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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Januar
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an den zwei zunächst folqcnden SonntageN.
Die Trauung kurch tas Bezirksanit geschieht
öffentlich in dem Rarhhause des AmtsorteS
nach den Vorschriften dcs Landrechtes mit-
lelst d.r Worte: „Kraft des Gesetzcs erkläre
ich Sic hiermit-durch das Band der Ehe
verbunden und fordcre Sic auf, vvn nun an
als Eheqatten zusauinien zu leben." Eine
der drei aufzunehmenden Protocollausfkktiqun-
gen wirv dem zuständigcn Pfarrer zum Zwccke
deö Eintrages mitgetheilt. Sosern auf An-
trag der Drautleute cinem anderen Pfarrcr,
als vem zuständigen, die Ermächtigung zur
Trauung erthcilt wird, so hat der Eintrag
in beide Ehebücher zu geschehcn.

Frankfurt a. M. 22. Zan. Heute fand
vvr rem Zuchtpolizcigericht die Anklage gegcn
den Buchdrucker Baist wegen Nachdrucks der
Broschürc: „M.i litärischeDcnkschriftvon
P. F. E.", statt. Zu, einer Verurtheilung oder
LoSsprechung des Angeklagten ist es fedoch
nicht gekommen, da das Gericht auf'Antrag
des Staatsanwalts eine Vcrvollständigung der
Untersuchung für nöthig crachtete. Zunächst
soü der Verfaffer (der preußische Prinz
Friedrich Carl) seine Autorschaft cidlich be-
kräftigen und sodann festgestellt werden, daß
Niemand zur Vcrvielfältigimg dcr Broschüre
von ihm bevollmächtigt worden sei. Das Ge-
richt überließ die Art und Meise der Ver-
nehmung des Verfaffers dem Ermcffeu des
Untersuchungsrrchters.

Frankfurt, 24. Jan. Jn der heutigen
Bundeskags-Sitzung wurde dem ehema-
ligcn Commiffär der dcutschcu Flotte, Fischer,
von jetzl ab eine Penstvn von 300 Thalern
bewilligt.

Würzburg, Mitte Jan. Die Hiesige
lkniversität zähll im lausenden Wintersemcster
geradezu 700 Studenten, worunter 260 Ans-
länder, davon 232 Mediciner

München, 23. Jan. Der Ausschuß hat
den Anirag des Herrn Dr. Völk bezüglich der
hessischen Vcrfaffungs-Angelegenhcit bcrathen.
Zn dieser Sache hat der Ausschußvorstand,
Herr Längenfeldcr, Bericht erstattet, und auf
teffen Gutachteu hin hat der Ausschuß bie
Competenz der Kammer einstimmig anerkannt,
und beantragt den fraglichen Antrag bei sci-
ner hohenWichtigkeit eiiikin besvnderen Ausschuß
zur weitern Prüfung zu übcrweiscn. (A. Z.)

München, 23. Jan. Gcstern Abend
verschied dahier in selnem 80. Lebeusjahre
Dr. Friedrich Tiedemann, der Nestor deut-
scher, ja wohl aller lebende» Anatomen und
Phpsivlogen, und als solchcr hochgcehrt und
berühmt in der wiffenschaftlichen und ärztli-
chm Welt.

Kassel, 23. Zan. Der preußische wirkliche
Geheimerath und Kammerherr v. Spdow ist in
seiner bisherigen Eigcnschaft als außerordent-
licher Gesandter und bcvollmächtigter Minister
am kürfürstl.Hofe aufs Neue bcglaubigt worden.

AuS Thüringen. Dcr Nationalvercin
zählt jetzt über 10,000 Mitglieder, wovvn
etwa auf Preußen kommen; in Würtem-
berg stnd es nur ctliche 60, in Baden über 500.

Das großc Faß zu Heidrlderg.

Historischc Novelle von Wilh. Jungmann.

(Fortsetzung.)

Vtele Gesellen hantirten in sciner Wcrkstatt und
in den Kcllern der vorzüglichsten Wcinbesitzer dcr
Stadt; in scinem Hause aber da walteten mit ge-
schäftigen Händen seine Gattin und sein allcrlicbstes
Tvchterlein mit einem Fleiß und eincr Umsicht, daß
es cine wahre Frcudc war.

Meister Werner hatte fich nicht aus Speculation
in den Ehestand begcben. Seiner Jugendlicbc ge-
treu, hatte er ein armcs, aber Lußcrst braves Mäd-
chcn heimgeführt, und fich dadurch sein HLuslichcs
Glück geschaffen.

Mit wenigcn, in dcr Fremdc gcsparten Gulden,
und eincr klcinen Hinterlaffcnschaft feiner verstvr-
benen Muttcr, hatte Meister Werncr sein Geschiift
angefangen; mit nvch viel wenigcrem Beibringcn
war thm die Gattin am Ältare angctraut «orden,
und dennoch hatte ihm diese Ehe mehr Glück und
Segcn gcbracht, als Gcld und Gut je zu verleihen
permögen.

Berlin, 21. Zanuar. Zn der heutigen-
Sitzung des Abgeordneteiihauses beachte der
Finanzminister das Budget für 1861 und ei-
nen Gesetzentwurf, betreffend die Forterhebung
des Zuschlags zur Einkommen-, Klaffen- und
Schlacht- und Mahlsteuer, ein. Jm Budget
sind dic Ausgaben aus 133 Mill. im Ordina-
rium, 7,026,000 Thaler im Ertraordinariuiki
festgestellt. Dcr größte Theil der Erhöhung
gegen das vorige Zahr rührt vvn der Heeres-
umgestaltung her, welche im Ganzen ein Mehr
von etwas über 8 Mill. Thaler in Anspruch
nimmt. Für Verbcfferung der Beamtengehalte
ist einc Mehrausgabe von etwa «/, Million
angcsetzt. Die Einnahmen sind. auf etwas
mchr als 135 Miü. veranschlagt, s» daß daS
Deficit 4t/z Mill. Thlr. beträgt. Zur Deckung
ist bestimmt: 1) der 25proc. Zuschlag zur Ein-
kommeik- ic. Steuer mik 1,890,000 Thlr.; 2)
dic Ueberschüssc des StaatShaushaltes aus
dcm Jahr 1859 mit 2,400,000 Thlr.; 3) die
dann nvch bleibende ^ Mill. Thlr. ist mög-
lichst aus dem Staatsschatz zu entnehmen.

Zn Bcrliner Blättern wird die auch von
uns mitgetheilte kriegerische Anrede dcs Königs
an die Generalc für cine reine Erfindung er-
klärt. Zm letzten Ministerrathc soll die Frage,
ob man den Znhalt der Rede offiziell demcn-
tiren solle, diskutirt worden sein, indcffen ist
man davon abgestanden.

Bertin, 23. Jan. Das Herrenhaus be-
faßte sich heuie mit der Avreßdcbatte. Zu
Anfang derselben verlas der Graf Arnim-
Boitzenburg deu ganzen Entwurf und wünschl,
daß derselbe unverändcrt angenommen werde.
Herr Camphausen (Köln) für das Amendc-
mrnt Baumstark auf Kürzung der Adreffe unv
Besejtigung ihrer vieldeutigen Stellen. Herr
von Kleist-Rctzvw gibt ein Bild des gottes-
fürchtigen Lebcns deS verstorbenen KönigS,
der Ancrkennung deffclben gelte die Adreffe,
sie spreche ferner vas Gefühl der Hingcbuug
des verstorbcne» Königs aus, zu welchcm das
HerreuhauS von Herz zu Herzen sprcchcn
müffe, kein Stück Papicr, kcin verantwort-
liches Ministerium solle sich dazwischen drün-
gen. — Graf Bninski spricht für sein Amen-
dement; die Polen könnten der Adresse nicht
zustimmen, da ihnen dic Zusagen der Wiener
Verträge nicht erfüllt seiep. — Der Ministcr
des Jnnern tritt dem mit ciner energischen
Rede entgegen. — Herr Blömer für die
Adreffe, da jctzt nicht Zeit zu einem Kampfe
der Parteien sci. — Herr Haffelbach: Die
Avreßcsmmission habe nur aus Mitglicdern
der Oppostiion bestanden, man möge daher
dem AuSdrucke der Gefühle auch dcr Minori-
tät Raum geben, wclche die Ansicht des Lan-
des vcrtretcn, und daher sein Amendement an-
nehmcn. — Herr v. Scnfft-Pilsach fur die
Adreffe. Es gcbe keine Opposition des Hau-
scs gegen die Minister; niir in drei Puncten
stehe man mit dem Ministerium nichk im Ein-
klange: in der Ehe-, Wuchcr- und Zudenfrage,
und diese Angelegenheii detreffe nicht dic Zn-
tereffen bes Volkes, sondern nur die Znteres-
sen der Juden! (Schluß solgt.)

Bcrlin, 28. Jan. Die „Preuß. Ztg."

Die Geburt eines Töchterchens hatte ihn noch
innigcr an dte Gattin geknüpft, allcin sein höchster
Wunsch: cinen Sohn, einen Nachfolger in scinem
Geschäfte zu erhalten, er solltc nicht in Erfüllung
gehen.

Alle Liebe nun auf seine Tochter übcrtragend,
die tmmer herrlicher hcranblühte, hatte Meister
Wcrner schon seit mehreren Jahren einen armen
Waiscnknabcn in sein Haus genommcn, und thn
in seincm Geschäfte unterrichtct, so daß erjetzt schon
als eine fichere Stütze auf ihn rcchnen konnte.

Gerhard Dornbusch hicß der, jctzt zum krästigen
Jünglinge herangcwachsene Waiscnknabe. Wcr scinc
Eltcrn gewesen, wußtc man nicht, cr hatte sie nie
gckannt. AlS ganz kletnes Findelkind im Waisen-
hause zn Landan aufgenommcn, blieb er darin,
bts die-Zcit scincr Confirmation herangekommen,
wo er dann bci Mcistcr Wcrncr in dic Lchre trat,
und sich durch Flciß, Gcschicklichkeit und muster-
haftes Bctragen deffen vollste Zuneigung erworben.

Gerhard wohnte bei fcincm Meistcr im Hause.
Seine Lchrzeit «ar beendct, und selten hattc wohl
ein Küfcrbursche cin befferes Gesellenstück gemacht,
»ls er, darum trug ihm auch der Meister bald

erklärt die gestrigen Angaben der „N. Pr. Z.":
„Hr. v. Schleinitz habe an dic deutschen Höfe
eine Rote gerichtet, in welcher Preußen er-
klärt, daß e« nicht geneigt sei, in der hol-
steinischen Frage vor den anbern bcutschen
Regierungen alS Bunbes-Erecutvr zu agireu",
für vollkommen unbcgründet.

Breslau, 22. Jan. Gcstern gegen Mit-
tag starb der ilrcnior der hiesigen Uuiversität,
zugleich der letzte Repräscntank der Ueberfle-
delung derselben von Frankfurt nach Breslau,
Ober-Conststorialrath Profeffor Dr. Heinrich
Middcldorpf.

Wien, 21. Zan. Die Hanvelskamm.ru
haben alle, zwei unv fünfzig im ganzen Reiche,
ohne Ausnahuie in ihren so eben aus Anfrage
des Minifteriums abgegangenen Gutachten übcr
die Mittel zur Wiederherstellung der Valuta
einsti'minig ein wirklich constiiuiionelles Re-
giment und schleunige Einbcrufung cines er-
weiterien Reichsraihes, resp. ReichStages drin-
gend gesordert.

Wien, 24. Zan. Nach der „Ostd. P."
ist das ncue Anlehen seinetn ganzen Betrag
nach durch die geschehenen Einzeichnungen be-
reiis vollständig gedeckt.

Wien, 25. Zan. (Sch. M.) Die „N. N.«
haben folgenbes Telegramm aus Pesth vou ge-
stern erhalten: Der Fürstprimas vvn Ungarn
erhielt ein Schreiöen des Hofkanzlers, wouach
der Kaiser scho» am 21. Ociober 1860 bie
Emigranlen zurückrufcn woltte, die Sequestra-
tionsfrage aber damals das Hinderniß war,
woran dieseö Vorhaben scheiterte. Jetzt hae
ver Kaiser dic befchleunigtc Lösuug dieser
Krage be;ohlen; nactz der Hebung vicses Hin-
derniffes soll sofvrt eine allgemeine Amnestie
erfolgcn.

Aus Salzburg, 19. Zan. wird der„Preffe"
geschrieben: Heute fand dei dem k. k. dclegir-
een Bezirksgerichee bie Schlußverhandluug
wegen Mißhaudlung eines Mädchens im Wai-
senhaiise statt. Auf der Anklagcbank saßen
vie Oberin und zwei Schwestern der weib-
lichen Körpcrschaft, wclchen die Pflege im
Waiseuhause übergcben ist. Das Uriheil lautet,
troß aller herbeigezogenen VerkheidigungS-
gründe: auf „Schuldig". Die Oberin wurde
zu drei Tagcn uud vie eine Schwester zu
zwei Tagen Arrest in einem Ordenshanse
verurtheitt.

Pesth, 21. Zan. Die heutigen Abcnd-
blätter bringen alle das Manisest. „Pcsti
Naplo« ohne jcde wettcre Bemerkuiig, die
„P.-O. Z." mit folgcilbem Znsatze: Zndem
wir das obigr allerh. Manifest in frohcr
Aufregung veivffeniiichen, find wir üderzeuge,
daß bei ver Durchlesung dcsselben der seir
mehreren Wvchcu aus dcr Bruft aller Frcuude
der Ordnuiig schwerlastendc Alp urplötzlich
verfchwinven, und das ganze Land frcudig
aufaihuien werde, selbst diejenigen nicht aus-
genommen, -bie eine uierkwüemgc Rvlle bei
dcr, angeblich im Siime coiistikulioncllcr Wirk-
^amkeit, bezweckten Aufiöfung allcr staatsge«
icllfchastlichen Baudc übernehmeii zu müffen
glaubteii, und jetzt einzulenkeu auf die mil-
deste Weise veranlaßt werven. Die Mum-

nachher, so jmig er auch noch war, dic Aufsicht
übcr die anderen Burschen auf, und sclten wurde
eine Arbeit von thm bcgonnen, ohne daß er mit
GerharL darüber zu Rathe gegangen wärc.

Es war aber auch werklich einc wahre Freude,
den kräftlgcn, bilrschönen Burschen arbeiten zn
sehen. Alles ging ihm so fltnk und Loch so sauber
auS dcr Hand, Laß fich Ler bestc Weister deffen
nicht hätte zu schämen brauchen.

Gerhard war zu dcr Zeit, wo unsere Erzählung
bcginnt, in sein zwanzigstes Lcbensjahr getreten.
Sein Körper, schon völlig auSgewachscn, hatte cine
Höhc von nahe an sechS Fuß. Scinc brcitcn Schul-
tern, stinc hohe, gewölbte Brust, uno stine kräf-
tige Arme zeugten von herkulischer Stärke. Sein
schönes, männlicheS Gesicht, mit muntcren braunen
Augen, strotzte von Ler blühendsten Gesnndheii,
und sein, in langen Locken hcrabwallendes Haar
zeigtc einen solchcn Glanz, den kaum dre sorgfäl-
tigste Toilctte beffer heroorzubringen vermochte.

(Forsttzung folgt.)
 
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