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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Juni
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schläge zu machen habe. ES wurde vom Vor-
sitzenven über dlesen Puncl ausdrücklich be-
merkt, daß, wenn auch dle Errlchtuug eines
förmlichen Vereins nicht gleich Anfangs be-
antragt worden, darans nlcht folge, daß man
eine solche ganz und gar nie zulaffen wolle.

(Schw. M)

K Darmstadt, 7. Zuni. Die Proposition
an dre s-tände wegen Erhvhuna der Apanage
des Prinzen Ludwig von Heffen gelangtcn
in heuliger Sitzung zur Vorlage. Es wcrven
äO.OVO fl. sährlich und zwar vom 1. April
I. I. ab g'ebraucht. Jn der Sitzung erster
Kammer wurde außer der Anzeige von dcr
Verlobung des Prinzen und der deßhalb zu
überreichenden Adrcffe nur Formelles erledigt.

Kaffel, 7. Juni. Die Wahlen für die
Zweite Kammer sind jetzt vollständig: das
Resultat ist — wenn es deffen noch bedürfke
— vernichkend für die Regierungspartei. Nach
der „Hess. Morg.-Ztg." bestchl die auf den
6. Juni einberufene Zweite Kammer aus 16
Abgeordneten der höchstbegüterten Grundeigen-
thümer, 16 Abgeordneten der Städte und 16
Abgevrdneten der Landbezirke. Von diesen 48
haben 84 für den Beschluß vom 8. Dezcmber
1860 gestimmt. Jhre Wicdercrwählung hat
mit der größten Einmüthigkcit stattgefunden.
Auch bei den Landleuten hatle größere Ein-
müthigkeit als je statt.

Marourg, 6. Iuni. Gestern starb der
Scnior unserer Universität, Geh. Medicinal-
rath Wenderoth, Profcffor dcr Botanik, in
Lem hohen Alter von 88 Jahrcn.

Berli», 6. Iuni. Die „Preuß. Ztg.",
welche vom 1. Juli ab in den Deckcr'fchen
Verlag übergehl, wird der „B. B. Z." zu-
folge den Titel „Allg. Preuß. Zeitung" an-
nehmen.

Berlin, 7. Juni. Die ,,Ztg. f. Nord-
deutfchland" sagt von der preußischen Thron-
rede: „Keine von allen Thrvnreden, welche
Kvnig Wilhelm I. als Prinz Regent und als
König gehalten, wurde so ganz vhnc Zeichcn
tes Beiialls uud der freudigcn Zustimmung
ausgenvmmcn wie die, mit welcher dic dies-
jährige Landtags-Sesflon geschloffen wvrdcn.
Nur dei seinem Eintritt und bei seineni Schei-
ten wurde dcr König mil dcm constitutiouellen
dreimaligen Hoch cmpfangen und begleitet.
Dic Rede sclbst wurde mit einem bedeulungs-
vollen Schweigen gehört."

Berlin, 7. Zuni. Unter den hiesigen
Studircndcn circulirt folgende Adrcffe zur
Unterschrift: „Se. Magnificenz unseren Rec-
tor, Hrn. Oberconsistorialrath Twesten, bit-
ten auch wir Studirende, den Ausdruck un-
serer Theilnahme an dem Unglücksfalle anzu-
nehmen, welcher Jhren Sohn, den Herrn
Stadtgerichtsrath Twesten, betroffen hat, als
er für die Wahrheit seiner freimüthig ausge-
sprochenen Ueberzeugung eintrat."

Wien, 4. Juni. A)cm Prager „Czas"
wird aus Wien geschrieben, daß in nicht langcr
Zeit das Militär auf die Verfassung
beeidigt werden soll.

Wien, 6. Juni. (Südd: Ztg.) Es svll
ein besonderer Regierungscommiffär mit ge-

und cr zittcrtc vor Entsetzen, denn nun däuchte es
ihm, er sollte den Mann dcutlich wiedcr erkcnncn;
außerdem war es ihm, als stünde der lcibhaftige
Morten Bruns, den er drci Aahre vorhcr zu Grabe
geleitct hattc, vor ihm. Er zog sich, in dem Wahnc,
cin Gespensk vor sich zu sehcn, schcu zurück; allein
der Fremde ließ sich am Rande dcs Hcrdes nicdcr,
und fuhr alsv fort: „Herr Gott, Vater! ich hörc,
daß mein Bruder Morten gestorben ist. Ach bin
schon in seiner ehemaligen Wohnung gcwesen, der
ncue Befitzer seines Gutcs hat mich aber von der
Thüre «eggejagt. Lebt mein alter Brodherr, dcr
Pfarrcr von Weilby, noch?"

Nun ficl es wie Schuppcn von dcn Augen dcs
Pfarrers von Aalsöe; er ahncte sogleich eine un-
gcheure Bosheit, allein dcr Zusammenhang war
ihm nicht klar; indeffcn fühltc er fich so beklommen,
daß die Sprache ihm clnige Minuten lang versagte.
DcrBcttler kaucte tndeffcn dasBrob gierig hinunter.

„Ja", sagte cr dann, „es war einzig und allein
Morten's Schuld, — abcr, gerieth eS wohl sonst
dem Pfarrcr zum Nachthcil?"

„Niels! Niels!" rief nun mit Entsetzen und im
vollsten Abscheu des Herzens der Pfarrer vvn Aal-

hei'men Aufträgen des Mtnisteri'lims nach Ty-
rol nnd Vorarlberg gesendet worden sein, um
daselbst die Berhältniffe, welche sich in Folge
der Agitation gegen das Protestantengesetz so
eigenthümlich gestaltet haben, genauer zu un-
tersuchen und darüber Bericht zu erstatten.
Man mußte, so wird verstcherl, die tprolischen
Behörben gäuzlich umgehen und die Sachc
förmlich im Geheimen abkartcn, weil die
ganze Bureaukratie des Kronlandes mit dcm
Statthalter an dcr Spiße gcgen das Mini-
sterium für die Partei der Glaubenseinheit
arbeitet.

Wien, 6. Juni. Unsere Nachrichtcn aus
Pesth -estätigcn, daß die gestrige Abstimmung
dcs Unterhauses über Deak's Antrag gar nichls
weiter als ein Comödic gewesen ist. Faktisch
verfügt die Beschlußpartei übcr eine Majori-
tät von 50 Stimmen. Der Sieg der Adresse
ist eine auf Anrathcn dcs Hofkanzlers arran-
girte Spiegelfechterei, durch welche Baron
Vap dem Staatsminister gegenüber wieder
Oberwaffer zu bekommen hofft. Hvchst wahr-
scheinlich werden die Amendements aus der
Tiffa'schen Reichsbeschlußpetition in der Adreffc
documentiren, daß sie und nicht die „Ge-
mäßigten" die eigcntlichen Herren der Silua-
tion stnd. Ja es vcrlautet svgar, daß diese
Berstärkung der Adreffe mit großer Mehrheit
erfolgen werde, da die Partei Deak Eötvös
sich, zum Danke für die Annahme ihres An-
trages, noch vor der Abstimmung zu der „Con-
cession" habe verpflichten müsseu, nachher
ebcnfalls für die AmendementS der Gegner zu
vvtiren.

Wien, 8. Juni. Der Finanzminister be-
antwortet die Znterpellation, ob den böhmi-
schen Ständen der Verkauf von Krondomänen
zur Schuldentilgung gestattet sei, dahin, daß
das October-Diplom den Staatsvertrag mit
der Nationalbank nicht alterircn könnc. Ueber
die Krondomänen verfüge der Reichsrath,
nicht die Landtage. — Minister von Schmer-
ling theilt den Entwurf des Gemeindegesetzes
mit. (F. I.)

Wien. Seit Einführung der Gewerbc-
freiheit sind in Wien 90 iieue Kaffeehausge-
rechtigkciten ertheilt wvrven.

Oesterreichische Monarchie.

Pesth, 5. Zuni. Baron Vap hat sich
dahin ausgesprochen, daß das Wiener Cabinet
nach Empfang der Adreffe dic Kroaten und
Siebenbürger einladen werde, ihre Depu-
tirten zum ungarischen Landtag zu cntsenden.
Dieser Schritt wäre im höchstcn Grade wichtig
und bedeutsam, denn er enrhält die Anerken-
nung der territorialen Jntegrität Ungarns,
was dcn wesentlichstcn Stützpunkt seiner Ver-
faffung bildet und welches ihm eine mächtige
Waffe gegcn seincn Gegner ticfert. Bis jetzt
hat die Regierung diesen Bestrebungen ihre
ganze Energte entgegengesctzt; mit der Wieder-
einfuhrung der Jntegrität der Stephanskrone
setzt sie aber auch Ungarn.in Stand, den zu
wcit gehenden Forderungen sciner eigenen Na-
tionalität entgegen zu treten. So verlangen
z. B. heüte die Slovakcn, auch bald die Ru-

söe ihm zu, „du hast etne schwcre Blutschuld auf
deinem Gewiffen! um deinctwtllen hat der unschul-
dige Mann sein Leben durch Hcnkershand läffen
müffen!"

Brod und Krücke fielen dem Bcttlcr bei diesen
Worten aus der Hand, und bcinahe ware er selbst
in daS Feucr umgesunken. „Gott vergcbe dir, Mor-
ten!" stöhntc er aus, „so habe ich es nicht gemcint
— Gott verzeihe mir die große Sünde! — allcin,
nicht wahr, Zhr wollt mich bloS erschrccken? Ach
bin nun weit her, weit jenseits Hamburg hergc-
wandert, und habe kcin Sterbenswort davon gc-
hvrt. Jhr, Herr Pfarrer, seid auch der Erste, dcr
mich wiedcr erkennt; ich habc mich noch keinem An-
dcrn entdeckt; als ich aber durch Weilby kam und
sragtc, ob der Pfarrcr noch am Lcben scj, erhielt
ich zur Antwort: Ja!"

„Dcr Neue allerdings!" versctzte Herr Aens,
„allein derjenige nicht, den Jhr und Eucr gottloscr
Brudcr um das Lebcn gebracht habt."

Da fing Ntcls an die Händc zu ringen, zu Lchze«
und zu hculen, so daß der Pfarrcr deutlich innc
wurde, wie jener nur ein blindcs Wcrkzeug in der
Hand seines teufelischen Brnders gewesen; ja er

mänen, so gut wie die Serben, die Anerken-
nnng der politischen Selbstständigkeit ihrer
Territorien, worauf der Landtag, ohne die
Einheit Ungarns aufzuopfern, unmöglich cin-
gehen kann. Was man diesen Nationalitäten
im weitesten Maßstab einräumen wird, ist die
vollständige Gleichberechtigung ihrer naiionalen
Ansprüche, so der Gebrauch ihrer Sprache in
amtlichem Wege und in den Schulcn, ihre
confessionelle Glci'chberechtigung und ihre muni-
cipale Autonoinie, und es ist keinem Zweisel
unterworfen, daß diese Bevölkerungen damit
schließlich zufrieden sein werden. — Die in
Gran vorgefallenen Erceffe haben durchaus
noch nicht ihr Ende erreicht. Gestcrn drangen
26 Mann mit einem Officier in das Haus
eines Zsraeliten, brachen die Thüre ein, warfen
die Möbel in den Hof und licßen Niemand,
selbst ven Besitzer nicht, in's Haus hinein,
weil sie mit den von ihm bewohnten Zimmern
nicht zufrieden waren, Und das Allcs geschieht
unter den Augcn des Landtags einerscits und
der constilutionellen Regierung andererseits.

Pesth, 7. Juni. Ivanka hat eine Reihe
Modificationsanträge zur Dcak'schcn Adreffe
eingebracht, wodurch dieselbe gewaltig geschärft
werden soll.

Hermanstadt, 7. Juni. Der Graf der
sächsischcn Nakion, Frciherr v. Salmen, beruft
die sächstsche Nationsuniversität für den 24.
Juni zusammen. Die Hauptgegenstände der
Vcrhandlung sind: die Gerichtsorganisation
und die Lerritorialfrage.

Krankreich.

Paris, 5. Znni. Die Anklage gegen Mi-
res und den flüchtigen Solar lautet im Wc-
sentlichen auf folgende Puncte: Jm April und
Mai 1850 durch Anwendung trügerischer Mit-
tel, in' der Absicht, Furcht vor ernem einge-
bildeten Ereigniß zu erregen, sich von einer
bestimmten Anzahl von Clienten der „Allge-
meinen Eisenbahnkaffe" Gelder haben geben
zu laffen, um so die Vermögen Anderer ganz
oder theilweise zu erschwindeln; in den Jah-
ren.1858 und 59 zum Nachtheil der „Aüge-
meinen Kaffe dcr Eisenbahnen" und ciner be-
stimmten Anzahl von Clienten dieser Kassc
Actien derselben, welche ihnen nur als De-
postten übergeben waren, und mit dem Auf-
trage, sie zu verkaufen oder in Rechnung zu
stellen, oder davon einen bestimmten Gebbauch
zu machen, unterschlagcn und verausgabt zu
habcn; im Jahre 1860, zum Präsidenten der
Actionäre der Eisenbahugesellschaft Saragossa
nach Pampeluna eine Summe von 9,157,750
Franken unterschlagen zu haben, welche ihnen
nur als Mandate und mit dem Auftrage, sie
zu einem bestimmten Zweck zu vermcnden,
übergeben worden war; zur sclben Zeit Sum-
men unterschlagen und ausgegeben zu haben,
welche ihncn »ur als Mandate übergeben wor-
den waren, zum Nachtheil von Zeichnern auf
Obligativnen der Eisenbahn von Pampeluna;
seit weniger als drei Zahren Aclien, Obliga-
tionen und andere Titel und Valuka unter-
schlagen und vcrwendet zu haben, welche ih-
nen nur als Depostten und Mandate mit dem

begann sogar einiges Mitlcid mit ihm zu fühlen.
Er nahm ihn daher mit fich in sein Schlafzimmer,
rcdete ihm Worte dcs Trostes zu, und es gelang
ihm auch, Niel's.Gemüth in so weit zu beruhigen,
daß er dem Pfarrer alles, dteses Bubenstück dcr
Hölle Bctresfcnde nach und nach auseinandersetzte
und erklärte.

Mortcn Bruns, Niels' älterer Bruder, hatte,
wte wir schon wiffcn, von der Zeit an, wo ihm der
Pfarrcr Quist in Wcilby dte Hand sciner Tochter
vcrweigert hatte, einen tödtlichen Haß gegen diesen
gefaßt. Es traf fich, daß der damaligc Kutscher
des Pfarrers deffen Dienstc verließ. Da bewog
Morten seinen Brudcr Ntcls, daß er stch um den
erledigten Dtenst bewarb. „Und gib nur wohl Acht",
sagte er zu ihm, „wcnn sich Gclcgcnhcit zeigt, «ol-
lcn wir dem schwarzen Herrn einen Poffen spielen,
an den er langc genug denkcn soll. Es soll Dcin
Schaden nicht sein." Niels, der von Ratur eigcn-
sinnig, nascweis und überdies von Mortcn aufge--
hetzt war, bekam bald Händel mit seinem Brod-
herrn, und sobald er dte erstc Züchtigung erhaltcn,
vergaß er nicht, es scinem Brudcr anzuzeigen.

(Fortsetzung folgt.)
 
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