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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0421

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332

MODERNE KUNST.

Angelvillegiatur und wetteifern in dem so viel Ruhe verlangenden und doch so
aufregenden Sport. Unser Bild stellt die Prinzessin von Wales und Prinzessin
Victoria von England im Angelcostüm dar, die verstellbaren, sorglich umhüllten
Ruthen mit dem Roller in der Hand.

Die kleinste Republik der Welt ist wohl diejenige von Cavolara, einer
kleinen, ungefähr 12 Kilometer von Sardinien gelegenen Insel. Das Eiland ist
nur 2 Kilometer breit und besitzt eine Bevölkerung von 55 Seelen. Im Jahre 1836
gab König Karl Albert die Insel der Familie Bartoleoni, deren Chef unter dem
Namen König Paul I. über dieses winzige Königreich friedlich bis zum 30. Mai
1882 regierte. Sonderbarer Weise drückte er vor seinem Tode den von seinen
Verwandten befolgten Wunsch aus, dass kein Mitglied seiner Familie ihm auf dem
Throne nachfolgen möchte und so wurde 1886 die Republik proklamirt. Die Ver-
fassung verleiht den Frauen das Stimmrecht und der Präsident ist auf sechs Jahre
gewählt. Die Unabhängigkeit der kleinen Republik wurde 1886 von der italienischen
Regierung anerkannt.

Vor Kurzem schloss in Leipzig Karl Thiersch, der berühmte Chirurg,
die Augen. Am 20. April 1822 in München als Sohn des verdienstvollen

Humanisten Friedr. Wilh. Thiersch ge-
boren, genoss er in Gemeinschaft mit
seinem älteren Bruder Heinrich eine
wissenschaftliche Erziehung, die in beiden
Söhnen den Keim zu ihrer künftigen
Grösse legte. Heinrich widmete sich der
Theologie und machte sich als Haupt-
vertreter des Irvingianismus einen Namen.
Karl bezog die Universitäten München,
Berlin, Wien und Paris, er hatte die
Medicin zum Lebensberufe erwählt. Es
war besonders die Chirurgie, die ihn
fesselte. Er machte als freiwilliger Arzt
den 2. schleswig-holsteinischen Krieg mit,
wurde dann Prosector für pathologische
Anatomie in München und bekleidete
später Professuren der Chirurgie in
Erlangen und in Leipzig.

Den Krieg von 1870/71 machte er
als Generalarzt im 12. Armeecorps mit.
Die wissenschaftliche Welt verdankt
seiner Feder eine Reihe von Arbeiten, deren Bedeutung noch heute eine ent-
sche'idende ist. Chirurgie und Anatomie waren die Zweige der. Medicin, die
Thiersch mit Vorliebe bearbeitete. Als Lehrer war er klar und sachlich, als
Mensch gut und edel, und an seinem Grabe trauern mit seinen zahlreichen
Schülern Viele, die seiner geschickten Hand und seinem eminenten Wissen
Pleilung verdanken.

Professor Karl Thiersch.

Wenn es nach den Damen gegangen wäre, hätten Sie sich zur Zeit
ein neues Feld im Fussballspiel erobert. Der frühe englische Lenz hatte
kaum begonnen, als sie sich in Nightingale Lane Ground, Crouch End, bei
London zusammenfanden und die von allen Seiten herbeigeströmte Menge
zu Zeugen eines Versuchs machten, wie weit man weibliche Anmuth ver-
gessen machen kann durch Ausübung eines selbst für Männer nicht aller Roh-
heit baren Sports! In Miss N. J. Honeyballs Kopf war der Gedanke ent-
sprungen, in einem halben Jahr einen „team“ von
30 Damen zusammenzubringen und zu trainiren, die
sich als Fussballspieler sehen lassen könnten. Die
Vorkämpferin der Frauenrechte, Lady Florence Dixie,
hatte das Präsidium übernommen, und so konnte
denn die Sache coram publico vor sich gehen. Die
gegnerischen Gruppen bezeichneten sich als „Nord“
und „Süd“ und wählten als ihre Farben Roth resp.

Blau. Als gemeinsame Tracht des British Ladies
Football Club dienten Knickerbockers und divided
skirt, eine Abart der verpönten Unaussprechlichen.

Die Damen erzielten bei dem zahlreich versammelten
Publikum eine durchaus unbeabsichtigte Wirkung.

Nachdem man sich überzeugt, dass die ganze Ver-
anstaltung vom Sport nur Costüm und äussere Form
entlehnt habe, verlief man sich noch vor Beendigung
des Matches, der nach etwa 60 Minuten zu Gunsten
der Nordgruppe entschieden war. Der männliche
Unparteiische, ein Mr. Squires, versuchte mit Erfolg,
ernst zu bleiben, dürfte aber kaum Lust haben,
besagte anerkennenswerthe Selbstbeherrschung noch
einmal zu üben.

Am 17. Juni 1894 hatten die in Grünau ver-
sammelten Ruderer aus allen Gauen des Vaterlandes

Damen als Fussball-Spielerinnen.
Original-Zeichnung von Ewald Thiel.

die Freude, zum ersten Male den Kaiser mit seiner Gemahlin die Ruder-Reg 3* 13
der Reichshauptstadt besuchen zu sehen. Durch die Stiftung einer Reihe ' ,° 11
Kaiser-Preisen hatte der Herrscher schon vorher seine Fürsorge für d el1
rudersportlichen Wettstreit bekundet, und bei seiner Anwesenheit in GrülF 11
nahm er Gelegenheit,

Ruderer auf Dinge hin-
licher Förderung bedür-

das Vorhandensein von
akademischenjugend, wie
Frankreich, Belgien, Ita-
längst üblich sind. Um
Ruder-Wettfahrten vorzu-
Kaiser kurz nach der
Schulbehörden seine Ab-
des Rudersports an den
Reichshauptstadt einen
stiften, weshalb die Be-
Berliner höheren Lehr-
richt erstatten liess, wie
reits von deren Schülern
Entwurfe des Wander-
Kaiser den Lehrer am
werbe-Museum Professor
ren, nach dessen Zeich-
Ciselir-Classe der glei-
loff, das Kunstwerk in
kaiserliche Wanderpreis
Gestalt einer zweihenkli-
kanne aus polirtem Silber,
auf einem Sockel von

die Aufmerksamkeit d ef
zulenken, dienochweseD 4
fen. Der Kaiser vermis ste
Ruder-Wettfahrten d ef

id>

sie in England, Hollaü'
lien und Nordameri^
künftigen studentisch el1
arbeiten, drückte
Berliner Regatta d e<l
sicht aus, zur HebuH»
höheren Schulen d^
Wander-Ehrenpreis ^
hörde alsbald von d el1
anstalten sich darüberß 0'
weit der Rudersport b e"
gepflegt wird. Mit defl 1
preises betraute d e'
Königlichen Kunstg e
Emil Doepler den Jüng e
nung der Leiter d ef
chen Anstalt, Otto R 0^ 1-
Silber ausführte. D ef
ist ein Prachtgefäss 1,1
gen, altgothischen Deck e^
die mit drei Knopffüsse 1*
grau geadertem Pavon 11

zetto-Marmor steht. Auf dem Deckel steht ein mattsilberner, preussischer AdU
mit gespreizten Flügeln, eine goldene Krone auf dem Kopfe, ein goldenes F.
auf der Brust, in den Fängen ein goldenes Ruder und einen goldenen Lorbe ef‘
kranz haltend. Da, wo die Henkel ansetzen, umgiebt ein goldenes Band d lC
Kanne, das die Kaiserkrone nebst Scepter und Reichsschwert trägt. Im RaU 1' 1
zwischen diesem Bande und dem oberen Rande der Kanne, wo deren Deck e
mit breitem Kragen beginnt, befinden sich zwei Inschriften, vorn: ,,Ehrenpr el'
Seiner Majestät des Kaisers und Königs Wilhelm II. Gestiftet 1895.“ und hinte* 0
„Für die Rudervereine der höheren Lehranstalten in Berlin.“ Die beiden Henk e
haben je einen Knauf und eine untere Spitze aus Bernstein.

Der Ehrenpreis des Kaisers
für Ruderer der
höhern Lehranstalten.

In Amerika hat sich eine Gesellschaft gebildet, um Touristen mittelst e'° e'\
Luftbahn quer über den Niagara, 30 Fuss oberhalb des brausenden und vr 11
schäumenden Wassers, von einem Ufer zum andern zu befördern. Zwei Kab e^
leitungen sollen zwischen Thürmen ausgespannt werden, die auf Canadiscb el
und New-Yorker Seite errichtet sind; gestützt werden die Kabel durch ein e|1
gewaltigen Träger, der mitten im Niagara auf der Insel Goat Island errich te
wird. An diesen Kabeln werden korbähnliche Wagen aufgehängt, welche vo11
der New-Yorker Seite aus mittelst Elektricität getrieben werden. Die Luftli lllC
fiihrt am Rande der Amerikanischen Fälle bis Goat Island entlang und dann 11,1
der Canadischen Küste, indem sie eine Sehne zum Bogen der Horse Shoe-Fai*'
bildet. Der Boden der Wagen soll durchlöchert sein, um ebenso wie nach d el
Seiten, auch frei nach unten sehen zu können.
 
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