thcodor, wie konntest Du mich so in Angst
setzcn?" sagte sic in vorwurfsvollem Tonc. „So
fpat nach Haus zu kvmmcn! Jctzt isi es neun ühr!
So lang könnt Zhr doch unmöglich gezecht habcn!"

„Allerdings haben wir nicht bis jetzt gczecht", cr-
widcrte Theodor., „allein es war schon zu fpät, als
wir auseinander gingcn, daß ich eS für das Bcste
hiclt, im Gasthof zn bleiben, um Dich nicht im Schlaf
zu stören. Dazu kam, daß ich in eincm Zustand
war, daß ich mich Dir mit Anstand nicht präsen-
tiren konntc. Ein Mann, der seinc Frau achtet,
wird ihr einen Anblick solcher Art ersparcn. Dn
verzcihst mir doch, daß ich mich so schlecht aufge-

vor der Thüre steht. Sie wkrd unS also
vor ei'ner feindlichen Landung in Kiel oder
Glückstadt bewahren, Rendsburg sichcrn, und
ven schleswigschcn Brüdern, wenn nicht mehr,
doch l'n böser Stnnde eine unschätzbare Er-
muihigung gewähren. ... Allerdings abcr
kann bie Bundeserckuiion, so unzweifelhasi
rechimäßig sie erscheini, so gewiß sie eine
innere Bundessache ist, in die kein Fremder
hl'neinzllflüstern hat, Deutschland in kriege-
riiche Gefahren verwickeln. Wi'e, wenn dic
dänische Regierung tn ihrer Verzwei'flung dem
tolldrei'sten Rathe Fädrelandets folgte und
dcr vollzogenen Bundeserecution in Holstein
mit der förmlichen mid endgüliigen Einver-
leibung Schlcswigs antworiete, oder wohl
gar der drohenden damit zuvorkäme?... Es
ergibt stch also, daß es nicht genügt, die
Ereeution zu befchließen, Truppen in Holstein
einrücken zu laffen, einen Buiidescommiffär
zu ernennen, und auf die Kaffen des Her-
zogihums Bcschlag zu lcgen. Man muß
sich noch vor aller Erecution auf die Dingc
einrichten, welchc aus ihr wahrscheinlich her-
vorgehen wcrden. Mit Einem Worie: man
muß nach Holstein marschiren wie in einen
großen Krieg."

Wien, 12. Januar. (W. M. Wchnschr.)
Dic Uniersuchungs-Commissioii im Wiedencr
Krankenhaus hat cndlich ihre Aufgabe daselbst
beendigi. Es erheüt auS dcn Acien, daß die
Schwestern, nach den verschiedensten Richtun-
gen hin, Ersparungen zu ihrem eigencn Vor-
iheil mit dcr größten Eonsequenz zu machen
verstanden... An Rindfleifch haben sic nach
dcn äußerst genauen Bcrechnungcn i'm gün-
stigstcn Fall mindesteus um 120 Cir. jährlich
zu wcnig gelicfert, somii erwirihschafict 3000fl.
ö. W. Än Brennöl wurde nach dem Ausweis
der Obcrin jährlich um 25 Ctr. wcniger ge-
licferi, somit erspart 750 fl. ö. W. Da keiue
bauliche Reparatur von der Congregation vor-
genommen, an HauScinrichiungen und Rcqui-
siten nur das Allerdringenbste, in der Wäsche
aber nicht einmal daS Noihwendigste nachgc-
schafft wurde, so mußie bie Congregaiioii in
diesen Rubriken wenigstens jährlich ersparcn
4000 fl. Rach einer äußerst billigen und ge-
wiffcnhafien Bcrcchnung stcllt sich der jähr-
liche Profii der ehrwürdigen Congregaiioii in
runder Summe auf 40,000 fl. v. W., und va
diese Wirthschaft bercits 3^/, Zahre bestchi,
so bürfie sich die Congregaiion bereits für den
Fall der Noth einen ganz ariigen Zehrpfennig
von 140,000 fl. zurechtgelegt haben. Das also
ist die uncigennützige Licbe, welche man bei
anderen Krankenwärterinnen nicht finden kann.

Frankretch.

Paris, 18. Zan. Nach Berichten des
Vi'ce-Admirals Le Barbier steht der Fall
Gaeia's unmittelbar nach der Abfahrt der
französischen Schiffe durch „Verraih" zu er-
warien.

Paris, 18. Jan. Der Kai'scr und die
Kaiserin hai eine Summe von 95,000 Fr«.
dem Polizeipräfectcn für Untkrstütznng oer
noihleidenden Ciaffcn zur Vcrfügung gesteltt.

führi habe? Sieh, ich konnie nicht auswcrchcn, es
war Alles so heiter!" (Forif. f.)

Itrcnge Wintcr. (Forisctzung).

Dcr ftärkste Winier endlich, von wclchem «ir noch
nähere und verläßliche Nachrichten haben, ist Ler
»on 1708 und 1709. Ueber fünfzig Zahrc nachher
war er allgcmein unter dcr Bencnnung „der kalie
Winicr" bekannt. Jn ihm vereinigten sich alle drei
Eigcnschaften, welche eincnWrnicr verderblich machen
können: cine sehr intenstvc Kälte, cinc lange Dauer
durch mehr alS IZOTage und cinzelnc Thauwettcr,
zwifchen kaltcn Tagen eingeschloffcn, wodurch vor-
züglich Pflanzen und BLume zu Grunde gehen und
unter Thiercn und Menschen ocrheerendc Krank-
heiicn erzeugt wcrden. Die strengere Kälte diese»
Wintcts, fing am 3. November 1708 an und dauerte
bis Mittc April 1709. Die Ostsee war über zehn
deutsche Meiien von dcn Küsten noch mit dickcm
Eis beiegt, das adriatische Mcer war fest gefroren
und auf dcm Golf von Gcnua fuhr man mit Last-
wagen. Die Flüffc Frankreichö und Spanicns warcn
alle vcrschlosten, und auf dcm Canal von Calais
rcisie man zu Fuß und zu Pfcrdc »on Krankreich
nach England. Zedc Gcgend Europa's zählte Tau-
sende oon ihrcn Bewohnern, dic auf oen Landstraßcii
erftorcn und sclbft !n iyren Wohnungen dcr grim-
migen Kälte unterlagen. (Schluß f.)
 
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