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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Juni
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vereint so eifrig dke Pariei DänemarkS gegen
DeutschlanL ergriff! Bon diesem politischen
Fehler, der nach der Annahme Mancher vicl-
Icicht bloß auf einer wenig genauen Bckannt-
schaft mit dcr einschlägi'gen wahreN Sachlage
beruhte (wie man dieses in Bezug auf aus-
wärtigc Verhältniffc den in ihren eigenen An-
geldgenheiten politisch so reif durchbildeten
Britcn oftmals zur Last legt) ist bie cnglische
Regierungspolitik in neuererZeit ohnehin etwas
zurückgckominen, «nd insoscbn die letztcre noch
ein gewiffcs Jntereffe für Dänemark zcigte, ist
dicses wahrscheinlich nur ein schr rnittelbares
und schcinbarcs, und beruht schlicßlich auf dem
dringendcn Wunsche, die Gefahren und Stim-
mungen cincs allgemeinen Kriegcs, wie in
andern politischcn Dingen, so auch in dcr
holstein-schlcswig'schen Sache möglichst lange
hinauszuschiebcn. — Anders in dieser Sache,
und zwar entschieden gegen Dcutschland gc-
richtet ist freilich die Politik Frankrcichs und
Rußlands. Frankreich ist immer bcreit, da
Beistand zu leisten, wo es gilt, dentschcs Recht
und deutsche Ehrc zu verkürzcn uno rie staat-
liche Consolidirung Deutschlands zu verhinder»,
und Rußlanv hat übcrdics noch ein spccielles
Jntereffe wegen seincr cventuellc» Crbsolge rn
Dänemark, uud seineS, wcnn auch zur Zcit
mehr im Hintergrunde liegcnden Bestrebens,
die Ostsce zu umklammcrn (gleich wie im Sü-
dcn das schwarzc Mecr). Sollte es je zu eiiiein
Kriege in unscren nördtichen Gräirzmarken kom-
men, so ist kaum zu denken, daß England scinc
Flotte zu russischen Zwcckc» in der Ostsce und
sür die weiterc Bermehrung des Einfluffes eincs
so zwkldeiitigen Bundcsgenoffen, wie Napo-
leon, verwcnden würde. Ucbrigens dürfte sclbst
der französtsche Kaiser den Däncn uur dann
wirksamcn Beistand gegen Dcutschlanb leisten,
wenn er ohnehin seft zum Kricge gegen Deutsch-
land, z. B. wegcn der Rhcinlanbe, cntschlosscn
ist. Rußlanv aber ist zur Zeit nicht in der
Stlmmuiig und der Lage, einen Krieg zu be-
ginnen, außer eS wäre dann deu zu einer
politischcn und religiösen Glaubenssache ge-
wvrdcncn im Oriente. — Bei Lichtc bctrachtct
erscheinen daher dic Gefahrcn eincs aus dcr
Schleswig'schen Sache cntspringciiden allgemei-
ncn Krieges nicht so ilnmittetbar drohenb, als
man -auf den crsten Anblick glaubcn sollte.
Um so mehr sind die dcutschcn Mächte, ins-
besondere Preußen, politisch und moralisch
verpsiichtet, in dicser daS deutschc Gesammt-
intereffe so nahc derührciiden Frage endlich
cininal mit Kraft und Enischiedcnheit aufzu-
trctcn. Am wenigsten aber würde es sich mtt
dresem Jntereffe und mit dcr deulschen Ehrc
vertragcn, wcnn die deutschen Mächte selbst
hintcr Englanb zurückstchen soüten und geson-
nen wären, auf jencn überaus kläglichcn Bor-
schlag Dänemarks, der Preisgebung' Schlcs-
wigs, im Berein mil Rußland und Frankreich
einjugkhen.

Hcidelberg, 18. Zuni. Hr. Gch. Kir-
chenralh Profeßor Hundeshagen hat, nachvcm
die zwischen ihm und dem Kirchengemeinderakh
dahicr enlstandencn Verwicklungen beigelegt
sinv, seiiieii Austritt aus dem Kirchengemein-

Dcr Offizier trat ab und es wurde in Berathung
gczogcn, ob dem Proccffe gcgcn Kauris der wcitcre
Verlauf gelaffen werden sollc. Der erstc Präfibent
deS Parlamcnts, sechs Räthe vom Untersuchungs-
gcrichte, ebenso viele Riithe der Requctcnkammcr,
der Gencralprocurator und dcr Advocat Pourquois
warcn dabci anwcseud. Lange wurde über diesc
Frage discutirt; da wendete fich der Advocat bit-
tend an den Rath: „Weisc Herrcn!" sprach er, „be-
schlicßt über Kauris wie immer, abcr entzieht nicht
länger die Freihcit eincm unschuldigen Edclmannc,
der wcgen eineS schmählichen Verdachtcs tm Kcrkcr
schmachtct."

Dcr Zufall oder gchcime Zntriguen machten
der Ungewißheit der Richtcr ein Ende. Der Grieche
wurde am anderen Morgcn in seincm Kerker todt
gefundcn. Und jcxt leitete man unaufhaltsam den
Proccß in allcr Form Rcchtcns. Es wnrdc erkannt,
daß Kauris aus Rache und tcuflischer Bosheit die
Magazine dcs Kaufmanns in Brand gesteckt, dessen
jüngste Tochter entführt und behufs seiner magischen
Praktiken erdroffclt habe, so wie endlich, daß er
mittclst Emiffären scine eigene Strafbarkeit auf das
Haupt des Vidame »on Maulle zu «Llze» rersuchte.

, derath bci großh. cvang. Stadtdecanate dahier
angezeigt. Hicrdurch nun ist eiiie Ersatzwahl
nothwendig geworden. Als Männer, welche
ebensowohl wegen des lebhaften Jntereffes für
dic evangelische Kirche, als anch weqen ihrer
gründlichen Kenntniß der Verhältniffe derscl-
ben vorzüglich zu dicser Stelle gecignet er-
scheincn, werden genannt die Hcrrcn Hofrath
Profcffor Häuffer, Profeffor Hitzig, Dr. Pa-
genstecher, Bater. (B. L.)

Mannheim, 18. Juni. Heute stand der
ledkge, 26 Jahre altc Schmied Andrcas Grc-
gor Stolzenberger unter der Anklage eines ge-
fährlichen Diebstahls vor den Schranken des
Schwurgerichts. Dcrselbe ist beschuldigt, am
Abend des 1. Februar l. I. sich von'Mos-
bach nach dcm benachbarten Hochhausen begc-
ben, dort in ben von einem bewohnten Gebäude
uirischloffenen Hofraum und in ein zu diesem
Hofraum gehörendes Rebengebäudc dcs Zudas
Sticset eingcsticgen zu sein, und aus letzterem
Eisen illl Gewicht von 507 Pfv. im Werthe von
73 fl. 1 kr. entwendct zu habe». Dcr Angeklagtc
gcstand die Richtigkeil dleser Beschuldigung so-
wohl in der Voriintersuchung, wie auch in
der heutigen mündlichen Vcrhandlung ohne
Rückhalt zu, behauptetc dagegen, daß er sich
zur Zeit der Vcrübnng der That in betrunke-
nem Zustandc befunden habe, in wclchem er
lcicht unsinniges Zeug treibe. So habc er
ansänglich nur beabsichtigt, in dcm Eisenma-
gazin des Judas Sticfel nachznsehen, ob nicht
ein Stück Reifcisen, welches ihm unlängst ent-
wcndek worden, an Zudas Stiefel verkauft
wordcn sei, und erst in dem Magazin ange-
langt, habe er dcn Entschluß gefaßt, rinen
Dicbstahl zu verüben. Aus dcr Aussage der
abgehörten Zeugen ergab sich, daß dcr Ange-
klagte elnige Skunden vor der That 2 bis 3
Schoppen Wcin und etwa 3 Schoppen Bier
und unmitlelbar vor seinem Äbgang von Mos-
bach noch 1*/, Schoppen Bter getri'.nken hakte
und daß er lich zwar iii cinem etwas aufge-
regten Zustande dcfand, keineswcgs aber völ-
lig betrunkcn war und recht gut wußtc, was
er thät. Die Staatsbehörde, vcrtrcten durch
ben gr. Staatsanwalt Maps, führte aus, daß
dcr Thatbcstand eines gesährlichen Dicbstahls
hier vorlicge und daß kcin solcher Grad von
Trunkeiiheit nachgcwicsen sei, daß angenom-
mcn wcrden könne, es habe daS Bewußtsein
der Sirasbarkeit der Handlung oder dic Will-
kühr dcs Handelnden gänzlich gefehlt, oder es
habe sich dcr Angeklagte auch nur in dcm diescm
Gradc nahekommenden Zustande befunden, daß
vielmehr nur das Vorhandensein eincs Straf-
mindcrungsgrundes in der Richtung zugegebcn
wcrdeii könne, daß der Angcklagte den Umfang
der Gesährlichkcit und vie Größe der Skraf-
wüidigkeit seiuer Handlung nicht cingesehen
habe. Der Vertheiviger Hr. O.G.A. Wcller
jun. bcstritt das Vorhandensein cines gefähr-
lichen Dtcbstahls und wolltc wcnigstens eine
gcminderte Zurechnungsfähigkcit angenommen
wiffen. Die Geschworencn traten zufolge ih-
res Wahrspruchs in allen Beziehungcn den
Ausführuugcn der Staatsbehörde bei und der
Schwurgerichishof verurtheilte demgcmäß den

Man vcrurthcilte ihn einstimmig, lcbcndig gerädert
und sodann am Galgen aufgchängt zu werdcn, «el-
cher Rechtsspruch sohin in «tkgio vollzogen wurdc.
Scin ansehnliches Vermögcn wurde eingezogen und
die cine Hälfte davon dem königlichcn Schatze, die
andere dem Florentiner Kaufmanne als Schaden-
ersatz zugcsprochcn.

Die Ehre dcr Königin und der Krone blicb gc-
rcttct.

Der Vidame von Maulle, der sogleich in Frcihclt
gcsetzt «urdc, «ollte seinen Advocatcn fürstlich be-
lohncn, aber Leonhard PourauoiS, cbenso uneigcn-
nützig alS rechtlich, wolltc nur eine maßige Summe
annehmcn, die er znr Untcrstützung der unglück-
lichen Bewö^ncr der cingeäschcrten Straße der Lom-
barden verwendete. Und als dcr Vidame wieder-
holt in ihn drang, die Bewcise seiner Erkcnntlich-
kcit nicht zurückzuweisen, mcinte der Adoocat mit
trübcm Lächcln: „Nur Gcduld, Vidame, es dürfte
bald dcr Tag kommcn, wo ich nebst Eurer Börse
auch Eures persönlichcn Anschens nöthig habcn
dürfte, und ich gebe Euch mein Versprcchcn, daß
ich dann zu beidcn mctne Zuflucht nehmen wtll."

Diese Zeit trat nur zu bald ei», denn als nach

Anqeklaqten wegen gefährlichen Diebstahls zu
eincr Arbeitshausstrafe von Jahren, ge-
schärft durch 14 Tage Dunkelarrest.

Frankfurt, 19. Juni. Jn der Bundes-
tagssitzung vom 31. v. M. gab der österrei-
chische Gesandte folgende Erklärung ab: „Nach-
dcm die von dem handelspolikischen Ausschuffe
in der di'esjähri'gen Bundestagssitzung gestell-
ten Anträge zum Beschluß erhoben worden
sind, hat der Gejandte die Ehre, die Auzeige
zu erstatten, daß der österreichischcn Reichs-
vertretung dic Vorlagc des Nürnberger Han-
delsgesetz-Entwurfs in Anhoffung dieses Bun-
desbeschluffcs bercits am 11. Mai angekün-
digt worden ist. Zuglcich hat der Gesandte
zu erklären, daß die kaiserl. Regterung bei
der Vorbcreitung des EnisühruiigsgesetzeS au-
gklegentli'ch bemüht ist, alle den Tert des
Nürnberger Entwurfes abänderndeu, oder
mit dem Geiste dcsselbcn unverträglichen Er-
gänzungsbestimmungen zu vcrmeiben, und daß
sie anch in der Zukunst solche wesenilichen
Modisicationen dieses Gesctzbuches, welche die
Uebcreinstimmung der österreichischcn Handels-
gesetzgebung mit jener der übrigsn Bundes-
staaten zu stören geeignet wären, ohne drin-
gende Nolhwenbigkeit nicht vornehme» wolle."

Mainz, 16. Zuni. Wir hörcn aus einer
Ouelle, die vollstänbig unterrichtct sein muß,
daß inncrhalb dieses Zahreö säinmtliche Bun-
desfestuugen mit der vorgeschriebcucn Zahl
von gezogenen Geschützcn nicht blos armirt
sein sollen, sondern auch, inhaltlich dcr abge-
schloffenen Lieserungsverträgk, armirt sei» wer-
-den. Die Gesammizahl dcr gezogenen Kano-
nen, die für die Bundcsfestungcn bcstimmt
sind, beträgt 520.

Die kurhesstsche Regieruiig scheinl ihr Heil
nunmehr in etwas abgeänderter Weise zu ver-
suchen. Aus ihrem officieUen Organc, der
„Kaff. Ztg.», ist zu ersehen, daß sie in dcr
geheimen Sitzuna der crsten Kammer ein neues
Wahlgesetz zur Vorlage gebracht hat. Nun
wird zwar allcrdings bie Zwcckmäßigkeit wie
die Gültigkeit bcs jctzigen Wahlgesetzes be-
strittcn, allein es handclt sich i» beidcn Be-
ziehungen nicht um HersteUung cines ncuen,
sondern ganz cinfach um Wicderciiisühruiig
des alten 1849r Wahlgcscßes. Sodann knüpst
sich hicrau mit Nvthwendigkeit das Vcrlan-
gen einer Besciti'gung der erstcn Kammcr,
und eben dies ist einer der allerwichtigstcii
Momcntc.

Aus dem Großh. Weimar, 17. Juni.
Die Volkspartei cntwickelt diesmal bei uns
aus Anlaß der bevorstchenden Landtagswah-
len einc ungcineine Rlihrigkeit. Eine Folqe
davvn war eine gestcrn aus den Hauptorten
dcs Eisenachischcn KreiscS im Bade Salzungen
abgehaltcne Versammluug zu dcui Zwecke stch
über dic aufzustellendcn Candidaten für den
nächsten Landtag zu ei'nigcn. Diese Einignng
ward auch bald erzield und die Versaiiiinelkkii
schicden von einander mit dem gegenscitigen
Versprechen lii ihren Kreiscn Ällcs aufzu-
bieten, um die Wahl jcner Caiididaten zu be-
werkstclligen.

Nachdem vor wenigcn Tagen noch den An-

dem Tode Larl's Vl. Zsabella, gcstützt aufdie Macht
Englands und ihren Titel alS Regrntin mißbrau-
chcnd, ihrem alten Haffe dic würdigsten und ge-
fcicrtsten MLnner opfckn wollte, erinnerte sie fich
auch dcS Advocaten Pourquois. Diescr, durch einen
vcrtrautcn Freund am Hofe von dcr ihm drohen-
den Gefahr unterrichtct, «cndcte sich nun an den
Vidame: „Jhr habct mir erlaubt, zu Euch mcinc
Zuflucht zu nehmen, Monseigneur", sprach cr zu
Lcm Vidame, „der Augcnblick ist da, ich bin im
Begriffe, Frankrcich zu vcrlaffcn, wo meine Pcrson
nicht mehr sicher ist, und komme, mich unter Euren
Schutz zu ftellcn."

Der Vidame drückte seinen Verthcidiger mit in-
nigcr Rührung an seine Brust, übcrgab ihm dic
damals so anschnliche Summe von dreihundert
Goldthalern und ließ für ihn aus scincr cigcnen
Dicncrschaft cine Escorte bilden, dic ihn bis an
die Grenze von Brabant wohlbehalten geleitetc;
scine Abrrise aus der Hauptstadt überwachte der
Vidame sclbst.

Advocat Pourquois starb in Trier im Jahre 1395.-
 
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