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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0185

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M; L8:


Dienstag, 26. Kebruar

ZnsertionSgebührea für die Zspaltige Petit^
zeile werde» mit 2 kr., bezw. 3 kr. berechaet.

L8«L.

— Zur deutsche« Berfaffungsfrage.

I

Wie nach einer zchnjährtgen Periode des
Sti'üstandes dte deutsche Verfafsiinqsfrage nach
dcm ungltukltchen Ausgange des österreichtschki»
Krkeges in Jtalien im Sommer des Iahres 1859
neu angeregt wurde, wie dieselbe durch fast
gleichzeiti'gc oder bald nachfolgende Vorgänge
tn etnzelnen deutschen Ländern, z. B. durch
Aenderung des Regterungsspstems tn Preußen
in liberalem Stnne, durch die wicderholt auf-
tauchenden Kurhesstschen und Schleswig-Hol-
stein'schen Verfafsungskämpfe u. s. w. neue
Nahrung und weiteren Boden gewana, tst,
als der Epoche der Jehtzei't angehörig, allge-
mein bekannt. Das Gsfühl, daß unser deut-
sches Vaterland in seiner jchigen Bersassung
einein drohenden Sturm von außen nichr. ge-
wachsen sei, trttt wiederholt in den Vordcr-
grund der politischen Ereignisse und dräugt
sich einem jedcn, es mtt Deutschland Wohl-
inetnenden, lebhast auf. Znsbesvndere füllten
sich die Spalten der öffentlichen Blättcr, nach-
dcm die Kriegsnachrichten verschollen und wir
nach dem improvisirten Frieden von Villa-
franea zur Selbsterkenntniß über so Manches,
was in Deutschland Noth thut, gekommen
waren, mit einer Auswahl der verschteden-
artigsten Entwürfe der politischen Umbildung
unseres Vaterlandes und der Wcgc, die man
für gceignet htclt, um dieses Ziel zu erreichen.
Wir erwähnen hier nur vorübergehend die
Jdee Ler Trtas (Dretheit) des Bundesdiree-
toriums, oder engcrn Schließens des deutschcN
BundeS, des Bundesstaatcs in großdeutschcm
uud kleindeutschem Sinne und AndereS mehr.
Diese Projccke wareu nicht gerade neu, viel-
mehr warcn dieselben in der Regel schvn in
der pvlitisch erregten Zcit der Jahre j848/49
aufgetancht. Daß jedoch bei dcr Jndividua-
litat des deutschcn Volkes, dessen besondcren
Stammescigenschaften, deffen geschichtlicher
Vorzeit, sowie dcr eigenthümlichen Lage der
Gegenwart, das schlteßlich z» errctchcude End-
zicl kein anderes, als die Gestaltnng etnes
Bundesstaates mit starkcr, einheitlicher Cen-
tralgewalt und eincr parlamcntarischen Ver-
tretung der einzelnen Staaten und Völker
sein könnc, hicrauf kamen alle wahreu, bc-
sonnenen und vorurtheilsfreien Vatcrlands-
freundc immcr mehr und mehr zurück. Manche
gingcn in dem gewtß schr achtungswerthen
Strebeu noch weiter und setzten sofort jenes
Endziel dahtn fest, daß die zu erstrebende Ceu-
tralgewalt nothwendigerwcise in dte Hände

Preußeils, als dew größten und bedeuteudsten
der dem politischen Fortschritte zugenetgten
deutschen Staateu, gelegt werdcn müffe.
Hterin ist man nun unseres Erachtens für
jetzt etwas zu weit gegangen und hak künf-
tigen Ereigntffen, die frühcr oder später un-
ansblcibltch eintreten werden, vorgegriffen.
Die Frage, in weffen Hände dcreinst dte
deutsche Centralgewalt gelegt werden müffe,
ist keine theoretische, sondern eine Frage dcr
That. Von Settcn Preußens aber ist, wte
selbst ctsrtgc Anhänger der Hegemonte dieses
Stgates zugeben müffen, in neuerer Zeit Nichts
geschehen, um dic Führerschafk der deutschen
Nati'pn zn erwcrben, vielmehr ist von Seiten
dfeser Regierung wicderholt, in neucster Zeit
sogqr ofstcicll tn den Kammcrn erklärt wox-
den, dqß igan die Ietztzctt zn weitergehen-
dcn allgemei'nen deutschen Reformen tn dieser
Richtung nichf für geeignet halte. Es liegt,
wie nfcht zu läugnen ist, in dieser Erkläruug,
wenn auch in etwas modificirtem Sinne,
elwas Wahres. Es kommt nämlich unter
den jetzigen Verhältniffen nicht auf Bewcgung
überhaupt, soiidern darauf an, daß dieselbe
einheitlich vor sich gchc. Man benütze
daher die in früheren Jähren geinachten Er-
fahrungen, vermeide jede Spaltung, vcrzichte
lieber auf manches Beffere, um wenigstens
das.Gute zu erreichen und gche nicht allzn
schnell, damtt auch die Langsamen nachkommen
konnen.

Auf das Ganzc wirb nur dadurch gewirkt,
daß man überall auf das Eiuzelne wirkt.
Deutschland besteht nun bekanntlich aus cfnem
Complcre verschiedener mehr oder ininder un-
abhäugtgcr Staatcn, wclche enger unter sich
vcrbuiiden werdcn sollen. Man möge sich
dcßhalb immer daran eriniierii, daß Freihctt
und Kraft des ganzen Deutschland nur auf
Frciheit und Kraft der einzelncn Ländcr auf-
gebaut werden kann, daß es also dic erste
Verpstichtung eincs jeden Bürgers ist, zunächst
in seinem eigenen Lande die Sache des Fort-
schritteS zu sördern. Am ehcsten kann diescs
geschehcn durch die verschiedenen Ständevcr-
sammlungen. Jst in allen deutschen Ländern
zunächst die Volksvertretung der Sache dcs
nationalen Fortschritts ernstltch und aufrichtig
zugcthan, so werdcn sich zulctzt auch rte Rc-
gieruiigen ihrcm Einflnffe nicht entziehen kön-
nen, und wenn es einmal so wcit komrnt und
zugleich unter dcn deutschen Stämmen tmmer
mehr und mehr das Gefühl der Zusammen-
gchörtgkeit eintritt, sv ist damit schon cine
der Hauptschwierigkeiten der Einigung besci-

tigt. Der deutschen Volksvertretung
muß cs daher ganz besonders obliegen, Allem,
was dcutsche Herzen bewegt, eincn wirksamen
Ausdruck zu gebcn, da, wv es noch nöthig ist,
etn veraltetes Spstem zu bekämpfe», dvrt des-
sen Nachwehen heilcn zu hclfrn, dte Stimme
der Einsicht uud des Patriotismus freimüthig
uod ohne Menschenfurcht zu erheben für die
wahren Bedürfniffc und berechtigken Forde-
rungen der Völker, und geg en jene burcau-
crattsche Afterweisheit, welche den lebendigen
Staat, eine organisch verbnndene Gesellschaft
denkender Wesen in eiue bloße Maschine ver-
wandelt haben will. Dte deutschen Kammern
sollcn vor Allcm Wächtcr der öffentlichcn
Freihci't fein und tn dcm Bewußtsein dieses
EhrcuamteS sich durch Nichts beirren laffen.

^Won der Art der Lösunq dieser hochwichtigen
'Aufgabe wird das Geschick Dcutschlands tn
dcr nächsten Zükunft abhängen. Außerdem
wfrke jeder Eknzelne nach diefer Richtung hin
in seinem besonderen Krcise, wo und wte er
immer kann. Man wirfe felbst mittelst der
öffentiichen Meinung auf Herstellung etner
deutschcn Centralgewalt hin, man wtrke fer-
ner daräuf hin, daß die Htnderniffe, welche
der Errichtuug ciner solchen tm Wege stehen,
nach und nach entfcrnt, und daß alle partt-
kularistischen Gelüstc und Bestrebungen kletn-
staatlicher Natur, wo sich immep,solche zeigeu,
nachdrücklich bekämpft werdcn; aber man greise
nicht den Ereignisscn vor und bestimme
nicht zur Unzett, welchem deutschen Für-
stenhause jene Centralgewalt übertragen wer-
den soll. Preußcii aber niöge sich eine An-
wartschast auf folche wenigstens durch mo-
ralische Eroberungen erwerben, wozu jeder
Zeitpunct, auch der jctztgv gceignet ist (völlig
abgesehen von den bereits abgelehntcn weit-
ausschenden Reformcn). Wir werden dies
in einem besondern Abschnittc näher zeigen.

Deutschland

Kehl, 20. Febr. Die Eröffnung dcr Git-
terbrückc zwische» hier iind Straßburg ist
auf den 11. März I. I. festgesetzt.

Freiburg, 21. Febr. Bezüglich der he-
strittenen und unbestrittenen Pfrüuden
werden in diesem Augenblick von der groß-
herzvglichen Staatsregierung einerseits, und
vom Ordinariat andcrerseits, Verzeichniffe
anfgestellt, wclche eincr in Bäldc zusaiiimen-
trctenden Coiiimission znr Grundlage dienen
wcrden. Wir glauben sonach aniiehmen zu
dürfen, daß in weuigen Monaten cin tzcfini-

Das große Faß,>u Heidelbcrg.

Hi.ftori.sche Novelle von Wilh. I u ngmann.

(Fortsetzung.)

Dies geschah. A!s beide MLnner wicdcr in dem
Cabinct einander gegenübersaßen, bcgann der Kürst:

„Mein licbcr Marauis! Sie habcn mich bei Zhrer
nculichen Abreist von hier mit Zbaem vollsten Ver-
traucn beehrt, und mich eincn Btick in Ihrc Lc-
bcnsgeschichtethun laffen, dic mich im höchsten Grade
intcressirt. Jch habe dcn innigsten Antheil an Jhrem
Schicksale genommen und freue mich unendlich, daß
es Zhnen wenigstens gelungen ist, die theuere Gc-
frhrtin Jhres Lebens wieder aufzufinden, wcnn ich
auch auf das tiefstc bedauern muß, daß von den
theueren Sprößlingen Jhrer Ehe noch immer keine
Spur »orhanden ist. Sie habcn mir bei Ahrer Ab-
reist ein Signalement Zhres ehcmaligm Dieners
übergeben, dem Sie die Kinder anvcrtraut. Man-
chcrlci hernmzikhendes Gefindel ist fchon rn unsere
Hände gerathcn, allein. anf Kcincn chatte daS Sig-
nalement passen wollen, biS vor ciniger Zcit, auf
unstrer lctzten Herbstmesst, unter vielen andercn
- Vcrdächtigen auch ern alter Musikant mit Frau und
Tochter erschien, der gleich Anfangs nnstre ganze

Aufmerksamkeit in Anspruch »ahm. Obgleich das
Signalemcnt anf ihn nicht ganz paßte, so konnte er ja
im Laufc dcr Aahre sichso verändert haben, daß von
stinem früheren Aussthen kcinc Spur mehr vor-
handen war. Den größten Vcrdacht aber gcgen
ihn erwecktc das wirklich schöne Mädchcn, das er
fnr ftinc Tochtcr auSzugcben flch erdrcistetc. Dcr
Mcnsch bcging hier einen Diebstahl, in Folge dcffen
er eingczogcn und die strengstc Untersnchung gegen
ihn eingeleitct worden war. Zm Lanfe derstlbcn
gestand zwar stin Wcib, daß fie die Mutter dicsts
MLdchens nicht sti, der Altc aber blieb nach wic
vor bei stiner frnhcren Bchauptung. Bcide wur-
den von dem Gerichte zu mehrjähriger Znchthaus-
strafc vernrthcilt, das Mädchcn aber von meiner
Gemahlin in Schntz genommen; wo es jetzt noch
weilt.

Von cincr dunklcn Ahnnng crgrtffen, daß vrel-
leicht das Schicksal diests Mädchcns mit dcn Zhnen
abhandengckommenen Kindern im Zmammenhangc
stche, hatte ich mehrfache Bersuche gcmacht, Zhren
Anfouthaltsort anssindig zu machen, um Sie cin-
znladc«, chierher zn kommen, um fich persönlich von
der Richtigkeit meiuer Vermuthung zn iiberzeugen,

ob dcr hier Lerhaftete wirklich der Rjrnher Zhrer
Kinder sti; doch meine Bemühungen warcn vergc-
bens. Mittlerwcilc hatte nun aber dcrstlbe Ge-
legenheit gefmiden, aus stincm Kcrkcr;n enhkom-
men nnd durch kecke Raubanfälle die LantzstraKe
unficher zu machen. Eben derstlbc «ar es quch,
dcr S.st auf dcr Straßc angefallen, und dcr nun
von Gerhard Dornbnsch und zwei anderen Küstr-
burscheu wstdcr eingefangcn isr. Bei der nuninehr
gcgen dcn-Ränber begiiincllden Prozchnr, «jrd
derstlbe anch Ahnen gkgiiiubcigrirellr werrcii, und
Sic werdcn dadurch Gelegcnyeii bekommcn, zn cr
mitteln, «b ich mich in mciner Vermuthnng geirrt
habe!"

Mit der gespLnntestcn Anfmerksamkeit hqtst dfr
Marquis dem Pfalzgrafcn zugehört. Nachdew er
gcrndet, wolltc cr ihn eben bitten und teschwören,
daß er es mögllch mache, daß ihm der Gesangene
noch heust gegenübergkstellt werdc, Mesn in .eben
dtestm Augenbückc öffn.ete fich die Thnre mid ein
Dstner meldete dem Pfalzgrafen: „daß die bei ddr
Krau Pfalzgräfin befindliche Maranist plötzlich er-
krankt wäre nnd bcreits nach ärztljcher Hütf« ge-
sendct «ordcn sei,"
 
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