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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Januar
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IV. Todesfälle. Gestorben sind: Am 1k. v. M. der
Dekan und Pfarrer Andreas Martin in Achern; am 20.
v. M. der penfionirte Pfarrer Alois Ltnk von Säcktngen;
am 23. v. M. Hofrath und Profeffor Dr. Schwörer in
Fretburg; am 5. d. M. der Generalmajor Baer vom
ArmeecorpS tn Karlsruhe; am 13. d. M. Advocat Zöseph
Denkinger zu Oberktrch.

AuS Baden, 22. Jan. Seit Emführung
der neucn Gesetze über die ktrchlichen Verhält-
nrsse ist crst Ein Fall, worin die Civilehe be-
ansprucht wurde, vorgekoinmen. Dieser Fall
und seine Entscheidung ist in dem baLi Cen-
tralblait mitgetheilt und hat auch für weilere
Kreise großcs Intereffe. Ei» geschiedener Ka-
tholik, deffen Ehefrau »och lebt, wollke zur
zweiten Ehe schreiten. Das Pfarramt erblickte
hierin ein kirchliches Hinderniß und »ersagte
daS Aufgebot und die Trauung. Das Amt
und die Kreisregierung legten nun die Acten
dem Ministerium des Innern zu der Entschei-
dung darübcr vor, in welcher Form das Auf-
gebvt durch den Bürgermeistcr zu geschehen
habe. AÜein das Ministerium ging hicraus
nicht ein, crklärtc, daß die neuen Gcsetzc vom
9. Oct. v. I. in dicser Beziehung die Ehe-
ordnung von 1807 nicht ausgchoben hätten
und bezcichnete den bezüglichcn Fall als einen
svlchen, bei wclchem „em vom Staat ancr-
kanntes kirchliches Ehehinderniß obwaltc, be-
züglich deffen nur das Staatsministerium dis-
pensiren könne." (Sch. M.)

Lahr. Pfarrverweser Albert Förderer er-
klärt über den mehrsach erwähnten Vorgang
in dem „Karlsr. Anz.": „Vier hiesige kalho-
lische Bürger entzogen im December v. I. ihre
Kinder'dcr katholischen Schulc, um dieftlben
protestantisch wcrben zu laffen. Jch erklärte
nun am Neujahrstage von der Kanzel: „,,daß
ich diese Manner nicht mehr als Mitglieber
der katholischen Kirche bctrachtcu könnc, bis
fie Bcweise ihrer Sinnesänberung gegcben
hätten."" Diese Familienväter haben durch
ihre Handlungsweise sich selbst aus der Kirchc
ausgeschloffen; ich hielt es für Pflichk mcines
Amtes, dieS ber Gemeinde öffentlich zu ver-
künden."

Nürnberg, 17. Jan. Dic hiesigen Wahl-
männer hahcn an ihre Vertreter auf dem
Landtag einc Zuschrist gerichlet, worin sic sich
für das kurhessische VersaffungSrecht unb sür
Schleswig-Holstcin aussprechen, und dann
fortfahren: „Die Vertretung dcs beutschcn
Bundes ist, wie es uns bedünkt, nicht ge-
wiüt, dem FriebcnSbruchc im Znncrn dcs
Vatcrlandes zu steuern, unb unfähig zugleich,
die uns heiligcn Grenzen des heimaihlichen
BodcnS vor Einbruch vo» Außen zu schirme».
Erklären Sic, daß dic jctzigc Bundesvcrtrc-
tung, als sich überlebt, nicht mehr gcnüge,
und daß nur eine Centralgcwalt mit Volks-
vertretung einc rechtuiäßige und bcsrieblgkndk
sein könne."

Eisenach, 21. Jan. Dcr Ausschuß deS
Nationalvereins hat bezüglich des Heffen-
Darmstäbtischen Antrags am Bundestag eine
Erklärung erlaffen, in welcher er es als ein
Gebot des RechteS hinstellr, mit allen vcrsas-
sungsmäßigen Mittein bahin zu wirken, daß
dic auf Grund der BundeSbeschlüffe vom

einigen Worten willkommen heißen mußte. Melanie
sprach inzwischen mit einigen Frouen, welche sie
früher in dicsem Krcise kennen gclernt hattc.

Nachdem dcr Thee seroirt war, vcrkündcicn einigc
Lause auf dem Piano, daß nun die Rcihe — wenig-
stens für den tanzlustigen Theil der Gcsellschaft —
an die Küßc kam. Die Hcrren süchten ihre Tän-
zerinncn, und auch Melanie hattc nicht langc zu
«arten, so kam Bergfcld, der sich vom Jntcndanten
losgcmacht hatte, um seine Partnerin zu holen.

Bergfeld, derjunge Mann, denwir vom Theater
her kcnncn, nähertc fich Melanic, die er chrerbietig
grüßte.

„Jch «eiß nicht, gnädige Frau, ob die Baronin
Zhncn gesagt hat, daß fie zu mcincn Gunsten über
die erstc Quadrille für Sie vcrfügt hat; darf ich
so glücklich sein —

„Mit Vcrgnügen", erwidertc Melanie mit ihrcm
holdseligsten Lächeln, indem fie fich erhob und ihrcm
Tänzer die Hand bot.

Ste suchten und fandcn bald cin vis-s-ris und
traten tn die Reihen. Die Quadrillc begann.
Marie, wclche von dcn Pfiichten einer Hausfrau
in Anspruch gcnommcn «ar, tanzte nicht.

23. August 1851, 6. und 13. Juki 1854 in
einzelnen Staaten erlassenen Gesetze und Ver-
ordnungen, betreffenb Aufhebunq dcr Grund-
rcchte, Preffe und Bereinswesen wieder außcr
Kraft geseßt werden. — Jn der schleswig-
holsteinischen Sache hat er cine Resolution
folgendcn JnhaltS beschloffen: „Die Bundes-
erecution in Holstein ist zur Nothwendigkeit
gcworden, hier zurückwcichen wollcn, hieße
DcutschlandS Achtung dem Auslande gegen-
über vollends preisgeben und die Verwirrung
der öffentlichen Meinung auf den Gipfclpunct
führen. Die Sache HolsteinS ist unzcrtrenn-
lich von der Schleswigs; darnach muß auch
das militärische Einschreiten fich auf beide
Thcile erstrecken uud Deutschlaud wird einen
Krieg, wenn er zur Wiederherstellung der
Nechte Schleswig-Holsteins fiihrt, nicht scheucn.
Jn dicser Angelegcnheit kann und muß Preu-
ßen seinen Beruf zur Führung Deutschlands
bethätigen und bewähren; es muß aber zu
diesem Behufe über die gesammten militäri-
schen Kräfte Deutschlands verfügen könncn."

Eifenach, 21. Jan. Hr. Advocat Leh-
mann ist wegen fortgesetzter Theilnabme am
Nationalverein von der vänischen Regierung
von seiner Advokatur suspendirt und erwar-
tet demnächst scine Caffationü

Berlin, 22. Jan. An die dcutschen Höfe
hat Herr v. Schleinitz eine Note gerichtet, in
welcher Preußen erklärt, daß cs nicht gcneigt
sei, in der hvlsteinischen Frage vor den an-
dern deutschen Regierungen als Bundcscrecu-
tor zu agiren.

Wien, 17. Jan. (Köln. Ztg.) Die von'
Ungarn provocirtc Reaction wird bereits zur
That. Wir glauben gut unterrichtet zu sei»,
wenn wir niittheilen, daß königl. Commiffäre
au mehrere Comitatc abgesandt wurven, um
ihr illegalcs Thun und Beschließen zu con-
demniren; ihnen auf dcm Fuße solgt die mi«
litärische Erccution, deren Aufgabe es ist, bic
bestehendcn Gerichte und Steuer-Kaffen zu
schützcn und den von der ungarischen Hof-
kanzlei erlaffenen Anorvnungen Gehorsam zu
crzwingen. Vicllcicht, daß schon in den näch-
sten Tagen bezüglichc Publicationen erfol-
gen; vie geheimcn Wcisungen an die Militär-
commando's enthalten bie gemcffeusten Bcschle.
Man ist auf da« Aeußerstc gefaßt unv jebem
factischen Widerstande wird mit Kugeln und
Grauaten geautwortet werden.

Wien, 18. Jan. Fünfundsechzig Groß-
grundbcsitzer haben sich vorgestern über das
solgende politische Programm geeinigt: „I.
Wir begrüßen in dem kaiserlichen Diplom
vom 20. Octvber den principiellen Ausgangs-
punct eincs zeitgemäßen Spstemwechsels in
ber Rcgierungsform Oesterreichs. Wir be-
grüßen dieseS hohe kaiserliche Wort, weil wir
die festc Ueberzeugung hegen, daß ei» Staat,
in welchem Fürst und Vvlk vereint und mit
Vertraucn den Wcg politischer Freiheit be-
treten, aus allen drvhcnden Gefahrcn siegreich
und mit vcrmchrtcr Macht hervorgehcn muß.
II. Wir erkenacn in dem im kaiserlichen Di-
plom ausgcsprochencn Grundsatze der Theil-
name an der Gesetzgebung und Befteuerung

9.

Die Quadrille war eben bei der „Pastourelle"
angelangt, als ein Diener zur Haussrau kam und
ihr mcldcte, eSfei ein Herr im Vorsaal, der drin-
gcnd auf cinigc Augenblickc um Gehorbitte. Höchst
verwundcrt übcr dicse sonderbare Zumuthung, ging
sie hinauö und fand — Theodor.

„Gnädige Frau", redetc cr sie an, „wäre cs nicht
möglich,Ste einigc Augenblickeungestörtzusprechcn?
Zch sehe ein, daß einc Forderung dicser Art, in
dem Äugenblick, da Sie Gesellschaft bei sichhaben,
ungewöhnlich, ja unbescheiden ist; allein es han-
delt fich um etwas — mindestens für mich sehr
Wichtiges. Schlagen Sie mtr meine Bitte nicht ab."

Marie, die Thcodor kannte und hoch schätzte,
zögerte nicht, so ungelegen es ihx kam, seincm
Wunsche zu enisprechen, und führte ihn in ein an-
stoßendcs Zimmer, «o sie ihn Platz nchmcn hicß.

„GnLdige Frau", begann er ohnc Umschwcife,
„wollen Sie eine Pflicht der Menschlichkeit erfüllen?"

Marie, die keinc Ahnung hatte, wo er hinauö
wolltc, und der erst jetzt, bci hcllerer Bcleuchtung
dieungewvhnlichc Bläffc und das zerstvrte Wesen dcs
ManncS auffiel, sahihn groß an. Thevdor fuhrfort:

durch zum großen Theile vom Volke gewählie
Vertretungen das Grundprineip eines ver-
faffungsmäßigen Staatslebens. III. Wir sprc-
chen hiemit unftre llcberzeugung aus, daß
das Spstem unserer srühcren landständischen
Jnstitntionen und der Prärogrative den verän-
derten Verhäliniffcn unv Bedürfniffe» der
Neuzeit nicht mehr entspricht, und glauben
daher die Begründung unserer politischen
Stcllung nur in dem Trundbcsitzc imd in dcm
Vcrtrauen unsercr Mitbürgcr finden zu kön-
nen. Wir erkenncn deßhalb in dem Principe
einer auf dic Art und das Verhältniß ver
Theilnahme an den Staatslasten, sowic auf
eine gercchtc Würdigung der Zntelligenz be-
gründeten Veriretung aller materiellen und
geistigen Jntereffen die feste Basis einer le-
benskräftigen und zeitgemäßen Verfaffung
Oestcrreichs. IV.Wir halten fest an den in dem
Rundschreibcn Sr. Ercellenz des Hrn. StaatS-
ministers anfgcstelltcn allgemcinen Grnndsätzen
über Preßfrciheit, Gerichtsreforzn, Unterrichts-
wesen, Selbstverwaliung, bürgerliche, confessio-
nelle und nationale Gleichbcrechtigunq. V.
Jn Anbctracht der täglich drohcnver sich ge-
staltenden Verhältniffe, deren Entwickclung
ein ungewiffcr politischer Zustand befördern
muß, crachten wir dic baldigste Einberufnng
verfaffungsmäßiger Körperschaften, insbeson-
derc aber dcr allgemeinen Reichsvertretung,
umsomehr für dringcnd und unerläßlich, als
wir nur in der Macht und Wvhlfahrt des Ge-
sainmtreiches dic politische Eristenz und die
Wohlfahrt der einzelneii Länder gesichert finden.
VI. Zndem wir daher glauben, daß es vor
allem nöthig ist, den ausgesprochcncii verfas-
sungsmäßigen Grundsätzen cine legale Basis
zu geben, halten wir es für cine Pflicht des
PatriotiSmus, dic organisatorische Thätigkeit
der Regicrung jetzt durch weitere Resorman-
träge nicht zu veizögcrn und Lie fernere srci-
hcitliche Entwicklung den künftigen legalen
Vertretungen zu überlaffen." Angeregt durch
Baron Hohenbruck, Baro» Tinti und Graf
Hoyvs, ist dieses Proqramm zuerst in einem
kleinercn Kreise besprochen, vvrgestern abcr,
wo die Generalversammlung der Landwirih-
schasts-Gescllschaft hier eine große Anzahl vou
Gruiidbesitzcrn vcreinigte, im Saale des Stän-
dehauses nach mchrstündiger Berathung in dcr
oben mitgeiheilten Faffung angcnvmmen uud
von 65 Großgruiidbesitzcrn unterzeichnet wor-
den. Außer den schon genannle» 3 Adeligc»
gehören zu den Untcrzeichnern Baron Ehreu-
fels, Fürst Jablonowski, Grat Kielinannseggc,
Graf Walterskirch, Graf Pergen, N. v. Sutt-
ner, dcr Prälat von Klosterneuburg u. s. w.,
auch bürgcrliche Mitglieder der Landwirth-
schafks-Gescllschaft, wie Großhändler Gustav
Figdor. Die Versammlung hat cin in Wicn
fMigireudes Comitee (Hopös, Tiuti, Siittncr,
Ehrenfels, Pergen, Hohenbruck, Ncuinaiin,
Figdor und Prälat von Klostcrneuburg) nic-
dergesctzt. (Klniö-Z.)

Wien,'18. Jan. Jn höhcren Krciscn cir-
culirl seit einigen Tageu cine „als Maiiu-
script" und nur in wcnigen Ercmplarcn gc-
druckte Broschüre, die von dcm Grafen Crcn-

„Zch «eiß, der Schritt, den ich in diesem Augen-
biicke thue, ist gegen Herkommen und Schickiichkeit;
allcin Stc sehen mich in einer Stimmung, wo
man sich über alle Convenicnz hinwcgsctzt. Ich
wiedcrhoic noch einmai: wollen Sie cine Pflicht
der Menschiichkeit erfüllen?"

„Reden Sic, iieber Hoidmann, rcden Sie, ich
habc nie gezögert, wo ich heifen konnte."

„Jch veriange kcine materielle Hiifc, gnädige
Frau", erwiderte Theodor; „es handclt sich um
meinen häusiichcn Fricden, um mein häusiiches
Giück. Wollen Sie die Mcnschiichkcit haben, mir
auf cinige Fragen, die ich mir eriaubcn werde an
Sie zu richten, vollc, reine Wahrhcit zu geben?"

„Das will ich", erwidcrte die Baronin, „sofern
Sie ntchtS vcriangen, was die Jntereffen dritter
Personen verietzcn könnte, recht gcrne; ich schwcigc
«ntweder, oder sage nur dic reine Wahrhcit."

„Wohian denn!" entgegnete Theodor, „wer ift
der Herr B., deffen Sie in Jhrcm Billct an mcinc
Frau Erwähnung thaten, und von dem Sie schric-
ben, cr sehne sich, meine Frau zu sehen, sie habe
ihn schr giücklich gemacht u. s. w. ?"

(Forts. fvigt.)
 
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