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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Juni
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Lehrer nicht dem Zei'tgei'ste, d. h. der so noth-
wknti'gen Neugestalkiing im Schulwesen enk-
gcgenlaufen; das hi'eße denn di'e Volksschule
vollends ci'ner längst überlebten und gekenn-
zei'chnekkn Periode übermikteln wollen und fle
ihrem Ziele dcs wahrhaft religiös-christllch-
bildrnden entfremden. Hoffcn wir, daß die
Schwetzinger Lehrer cin erfreuliches Ergebniß
ihrer Bcrathung erzielen, daß fie den Bür-
gern zeigen, daß ihnen ihre Aufgabe als Vvlks-
lehrer rccht nahe am Herzen liegt. Jn andern
Bezirken dürften solche Vcrsammlungen nicht
»ur erwünscht, sondern auch als nvihwcndig
erscheinen und wärc es recht gut, wenn Bür-
ger dazu eingeladen würden; damit auch diese
endlich dem schönen BeisPiele dcr wackern
Männcr Mannheims folgend, dic hvhc Bcdeu-
tung und Wichiigkcit ker Schule erkennen und
niit Vergnügen jcnc Opfer bringen, die ein
Emporkommen derselbcn nothwenkig macht.
Der Bürgerstand Mannheims hat kiescs langst
erkannt, wovon eine Ansprache einer größcrn
Anzahl achtbarer Bürger an ihre Milbürger
bci Herannahen dcr Gemcindcwahlcn ans's
Reue dcn schönstcn BeweiS liescrt. Dort
heißt es: „Wir wollcn Berbesserung
des Schulwesens mit Beseitigung
der confessionellen Lrennung der
Schul e."

Mannheim, 19. Zuni. Auf öffentliche
Einladung fand gestern Abend im „Badener
Hofe" eine allgemeine Bürgerversammlung.
statt, wekche kie Wahl eines Comites behuss
Prüfung und Vorschlag geeignctcr Persvnlich-
keiten für die bcvorstlhcnden Gemeinkewahlen
zum Zwrcke hatte. Von den znlei zur Zeit
bestehenden Parteien, die indeffen beivc zur
Fvrtschritkspartei zählcn und deren Prograinme
sich bczüglich dcr Tendenz durch nichts nntcr-
scheiden, sind rücksichilich dcr Wahl eines er-
sten Bürgermeisters in den Herrcn Philipp
Artaria und Obergcrichtsadvocat Achcn-
bach zwci Candikaten in's Auge gefaßt. Eine
Einigung der bciden Hccrlagcr betrefss dicscr
Frage dürftc kaum zu erwarten und ein Wahl-
kampf unvermeidlich scin. (F- I.)

Mannheim, 19. Zuni. Jn kcr heuti-
gen geheimen Lu'tzung des Schwurgerichts,
welche unkcr dcm Vorsitze des großh. Hofgc-
richtsraths Steinhard stattfand, wurkc die
ledige 30 Zahre alte Lnise Fricderike Gcb-
hard, genannt Fächcr, vo» Dürkhcim, wegen
Kindsuiords zu cincr Zuchthausstrafe von 6
Zahren verurtheilt. (M. I.)

Baden, 19. Zuni. Jn der jüngsten Ver-
sammlung dcs großen Bürgerausschnffes wurke
der Antrag des Gemeinkcraihes, das chcma-
ligc Jesuitcn-Collkgi'um behufs dcr Einrichtsing
zum stäktischen Nathhause um dic Summc von
100,000 st. käuflich zu crwerben, fast einstim-
mig angenommen.

Äus kem Wiefenthal, 18. Zuni. (Fr.Z.)
Gcstcrn trat in Schopshcim cine politische
Versammlung zusammen, um die Bilkung eincs
Nationalvereinszu bcsprechen. Sie wurde
von Hrn. AmtSrichter Müüer gcleitet. Auch
aus drm Nachbaramt Lorrach hatten sich Gäste
kiiigcfunden; nachdem etwa 40 der Anwcsen-

nen zuvorzukommen und etwaigen Gästen Erfri-
schungen bicten zu können. Heiter brach man end-
lich auf und nachdem man eincn Omnibus in Be-
schlag genommcn, wurde die kleine Rcisc glückiich
angetrcten und vollcndct.

Die Villa, wclche bald darauf der muntercn Rcisc-
gcsellschaft ihrc Thorc öffncte, verdicntc es in dcr
That, daß ihr Bcsitzcr und deffcn Familie mit war-
mcr Neigung an ihr hingen'; fie krönte cinc sanfte
Höhc vor der Stadt, war von der bclebten Straße
ctwas abgelegcn und hing mit einem schattigen und
rvohlgepflegtcn Garten zusammcn, wclchcr dcm ein-
samen Nachdcnken, wie dcm gesclligen Vcrkehrc und
den Spieicn der Ktnder gleich bcqueme Stcllcn bot.
Die lange Gcwohnheit, hicr die glücklichsten Stun-
den dcs Sommcrs hinzubringcn, cinc hübsche und
immer noch «achsende Summc angcnchmer Erin-
ncrungen halfen redlich zusammen, die Licblichkcit
des Ortcs noch zu erhöhcn — und wie cS fich an-
ließ, schien dcr hcutige Tag nicht zu den mindcr
angenehmen gcrechnet werden zu dürfen.

War die Muttcr gleich nach ihrer Ankunft vor
Allrm mit häuslicher Vorsorgc, der Vater mit der
Prüsung der Gärtnerarbeiten beschäftigt, ehe sie dem

den zu einem Nalionalvercin sich verbnnden
hatten, schloß dic Versammlung mit einem ge-
menisamen Abendausflng.

Konstanz, 19. Znni. Heute wurden un-
ter außerordentlich großer Theilnahme Sc>-
tens der hiesigen Bevölkerung die bciden jun-
gen Leute, welche vergangenen Sonatag rn
dem Bodensee ertranken, bcerdigt.

Stuttgart, 18. Juni. Die Abreise des
KönigS nach Ragaz zu einem mehrwöchentli-
chen Kurgebrauche ist gestern erfolgt. Daß
er vor sei'ner Äbreise noch dcm Kammerbe-
schluß vom 16. März d. Z. in dcr Concor-
datSangelegenheit Rechnung getragen, hat i'm
ganzen Lande überall den besten Eindruck ge-
macht.

Stuttgart, 18. Juni. Nach längerer
Pausc hielien die hiesigen. Mitglieder dcs
tionalvereins, der in Württemberg über 300
Mitglieder zählt, gestern eine Versammlung.
Der Vorsitzende führte aus, derNationalverein
wollc nicht spaltcn, sondern einigen, cr wolle
kein organisirtes Preußen, sondern ein »rga-
nisirles Deutschland, in seiner Tendenz liege
nicht ein Einheitsstaat, svndern cin Bundes-
staat; Einheit vcrlange er nur nach Außen.
Schlicßlich vereinigte sich die Bersammlung
dahin, daß dem seitherigen Comite dcr Aus-
trag erthcilt werden sollc, ein geeignetcs Lo-
kal ausstndig zu machen, in welchem sich die
Mitgliedcr deS Vereins je am Montag Abcnd
zu gkgciiskitigcr Besprechung der Vcrcinsan-
gelcgenheiten treffen können, und dasselbc fer-
ncr Einleitung treffen sollc, daß in nicht zu
ferner Zeit in einer auswärtigen Stadt eine
Versammluug gehalten werde, wofür nach
ersolgtcr Eröffnuug der Remsthalbahn Gmünd
als desonders paffend gelegen bezeichnet wird.

(Sch. M.)

Darmstadt, 19. Zuni. Nach lebhaster
Detmtte wurdc von der Ständekaurmer die
Errichtung eines Jägerbataillons mit eminen-
ter Majvrität abgelehnt (F. Z.)

^ Darmstadt, 19. Juni. Jn der hcutigen
Sitzung unserer zweiten Kammer richtcten die
Abg. Wernher., Hvfmann, Mohrmann und
Siahl eine Znterpellation ans Ministerium
deS Znnern: Ob neuerdings Verhandlungen
der Regierung mit dem Blfchvs von Mainz,
als Fortsctzung der bekannten Conven tion,
stattgesunden hätten, und ob dic Regierung
besbsichtige, dicse neucren Verhanblungcn nebst
der Convention den Ständen vorzulegen.

Müllheim a. d. Ruhr, 17. Juni. Der
badische Kriegerverein in unserem benachbar-
ten DuiSburg feierte gestern wleder einmal
in specistsch-prunkhafter Weisc das undeutsche
Fest zum Andenken an die Campagne in Ba-
den. Die Erinncrung an bcn unglückscligeu
Bürgerkrieg bes Jahres 1849 ist durch bl'e
Amnesticerlaffc längst mit bem Schleier der
Versöhnnng und der Vergcffenheit bebeckl wor-
den. Dic stete Auffrischung derselben s In
Duisburg muß deßhalb in jebem deutschen
Patrioten ein Gcfühl der Scham unb dcs
Schmerzes erregen; zeugt sic doch von jcnem
bcschränkten Geiste dcr Absonderung unb der
Sclbstüberhebung, wclcher dem im deutschen

Behagen heiterer Ruhc sich ergaben, so verloren die
Kinder, Eduard und zwci jüngcrc Schwcstcrn, keinen
Augenblick, um auf ihre gcwohnten Turn- und
Spielplätze im untercn Theilc dcs Gartcns zu cilen.
Sie genoffen indeß ihre Zcrstreuungcn nicht langc
allcin; dcnn da sich schr bald auch dic gcwöhnlichen
Gästc der Villa einfanden, bestchcnd aus Familien-
«Ltern, Müticrn und Kindern, so nahmen dic Spiclc
dcr letztcrcn sofort auch größcre Diinensionen an
und der GLrtncr hatte seine Noth, die Früchte seincr
Arbcit vor der seligen Barbarei der Kleinen zu
schützcn.

Es ging schon gegcn Abend — dieKinder hatten
cben zum zweitcn Malc Erfrischungen zu sich ge-
nommcn, um die Strapazen dcs Spieles auszu-
haltcn — als im obcren Thcilc des Gartcns, wo
sich die Erwachsencn gesellig zusammcn gcthan hatten,
Plötzlich eine seltsamc Stille eintrat, dic sich wic eiu
schleichendcr Schatten bald auch über dic andcrcn
Partien des Gartens verbrcitcte, wo sich cinzelne
Paare niedergelaffcn hattcn; auch dcn ferncn Spiel-
platz der Kindcr, wo der nahendc Abcnd das Blut
und die Phantasie dcr Klcinen lebhafter auftegte
und Eduard eben mitten in einer Versammlung

Volke sich jetzt mehr denn je kundgrLenden
Drange nach Einheit wenig förderlich ist.

Kafsel, 18. Zuni. Jn der gestrigen ge-
heimeii Sitzung der ersten Kammcr wurbe
durch die Lanbtags-Commission dic Vorlage
eines Gesetzenlwurfs betreffend die Zusammen-
setzung der Kammern und die Wahl der Land-
tagsabgeordneten (also eines neuen Wahlge-
setzcs) gemacht. Ferner wurde der Kammer
die Nicderlegung bes Mandats Seitens beS
Frhrn. v. Edeisheim angczeigt.

Koburg, 19. Zuni. Die Stadt Rodach
(im Koburgischcn) ist von einer großen Feuers-
brunst bctroffcn worden und total abgebrannt.

Berlin, 16. Juni. „Auf vielsache An-
fragen" über bas Besindcll des Stadtgerichis-
raihö Twestcn gibt vie Voff. Ztg. bie Nach-
richk, daß vic Genesung dcsselben in norma-
ler Weise vorschreitet.

Berlin, 17. Juni. Herr v. Schleinitz ist
ctwas leidcnd. Von seinem Wunsche, zurück-
zutreten, konnte indcffen vor 6 Monaten so
gut gesprochcn werden als jctzt. Der Rück-
tritt des Hrn. v. Schleinitz konnte, so weit
es sich um seinen Wunsch hanbelt, wic ver-
sichcrt wird, jeberzeit erwartet werden, aber
auch wie bisher und aus deiiselben Grünoen
nicht stattfindcii. Eine neuere Veranlaffung,
seinen Rücktritt als bevorstchend anzuzeigen,
liegt, wie bcstimmt verlautet, keineswegö vor.

(K. Z.)

Königsberg, 15. Zuni. Gestern sand
auf dem Polizcigerichte einc 4stündliche Ver-
handlung gegen dle Leiter der bishcrigen Ver-
sammlungen der hiesigen Mitgliever des Na-
tionalvercins statt. Die Anklage bchauptete
nämlich, daß die hiesigcn Mitgliedcr des Na-
tionalvereins factisch einen Zweigvercin des
zu Coburg seinen Sitz habenden veuischen
Rationalvereins bildeien. Die Angeklagren
bcstritten biese Annahme. Der Polizelanwalt-
schaft gegenüber, welche die Anklage-ausrecht
erhielt und gegen jeben der. Angeklagten dic
Miiiiinalstrase von 50 Thlrn. bcantragte, lleß
der Richter cin s r e i s p r e ch e n d e ö iirthcil
ergehen.

Wien» 15. Juni. Allcu Aiizelchcn nach
steht in Sübitalien ei» neuer bedeutender
Schlag von Seiten der Reaction bevor. Be-
kanntlich wird schon seit längerer Zeit im
Namen des Königs Franz geworben, und
man wußte nicht erst seit heute, daß dic Bour-
bonen nnr aus eine günstige Gelegenheit war-
ten, um eincn Schlag gegen Picmont zu un-
ternehmen. Diese Gelegenheit, glauben fie
nun, sei mit dem Tode Cavours gekommen.
Wie es heißt, würde fich der Kö'nig Fraiiz
seldst an bie Spitze des Ausstandes ffellen,
um den Thron von Neapel wieder zu ero-
bern. Gelingt es dem neuen ilallenischen
Cabinette den Ausstanb gleich bei scinem Be-
ginnen nieberzuschmettern und daburch ben
Beweis zu liefern, baß eS den Muth har,
das Werk des großcn „Grafcn" fortzusetzen,
dann wird es biniien Kurzem seste Wurzel
im Lande gesaßt haden. Frankreich wirv,
wenn Nicasoli dic Bcweise sür die Umtriebe
der in Rom versammelte» Leilcr ver Rcac-

von Kamcraden eincn Streifzug und Kampf mit
Wildcn vorschlug, sollte der Schatten cincs schweren
Verhängniffcs cndlich irrelchen. (Forts. f.)

An -ie Egoisten.

O fagt mir, was lhut Jhr denn nur aus dcr Welt?
Wem lebl JhrS Wem M Euer Strebeu^ —

Dem eigenen Jch und dem Mugenden Gcld,

Dem habt Zhr cuch -inzig ergeben.

Die männliche Würde ist immer Euch seru,

Gleich scid Zhr bereit Euch zu fügeu
Jn jegliches Zoch uud vor mächügen Herr'n
Wie Wücmer im Staube zu kricchen.

Ja, selbst wcun daS Volk in dcm Schlamme versinkt,
Und wenn eS Tyrannen umwüthen,

So helst Jhr noch immer, weun Vortheil Euch winkt,
Dem Drängen, und — gebt Euch zufricden.

O ftgt mir, wann eudet die furchtbare Schmach?
Waun öfsiict Jhr endlich die Augeu?

Wann sehl Zhr deu Abgrund? Wann lasset Zhr nach
Vom Blute der Meuscheu zu saugen?

Zerreißt dieser Kette entchrendes Band,

Und tödtet die giftige Hyder

Der schändlichen Selbstsucht und reichet die Hand

Deu Menschen, uud grüßt sic als Brüder.
 
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