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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Mai
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fich das Verhältnlß ;n Ungarn ltchten und
nähcr feststellen wird, so kann man wohl —
um dte Worte der Thronrede zu gebrauchen —
mit vollem Rechte behaupten, daß sich daS
östliche, Katserreich in dem jctzkgen Momente
an einem ckußerst bedeutungsvollen
Wendepunct befindet. Der so plötzlich
und unerwartet eingetretene Tod des Grafen
Lelekp, des Hauptes der Koffuth'schen oder
ultra-magparischen Partei i» Ungarn, kann
als eine Borbedeutung, ja als ein BeweiS
dafür angesehen werden, daß ebcn diese Par-
tei ihr Spiel verloren glaubt. Alle äußeren
Umstcknde stimmeu hiermit vollkommen überein.
Die italienische Frage ist für die nächste Zeit
in ein Stadium der Ruhe und friedlichen Ent-
wicklung eingetreten und ein wiederholter Aus-
bruch deS offenen KampseS für jetzt dort nicht
zu erwarten. Das Tuileriencabiuet ist hiemit
völlig einverstanden und hat zugleich an die
Polen, und wahrscheinlich inSgeherm an die
«ngarische Revolutionspartei selbst die Mah-
nung zur Ruhe ergehen laffen; die österrei-
chische Regierung hat außerhalb Ungarns die
constitutivnkllkn Wünschc aümählich immer
mehr befriedigt, und in der ruhigen Zuversicht
der deutschen und selbst mancher slavischen
Völkerschaften, sowie in ber Haltung der Land-
tage und des Reichsrarhes eine moralischc
Stütze gefunden; selbst die orientalische Frage
ruht zur Zeit, wenn nicht etwa der aus den
nächsteN Monat festgesetzte Abzug dcr Fran-
zosen von Sprien, iui Faüe deffen Nichtstatt-
findenS fie in eine ncue unruhige Phase ver-
sctzt. Jn dieser Weise steht nun dic ultra-
magparische Partei gerade in dem entscheidcn-
dcn Momente, wo sic ihre längst angelcgtcn
Minen zu sprengen gedachte, völlig vereinzclt
nnd vhne Hoffnung cines glücklichen ErsolgeS
da, und eS ist unter diesen Umständcn in der
That allc Hoffnung vorhanden, daß zu Gun-
sten von Gesammiösterreich mit der gemäßig-
teren Deak'schen Partei in Ungarn (dcren
Programm die Wiener Regierung allcrdings
auch nicht vollständig annehmen kann) in der
letzten entscheidenden Slundc einc Basis der
Verständigung gefunden werde, ohne daß es
zu offenem Bruche mit Ungarn komme. —
Schon die nächsten Tage werden zeigen, ob
sich diese unsere Erwartung bewährt.

Hei-elberg, 13. Mai. Von Edingen
aus wird in dem Mannhermer Journal
dke auch tn unserem Blatte enthaltene Nach-
richt einer Verlegung des «chützischen Jnsti-
tutes nach Schwetzingen äus authentischer
Quclle vor der Hand widerlegt.

-j- Hei-elberg, 15. Mai. Heute wurde
dahier Herr Hofgcrichtsrath Gupet als welt-
licher Abgeordneter zur Generalspuode für den
Bezirk Hcidelberg-Weinheim gewählt.

* Heidelberg, 17. Mai. Die von dcm
Präfidenten des Gr. Handelsministeriuins, Hrn.
Weizel, bei Eröffnung des ersten deuischen
Handelstages gchaltene Redc lautet nach ste-
nographischen Berrchtcn i

„Hochgechrteste Herren! Jm Namen und ans Auftrag
Sr. Kbnigl. Hoheit des Großherzogs heiße ich Sie

hiemit herziich willkommen in unserem Sande und in
dieser Stadt.

Der großh. Regierung hat eS zn besonderer Beftiedt-
gnng gereicht, daß Sie daS Laiid Baden ausersehen ha-
ben, UIN dem bedeuMngSovüen Gedanken den ersten
Ausdruck zu geben, dem dcr Handclstag seine Entstehung
verdankt.

Möge diese neue Schöpfung rasch und krästig Wurzel
sasfen, bliihen und goldene Früchte tragen.

Mit sreudiger Hand wird das deutsche Baterland fie
pflücken.

Die materielle Wohlbehaltenheit eines Volks ift cine
der Grundbedingungen seiner fittlichen, geistigen und
politischen Entwicklung.

Die wirthschaftlichen Znteressen bedürsen daher der
ausmerksamsten Pflege.

Dieje wird abcr nur dann richtig geübt werden kön-
nen, wenn die wirthschastlichen Zustiinde und Bedürs-
nifse eines Volks nach allen Seiten hin genau erkannt
werden. Hiezu ist aber nothwendig, daß die Regicrun-
gen in die nnmittelbarsten Beziehungen zu denjenigen
socialen Lebenskreisen treten, um deren Jnteressen es sich
handclt, und daß man da die ersorderlichen Hilssmittel
sucht, wo man die tagtägliche Ersahrung findet.

Alle Thätigkeit der Regierungen würde aber nicht
ausreichen, «enn nicht in diesen Lebenskreisen die eigene
Lriebkraft zu immer größerer Anstrcngung und insbe-
sondere auch zur Selbstständigleit und Selbstthätigkeit
in Verwaltung ihrer eigenen Angelegenhciteu drängt
und die Fvrmen sucht, um dieser Entwicklung eine po-
sttivere Gestaltung zu geben.

Und in dieser Beziehung hat die neueste Zeit Fort-
schritte gemacht, wie kaum eine zuvor.

Als einen der bedeutungsvollsten dürsen wir den deut-
schen Handelstag begrüßcn.

Jn ihm soll der gesammte deutsche Handelsstand die
Stätte finden, in welcher über Gegenstände des Handels
von allgemciner Wichtigkeit berathen wird und durch
welche die Jntercssen dieser ganzen Berussklasse zur Gel-
tung gebracht wcrden sollen.

Dem demschen Handelsstande konnte eS nicht cntgehen,.
daß die vielgestaltige Organisallon desselben in den ein-
zelnen deutschen Ländern nicht ausreichend sei, um seine
Jnteresjen wirksam zu vertrctcn.

Der großartige Umschwnng der Verkehrsverhältnisse
dcr neueren Zeit mußte auch bestimmend einwirken auf
die Dimensionen der Verftetung des Handetsstandes.

Sie haben diese Vertremng geschasien und werden,ihr
jetzt die weitere Ausbildung geben.

Ein reiches Gcbiet der THLtigkeit liegt vor Jhncn;
Sie werden Jhre Ausgabe lösen, weil Sic derselben sich
klar bewußt sind.

Wohl werden sich auch Jhnen große Schwierigkeiten
in den Weg stellen, denn wo es sich um Znteressen han-
delt, liegt der 'Widerstreit derselben sehr nahe.

Eine ruhige und objektive Vorprüsung aller wichtigeren
Fragen, ein ossener gegenseitiger Austausch der Ueber-
zeugungen wird aber wohl manches Bornrtheil, mancheS
Mißverständniß und vorgefaßte Meinungen befeitigen
und aus eine Uebereinstimmung der Ansichten hinwirken.

Und wo dieS oft kaum errcichbar crscheint, da wird'
die Liebe zum gemeinsamen großen Ganzen der Leitstern
sekn, der Sie den rechten Weg stihrt.

So werden gewiß die Jnteressen des deutschen Han-
delsstandes eine Vertretung finden, der cs an Erfolg nicht
fchlt.

Aber auch die Regierungen werden alle Ursache haben,
diese neue Einrichtung zu begrüßen. Sre werden in
ihren Bemühungen um Regelung der Handels- und Ver-
kehrsverhältnisse elne wesentliche Stntze in den Be-
schlüssen des Handclstags finden, und ost wird dem letz-
lern es vielleicht eher gelingen, unter dem Handelsstande
selbst über große Fragen überemstimmendere Ansichten
zu erziclen, als dies den Regierungen möglich wäre,
ungeachiet es stir ihre Maßnahmen von größter Wichtig-
keit ist, in Uebereinstiinmung mit dem Handelsstande zu
sein.

Lassen Sie mich aber, hochgeehrteste Herren! noch eine
weitere und wohl von allen die schönste Hoffnung äus-
jprechen, die ich an den Bestand und das Gedcihen des
Handelstags so gerne geknupft schen möchte.

Mit vieler Muhe, großer Beharrlichkeit und Ueber-
windung der mannichfaltigstcn Schwierigkeiten wurdc
eine größere Einigung der deuffchen Staaten auf vielen
Gcbieten der materiellen Jnteressen erreicht.

schmückt, betraten Braut und BrLutigam die Kirche,
gefolgt von ihren Führern und Führerinncn und
einigen pcrtrautcn Freunden als Zeugen, unter
denen fich auch Brenncr befand, währcnd Helene
im Hochzcitshausc zurückgebliebcn war, um dort
alles zum Empfang dcr Ncuvermählten nnd der
geladenen Mste hcrzurichten. Wic crstaunten sie
aber, ais baid darauf — war es Znfall oder wirk-
iiche Berechnung — Mickier m!t seiner Braut in
der Kirche erschien, um mit ihncn zu giercher Zeit
zü ihrcm Bunde d!e Weihe des Priesters zu em-
pfangen.

Beide Paare gchörten der katholischenKirche an;
bcide Paare knieten auf einer Bank vor dem Al-
tar nieder, um da den Bnnd der ewtgen Liebe und
Treue durch ihren Schwur zu beficgeln. Als aber
nun der Prrcster, mit einfachcm Gewande angethan,
vor ihncn erschie»; als er ihnen dre Pstichlen des
vorhadcndcn Schrrttes und die Gcsetze der Kirche
vorgelcsen; als man dic Kerzen, als Sinnbildcr
des ewigen Lichts und Heils, angezündet, und nun
der Geweihte des Herrn in salbungsvollen Worten
den Segen öder fie anssprach, da mochten wohi
manntgfache Gefühie die Herzen der Neuvermählten

dewegen, dcnn fichtiich sah Brenner Mathiidc er-
diaffen, während die Braut dcs andern PaareS zu-
versichtiich emporschaute in dem festen Vcrtraücn,
ihrem nunmehr Angctrauten freudig alles das zu
haiten, was fie so cbcn an dieser Stätte ihm so
feierüch versprochen hatte.

Als nun abcr der Trauungsact vollzogen und in
die Kirchenbücher, nebft den Nainen dcr anwesen-
den Zcugcn, eingctragen wcrden mußtc, da trat
Mickier zu Brenner heran, und sprach mit lächein-
dem Munde:

„Licbcr Brcnner, Du hast unserer Doppeittau-
ung deigewohnt und wirst wohi nun auch dic Güte
haben, Deincn Namen ais Zeüge unter mein Trau-
ungsprotocoll setzen zu iaffen. ES mögc dies als
cin Beweis dienen, daß wir gegcnseitig cinander
kcincn Haß nachtragen, denn ich bin mit meinem
Loose herziich zufrieden; darmn würde es auch mich
recht sehr frcuen, «cnn Du heute auf cinige Augen-
dlicke auch auf meine Hochzcit kämst; Du würdest
gewiß allen willkommen sein."

Auch Brenner konntc ein leises Lächeln nicht un-
terdrückcn und sagtc beides freündiich zu; als nun
aber auch dieser ietztc Act vollzogen war, da ver-

MSchtm diese Erfoige, b!e in Jhnm einm wtsmt-
lichm Stlltzpuntt haben werden, dazn sühren, daß das
dentsche Vateriand auch in politischer Bezichung zu
größerer Einigung gelange und daß ihm diejmigen Ein-
richtungen zu Theil werden, welche die Bedingungen
seiner Krast und Größe sind.

Beginnen Sie nun, hochgeehrteste Herrm! Jhrc Ver-
handlungen mit Gott, führen Sie sie fort in versöhn-
lichem Geist zum Wohl und Frommen deS GanzM, und
wenn Sie nach dem Schluß derselben heimkchren zu den
Jhrigen und in die gewohnten Lebenskreise, so bewah-
ren Sie unserm Lande eine fteundliche Erinneruug."

Älus Baden, 14. Mai. (Wahlen zur
Generalspnode.) Zn- Heidelberg wurde für
den 11. geistlichen Wahlbezirk Hr. Stadtpfarrer
Ziltel dahier, als Ersatzmann Hr. Pfarrer
Allmang in Heddesheim gewählt. — Jn Lmr
für den 5. Bezirk (Kork-Rhembischofsheim)
Dekan Häusscr, Stadtpfarrer Doll von Lahr
zum Ersatzmann.

Stuttgart, 7. Mai. Czerski, der frei-
religiöse Prcdiger aus Schnctdemühl, kam rrst
gcstern Abend hier an. Lctzten Sonntag pre-
digte er zwcimal in Ulm. Ein sehr geräumi-
ger Gasthofsaal ksnnte bie Verehrer Czerski's
kaum faffen, die sich Abends 8 Uhr um ihn
versammelt hatten. Zn eincr beinahe zwei-
stündigen Rede sprach er sich äußerst klar Lber
das Wesen dcs Dcutsch-Kathvlicismus und
deffen Versolgung durch Angehörigc ber herr-
schcnven Kirchenparteien aus. Er schildertc
meistcrhast an der Hand der Geschichte die
Gräucl der religiösen Undulbsamkeit und der
Glaubenstprannei aller Bölker unb aller Zahr-
hunderke. Glaube sci nicht Glaubeiislehie, und
Neligivn sei »icht Religionssatzung. Eine ge-
wiffenlose Priesterschaft mißdrauche das Ge-
wlffen des Volkes. Zahüosc Gcbcle herplap-
pern, die Meffe in einer unverstandenen Sprache
mitmachen, dcm Priester die Süitden betchten,
anstauncn die religiösen Geheimniffe unb die
Herrlichkeit des Priesters, Glaubeiislehren fest-
halten u. s. w., das Alles mache uvch lange
nichl zum Ehristen. Die Religion destehe >»
keinerlei kirchlichen Lchrsätzen und äußerlichen
Werken, sondern der Glaube dcs Herzcns, der
sich in der Liebe thätig erweise, sei das wahrc
Christknthum. DaS Ntierträgliche Zoch der Prie-
sterherrschast müffe sallen. Wo die sreie Re«
gung ver Geister unterdrückt und das Denke»
verboten werde, da mache sich die Unwahrhett
breit; da fciere dic Finsterniß und der Ader-
glaube ihre desten Zctten. Nicht wer am
treuesten an der Kirchenlehre hänge, sondern
wer am treuesten den Lehrcn des großen Na-
zareners folge, sei der deste Christ. Lebe man
recht wie ein Christ, glaube aber nich! wie bie
Priester, so drohc man mit der Höllc. Man
solle vas Wort frei walten und den Geist un-
gchindert forschcn laffcn. Durch zähcs Fest-
halten am Buchstabenglauben werde nuk der
Unglaube großgezogen. Man sollc die Getster
aus einander plaßen laffen. Dcr Glaubc er-
weise sich nur in der Liebe thätig. Das Pric-
sterthum maße sich die Herrschaft an über das
Gewiffen der Leutc, über de» Staat und das
bürgerliche Leben nnd Dem müffe enkgcgen
getrclen werden. Der Dcutsch - Kalholicismus
stehe jcncr finstern Macht entschieben gegen-
über, welche „im Namen der Kirche" eine

ließcn bcide Paare, gcfolgt von ihrcn Freunden
und Bekannten, dic Ktrche, um sich zu den nun be-
ginnendcn Hochzeitsfesten zu begeben.

So frcigebig nun auch Mathilde alles aufgebotcn
hattc, um das Jhrige zu cinem der glänzendsten
zu machen, so sehlte es bei demselben doch an dem
wahren Geistc dcs Frohsmns und dcr Herzlichkeit;
alles trug das Gepräge des Cereinoniellen und Gc-
drückten, so daß Brcnner bald einc Gclegcnhcit cr-
griff, sich anf cinige Zcit zu entferncn, um sein
Wort zu lösen, das er Mickler am Morgen in der
Kirche gegeben hatte. Lautc Freudc und Kröhlich-
keit tönte ihm schon von Fcrne entgegen; als er
aber in das Haus getreten, da kamen ihm Braut
und Bräutigam auf das herzlichste entgegen und
führten ihn auf den Ehrcnplatz, um an dem frohen
Feste Theil zu nehmen, so daß es ihm «irklich leid
that, als er sich nach einigcr Zcit wieder cntfernen
mußte, um seinen Frcund Dimmler durch feine Ab-
«esenheit nicht gar zu ticf zu kränken.

(Kortsttzung folgt.)

Auflösüng der Charade in Nr. Ill:

B c r n st e i n.
 
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