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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0550

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wekteren Raum. Zwar nur gcrüchtweise, aber
mit großer innerer Wahrscheinlichkcit, ist dic
Nachricht verbreitet, däß von Seitcn Frank-
reichs neue Bchelligungen wegen Gebietsab-
tretungen (man nennt in dieser Hinsicht ins-
besondere die Znsel Sardinien, wohl zur Aus-
glcichung für die Räuinnng Roms) gemacht
worden seien. Dieses Ansinnen habe denn
namentlich die letzten Augenblicke Cavours sehr
vcrbi'itert und seinen Tod beschleunigt. Hier-
mii stsmmt der Umstand überein, daß deffen
Rachfolgcr, Ricasoli, sein Amt nur unter der
ausdrücklichen Bedingung angenommcn hat,
daß in dcr Folge kein italienischer Gebiets-
theil mehr abgctretcn werde. Zu diesem an-
sprochsvollen und rücksichlslosen Auftreten
Frankreichs kommt nun, zum Nachtheil der
italienischen Sache, in neuerer Zeit auch das
lasere Verhalten Englands; wenn auch bei der
günstigcy Stimmung dieser Macht gegen Jta-
lien, wie übcrall in Dingen der Politik, viel
Eigennutz mit im Spiele, so war dieser dvch
nicht so belästigend und drückend wie die egoi-
stischen Jntereffcn Frankreichs. England scheint
nun aber von dem vormals so eifrig betriebe-
ncn Pronunciren des Nationalitätöprincips
zu Gunsten Jtaliens etwas zurückgekommen
zu scin, wohl in der nicht unbegründeten Be-
fürchtung, daß bci der vielleichl nahen Lösung
der orienralischcn Krage aus dicsem Priiicipc
sehr ungünstige Consequenzen für den britti-
schen Einfluß, ja hinsichtlich der jonischen Jn-
seln geradezü wider die pvlitische Obcrhohcit
Englands sclbst gezvge» werden können. Hic-
zu kömmt, bei einem immer größer werdeiidcn
Mißtrauen Englands gegen Frankrcich, das
Hinneigen dieser ersteren Macht zu einer an-
dcrn fcstländischcn Allianz und das mituntcr
laut gewvrdene Trachten, sich zu dem Ende
mit dcm nicht mchr absolutistischen Oesterreich
wieder auf guten Fuß zu sexen. Eine solche
Wendung wäre natürlich für die Sache Ztä-
liens eben nicht von besonderem Vorthcile.

Baden, 7. Jnni. Laut Rachrichlen aus
Nürnberg ist dieser Tage in Burgschmids Erz-
gießerei die von- Bildhauer Reich modelirte
Statue dcs verewigten Großherzogs Levpold
sür die Stadt Baden vorzüglich gelungen aus
dem Guffe hervorgegangen.

Waldshut, 10. Juni. Die Durchspren-
gung des Eisenbahn-Tunnels dahier, wclcher
einc Länge von 1150' hat und erst gegen das
Ende vorigen Jahres in Angriff genommen
wurde, ist so günstig von Statten gegangen,
daß heute Nachmiltag d!e von beiden Seitcn
her arbeitenden Mineurs genau auf vorge-
zcichneter Stelle aufeinanderstießen.

(K. Z.)

Kvnstanz, 10. Juni. Die in der Schwnr-
gcrichts-Sitzung für das 1. Quartal d. Z.
gegen Rosina Breinlinger von Liptingen we-
gen Mords erkannte Todesstrafe ist von Sr.
Königl. Hoh. dem Großherzog im Gnaden-
weg in eine Zuchthausstrase von 15 Jahren
verwandelt worden. (K. Z.)

Stuttgart, 8. Juni. Heute Nachmittag
hatte das Lkicheiibegängniß Albert Schott's
statt. Eine zahlreiche Begleitung, äuch von

Bettler in seinem abgetragcnen Kamisol, auf der
Aalföer Haide umwandeln und sich gcgenseitig als
die Urhcber des ungcsühnten und nicht zu sühnen-
den Justizmordes anklagcn.

C a v o u r.

(Fortsetzung).

Am 7. F«brüar1848 trat Sardinien in dic Reihe
der Vcrfaffungsstaaten Europa'ö ein. Abcr das
Volk wolltc «enigcr Freiheit als Unabhängigkett,
und am 23. Marz führtcn die Wogen dcr Leiden-
schasten zur Kricgscrklärung gegen Oesterreich. Das
-t/lulliu ik>ra cla se!" bckämpfte Cavour als die
Thorheit dcr unrcifcn Zeit in Prcffe und Depu-
tirtenkammcr mit ailcn Waffen des gesunden Men-
schenvcrstandes; ihm schicn ein Bündniß mit Eng-
land daS geeignetstc Mittcl. „Mcin Vcrtrauen auf
England fußt in dem ehrcnvollcn Character seiner
Staatsmänner", rief er untcr dem Zischcn der
Galerien, „auf Lord I. Ruffcll, auf Lord Palmer-
ston!" Auf die Gefahr hin, der Anglomanie be-
schuldigt zu «erden, nannte er Ruffell dcn libcral-
sten Minister Eurvpa's schlechtwcg. So kämpfte

Auswärti'gen, stellte sich am Trauerhause ei'n,
unter ihnen die hier anwesenden Abgeordne-
ten mit dcm Vkzepräsidenten (der Kammer-
präsident Römer war als Schwieger-
sohn Schott's bei den Leidtragenden), die
bürgerlichen Kollegien der Stadt u. s. w.;
wir sahen unter den Begleitern auch L.
Uhland von Tübingen. Am Grobe sprach
Dckan Mehl und zeichnetc in kurzen Zügen
bcn Lebensgang Schottö. Zm Namen der
Freunde unb Berehrer des Volleudeten nahm
der Abgeordnete von Maulbronir, R. C.
Fetzer, das Wort. Er führte mit bewegter
Stimuie ein warmcs Lebensbilb vor, schilberte
die reichen Herzens- unb Geistes-Eigenschaf-
ren, dik Schte Bildung und die ihr entflossene
Humanitä! des Heimgegangenen, Tugcnden,
welche ihm anch die Anerkennung polilischer
Gegner, welche ihm die allgemeine Verehrung
gewonnen. Seine Frcundc aber, das ganze
Bolk habc in Schott einen wahren Vater
vcrloren, einen treuen Wächter seiner Rechte.
Der Redner entroüte i» sprecheiiden Zügen
ein Bild von Schotis öffentlicher Wirksamkeit
im Dienste des Vaterlandes unv der Frcihcit
seit jenen Tagen, da er für Lie Vcrfaffung,
das alte gute Recht der Würltemberger, im
Ständesaalc gekämpft, durch eine lange Zeit
des auödauernden treuen Verfechtens ver
Volksrechte herab bis zu seiner letzteu öffent-
lichen Thätigkeit in der Laiidesversauimlung
vor 10 Zahren. Es war ein warmer, des
Todten würdiger Nachruf. Klänge von Sil-
cherö „altdeutschem Grablied", vom Lieder-
kranze angestimmt, gaben den letzten Gruß in
das lheuere Grab! (S. M.)

Münche«. Dieser Tage wurde hier
ein, wie es soglcich auffiel, den beffercn
Ständen angehöriger Fremder, gefangen durch»
gebracht, — wie wir hcute (aiu 8. Zuni)
erfahren, jedoch nicht von Baden uach Oester-
reich, sondern von Oesterreich nach Baden.
Wenn wir recht berichtet sind, war derselbe
als Emiffär Ler Revolutivnspropaganda in
Oesterreich ertappt, und eS svll kein anderer
sein, als der von 1848 und 1849 her wohl-
bekannte Gustav Struve. — (So erzählt die
Zsar-Zcitung, welchc auch die Wahrheit des
Gesagten verbürgen mag. Wir fügen bei, daß
vorstehende Miitheilnng ;ehr wenig innere
Wahrscheinlichkeit hal und wohl nichts
weiier ist als eine — Entc. Die Red.)

Marburq, 10. Zuni. Der hiesige außcr-
ordentlichc Profcssor der Mathematik, Dr.
Scholl, hat einen Ruf an das Polptechnikum
in Karlsruhe erhalten, welchem er, wie wir
hören, zu folgen enischloffcn ist. Wir können
dieser Anstalt zur Erwerbung eines so aus-
gczeichneten Lehrers nur Glück wünschcn.

Kaffel, 6. Zuni. (D. Bl.) Die Abgc-
ordnctcn zur zweiten Kamuier sind mit weni-
gen Ausnahmen bereils hier eingclroffen. Das
Stimmenverhältniß wird wie 45 zu 2, höch-
stens 3 sein.

Berlin, 10. Zuni. Eine allerh. Ordre
macht darauf aufmerksam, bei Annahme jun-
ger Lcute zum Mililär darauf zu achten, daß
dieselben im Besitze guter Augen sind, da das

cr bis in den Hcrbst, in dcn Klubbs als Reaktionär
verschriccn, und so blteb er sich auch im Januar
1849 trcu, als die Neuwahlen bcgannen und ihm
cin phrascnreichcr Profeffor vorgczogen «ard. Die
Nicderlage von Novara war die hartc Lcction, durch
welche dic crtremen Parteicn zur Bcsinnung kamcn;
jetzt gewann Cavour's kaltcr Verstand «iedcr scinen
vollen Kurs.

Nach der Auflösung der Kammer, welche heftige
Oppofitiön gcgen die Bedingungen dcs Fricdens
crhobcn, erfolgten am 10. Dez. 1849 die Neu-
«ahlen, «clche-so conservativ ausfielcn, daß auch
Cavour wiedcr für Turin in dic Deputirtenkammer
gclangte. Bald zeigte es sich nun, daß er allcin
jetzt dcr Mann der Lagc sei. Jhm hatte Masfimo
d'Azeglio cs zumeist zu danken, daß der Vertrag
von Novara votirt wurde; ihm dankte daö Land
dann die Annahme der Siccardt'schen Gesctzent-
würfe übcr die Aufhcbung des geistlichcn Forums.
An diesem Kampf hielt Cavour am 7. März 1850
cinc Rede, von der recht cigcntlich erst scinc Po-
pularität datirt, und bci dieser Gelcgenheit trennte
cr sich von der Rcchtcn, um zum Ecntrum vorzu-
rüiken und an dte Bildung jcNer beherrschenden

Tragen von AugcnglSsern, wekcheS in der
Armee überhand genommen, dem Dienste nach-
thcili'g sei.

Wien, 8. Juni. König Lndwig von
Baiern ist heute MittagS um 11^/, Uhr eüi-
getroffen.

Wien, 8. Znni. Herr v. Plcner theilt
mit, daß der Gesetzcntwurf wegen Bewilli-
gung von Diäten und Reiscgeldern die Aller-
höchste Sanction erhalten hat. Der Präsident
bringt hierauf zwei soeben übcrreichte schrift-
liche Znkcrpeüativnen zur Kenntnlß: 1) Von
Ljubisa, betreffend die Agitation in Dalma-
tien, welchc auf einc Vereim'gung dieses Lan-
des mit Croati'en und Slavonien abzicle;
ob dem Staatsminister bekannt sei, daß die
Unl'ouisten verfolgt und vcrhaftet worden? 2)
Von Toman, welcher auf genaue Durchfüh-
rung des Patentes vom 8. August 1859 be-
züglich der sprachlichen Gleichbcrechtigung an
den Schulen dringt. Rrtter v. Schmerling:
Zch lege hiermit einen Gesetzentwurf der Re-
gierung, betreffend die Regelnng des Gemeinde-
wcsens, auf den Tisch des Hauses niedcr.
(Bravo!) Bevor die G c n c r a l b c b a t t e
über die Geschäftsordnung beginnt,
nimmt Rieger das Wort, um dic Rechte
gegen den Vorwurf zu rcchtfertigen, als wvlle
sie absichtlich die Debatten in die Länge zie-
hen. Nach Eröffnung der Specialdebatte
wcrden fast einstimmi'g und beinahe ohne Dis-
kusston die Paragraphen der neuen Geschäfts-
vrdnung genehmigk.

Wien, 9. Zilm'. Feldmarschalllieutenant
Graf Montenuov» ist definitiv zum comman-
dircnden General i'n Siebenbürgen ernannt
worden.

Oesterreichische Monarchie.

Pesth, 7. Zuni. Unterhanssitzung. Es
wird zur Detailberathung dcs Dea k'schen
Adreß-Entwurfes geschritten. Schon beim
Leseu dcr Ausschrift: „Allerdurchlauchiigster
Kaiser und König!" entsteht eine Debatte
über .die Zulässigkeit dieser Titulatur, die
sich über 1^/z Stunden fortspi'nnt. Bonis be-
aniragt die Wcglaffung ber Woric „und Kö-
nig", ba dieser Tikel nur dem gekröntcn Kö-
nige von Ungarn gebührc. Ein andcrer De-
putirter meint, im Titel „Kaiser" sei auch
der Tilel „König" inbegriffen, man köune
Laher der Anwendung des Kaiserritcls die
Verschmelzung Ungarns in Oesterreich unter-
stellen. Ein unbekannter Redner (vielleicht
wollen auch nur die Pesther Blätter ihn
nicht kennen) schlägt vor, bie Abreffc blos
an „Franz Zoscph, Kaiser von Oesterreich"
zu richten, was Zeichcn der Mißbilligung her-
vorrust. Beniczkp Lapoö, gewcsener Honved-
Oberst, ber zu 20jährigem Festungsarrest ver-
urtheilt war und auch zehn Zahre seiner Strafe
abgeseffen hat, einer der energischsten Anhän-
ger deS „Beschluffes", sagt: Zch kann That-
sachen nicht ignoriren, Franz Joseph ist ebenso
factisch Kaiser von Oesterrcich, als er nicht
gesetzlich König von Ungarn genannt werden
kann. Redner stimmt daher bcm Titcl „Al-
lerdurchlauchtigster Kaiser" bei. Klauzal Ga-

Majvrität zu gchen, auf dte er sich bisher gestützt
hat. Am 2. Juni hielt Cavour seinc „Minister-
rede", um die Veräußcrung von 6 Mill. Staats-
renten, die Finanzminister Nigra beantragt hatte,
zu vertheidigen. Hicr entwickelte er seine Finanz-
plane zur Hcbung des Lredits mit eincm Beifall,
daß fortan tn diesem Fach Nichts ohne ihn geschah,
und vom April 1851, wo cr das Finanzministerium
zu dem des Handcls und der Marine übernahm,
ging Allcs fast allcin durch scine Händc. Cavour
entwickelte jene unverwüstliche Arbcitskraft, die cin
vollcs Jahrzchnd aushiclt, doch leidcr auch die stärkste
Gesundheit zuletzt untcrgraben mußte. Auf Be-
festigung der Ruhe im Znnern, des Ansehcns von
Piemont auf der ganzen Halbinsel, auf Hcbung
der Finanzen und Bündniffe mit dem Ausland im
Sinn des fteien Völkerverkchrs war zunachst sein
Augenmcrk gerichtet. (Schluß f.)

Der Advokat EliaS Zmpey sah auf seiner Rückrcise
aud Jndien, auf dem Verdecke des Schisfeö umher gehend,
an der Seile desselben einen Haistsch. Was ist das?
fragte er einen Malrosen. Zch weiß uicht, wic maii das
Lhier auf dem sestcn Lande neuut, eryieli er zur Ant-
wort, wir nennen's hier einen Seeadvokaten,
 
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