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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Februar
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Dienftag, i2, Februar


IasertionSgebühreu für die 3,'paltige Petit-
zeile werde» mrt 3 kr., bezw. 3kr. derechuet.

H Der Nationalverein und das
Großherzvftthum Heffen.

Bevor wir spcciell auf dic Geschichlc des
Nalionalverems im Großherzogihum Heffen
übergehen. i'st cs nöihig, noch Einiges im All-
gemeincn vorauszuschicken.

Die reactionäre Pariei hatte im Verlauf
des lctzten Aahrzchnis das Möglichste gethan,
um dem Volk in den meisten deutschen Staa-
ten jcde Betheiligung an der Politik zu ver-
leiden, Die ersten Sturmcswehen bei dem
Ausbruch des österreich-italienischen Kriegs
bekundeten, daß die Anstchtcn der deutschen
Rkgieriiirgen in de» wichtrgsten nationalen An-
geiegenheiten weit auseinander gingen und
baß bei einer Bedrohung DcutschlandS die
Uncntschicdenheit der uieisten Regierungen das
Schlimmste besürchlcn ließ. Ungeachtet 1848
sämmtliche deutschen Souveräne die Nothwen-
digkeit siner Centrasgewalt anerkannt und
ebenso die Bertretung der Nation am Ditze
derselben, so war dennoch auch nicht daS
Mindeste hicrfür seitdem geschehen. Es drohte
unserem deutschen Vaterland eiae zweifache
Gesahr; siegte Oestcrreich in Jtalien, so stand
zu bcfürchten, daß der österreichische Einfluß,
zumal in den kleinercn und mittleren Bundes-
staaten, in noch höherem Maaße Gcltung er-
langcn würdc, als dies bisher zum Nachtheile
vieler Staaten schon der Fall war und daß,
gleichwic in Oestcrreich sclbst dcr Unsegen ul-
tramontaner und rcactiönärer Regierungsprin-
cipien, aüch in dem übrigen Deutschland Platz
greifen würde, — dci einem Unterlicgen Oc-
stcrreichs war aber nicht abzusehen, wie weit
Frankreich in der Vcrfolgung seiner s. g. civi-
lisatvrischen Nationalitäts-Bcrechtigungen gc-
hen werde; die Näpolconischen, unbchindert
realistrtcn, Austchteu über Revindication und
Annerion gaben der Wahrscheinlichkeit Raum,
oaß auch ein Versuch der Rcvindication deS
linken Rheinnsers zu crwarten stehe. Vvn
ciner Seite der. itallciiischen Grenze war
deulsches Bundesgebiet schon bedroht und noch
waren Dentschlands Regierungen rathlos.
Man rüstcte zwar, da aber die Frage der
Bundesfeldherrnschaft am Bund zum Abschluß
kommcn sollte, — die prcußische Regierung
aber weigerte, stch von Oestcrreich in's Schlcpp«
tau nchmen zu lassen und dieses, um seiner
eingebildeteu Machtstellung, dem übrigen
Deutschland gegcnüber, Nichts zu vergeben,
selbst die Lombardei geopf'ert, — da konnte
man stch im Süden und Norden Deutschlands
nicht länger der Ansicht verschließcn, daß cine

Das graße Faß zu Heidelberg.

Hisiorische Novslle von Wilh. Jungmann.

(Fortsetzmig.)

Außer sich vor Wuth über dtese unberufcne Da-
zwischenkunft, hättc Felir Lust gchabt, dcn gar zu
eifrigen Beschützer des frcmden MLdchens auf das
nachdrücklichste zu züchtigen, «Lre ihm nicht der
Muth dazu entfallen, sich mit einem so starken und
kräftigen Gdgncr meffcn zu können/darum zog er
cs auch vor, feincn Zorn durch nachfolgende Wörte
austoben zu laffcn:

„Aha! Stcht es so aus? Versuchst Du jetzt Dein
Glück bei dieser heruinziehendcn Vagabundcn-Dirne,
nachdem Dir die Tochter achtbarer BürgcrSlcute
einen Korb gegeben hat? Was hast Du aber auch
damals gedacht? Das «ar ja gletch vorauszusehen,
daß Meister Werncr's Töchterlein sich nicht ent-
schließcn würde, sich einem auf der Straßc gefun-
denen Bettellnaben an dcn Hals zu wcrfen! Zu
dicscr Dirne paßt Du bcffer, denn Glcich und Glcich
gesellt sich gern!"

Schon einmal hatte ihm der Anverschämte scine
Geburt und scin Herkommen zum Vorwurf gemacht,

Einigung der Sonveräne unter Ver-
zichtleistling auf eingebildcte Vorrechte nicht
zu erwarten stehe und daß nur der Bestgnd
ei'nes kkiltschcn Parlaments eine Glelchberech-
tigung der dcutschen Bundcsstaaten herbeizu-
führen im Stande sci, daß »ur dadurch ver-
miedcn werden könne, daß die Fürsten un-
geachtet erlheiltcr, oder doch zugesagter consti-
tutioneller Regi'erung, allein regierten, ugd
daß von dcr Psrsönll'chkeit der jeweilig Rc-
gi'erenden das stVohl und Wehe DeutschlandS
abhängl'g sei'. Diesc Erkenntniß veranlaßte
den Zusammentritt patri'otischer deutscher Män-
ner zu einem Verein, welcher die Förderung
der änerkannt nationalen deuischen Bedürfniffe
zu sei'nem Zwecke hatte.

Freudig hätten, zumal die kleineren deut-
schen Regicrun'gen, dieses Erwachen eines
deutsch-nationalen Volksbewußtseins begrüßcn
sollen, denn unzweifelhaft haben bei dcm Ein-
tri'tt ciner Eatastrophe die Regenten der klei-
ncren deutschcn Staaten wcil mehr zu fürch-
ten, als dse Regierlen; abcr mit einer rein
unbegreistl'chen Verkennung dieser Sachlage und
aus eitler Besorgniß vor möglichcn Ueber-
griffen trat man von vcrschiedenen Seiten dcn
Bestrebungen des Nationalvereins entgcgen.

Deutschland

Karlsruhe, 9. Febr. Der „Karlsr Z."
geht die Rachricht zu, daß vor wenigen Mi-
nutcn auf eiiien höhcrn Pvstbeanitcu durch
einen entlaffenen auswärtigen Bediensteten
ein Attenkat verübt word'en ist. Jener ist,
wie wir hören, lcider im Gesicht und am
Ärm verwundet worden. Der Uebelthäter
wurdc sofort durch eincn Diener des Hauses
fcstgenommeii.

-k Heidelberg, 10. Febr. Prof. Mar-
quardsen, an welchem diesmal die Rcihenfolge
einer Vorlesung zu Gunsten von Steins Denk-
mal war, hielt gestern Abend vor einein zahl-
reich veksammelten Audi'torium einen Vortrag
über dos Lebcn und Wirken Anselm v. Feuer-
bachs. Auch den Nichtjuristen ist im Allgc-
meinen die hohe Bedeutnng dicses berühmten
Crlminalrechtslehrcrs bekannt, welcher sür den
Laien in der Rechtswiffenschaft noch dadurch
an Jntercffe gcwonnen hat, daß er seinerzcit
die Entdecknng des mit dem räthsclhaften Schick-
sale Caspar Hansers verbundenen Verbrechcns
mlt zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat. Der
Rcdner berührte selbstverständlich diescn wich-
tkgen Momcnt in seincm Vortrage, in welchcm
er überhaupt in sehr aussührlicher Weise die

allein er durfte sich damals nicht rächen, wcil ja
sein Meister selbst seine Vertbeidigung übernommen
und ihm so glänzcnde Gcnugthuung verschafft hatte,
aber jctzt, in Gegenwart so vieler Leute, von wcl-
chen vicle ihn kannte» und «ußten, daß er dcr Lci-
tcr des Baues deS großcn Faffcs sei, durfte und
mochte er cine solche Beschimpfung nicht ruhig hin-
nehmen und ungeahndct laffen.

Ein fürchterlichcr Schlag in das Gesicht des Elcn-
dcn, der diesen taumelnd zu Boden strecktc, war das
Signal eincs allgcmeinen Tumultes im Zimmcr,
denn während Zulietta vor Schreck auf ihren Stuhl
niedersank, hatte sich Felir wicdcr vom Boden er-
hobcn und drang nun vepcint mit scincn Trinkgc-
noffen auf Gcrhard ein, der sichcr mit Allen fcr-
tig gewordcn wärc, hätten sich nicht allc Ucbrigen
sejnerPartie angcnommen und dic Ruhcstörersämmt-
lich zur Thüre hinausgcworfen.

Daß dicscs nicht so lcicht bcwerkstelligt wcrden
konntc, läßt sich lcicht denkcn, denn auch die Gcgncr
setzten sich tüchirg zurWehre, so daß cin zicmliches
Durcheinandcr tm Zimmer entstanden war. Als
nun aber Alles wieder an scine Plätzc gerückt wor-
dcn, da war Julictta nicht uichr im Stande zu

Schicksalc Feuerbachs in sci'ner Jugend, wl'e
ia seinem reifercn Mannesalter schildertc. lln-
ter Andcrem führtc er namentlich auch au,
baß Feuerbqchs geistiges Naturell mehr dem
seiner Mutter, als des Batcrs angepaßt war,
eine Erscheinung, dic stch bei bedeutenden
Männern oflmals wiederholt. Als ticfer und
scharfstnniger Denker schjcn Feuerbach anfäug-
lich mchr zpm Philosophen geeignet; auch
hätte er eine hicrauf einschlägige Laufbahn zu
seinem Lebensberufe gewählt, wenn nicht äu-
ßere Verhältyiffe das Ergrcifen des juristischen
Faches für ihn wünschenswerth gemacht hät-
ten. Jn diesem lcistcte er denn als ausgc-
zeichneter Slrafrechtslehrer bekanntlich Gryßes
und Vollendetes; mit sciner ays die Grund-
sätze der Kant'schen Philosophie zuriickgeführ«
teu Theorie ves Criminalicchks brach er eiue
neue Bahn für diesc Wiffenschaft iu Deutsch-
land, wurde der Begründer eines neuen Sh-
stems (des pspchologischen Zwanges) in der-
selben, welches großentheils jetzt noch Geltung,
und in der Wiffenschaft, wie jn der Prqris
der Strafrechtspflege hohe Bedeutuyg hat.

Der Redner wies dieses yicht niir iin All-
gemeinen nach, soudern führte seine Darßel-
iung zngleich in seinem Vortrage auf eine
Mengc wiffcnschaftsicher und sonstigep Detakls
zurück, die besonvers für den Juristen vom
Fache von.Jntercffe sind.

Pforzheim, 8. Febr. Gestern hl'elten die
hiesigea Mitglieder des deutschen National-
vercins, wie das allmonatlich geschieht, wie-
der eine Versammlung, die, einschließlich der
eingeladenen Gästc, an 300 Theilnehmer zählen
mochtc.

Speyer, 7. Febr. Die Wahlen i» ber
Gencralspnode sind nach der „Pf. Ztg." mit
„verhältnißmäßig" wenigcn Ausnahme» sämmt-
lich zu Gunsten des Konststoiiums (also sür
das neuc Gesangbuch) ausqesallen.

Frankfurt, 8. Febr. Nach einem Tel.
der „A. Z." beschloß die gesetzgebende Ver-
sammlung Jnstruction des Frankfurter Byn-
destagsgcsandten zur Opposition gegen dea
darmstädtischen Antrag und Hinwirknng quf
Schaffung einer Centralgewalt mit VolkSver-
tretnng.

Kaffel, 7. Febr. Dte Wochenschrift des
National-Vercins enthält solgcnden auffallen-
den Artikel: „Erlauben Sle mir, Ibnc» eine
dle kurhcssische Sachc bctreffende Notiz mitzu-
theilen, die man gelcgrntlich hinter dcn diplo-
matischen Cvuliffen in Erfahrung gebracht hat.
Es soll stch nämlsch, wic von kundiger Seitc
vcrsichert wird, in dem Kaffeler Staatsarchive

singcn, dcnn Schreck und Scham über dic auch ihr
widerfahrcne Belcidtgung hattcn sie für heutc zn
Allem unfähig gcmacht. Kurze Zcit darauf verließ
sie mit ihren Angchörigen nnd beglettet von Ger-
hard, daS Zimmer, um sich für heute in ihrc Her-
berge zurückzvzrehen.

9.

Viele der heute im „Rittcr" anwesendcn Gäste
waren noch dort zurückgeblieben, denn es hatte kaum
erst zehn Uhr geschlagen. Auch auf den Straßen
«ar cS noch ziemlich belebt, da man zur Meßzeit
die Feierabendstnndc bis auf eilf Uhr ausgedehnt
hatte, um sowohl dc» Fremdcn wie Einheimischen
Gclegenheit zn geben, das vielleicht am Tagc Ver-
säumte noch in später Stunde nachholen zu können.

Paß dic noch im „Rittcr" versammelten Gistc
sich fast ausschließlich von dem so ebcn Vorgefallenen
untcrhieltcn, läßt sich denken, und manche Bemer-
kung wurde hier ausgetauscht über das Mäbchen
und ihre angchlichen Eltcrn, über Felir und Get-
hard, und wie die beiden Letztcren sich schon von fruhcr
her kcnncn und schon einmal irgendwo mit ein-
ander in Streit gcrathen sein müßtcn. Als aber
nun Einer dcrselbcn bemerkie, daß es «trklich ein
 
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