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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0579

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gaben über eine Mlnisterkrisls in Preußen
ganz widersprochen worden, ist nunmehr al-
lerdings anßer Zweifel, daß Anstände im Ber-
liner Cabinet obwalten. El»e hödcre Be-
dcutung leqen wir dcnselben nicht bei, da un-
schwer vorherzusehen ist, daß eine etwaigc
Ministerveränderunq anch nicht entfernt zu
eincm solchcn Erqcbnisse führen wird, wie es
im allqcmeinen Zntcrcffc Deutschlands, und
im besondercn Jntercffe Preußens selbst, zu
wünschcn wäre.

Wien, 15. Juni. Jn Börsenkreisen trug
man sich gestern mit dem Gerücht, im Cabi-
nette des Kaiscrs werde ein Manifest vor-
bcrcitet, welches die Schwierigkeit der Situa-
tion, wie sie durch das Vorgehen der Ungarn
gcschaffen, bctonen und die Nothwendiqkeit
darlegen sollte, daß jede weitere Concession
an die Forderungen Ungarns zurückgewtesen
und der Buchstabe dcr Februarverfassung auf-
recht erhaltcn werden müffc. Wenn man uun
auch dahin gestellt sein lassen maq, ob die
Ncgierung noch einen Appell an die össent-
liche Meinung für nöthig häll, oder ob sie
sich nicht mlk einer einfachcn Anwendung der
vorgezeichneten Mittel: Aussösunq des unga-
rischen Landtags, Ausschreibung directer Wah-
len und im äußcrsten Falle Erklärung dcs
bisherigen eiiqeren Reichsraths zum weiteren
begnügen werde, so steht doch so viel fcst,
daß maßgebenden Orts die Stimmung gegen
Ungarn eine mchr und mehr gereizte gewor-
den ist. Namentlich ist bekannt, daß die letz-
te» Vorgänqe im ungarischen Landtage auf
den Kaiser einen tiefen Eindruck gemacht ha-x
ben. Den Sieg der Revolutionspartei, die
Art nnd Weise, wie man ihm den Kaiserli-
chcn Titcl streitig machte, soll der Kaiser nicht
nur eincn Eingriff in die gcheiligten Rechtc
der Masestät, sondern als einc periönliche B e-
leidigung empfunden haben. Auf der
andern Seite dars man frcilich nicht überse-
hen, daß cben durch die letzten-Siege der Re-
solutivnisten die Lagc eine Wendunq zum Bes-
sern genoinmen hat. Die ungarischen Blät-
ter ergreifen fast einstimmig und mit noch nie
dagewes'cncr Heftiqkeit die Partei Deaks, dazu
kommt, daß eine Ncihe von Vertrauensvoten,
welche diesem Manne von ungarischen Muni-
cipicn zu Theil wurden, deutlich erkenncn las»
sen, die Niederlaqc dcr gemäßigtcn Partei
werde als einc Gcfahr für das Land betrach-
tet. Unter diescn Umständen würde dic Auf-
lösung des ungarischen Landtags »icht nur
mit Gleichmuth von einem großen Theilc der
Ungarn hingenommen werden, sondern die
Regierung würde damit sogar eincm Wunsche
der Gemäßigten entgegcnkommen, welche sich
offen dahin aussprcchen, daß jencr Landtag
nicht mchr die wahre Meinung des Landes
ansdrücke. Uebrigcns kommt es ja jetzt noch
sehr darauf an, was das Haus der Magna-
ten zu dcr Adreffe sagt, die, wenn sic in dcr
gegenwärtigen Gestalt abgcsendet würde, als
ein Act der offenen Auflehnung behandclt wer-
dcn dürfte. Die Regierung scheint jedenfalls
nichts unterlaffen zu wollen, um für alle Even-
tualitäten gerüstet zu sein; man will wiffen,
daß vorgestern wieder eine bedeutende Anzahl
von Truppen — ein unverbürgtes Gerücht
spricht von 15,000 Mann — nach Ungarn
abgegangen sei.

Frankreich.

Paris, 17. Juni. Die französische An-
rrkennung fördcrt die Sache Jtaliens weni-
ger als man qlanbcn könnte; denn dcs Kai-
sers letztcs Wvrt ist: „weder Rom nvch Ve-
nedig". Rom bleibt bcsctzt, und mnß es schon
darum blcibcn, wcil andere Truppe» die un-
serigen ersctzen könnten.

E n g l a n d

London, 15. Juni. Der „Eramincr"
spricht sich schr versöhnlich qegcn Amerika
aus, sowie überhaupt mit Ausnahmc der im-
mcr ihrcn ciqcnen Weg gehendcn „Times",
alle nnserc Blättcr es sich anqeleqen sein las-
scn, den Eindruck, dcn tie Erklärung Ruffclls,
daß man die Südstaaten als kriegfnhrende
Macht bclrachteii müff?, im Nordcn dcr Union
inachre, möglichst zu verwischen. Das mini-
sterielle Wochenblatt sagt, England wvüe nur,

doß Amerika glücklich, mSchtig und zufrieden
sei. Wenn die Unionsregrerung die abge-
fallenen Staatrn überwältiqen könne, so werde
man sich freuen, wenn wieder eine Regierung
vom Lorenzstrom bis zum mericanischen Meer-
busen gebiete; entstünden aber zwci Conföde-
rationcn, so könne England dies nicht hin-
dern. Zunächst wünscht England die Wie-
derherstellung der ganzcn Union und erst in
zweiter Linic dic möglichst kurze Dauer des
Kricges. Durch die amerikanischen Wirren
hat die Auswanderung nach der Union ganz
aufgehört; die letzten Schiffe nach Newpork
hatten keinen einzigen Paffagier gefunden.

I ta l i e n

Rom, 15. Juni. Der Papst, welcher nur
in Folge eincs Rothlaufs unpäßlich ist, hat
seine Äbrcise nach der Villa Castel Gondolfo
verschobe». — Prinz Piombino hat seine Päffe
ohne Bedingimg crhalten. Sein Sohn ist
in Rom geblieben. — Jm Theater Alberti
in Rom hat eine Kundgebung stattgefundcn;
man ließ Victor Emaniicl hvch leben. Die
Tänzerin, welcher dreifarbige Blumensträuße
zugeworfen wurden, ist verhaftet.

Turin, 12. Juni. Unscr neuer Premier
ist uncrmüdlich; cine lange hagcre Gcstalt,
sicht man ihn, dcm vicr Stunden Schlaf ge-
nügen, bedächtigen Schrittcs und ernster Miene
immcr zu Fuß vom Schloß nach dem Parla-
lnentshaus wandeln; scinen Mund hat nie
ei'n Lächeln verzogen. Man glaubt, er sci
schon vor langer Zcit zum Protcstantisnius
übergetreten; fest und rücksichtslos in seinen
Ansichten darf man ihm in Behanblung der
römischen Frage die größte Energie zuirauen,
uud cr wird gewiß in dieser Beziehung Frank-
rcich für scine Anerkennung keine Concession
machen. Die Kammer sehnt sich nach Ferien
und wird daher nur noch die Finanzgesetze
und die Eisenbahnvorlagen erledigcn.

Turin, 18. Juni. Die Session des ita-
licnischcn Parlaments wird wahrscheinlich noch
den ganzen Monat Juli hindurch währen.
— Die „ Perseveranza" veröffentlicht eine
Adreffe der Studente» der Universität Pavia
unter dem Titel „Die Jungend Ztaliens an
eie Jugend Frankreichs". Es ist dicscs Schrift-
stück einc anerkcnnendc Antwort auf einc
Spmpathie - Adreffe der Pariser Studenten
bei Gclegenheit des Todes deS Hrn. v. Ca-
vour. — Di'c „Unita italiana" ist wcgen
eines Artikels Mazzini's, wclcher den Titel
führt „Papst und Religion", mit Beschlag
belegt worven.

Neapel, 15. Juni. Privatkorrespondcn.
zen melden, daß dic Städte San Marco und
Rignano, welche sich empört hatten, mitSturm
genommen worden sind. Etwa 20 Einwoh»
ner, wclchc beschuldigt waren, 4 Picmontesen
lebendig perbrannt zu haben, wurden crschos-
sen, hierauf die beiden Städle eingeäschert
und die Bewohner nach den benachbarten
Ortschaften verbracht.

S p a n t e n«

Madrid, 18. Juni. Nach dcr „Corresp."
verlangt Spanien von Mcrico das feierlichc
Vcrsprechen, daß es die Verträge vollziehen
werbc; erst bann würde Spanien Genug-
«Hnungs-Vorschläge annehmen.

Dänemark.

Geqenwärtig macht dic Runde durch sämmt-
lichc Blätter ein fünfviertel Jahr altes Ac-
tenstück, wclcheS die Kopenhagcncr Berling'sche
Zkituiig zur Stärkung dänischcr Herzen gegen
dcn «nlmulhigenden Einbruck des englischen
Blaubuchs über Schleswig-Holstcin kürzlich
zuerst auftischtc. Es ist eine Dcpesche des
schwedischen Ministers des Auswärtigen, Gra-
fcn Manderström, an den schwedischen Ge-
sanbtcn ln London, Grafen Platen. Dcr Ge-
sandtc crhielt darin Auftrag, bei bcr englischen
Ncgieruug jeden Schritt des dänischen Cabi-
nets, der zur Absicht hat, daffclbe von bcn
„Anmaßungen und Erobcrungsplanen der ver-
bundenen beutschen Mächte" zu befrcien, warm
zu unterstützcn. Denn Schweden könne einen
deutschen Eroberungskrieg unmöglich zugeben.
Preußen müsse von einem Verfahren abgehal-
ten werdru, das nur fatal werden könne rc.

R u ß l a n -.

Von der polnischen Gränze, 12. Iuni.
Vorgcstcrn versuchtc dic polnische Aqitations-
partci in unsercr Nachbarstadt Kalisch einmal
wieder einen Pütsch, der damit begann, daß
man einem unliebsamen Bcamten eine Katzen-
musik brachte. Dicjenigen Katzcnmusikanten,
wclche sich nicht dnrch schnellc Flucht retteten,
wurden abgefaßt und auf die russischc Wache
gebracht, wo 'maii sie überlegte, i'huen ci'ne
Anzahl Stockschlägc mit russischer Encrgic er»
theilte und sie dann wiedcr laufen ließ.

Türket

Konstantinopel, 17. Juni. Daid Effendi
ist zum Gouvcriicur des Libanvus eniaiiilt
worden. Seine Ernenuung wird den Mäch-
ten amtlich angczeigt werden. — Der Sul-
tan ist noch immer krank. Ein Arzt ist durch
dcn Telegraph von Paris hierher gerufen.

Neueste Nachrichten

Von der polnischen Grenze, 18. Zuui.
Es heißt, in Warschau sci gcstcrn ein Courier
mit dcn unterzcichneten Neformen eiugetroffen;
dieselbcn svllen für Polen befriedigcnd ausfal-
len. Die Veröffcntlichung wird balvigst er-
wartet.

Paris, 18. Juni. Nach einqetroffenen
Boischafien sind bie Conferenzcn übcr die sp-
rische Angelegenheit in Konstantinopel zu Ende
gegangen. Marq. Lavalcite reiöt am 22. b.
von Kvnstantinopel ab.

Wien, 19. Zuni. Zn der heutigen Unter-
haussitzung beantwortete der Minister von
Schmerling die JnterpeUativn, betreffcnd dic
Protestantenfrage in Tprot. Dcr Kaiser habe
den bczüglichcn Landiagsbcschlüffeii bie Sanc-
tion verweigert. Die Regicrung verspricht
Aufrechthaltung des Proiestaiiteiipatenteö und
strengcs Einschreiren gcgen ungcsetzliche Agi-
tationen.

Vermischte Vachrichten.

Wie bneil» im »oiigen Jahie berichtet, hat dte Vci-
waliung der bayeiischen Ostbahnen aus Voisoigc
füi baö iciscnde Publilum an allcn lm Äclitcbe stchcndea
dinien Äahnaizte -nsgestcllt. Di-scldc hal nun ncn-i-
ltch auch dtc Änocdttling gclioffen, daß allc läonducicuic
zur Lciilung dcr Iliolhhülfe tn vorlouivlcndea Unglückssällen
oon dcn -lnschlägig-a Bahnärzlcn untcritchtet und mtt
dca htczu ersoiterllchen Hülfsmllikln »irschcn merdcn.

Zn PariS wnrde dieser T-ge (Rnc d- la Pair) ein
SplclhauS ausgihobcn, wo stch nur vcukc aus dcn vor-
nehmstcn Sländen zum Spicl cinfantcn, daS übilgcnS,
wcnn anch ehrlich, schr hoch g-Iilevcn wnrde. Man spiicht
»on einzelncn Veriustcn vou 4V0,V0V Fianlcn. Die Än-
wcscnten wurden nur aujg-so-dert, d-s Hau» zn »crlasscn.

(Kln. Z.)

DaS Budgct dcr Schwciz von 1862, das d-r BundcS-
rath soeben aufgcstcllt hat, z-igt 1S,3l2,000 Fr. Einnah-
m-n uud 18,2«V,V0Ü Fr. Äusgabcu, mithia -tncn Linnah-
mcnüberschnffr »on 1,VV2.00Ü Fr.

Z» Hcidelberg, 1S. Zunt. Gesteru Äbcnd fand im
Brcmcncck Hauplvcrsammlung dcS hi-stg-n Mänucr-
turn»eretns statt. Es handcltc sich um -ndgillige
Bcgründung des VercinS, indcm die voriäustg angenom-
mcncn Sahungen mit tleinen Abändcrungcn als zu R-cht
bestchend crklärt wurden. Dic Sahungen bcruhcn aus voll-
ständtgcr Gl-ichdcrechtigung aller Mitglicdcr und
Aufhcbuug jcglichen Zwangc«. JcdcS Mitglied
nlmmt Thcil an den VcrciuSübungcn, so ost e« Zcit und
llust hal; da« einzig Bintende licgl sür dic Turncndcn
tn dcr Einhaltung destimmtcr Ricgcn aus «cm Turnplatzc
scibst. Mii dicser Entsernung allcs ZwangeS muß sür
Zrdcn der lchte Einwanb gcgen dte Bctheiligunz an cincm
Turnverein vcrschwiudcn, und dcr Männ-rtuin»-r-iu darf
ficher auf zahlreiche Thctlnehmcr in allen älrclscn rcchncn.
Trotz dcr wcnlgcn Wochcn sctneö Bcstchcns zählt cr jctzt
schon über hundcrt Milglicccr. Wic scin Name sagt, soll
er das Turuen Erwachsener sördern; er ntmmi jcdoch auch
Züngliuge unt<r 17 Jahrc» als Turuschülir aus, wie d-rcn
schon mchrerc milturnen. Di- U-bung-n stnden i» dcr
Rettbahn statt. — Dlc Würdc, in der dic zahlrckche Dcr-
sammlnng abgchalten und dic Eintiächligkeit, mil dcr dic
Bcschlüsse gcsaßt wurdcn, gcbcn »ou Neuem die U-b-rzeu-
gung, daß dte Anwescndcn »on der Bcdcutung deS Gcgen-
staade« durchdrungen warcn.

Aürjeniiericht.

Frankfurt, 1S. Zuni. Dic Börse war Anfaug«
ohnc besondcrS hervoitr.lcnden Grund mattcr und dce Um-
satz s-hr bcschränkt. Sinlgc Kanfaufträge. dl- clngclaufen,
gabcn spätcr dem Marktc ctnc fcsterc Haltunq, uud nian
schließt zur N-tlrungSz-it zu d-u Eonrseu d-S gestrtgcn
AdeudvcrlchrS.

Oester. Credlt 1SÜ>/, i-z. Bankacticn zwischen 66V
tts 664. Natiooal zwischen 56'/,—57'/,.
 
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