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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Mai
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1) dem Landtag ein Gesetzentwurf vorgelegt
werde, durch welchen auf Grundlage der
SelMestimmung die Ordnung der Gemeinde-
vertrelnng gercgelt werde, und baß 2) zur
alSbaldigen Beseitigung von Mlßständen, burch
einen noch dem gegenwärtigen Landtage ein-
zubr'ingenben Gesetzeseniwurs die Wahl der
Bürgermeister unb Avjuncten im Psalzkreise
den Gcmeinden schon jetzt übcrlaffen und der
Disciplin in Anscyung der Bürgermeister,
Avjuucten und Gemeinverathe unter Aushc-
bung des Art. 20 des Gesetzcs vom 28. Plu-
»iose Vlll geordnet werde. (N. F. Z.)

München, 15. Mai. Die „Südv. Z."
schreibt: „Ls wird mit großer Bestimmtheit
versichert, baß dic Staatsminister der Zustiz
und des Jnnern ihre Enilaffung angeboten
haben. Schwicrigkeiten in Betreff des Or-
ganisationsgesetzcs, dessen Vorlage in der Ab-
geordnetenkammer längst sehnlich crwartet
wird, sollen die Ursache dieseS Schrittes sein.
Jndeß zwcifelt Niemanv, daß die Krisis einen
günstigen Verlauf nehmen wcrde und gcwiß
liegt in den Zeitverhältniffen einiger Grund
für die Zuversicht des Publikums."

München, 16. Mai. (Privat-Depcsche.)
Die Abgeordneteiikammer hai den Antrag auf
Erweiterung ver Amnestiegesetze verworfen,
nachdem der Justizminister sich bagegen aus-
gesprochen und erklärt hatte, bie Krone werde
alle Gnadengesuche wic bisher unbedingt ge-
währen.

Berlin, 15. Mai. Das Commando deS
Garde-Eorps (Prinz von Württemberg) hat
durch Corpsbefehl den Solbalen das Halten
unv»Lesen ves „Publicist" und ber „Berliner
Volkszeitung" untcrsagt.

Wien, 12. Mai. Die „Ostd. Post" hofft
von der Nebenbuhlerschaft Oesterreichs und
Preußens unter den gegeuwäriigen Umstänben
dic besten Folgen für beide Staatcn; sie sagt
über dies beachtcnswerthe Thema: „Wir neh-
men keinen Anstand, zu beyaupten, daß das
liberale Ministerium Auerswald seinen Nim-
bus bisher hauptsächlich dem ben Norddeut-
schen fiets gegenwärtigen unv stets geläufigen
Vergleiche mit dem Btlde ciitlehnt hat, das
man sich dork von österreichischen Zuständen
entwarf. Aüerdings ist mit dem Oberkirchen-
rath des Hrn. Stahl nichl gut Kirschen effen;
allerdingS hat Herr v. Bethmann-Hollweg als
CultuS- unb Unterrichtsminister sich seit sci-
nem Antritte mit Leib und Seele gcwehrt, an
den verhaßten Schulregulativen aus der Man-
teuffel'schcn Zeit dic geringste Aenderung vor-
zunehmen, und nichts dawider gehabt, daß
sein eigenes Ehegesetz Jahr aus Zahr ein vom
Herrenhause verworfen ward; aber, war der
Refrain jeder Antwort auf den Vorwurf, daß
unter der „neuen Acra" eigcntlich Alles beim
Alten geblieben sei; seht Euch doch Oesterreich
an, den Concordatsstaat, u»d gcstehr, daß Zhr
relativ immer noch in ciner Art von Paradies
lebtz! Freilich hat die Kammer ihre Noth mit
dem Grafen Schwcrin, der sichs nun einmal
in dcn Kopf gesctzt, mit den Polizei-Wcrk-
zcugen scines Vorgüngers fort zu wirthschaf-
ten, so daß Herr v. Westphalen gleich Alles

Der Brand »on Glarns.

Sett dem Erdbebcn von 1855, das die Walliscr
Dörfer Vifp und St. Niklaus in Trümmer warf,
haben wir in der Schweiz dcn dämonischen Natur-
gewalten kein so furchtbarcs Opfer mchr bringen
müffcn, «ic socbcn im Brandc von Glarus.

Am HimmelfahrtStage hiclten sie die Landsgc-
meinde, am Freitag war große Fcuermusterung,
Beidcs von je her Tage der Lust und Freude. Dcs
zweifachen Volksfeftes müde, lcgten sich die Be-
wohncr von Glarus am Abend des 1l>. d. früher
als gewöhnlich zu Bette. Um 10 Uhr war Alles
still in Straßen und Häuscrn, als das unhcilvollc
Feuer ausbrach. Wie so die Bcvölkerung aus dem
erstcn Schlafe aufgeschreckt wurdc und die Flamme
von cinem wild von dcn Höhen des Tödi durch dns
ttefe Fclsenthal der Linth herab brauscndcn Föhn
gepeitscht sah, da — erzählen uns Augcnzcugen —
«ar der erste Eindruck allgemein der eines pani-
fchen Schrecks. Der Maffe bemächtigte sich augen-
blicklich der verzweifelte Gcdanke: „Ein Feuer in
solchem Köhn tst unser Aller Verderben! Gegcn
solchc Mächtc kämpfcn wir Mcnschen vergcbens!"
Die Kolge davon «ar, daß zur Löschung des Bran-

hübsch rn Ordnung findet, sallS der König ,'hn
wieder ins Cabiiiet beruft: doch das schadct
nicht das Mindeste: Oeftcrrerch blieb nach wie
vor dcr „Polizcistaat" par sxceüeiioo, selbst
wenn man hundert Ma> versicherte, daß es
schon unter Bach jener Paß-Chicaiien losge-
worden, die in dem freistnnigcn Preußen heute
noch in üppigster Blüthe stchen. Diese bc-
gueme Ruhebank ist Preußcn jctzt entzogen,
zum cignen Heile, zum Heile von ganz Deutsch-
land. Seit Oesterreich ein constitutioncller
Staat gewvrden, muß ein Liberalismus, der
als Hcbel zur Gcwinnung von Einfluß im
Bundc dienen soll, echt unv probehaltig sein.
Aus dcm bisherigcn Ringen um die Hege-
monie zogen bie Völker nicht den geringsten
Vortheil: denn cs genügte für Prcußen, nicht
so schncll,^wie Ocsterreich rückwärts zu gchen,
um sich in dcr öffentlichen Meinung über Was-
ser zu behaupten. Von heutc ab muß dcr
Wettlauf cin ernsthafterer und das Ziel ein
edlercs sein, denn jcder von beiden Theilen
fühlt, daß er dcn andcrn nur durch eine wayr-
haft freisinnige Politik übcrholen kann. Der
Erfolg dieser Rivalität aber muß für den
Ausbau der österreichischen Verfaffung ebcnso
heilsam sein, wic für die Reinigung der prcu-
ßischen Constitutivn von dem ihr anklebenden
Junkcrthum und bureaukratischcn Dünkel."

Wien, 13. Mai. Die Wiener Blätter
bringen dic voüständige Rede Deak's. Sic
entspricht durchaus dem zum voraus gemach-
ten Auszuge. Zm Wesentlichen hätte selbst
Teleki vorerft unmöglich wciter gehen könncn.
Denn wenn Deak zwischen den Ländcrn dics-
seits und jenseits -der Leitha „keine gemein-
same Vertretung irgcnd eincr Art, sondern
blos den Verkehr der eincn sreien Nation zur
andern zuläßt"; wenn er nicht einmal „Unter-
handlungen" über die Krönung gestattet, ehe
nicht die Zncorporirung Croatiens, Slavoniens,
der Militärgränze und Siebenbürgens erfolgt
ist; wenn er die gewaltsame Sicuereinirei-
bung für illegal, die Abdankungsurkunbe Fer-
dinands V. sür mangelhafl erkläri; wenn er
die Creirung eines eigenen verantwortlichen
Ministeriums, sowie die Neintegrirung der
48er Gesetze begchrt; wcnn er die Freilaffung
der eingekerkerten, die Zurückbcrufung der ver-
bannten Ungarn verlangt, und endlich dis
Krönung von dcr vorhergängigen crledigten
Gcwährung aller diescr Fordcrnngen, resp.
Abhilse aller dieser Beschwerdcn abhängig
macht: so ist nicht lcicht abzusehcn, was bie
„Radikalcu" noch mehr fordern könnten, als
die „Gemäßigten" in Wirklichkcit beanspruchen.
Eine cinstimmige oder doch fast eiiistimmige
Annahme der Deak'schen Avreffe ist daher
wahrscheinlich. Dann aber schcint eine Ver-
ständigung zwischen den Erbländcrn und Un-
garn fcrnec als je zu sein.

Wie«, 13. Mai. Das Gömörer Comitat
hat als Antwort auf den Benedek'schen Er-
laß einen Protest zu Protokoll gegebe», deffen
Schlußworie lautcn:

„Wir wärdcn nichtS gegen den vom Fcldzellgnieilicr Bc-
nedck an das Olficiercorps seincr Armee gertchicten Ansrus
sagen, wcnn di- Natton, odcr ein Thetl dcrsclben, tic Er-

des nur cine sehr unzurcichendeMannschaft sich be-
thätigte und die großc Mehrzahl dcr Leute nur auf
die Rettung der bcdrohten Fahrhabe sann. Bloß
die entfernter Wohnenden suchten zu dämpfen, als
aber ihrc Wehr durch das fabelhaft schncll um sich
greifcnde Feuer «cit überholt «urdc, da bcgannen
auch diese für ihre Wohnungen zu fürchtcn und «il-
ten zur Rettung des Jhrigcn fort. So blieb im
Kern dcs Ortes der flammcnde Föhn zuletzt wider-
standslos seiner verhecrenden Wuth übcrlaffen.

Um Mitternacht legte sich der Wind auf cine
Weile. Da stiegen Flammcn und Qualm dcö bren-
nendcn Flcckens in Einer gcwaltigcn SLulc scnk-
rccht gcn Himmel. Sic und der Widerschein von
dcn Felsenwänden dcs Glärnisch bclcuchteten rings
um dic blnheilsstätte herum cin Lagcr von Tauscn-
den jammerndcr Menschcn, »on wehrlosen Greiscn,
Fraucn, Kindern nnd von dumpf vcrzweifelnden
MLnnern, dcrcn Kraft gelähmt gcgenübcr der ra-
senden Naturgewalt.

Nach Mittcrnacht erhob sich der Wind wicder und
schlug nach einer anderen Scite um, um ncue Vcr-
hccrungcn anzurichten. Hättc er sich völlig gedreht,
dann siiinde heut auch nicht Ein Haus mchr in

füllung solchcr Wänsche erprcsscn wollie, die uicht in de»
Gejctzen unscrcs BolerlnodcS wnrzeln; wir wnrdcn «s sür
einen Jrrlhnm hnllen, wean dicser Ansrns nls politischcr
Lcitartikel in den Spnlten der „Mtliiär-Z-itnng" crschicaen
wärc. Wir erllärea -s nber snr etnc politisch strasbare
Haadlung dr« Feltz-ugmeist-rS, daß er mit s-tu-m Ansrnf
tn der krttischstcn Zctt dcn Gctst dcs Offiltercorps setner
Armce ocrgisrct und dtc Ueb-rzcugung dcssrlbcn ans cincn
Zrrweg lcilct; wir crklären es fnr xoliltsch strafbar, daß
er daS OsficiercorxS seiner Armee zn schwärmerischrn Vor-
kämpfcrn ciner solchcn Zdce wetht, dic fich nie zn ctncm
concrclcn Bcgrtsf rnlwtrkeln. kann; wtr erklärcn cS sür xo-
Itttsch strafbar, daß cr oor dcm OfstctcrcorxS setncr Armre
etac nenc Katcgorte »on Verbrcchen anfstellt, nämlich dic
Achtnng oor dem G-setz und das Festhalten am Gcsetz;
wtr crklären eS füc xoltltsch strafbar, daß cr das Osfictcr-
corps scincr Armee, tndem er eS »o» den chciltgstcn Baa-
dcn, von denen der Famtlte nämltch loslöst, zu cinem todten
Glied dcr mcnschltchen Gescllschast macht; wtr crklären I« endltch
sür xolitisch strasbar, daß er dnrch seincn Anfrnf daS Osfi-
ctercorps setncr Armce über daö Gesetz erhcbt und dasselbe
aufforicrt, dcr Rtchter zwischen Rcchl und Wistkür zn scta.
Dcßhalb, und anch als Protest gegen dtcse, tn der Gcstalt
cincS AnfrnsS an daS Miltlär berechnetc Aufwtcgclung, tst
unser gcgcnwärltger Beschlnß tm Wcgc dcr öff-ntltchen
Blätter znr Kcnntntß dcS gaazea LandrS zn brtngcn."

Wien, 14. Mai. Es ift ein hochst be-
zeichnenbes Spmpivm, daß sich von ben gro-
ßcn Zouriialen Wlens auch nichl ein cinziges
zu Gunsten der Deak'schen Rcdc zu erklären
wagt, sclbstverstäiidllch deu „Wanderer" aus-
gciivmmen, der mit dem MagpariSmus durch
Dick und Dünn geht. Sogar oas „Vaterl."
begnügt sich damlt, einzclnc prägnantc Stel-
le» bcr Rebe ohne jeben writerii Commcnlar
abzudrucken. Auch „Ost und West" sindet
kein Worl des Beisalls; unb ber söderalisiische
„Fortschritt" spricht gar von „Wahnsinn",
ln bem „nicht einmal Melhode" sei. — Zn
der morgigen Sitzung des AbgeordnetenhauseS
wird von bcr Linken der Antrag eingebracht
werdeu, in vaS Grundgesetz die solgenben zwei
Bestimmungen aufzuiieymen: 1) Der Reichs-
raih trilt alljährlich am 1. März zusammcn.
Zm Falle seiuer Auflösung muß er, bnrch
Wahlcn criieuert, binnen brei Mouaten ein-
berusen werden. 2) Die Miuister sind bem
Reichsraih verantwortlich.

Wien, 15. Mai. Die „ossicielle Zeitung"
melbet, vaß, wenn die wlberspänstigen Ge-
mcinbkn Uugariiö sich weigern, die ruckstänbi-
gen Steuern zn eutrichten, diesclben militärisch
besetzt werdcn solleii, bis sie zwei Driuel ber
Rückstände bezahlt habeu. (Znv. )

Oesterreichische Monarchie.

Ler „Preffe" wird auS Pesth geschrieben:
„Aus der Lilla des Grasen Theobor Csaki,
in ber Nähc vvn Pesth, sand vorgcstern eine
Zusammeilkunsl zwische» F. Deak und dem
liun suhrerloö geworbeiicil Anhang Lcleki's
(Nparp, E. Karolpi, A. Tisza, Gorove u.
A. m.) stair. Es soü Deak in bieser Con»
serenz gelungen sein, bie entschikdeiisten Geg-
ner seiner Adressc zu sich herüberzuziehe» uiid
eine vollstänbige Fusivn herbeizusuhrkii. Man
einigte sich bahi», sich vvn allen von vorn
herein als unaussührbar erkannten Projecten
loszusagen."

Pesth, 13. Mai. Eincm Briese der „A. Z."
übcr ben Grasen Teleki enlnehMen wir sol-
genbe.Stelle: „Die Haltung bes Gras'en Te-
leki in der letzten Zeit nach seiner Begnabi-

Glarus, namentlich auch nicht mehr jene großen
Fabriken, aus deren Arbcit vicl Hunderte von Mcn-
schen ihr Leben fristen. Es sollte Gottlob nicht so
weit kommen. Von 2 Uhr an verlangtc das Ele-
mcnt kein weiteres Opfcr.

Aber wahrlich cs sind ihrer gcnug an 300 Häu-
sern, binnen 4 Stunben bem Erdbodcn gleichgc-
macht! Es ist übergcnug des Unhcils, GlarUS, eincn
der Mittelpunkte schwcizcrischerJnhustrie, dic Wohn-
stätte eincs der fleißigsten Völkchen, das die Erzcug-
niffe seincr Jntclligcnz und seiner Händc übcr den
gesammten Erdball sendet, beinahe ganz in einen
Schutthaufen verwandclt zu sehen, ja so gründlich
zcrstört, daß die Armen am Morgen nach der vcr-
HLngnißvollen Nacht oft nichtcinmal mehr die Stelle
deS Hauscs zu finden vermochten, in dem sie am
Abcnd sich schlafen gclcgt.

Jhr Glücklichen im Vaterlande, die ihr frei seid
von so entsetzlicher Hcimsuchung, gedcnket dcr Glar-
ncr, gedcnkct der Eidgenossen! Keine Stadt, kein
Dorf bleibe zurück in Werken jener Liebe, die Gott
wohlgefällig und in solchcn Momcnten dem patrio-
tischen Hcrzcn cin Bedürfniß! Hclfet dcn Glarnern,
denn ihre Noth tst groß! (Bd.)
 
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