Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

DOI Heft:
Zick-Zack
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0435

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
MODERNE KUNST.

31«

schau nach Talenten erscheint
demnach geboten. DasSchiller-
Theater hat den Vorzug ge-
habt, eine Reihe jüngerer
Kräfte nach Berlin zu ziehen,
die sonst in stiller Bescheiden-
heit in der Provinz weiter ve-
getirt hätten. Alma Rüg-
heinter gehört zu den sym-
pathischen Mädchenerschei-
nungen, wie sie die Bühne
braucht, um des Wohlwollens
des Publikums unter allen Um-
ständen sicher zu sein. Eine
geborene Meiningerin, genoss
sie den Unterricht der hohen
Frau, deren Zeit zwischen lan-
desmütterlichen Sorgen und
Theaterinteressen getheilt ist.
Nach einigen Versuchen in der
Heimath ging sie mit dem Mei-
ninger Ensemble nach Russ-
land. Am Schillertheater fand
sich für ihre liebenswürdige
Begabung kein rechter Raum,
und so wird sie denn mit der
nächsten Saison dem Neuen Theater angehören, wo sie in Ferreol debütirte.
Ihre Eigenart dürfte sie auf das moderne Salonstück hinweisen, wie denn Figur
und Organ mehr für den natürlichen Conversationston, als für den Ausdruck
starker Leidenschaft geeignet erscheinen. Jedenfalls ist Alma Rügheimer ein
beachtenswerthes Talent, das nur aufmerksamer Pflege bedarf, um sich voll zu

entwickeln. # #

*

In Mecklenburg kann ntan durch Gutskauf Landesvertreter werden
und so indirekt die Schicksale seines engeren Vaterlandes bestiinmen helfen.
Eine grosse Hamburger Tageszeitung brachte dieser Tage die Anzeige, dass ein
genau bezeichnetes Rittergut zwangsweise zum Verkauf gelange. Schliesslich,
nach einer Beschreibung des Gutes, wird in der Anzeige — giebt es wohl eine
schönere Empfehlung des Kaufobjectes? — gesagt: „Mit dem Besitze des Gutes
ist ein Sitz in der Landesvertretung verbunden. Die Besteuerungsverhältnisse
sind in Mecklenburg fiir Kapitalisten besonders günstig.“ Hier ist also die Fähig-
keit, den „Gesetzgeber“ und „Volksvertreter“ zu spielen, käuflich.

Die zahlre-chsten Geyser finden sich im Yellowstone-Nationalpark in Nord-
amerika, dessen Ausdehnung grösser ist, als die des Königreichs Belgien. Dort
sprudeln Geyser der verschiedensten Art. Bald entsenden sie permanente Dampi-

Alma Rügheimer.

IVleter
im
che

"•1

säulen, bald intermittirende gigantische Wasserstrahlen bis zu 40 Meter Höh e
bald ist ihr Wasser lauwarm, bald so heiss, dass der Angler, der einige
entfernt in den kalten Wellen des Sees einen Fisch gefangen hat, diesen
Geyser kochen kann, ohne ihn von der Angel zu nehmen. Das Charakteristis
der meisten Geyser ist die kurze Dauer der
Eruption und deren regelmässige Wiederkehr. Der
bekannteste und berühmteste im Yellowstonepark
ist der „Old Faithful“, der alle 65 Minuten während
fünf Minuten eine Wasser- und Dampfsäule ent-
sendet. Auf einfache Weise kann man den Vor-
gang im Kleinen wiederholen, indem man eine
dünne Metallröhre, die oben eine weites Bassin
trägt, mit Wasser füllt und unten durch eine starke
Flamme erhitzt, wie unsere Abbildung es veran-
schaulicht. Die unteren Schichten des Wassers
gerathen bald in Siedehitze, können aber keinen
Dampf entwickeln und entsenden.. Allmählich
steigt das Kochen in der Säule immer höher, die
Spannung wird immer grösser, bis endlich der
Moment kommt, in dem der Druck des gefangenen
Dampfes grösser ist als der, welchen die darüber
befindliche, noch nicht siedende Wassermasse aus-
übt — dann befreit sich endlich der Dampf, sprüht
hoch auf aus der Röhre heraus und reisst eine
mehr oder weniger grosse Menge des über ihm
befindlich gewesenen Wassers mit sich empor.

Das Wasser fällt abgekühlt in das Bassin und die
Röhre zurück und binnen wenigen Augenblicken
beginnt das Spiel von Neuem. Der Vorgang ist
genau derselbe wie bei den wirklichen Geysern,
nur dass diese einen fortwährenden Wasser-
zufluss und dadurch unbegrenzte Dauer haben,
während die künstlichen bald durch Verdampfen
erlöschen. Durch farbige Beleuchtung einer solchen
Dampf- und Wassersäule lässt sich ein hübscher
Effect erzielen.

*

DieSommerfestederDeutschenSchrift-
steller - Genossenschaft erfreuen sich einer
stets zunehmenden Beliebtheit in der Reichshaupt-
stadt. Tout Berlin war jüngst in der pracht-
voll decorirten Flora zusammengeströmt, um zu

Ein künstlicher Geyser.

sehen und gesehen zu werden. Die Einleitung der Festlichkeiten bildete
Enthüllung einer stattlichen Reihe überlebensgrosser Statuen und Gruppen.
sich als eine Triumphallee der Isten und Ismen darstellte. Da sah ein bl‘ l1
angelaufener Impressionist die ganze Welt durch eine blaue Brille an und ver
ewigte sie in demselben Farbenton auf der Leinwand, da öffnete sich eine Pl elfl

Airistin den durch einen Luftsack gebild etel1
Leib mit einer Scheere in dem heissen M eI"
langen nach „Luft, mehr Luft“, d a betr^'
tete ein naturalistischer Bildhauer mit ern-

adel'

schwärmerischem Blick einen soeben nio ü


lirten Kohlkopf, während ein Realist sich

einem Strick aus dem Sumpfe der pessinh 3*

schen Wirklichkeits - Malerei herauszog- ^ ,

moderne Idealismus wurde durch eine

den Krücken der Tradition heranhinken

aber gleichzeitig auf einem Goldsack fuss en

„Schöne“ personificirt. Ein Secessionist säg

unentwegt den Ast der akademischen Bild ul1-

fji'

unter sich ab. Das grosse Nichts, der
hilismus, wurde durch eine groteske M 3' 6
figur angedeutet, die mit verzweifelnder

Ufl0

bärde die leeren Hosentaschen zeigte, ^
einen freudigen Ausblick auf die Zukunft
Künstlers gewährte ein auf einem Sch" 1 ^
den Weltball umreitender Kiinstler, des-
Hand sich hoffnungsfreudig nach der ^

Riisselthier schmückenden Grossen Gold eI1
Medaille ausstreckt. Das Ganze aber

des wiedergebor el1

nO u

todt geglaubten

Sein e

Fest der Deutschen Schriftsleüer-Genossenschaft in der Flora zu Charlottenburg. Photographie von Franz Kühn, Berlin.

unter dem Zeichen
Naturempfindens, des
doch unter uns Iebendigen grossen Pan.

Augen zwinkerten lustig auf die festlich ■ifa 11
kleidete Menge herab, die lachend und B
spendend der EröfFnungsrede lauschten.
Worte des Redners galten einer hunio r
schen Erläuterung dieser plastischen ^
auf die neuen Richtungen in der Kunst.
 
Annotationen