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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Juni
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el'nstl'mmi'gen Beschlnß crtheklt. Er wirkte
bekaniitllch seit einer Reihe von Jahrcn an
der dortigen Univcrfität alS geseierker Staats-
rechtslehrer und in nenerer Zeit auch als ver-
dienstvvtler Direcior der akademischen Bau-
und Oekonomiecommisflon nnd wi'rd nun als
badischer Bundestagsgesandter nach Frank-
furt a. M. gehen.

<? Bom Neckar, 17. Juni. Als ein wich-
ti'ges Erctgniß des Tages muß vie bevor-
stehendc Anerkennung des Königreichs Ztalien
von Sciten Frankreichs betrachtct werden.
DaS Motiv dieser von Napoleou III. scilher
immcr hintangehaltenen Maßregel mag allem
Anschcinc nach darin beruhen, daß man von
Seiteu dcs Tul'lericncablnets einer neuen Kri-
fls ,'n Jtaliea in Folge des Tvdes von Ca-
vour vorzubauen, und dcn neuen Staatsbau
daselbst durch das moralische Gewicht jcner
Maßnahme Frankreichs und deffen mächtigen
Eiofluß überhanpt thunlichst zu besestigen
sucht. Der berühmte piemontefische Staals-
mann, der geistige Schöpser des einhcitlichen
Jtaliens, soll kurz vor seinem Berschciden sci-
nem Mvnarchen dringend auempsohlen haben,
mit Frankreich fortwährend Hand in Hand zu
gehcn und fich in keiner Weise von dicser
Macht zu trennen. Wenn dieser Rath des
scharsblickendcn Cavour besolgt wird, so ist
damit über die in der deutschen Preffe zu-
weilen aufgestellte Anficht Derjenigcu, welche
ein Zusammcngehen Deutschlands und Ztaliens
befürworten, entschieden der Stab gcbrochcn
und es stellt flch diese Anflcht lediglich als der
Ausfluß einer zwar wohlgemcinten, aber lei-
ded practisch nicht ausführbaren Sympathie-
und Gefühlspolitik dar.

Ob Frankreich für jene Vergünstigung irgend
einen Lohn oder einc ausgleichende Gegenlci-
flung begehrt, oder aber die fragliche Aner-
kennung in uneigennützigcr Weise ertheilt, ist
noch ungewiß und in vaS Dunkel der diplo-
matischen Unterhandlungen gehüllt. Würde
aber sclbst die correlate Berbindlichkeit Neu-
italiens — wie Manche vermuthen woüen —
darin bestehen, daß.dieses Rom und den dem
Popste nvch verbliebeneu Theil des Kirchcn-
flaats vorerst unangefochten lassen sollc, so
wäre dicse Bedingung sür das jiinge König-
rcich, welchem scin Centrüm, sowic seinc na-
türliche und geschichlliche Hauptstadt abgingc,
zwar sehr drückcnd; doch wäre nach der sön-
pigen Lage dcr Dinge immer noch kcin Grund'
vorhandcn, anzunehmen, daß deßhalb ein völ-
liger Bruch mit Frankreich ersolgen würde.
So lange Napoleon noch RöM besctzt hält,
bedarf Ztalien sciner FreuNdschäft nüch wie
vor, und wenn derselbe Rom sogär aufgibt,
so ist damit noch nicht zugegcbeü, baß jenes
Land seinc Alltanz völlig entbehren köiine!

Mannheim, 14. Juni. Der „Mannh.
Anz." bcrichtet: Auf Nequisitivn des Ober-
staatsanwalts der freien Stadt Frankfurt
wurdx ber Rcdakteur d. Bl. gerichtlich auf-
gcsordert, flch als Zeuge eidlich darüber ver-
nehinen zu lassen, wet der Berfaffer eines
Rriikels i» Nr. 80 des „Mannh. Anz." sei?
Auf die Weigerung deS Redacteurs, den Ver-

traurige Sigual; eine schreckltche FeuerSbrunst «ar
nämiich in dcr Stratze der Lombarden ausgcbrochen,
und zwar stand das Haus des FloreUtiner Kauf-
manns in »ollen Flämmcn.

Bei dem Heulcn ocr Sturmglockcn, beidem Schmet-
tern der AllarMtrompeten «ar das VolkvollSchrecken
aus scincM Schlafe erwacht; die Einwohnrr in der
Umgebung des Tempcls, deS Viertels Bourg de
l'Abbee, die Bürger der Straße St. Denis und der
i« dkesclbe einmündendcn Gasscn, Alles eiltc nach
dem UnglückSorte hin, mtt Hauen, Hackcn, Waffer-
eimern und Leitern verschen; abcr trotz aller An-
strrngungen, die mit der größten Uncrschrockenheit
NNd Hingebung gcmacht wurden, um des vcrheeren-
drn Elrmentes Meister zu werdcn, wurde das Haus
des Florenttncrs sammt allcn seinen Schätzen cin
Raub der FläMMcn, und nur mit größter Mühe
konntc man dahingelangen, einigeHäuscrderStraße
zü retten.

Jnmittek dieser SchtcckenSscene sah man dcn un-
glücklichtn Kaufmann häNderingcNd UNd «crzwei-
felnd umhcrirren. Dic FlaMmeN hatten ihm scin
gänzes Vcrmbtzrn. dic Frucht rastlosrr Anstrengung
«nd mühcpollkt Ärbeit »ikler Zähtt, in Asche »er-

faffer zu nennen, erfolgte ein amtSgericht-
liches Erkeuntniß, das ihn für schuldig er-
klärte, bei Vermeidung der gesetzlichen Zwangs-
mittel das verlangte Zcugniß zu gcben. Da-
gegen beschwerte sich der Verurtheilte bei dem
großh. Hofgericht dahier, welchcs das amts-
gerichtliche Erkenntniß aufhob, und erkannte
der Gerichtshof, der Beschwerdeführcr sei von
der Verbindlichkcit, als Zeuge den Name»
des fraglichen Verfassers vor Gerichts zu
bezeichnen, zu entbinden.

Freiburg, 13. Juni. Dcr 21 Jahre alte,
schlecht belcumundete und schon wegeu 18
Diebstählen in Untersuchung stehende Wuni-
bald Schirmeier von Rust wurde wegen Brand-
stiftung zu einer Zuchthausstrafe von 6 Zah-
ren oder 4 Jahren Einzelhaft vcrurtheilt.

StUttgart, 14. Zuni. Nachdcm der bis-
hcrige Großh. bad. Geschäftsträger, Legativns-
rath v. Dusch, zum Ministerrefldenten am
hieflgen Hofe crnannr worden ist, haben Sc.
Kgl. Maj. heute gnädigst geruht, venselben in
Audienz zu empfangen und auS seineii Hän-
dcn das Schreibcn Seincr Königlichen Hoheit
VeS Großherzdgs von Baden entgegenzuneh-
men, wovurch er in ver obengebachteu Eigen-
schaft beglaubigr wird.

Frankfurt, 17. Juni. Zn der jüngsten
Zeir wurde von ganz virschiedenen Seiten
her gleichmäßig die Aufmerksamkeit beS deut-
schcn Publikums äuf cinen unserer Zustände
gclenkt, der bisher meistens mit viel zu gro-
ßer Scheu bchandelt wurde: nämlich auf die
Zustizzustände, dic itt mehr äls eincm Staate
faul sind. Z» jeder Rcactionsperiode konnte
inan stch bavon überzcugen Ein furchibar
reicher Stoff zu Änrcguiigen findet sich in
den Parallclen dcr eben erschienenen Schrift:
„Die wichtigften älteren Staatsproceffe in
England. Beiträgc zur Kenutniß des Rechts-
wesens, der Gcschichle uud Soctalverhäliniffe
in jenem Lande; zugleich Lebens- und Charac-
terbildcr hervorragender Staatsmänncr. Mit
Parallelett aus der neueren Justizgeschichtc
des ruropäischen Festlandes. ZUr Belehrung
und Unterhaltung. Von G. F. Kvlb. Leipz.
Förstner'sche Buchhanviung."

Kcrsfel, 14. Zuni. Dic Worte, womit
Ncbclthau äm 11. d. M. äuf seine Wahl zum
Präsivemc» dcr zweiten Kaminer antwortete,
lautcn nach dem „Nürnb. Corr.": „Mit herz-
lichem Dank nehme ich die Ehre der auf mich
gefalleiken Wahl an. Mir insvnderhcit fällt
dadurch die Svrge und Verantwortung zu,
daß durch keine unserer Handlungcn dem Rcchte
dcs Landes daS Geringste vcrgeben wird. Wohl
bckannl mil Zhrem Willen, werde ich darüber
wacheü, baß nirgends auch cin Schein eincs
Berzichtes auf das ältere Verfassungsrecht
vvn 1831 ovcr einer Anerkennung des neuen
von 1860 aufkommc. Schon einmal, im vv-
tigen Wiiiter vertrauten die mcisten von Jh-
nen die Leitung meincn Händen an; vcrlas-
sen Sie stch darauf, so viel an mir liegt,
wollen wir dieSmal mit nicht geringerer Ehre
aus dem Kampfc scheidcn."

Kaffel, 14. Zuiii. Nebclthau und Zicgler
stnd als Präsident beziehuiigswelse Viccprä-

wandclt, und »on serncn drei Töchtern waren ihm
nur zwe! gcblirbcn! Die jüngste, Bercnicc, war
bcim Auöbruchc ves Brandes vcrschwunden, und
Mchrere Nachbarn bethcuerten, sie HLttcn mit ihren
Augen gcsehen, daß ein Cavalier (dcnn trotz des
gemeincn Mantels, der thn umhüllte, wärc scin
hoher Stand doch ntcht zu verkennen gewesen) fie
beim ersten Oeffnen der Straßenschranken auf cinem
fiüchtigen Roffc entführtc.

Bei diesen Angabcn crinnertcn sich glcich mchrere
Zuschauer der frcchcn Wctte des Vidame v. Maulle;
bald verbreitete fich das Gerücht davvn nnter alle
Gruppen, und Alles schrie mit lautcr Stimmc, daß
der Vidame allcin der Brandstifter und RLNber sein
müffe.

Am frührn Morgen schon wurde der Parlaments-
hof von den Einzelnheitcn des VerbrechenS in Kennt-
niß gefttzt, und am Rachmittage deffelbcn Tages
wurde der jungr Vidame auf Befehl deS Königs
verhaftet und in die Conciergerie abgeführt.

Die Verdachtsgrönde gegen den Vidame waren
fthr gewichtig, .indeffen lcugNetedcrftlbcjedeTheil-
nahmc und jedcs Mitwiffen an dem Verbrcchen;
n »erwkignte aber, jeglicheTrklärnng darüber ab-

stdent der zwn'ten Kammer amtlich bestätigt
worben.

Gotha, 12. Jüni. Zn heutiger Sißung
des Sonderlandtags äußerte der Slaatsmini-
ster v. Seebach, daß die Staatsregierung die
Absicht habe, bas deulsche Handelsgefeßbuch
i» dcn Herzogihümern Coburg und Gvtha so-
bald als möglich in Kraft treten zu lassen.

Gotha, 16. Zuni. Dcr Ausschuß des
dcutschcn Schützenfestcs in Gotha (8. bis 11.
Juli) macht bekannt, baß den Festtheilnehmern
von dcn Stationen der thüringischen, Weißen-
fels-Leipziger und Weißensels-Grraer Bahnen
Tagesbillets mit achttägiger (7. — 14. Juli)
Gültigkeit für Hin- und Rückfahrt werden
ausgcgebcn werden, daß ferncr die Verwal-
tungen des rheinisch-thüringischen Verbandcs
westlich von Warburg ab Biüeis auf 10 Tagc
(5. — 15. Juli) zu zwei Driiteln des Fahr-
preises auszngeben beabsichtigen, und daß von
ver Direciion der ihüringischen Eiseubahnge-
sellschaft für die Werra- und baperische Bahn
und die Bahnen des mitteldeukschen Verban-
des gleiche Bcgünstigungen befürwortet stnd.
Die Quittungen über den bczahlten Festbci-
trag gclten als Vorweise zur Empfangaahme
der Billets.

Dresden, 13. Juni.- Hcute hat die 2.
Kammcr das Regierungsproject dcr Verlegung
und Aufhcbung dcr landwirthschaftltchen Aka-
demie Tharand und Errichnmg eines Lchr-
stuhls für dieft praktische Wisscnschaft in Leip-
zig, troß deS, der Regiermigsvorlage günstigen
Gutachtens der Depukation, mit ver großen
Mehrheit von 54 gegcn 14 Stimmen abge-
lchnt. Zu jener Aufhebung uüd Verlegung
der altbekannien landwitihschastlichen Akademie
hatte Vie in den letzien Zätzreti asterdings seit
Entfernung des „Feldprebigers" Stöckhardt
gemachte Wahrnehmung abnehmenden Besuchs
zunächst Anlaß gegebeü. Die Lehrer der Volks-
wirthschaft Roscher in Leipzig und Hansen in
Göttingen hatten sich gutachtlich zn Gnnsten
diescr Annerivn ausgesprochen. Für die Kam-
mcr war aber maßgcdend, vaß an der Uüi-
versilät das bäuerliche Elemcnt, das rein land-
wirthschaftliche in einc schicfe Stellung zu den
Fakultätsstudicn kommcn, daß die Studentcn
die Hörer der Landwirthschaft nicht für ebeü-
dürtig ansehcn würden rc. Außerdem wollte
mau auch den landwirthschastlichcn Lehrstnhi
nicht von der Forstakademie trennen, ,die in
Tharand verbleibt und fich an dic nahe Berg-
akademie Freiberg anschließt. Dagegeu wird
noch diescr Lanvtag die hiestge chirurgisch-
medizinische Akademie der Nniversität Leipzig
einverleiben und damit cinen fünszehnjährige»
Strcit beendcn.

Berlitt, 14. Zuni. Als eüie der wichtig-
stcn Folgen des Ausganges der Conserknz
wcgen Syriens wird angcsehen, daß Prenßen
und England sich dadurch wieder genahcrt
haben. Die Türkei ist mit Preußens Haliung
in deb Frage sehr zufrieden, und jene An-
nähernng licgt in der Situation.

Berli«, 15. Zuni. Die „Krcuzztg." mel-
det: „Schon im vergaiigenen Winler ging
das Gerüchl, daß der Minister des Auswär-

zugebcn, was er in der Nacht des Weihnachtsfestes
gethan habc.

Das Loos dcr ungliicklichen Berenice war ganz
mit cinem mysteriöftn Schleier bedcckt, und es schicn,
daß kein mcnschliches Auge jemals das Dunkel diefts
DoppelverbrechenS wcrdc durchdringen können.

Dcr Vidamc verlangtc eincn Advocatcn, und die
Fürsorge des Gencralprocurators bestimmte zu ftt-
ncm Anwaltc Leonhard Pourquois, cincn der ge-
lehrtestcn und biederfinnigsten Advocaten dcs Pa-
riscr Parlamentshvfes, dcr auch die an ihn ergan-
gene Auffordcrung bereitwillig annahm und sich zu
dem Gefangenen verfügte. (Forts. f.)

Jm vorigen Jahrhundert begegnete eS dem öficrrei-
chischeu Gesandten zu Warschau, Thugut, daß er beim
ersten Zusammentreffen mit dem König von Polen den
stolzen-russischm Gesandten von Stackelherg sür den
König gehalten hatte. Am Aöend desselben TageS spielte
er am Hofe mil diesen Beidcn eine Karten-Parthie. Ab-
sichrlich warf er in derselben einmal den Buben statt des
Königs aus, und riej dabci znm König gewandl laut auS:
„Sire, verzeihen Sie meinen Jrrthum; es ist leider heute
schon das zweite Mal, daß ich einen Bnben sür eiuei;
König nahm."
 
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