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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Juni
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Arbeiten dks Rei'chsrathS hauptsSchlich drehen,
und daS Eine heißt: „Oesterreich". Ohnc die
Gesammtheit gidt es auch keine Autonomie
der Theilc. Es ist noch nicht lange her, wo
Oesterreich nichts wenigcr als stcher gestellt
war im Willcn uad der Combination qewiffer
Negierungen Curopa's, und noch vicl weniqer
in den Spmpathircn dcr Völker. Diese Sym-
pathieen, meine Herrc», diese Kraft der uw-
, raliichen «tellung Oesterreichs als Staat ist
unscre nächstc Äusgabe. Erst müffen wir
trachten, daß wir ün Ganjen wieder seststehen,
in dcr Mitle ehrgeiziger Nachbar», und nach-
her werden wir uns über cinzelne Krcidcitkn
streiten, und wcrden, wie ich hoffe, uns anch
verstänbigen. Man hat uns vorgcworsc»,
wir hättkii vic Mäuiier aus dcr andcrn Seiie
diescs HauseS der Rcactionvbcstrcbungen ver-
dächkigt und ein grvßcr Theil ker Nedcii der
beiden HH. Vorrcdner drehtc sich um dicsen
Vorwurf. Jch habe »ic gchört, daß in dic-
scr Äersanimlung cin svlcher qcmacht wordcn
wärc; was außcrhalb dcs Hauses, sclbst von
Mitglicdcr» beffclben, gcschicht, dasiir köiincn
Sic kie Vcrsaminlung nicht zur Nechcnschast
jiehcn. (Nuse Itnks: fürwahr!) Wir habcn
nicht dcn Hrn. Dr. Nicger um dic Gebahrung
scincr Muhle bcsragk, das gcht tas Haus
nichts an, und in diescm Hause glaube ich,
kann man dloS das HanS verautwortlich ma-
cheu sur DaS, was darüi gcsagi wurbe, und
nicht sur DaS, was außcrhalb deffclbcu vor-
gcht.... Nicger sunterbiicht ke» Ncbner init
deu Wortcn): „Wie uian Geschäste inacht!"
(kiuranda ist bekaiinllich Iude.) Kuranda:
Wie mcincn Sic Das? Ich duie, cs zu wie-
dcrhvlen. Nieger: Zch spreche daruber, wie
mau Gcschästc machc. Kuranda: Darüber wie
ma» Geichaue macht? Za wohl, mau kann
auch Geichäste in Nativnalitäien malvcn.
(Stürmischer Bcisall aus der tüuken, ün Ccn-
trum uiiv aus dcr GaUcrie.) Ein polnischer
Dcpulirler: Ich bitic dcn Präsidkuicu, das
Beisallklaischcn zu vcrbietcn. (Dcr Prästdent
lälitcl znr Orduuug.) Kuranva: Ler Adg.
Smolka möge sich aus dieser Cpisodc über-
zeugcn, baß wir ben Mangel an Wvhlivollc»
und chrlichcr Achtung dcr gegenseiligcn Ueber-
zeugung lies zu bcklagen Ursache haben. Dic
polnische Ration jählr grvße SPMpalhiccn untcr
den Deulschcii. Polcn hat eine (stieralur und
er bedauert, daß der Staatsminister, als cr
von ben biidungs- und zukunstssahigen Spra-
chen sprach, nicht auch ber poluischcn Sprache
Erwähnung gethan hac. Wenn bcr Abg. Nie-
ger gesagt hat, daß rie Böhmen cinen Scoda,
eirien Nokitanskp aufzuweisen hätken, so läßt
sich dagegen behauptcn, baß sie an den Brü-
sten dculscher Wiffcnschast groß gewachsen
sinv. Ich srage den Hcrrn Dr. Nieger, dcr
vor nicht langer Zcit gleichsam provocirend
gesagt hat, 'er set ein Slave, unb heutc iro-
nisch aus das „beuische Herz" gcpocht, ob
seinc Ellcrn vor nichi hunderl Zahccn nicht
auch Deutsche gcwcscn. (Bravo und Hcitcr-
keit.) Ricger: Zch kann bewciscn, daß sie
nichi Deutschc warcu. (Zischcn auf der i!in-
ken, Bravo auf ber Rcchtcn, große Unruhe

losgcwunden hatte, noch eine anderc; cr klctterte
nämlich auf altcs Mauerwcrk, das dcn Hofraum
umschloß, odcr cr sticg auf dcn Dachboden des ziem-
lich hohen Hauscs und bcobachtcte dic Räumlich-
kciten dcr Nachbarhäuscr und daS Treiben dcr Men-
schcn in dcnselbcn.

. Da ringsherum nur Handwerkcr- und Taglöhner-
samilicn der dürftigstcn Art wohntcn, so gab bas
allerdingS eine Anschauung ncucr uno mitunter
höchst originellcr Art, die anfangs ben an Rein-
lichkcit, Glanz und fcincrc Sitic gewohntcn Kna-
bcn mit Entsctzcn erfüllte, sväter aber, da cr stch
über das Widerwärtige deS äußcren ScheincS weg-
sctzen lcrntc, ost stundcnlang ganz gut unterhielt;
sah er doch auch hier das Wcscntlickc des Famiiien-
lebens sich crsüllen, sah Väter im Schwclße dcs
AngesichtS für die Bcdürfniffc dcr Zhrigcn sorgen,
sah Mütter ihre Kindlcin liebcn, Geschwister und
Spiclgenosscn sich ncckcn und balgcn, um sich schlicß-
lich desto inniger wiedcr auszusöhnen.

(Kortsetzung folgt.)

tm Saal und auf den Galleri'en. Präfldeni
läutet.) Präsident: Zch muß nach allen Sei-i
ten bitten, den Wcg der Persöalichkeiten zn
verlaffcn. Kuranda: Ja, ich werde allsoqieich
enden. Aber es ist gut, daß eine Krankheit
ans Tageslicht tritt, die man heilcn wiü. Zch
preise biese Stundc, trotzbem, daß wir uns
streltcn, denn es muß zur Sprache kommen,
waS uns quält, und wir, die wir vorgcstellt
werden, als ob wir nur immer majorisiren
wollen, wir werdcn der Tyrannei angcklagt,
während wir uns bewußt sind, für die Frci-
hcit cines jcdcn Landes eben so warm, als
wie sür uusere eigene Freiheit zu streiten.
(Grvßer Beisall links.) Präsibent: Dr. Gis-
kra hat das Wort. Giskra drückt sei'ne Hoff-
iiuiig aus, daß solche Cpisoden Vvm Gciste
des Wvhlwollens in der Folge unmöglich ge-
macht werden würdcn. Cr nehme nur Eines
heraus, daß auch aus dcr rechten Seite sür
bie Frcihcik eingestanden wirv, unb dasür reiche
ihnen seine Partci die Bruberhand. Auch wir
achten bic Auionomie und haben noch kcinen
Autrag gebracht, wvlurch dicselbc gestört wird.
Wir aucrkcnnen die Berechligung des nationa-
len Gefühls; wir wiffen, was es hcißt, seine
eigene Sprache zu sprechen, seinc eigenc» Er-
inneruiigen zu pflegcn, udcrhaupt cin eigen-
Ihüinlichrs nationaleS Lcben zu führcn. Ader
wir wollcn nicht söderirte Cinzelstaaten, wir
wollen dcn golbcuon Neis ber Freihcit um
das ganze Neich und alle Völkcr spaiine» unb
iunerhald dieses Rcifs der Frcihcit woücn wir
dcm Kaiser gcbcn, was des Kaisers, und dcm
Volke, was deS Volkes, dcm Lande, was dcs
Landcs, aber auch dcm R.iche, was bes Nei-
cheö ist (Bcisall liuks und im Cenirum). Die
Sitzung wirv aus Stuudc untcrbrochcn.
Rach Wicdereröffnung bcr Sitzung ergreisl
Brolick zKrain) bas Wort, um zu coiistanrcn,
baß dic Schwierigkeiten, wclche vvn rer rech-
ten Scite dcs Hauscs gemacht werdcn, Schuld
seicn, daß bishcr so wcnig geschehen. Klaudi
schlicßt stch Ricger an, unv obglcich er sich
gcgen «cparalismus verwahri, dcclamirt er
boch abeimals so länge üder Autvnomie und
Bohmcii, daß dem Hause die Geduld ausgeht.
Der Schluß wird verlangt unb durch Abstim-
uiung beschloffen.

Die Bad. Lztg. erhielt hcutc (22. d.) aus
Wien solgende Nachricht: „Zhre Mäj. die
Kaiserin ift in einem sehr bedeiiklichen Zu-
stande. Die Aerzte haben das Vorhandensein
eiucs Lungengeschwurs entbeckt; die Füße
schwcllcn an; die Kaiscrin begibt sich in den
nachsten Tagen nach Korsu, mil dem Gesühl
shrcs herannahenden Cndes. Die Aerzte be-
sürchien eine Zcrsetzuug dcs Blutes.

Wien, 22. Zuni. Aus Rvm ist die
Nachricht eingetroffen, baß sich das Besinden
dcS PapstcS wesentlich verschlimmcrt habc
und daß man eine Katastrophe besürchtet.

Man vkrnimmt, daß tcr Staatsminister
Ritter v. Schmcrling sich bcmnächst in zwei-
tcr Ehc mit der Tochter bcs bcrühmten Nalur-
sorschers, des verstoibencu Proseffors Cnd-
licher vermählen wcrde (ciner sür sehr sromm
gelteudcn Dame).

Oesterretchifche Monarchte.

Wie aus,Pesth qeschrieben wird, hat der
dortige städtische Notar und ehcmalige Re-
dacteur des „Raplo", P. K., der zugleich
Deputirter ist, das Weile gesucht, da ihm
von militärischer Scite Steckbriese angedroht
wordcn sinv, wcnn er sich in der Näbc eincr
Kasernc sehen laffe. Cr gilt nämlich, wir
wissen ni'cht ob mit Necht, für den Versaffer
der Adreffe, in' welcher die Stadtrepräscntanz
die Soldatcn „bewaffnete Räuber" titulirt.

Der Presse geht aus dem Lager der Ge-
mäßigten ein Ausgleichsvorschlag zu, welcher
angeblich in entscheidendcn Kreisen zur Ver-
hanblung vorbercitet werde. Derselbc ver-
langt Anerkennung des Rechlcs Ungarns, ein
uugarisches Ministcrium, bas ja nur dic
moberne Form sür cine längst bestehende
Sache fei; rer Hoskanzler köuiie doch Mini-
sterpräsident geuannt wcrde», der Tavernikus
Minister des Znncrn u. s. w., ohnc baß sich
damit in der Sache etwas ändcre; eüi Dc-
partcment der Lanbcsfinanzeu und der Lan-
dcsvcrtheidigung habe nichls Gesahrlichcs.
Das ungarische Ministerium hade bann den
Landtag ausjufordern, bic Beziehuiigen zu
Kroatien zu oibnc» und einc Kommisstoii zur
Unierhaiidlung mit Vertreiern dcs Rcichs-
ralhs wegeu Ordnung der gcmeliisame» Zn-
tercffen abzuordnen. Dagcgcn wird aneikannt
dic Rolhwcnbigkcit der Cinheit der koniglichcn
Gewalt (d. h. kein Palaiin), der Cinhcit
ber Repraseiitalivn uach Außeu, der Cinhcit
der Riichsfinaiizen, des NcichSkcediiS unv
Heereö. Cin Reichsparlamcnt wird als
wünschenswerches, aber vvclaufig unccreich-
bares Zicl bezcichnet. Dieser Vorschlag soll
cinc Frucht jeuer Stimmung sein, wclche in
den geiiiaßlgien Kreisen ourch den letztcn
Sieg ber Revolutionspartei hervorgerusen
worden ist.

Pesth, 20. Juni. Das gestern nur
schüchicru erwähntc Gcrüchl, der Kaiser werde
bie Abrcffe des Neichsrags, da sie widcr die
Form verstoßc unv bie Achtung vcrletze, dic
man drm sactischen Regcntcn schuldig sei,
nicht beantworlen, soiiderii ein Manisest an
die Nation erlaffen, gcwann heutc an Const-
stcnz. Dasselbe soll aus gutcr Quelle ent-
stammen uno man kcniit bemzusoige auch den
Znhalt des Maniscstes. Znbem es die Äus-
richtigkeit betont, mit wclcher die Regicriing
Ungarn gegenüber gehaubelt und bie Summe
der Comesstoiieii angibr, zu welchen stch bie
Regierung bicsem Lanbe gcgcnüber versteht
und welche bie alten constitutionellcn Nechte
beöselben zur Gcnüge sicher stcllen, weist es
jcdvch mir Entschiedcilheit bie Forderung bcS
veraulwvrtlichen Kricgs- und Fiiianzniiiilstcr-
iumö zurück, als gcgcn die Principicn dcs
Februarpatentes verstoßend, welchc bie Eül-
heit der Mouarchi auobiiicken und deßhalb
unerläßiich scien. Es beweist die Unhalibar-
keit der 1848er Gesctze, bie unicr dcm Ciu-
bruck vvrüberqchender Creigniffe abgcsaßt
worden seie», und sucht barzuihun, daß Un-
garns Zntereffcn auf dem Ncichsraihe die

Lird fahrendrr Schüler.*)

Wohlauf, die Luft geht frisch und rein,
Wcr lange sitzt, muß rosten,

Den allersonnigsten Sonncnschein
Läßt unS der Himinel kosten.

Zctzt reicht mir Stab und OrdenSkleid
Der sahrcnden Scholarea,

Zch will zu guter Sommcrzcit
Zns Land der Franken fahren.

Der Wald stcht grün, dic Aagd geht gut,
Schwcr ist das Korn gerathe»,

Sie könncn auf des Maines Fluth
Die Schlffc kaum verladcn.

Bald hcbt fich auch das Herbsten an,

Die Kelter harrt des Weines i
Dcr Winzer Schutzhcrr Kilian
Beschecrt uns etwas Feiiies.

Wallfahrcr zichen burch das Thal
Mit fiiegcndcn Standartcn,

HeU grüßt ihr doppcltcr Choral
Den weitcn Gottesgarten.

*) Au» dem „Allzemeinen deutschen Commersbuche."
Belm Heidelberger Preissmgen wurde die Composition
dieses Liedes von Muftkdirecior V. E»B ecker in Würz-
burg mit elnein Preise gekrönt.

Zhr Pfarr wollt mich nicht haben!

So muß ich scitwärts durch dcn Wald
Als räudig Schästein traben.

Znm hcil'gcn Vcit von Staffclstein
Komm ich emporgefticgen,

Und sch die Lanoc um Ven Main
Zu meincn Füßcn liegcn:

Von Bamberg bis zum Grabfeldgau
Umrahmcn Berg nno Hügel
Dic breitc, stromburchglaiizte Au . .
Zch wollt' mir wüchscn Flügel!

Einsiedelmann ist nicht zu Haus
Diewcil cs Zeit zu mähen,

Jch seh ihn an der Halde brauS
Bel ciner Schnüt'rin stehen.
Verfahrncr Schülcr Stoßgcbet
Hcißt: Herr, gid uns zn trinken!

Doch wer bci schöner Schnitt'rln stcht
Dem mag man lange winken.

Einfiedcl, das war mißgethan
Daß du dich hubst von yinncn!

Es licgt, ich seh's dem Keller an
Ein guter Zahrgang drinnen.

Hoiho! die Pfortcn brech' rch cm,

Und trinke, was i-- finde . .

Dn hcil'ger Vcit von Staffclstein,
Verzeth mir Durst unb Simde!
 
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