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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Juni
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ses dem von den Iankee's, obwohl mit Un-
recht, mißachtetcn Spaincn nicht leicht möglich.

„Vuokii8 riscsotidu» tertias Ksuckst". Dle-
ser Satz dewährt aber auch hier seine innere
Wahrheit. Selbst in England würde man
bald eine ganz andere Sprache führen und
sich offen der Crisis freuen, welche den gefähr-
lichen Nebenbuhler der englischen Macht zu
lähmen und zu schwächen drobt, wenn die
vorhin ervrtertc» Nücksichten doppclseitiger Na-
tur nicht Borsicht erhcischten unb vorerst noch
zu cinem ruhigcn Abwarten mahncn würden.

Deutschland.

Lkarlsruhe, 28. Zuni. Das heutige Reg.-Bl. Nr. 29
euthält: 1) Berlrihungen deS Zähringer LöwenoidenS, und
zwar deS CommandeurkreuzeS 1. Cl. mit Stern dem k. k.
sranz. Geaeraldirkctor der Gisevbahnen StaatSrath v. Fran-
queville, des CommandeurtteuzeS 2. Cl. dcn k. k. srauzös.
ÄdtheilungSvorständen der Eisenba^ndirectton Tourneur und
Delorme und dem Generaldtrector und Eigenthümer deS
EtabliffemeutS in Gravenstaden Baron Renuard de Bus-
fieres, des RitterkreuzeS mit Cicheulaub dem k. k. sranzös.
Postiuspector Blumstein, dem Director und Ober-Zngc-
nieur Rauvage, dem Ober-Zngevieur Lutgner und dem
Dtrector Jacqmtn, endltch dcS Ritterkreuzes rem Siaats-
raihs-Audtlor und Secretär Rouher unb dem Agenten
Frevet.

2) Dienstnachrtchten: Gch. Regierungsrath Schmitt tn
Mannheim tst auf Ansuchen, untcr Berlethung des Cha-
rakters als Geheimer Ralh 3. Cl., pensionirt; an die
Stclle deS HofgerichtSrath Ur. Puchelt in Bruchsal tst der
Lorttge HofgenchtSaffeffor Zunghanns zum zweilen Stcll-
vertreter dcS Staatsanwalts ernannt; dem Amtsgerichts-
und AmtSassistcnzarzt Vr. Stcphani tn Mannheim ist
dte Slaatsdienerelgenschast vcrlichcn und dcr fürstlich Lei-
utngen'schcn Präsentalion des Diaconus Rippmann auf die
evang. Stadtpfarrei Sinshcim dte kirchenobrtgkeitliche Ge-
uehmigung crthcilt worden.

3) Bekanntmachungen von Mtnisterten. s. Dte Allodt-
ficatlon deS Frethcrrlich v. Derkhetm'schen LehenS „Dorf
Metscnhetm nebst Zugehörde" unb die staatSrechtlichen Ber-
hältniffe der genanntcn Familie, b. Lie ordcntliche Con-
scription pro 1862, e. die Besorgung dcr Rheinschifffahrts-
angclegknhctt durch daS Hantclsministerium betr., ä. dte
Ueberlragung deS Commifforiums der Rheinschiffsahrtsan-
gelegenhcit an dcn G»h. Reserendär Or. Dtctz, e. die
Cröffnung einer Telegraphenstalion (schon mitgcthcilt) und
1. die Wicderaufnahme deS wegen Bethciligung an den
hochverrätherischen Unternekmungen gestrichenen Ludw. Scholl
unter die Zngentcurprakltkanten.

Karlsruhe, 27. Jnni. Nach dem „Karls-
ruher Anz." beginnt nächsten Samstag dcn
29. Zuni in Eichtersheim cinc Jcsuiieniiiiision!

Bruchsal, 2S. Juni. (Schwurgerichl.) Unier dem
Vorsitze deS großh. Hosgerichts-Roihs Hildebrandt
kam heute in geheimer Eitzung zur Verhandluug die
Anklagesache gcgcn die ZS Jahre alte, lcdige Dienst-
magd Christine Herb von Langcnalb wegen KindS-
mords, wobei Herr Hosgerichts-Ralh Oitendorss als
öffentlicher AnklLger und Herr Obergerichtsadvokat Röe
als Berlheidiger lhatig war. Die Angeklagte, welche
sich hente ziemlich »erstockt und gleichgiuig benahm, ist
beschuidigt, am Nachmittag des 20. Zanuar i. Z. im
Wiijerdinger Gemeindewaid ihr neugebornes Kind da-
durch vorsätzlich umgebracht zn haben, daß sie es bei
siarker Kiiile nackt ans dem Schnce liegen und so er-
frieren ließ, worauf sie es weiter in den Waid trug. —
Am andern Tage gingen zwei Männer dort aus dem
nahen Vicinalweg vornber und sahen eine große schaar
Raben vor sich aujflicgen, weßhalb ste an jcner Sielle
nachichanten und den jchon stark angcftcssenen Leichnam
des Kindcs fanden, was dann bald znr Enldeckung der
THLterin fiihrte. — Bemerkenswerth war heute, daß
dic Angeklagte cinigemal davon jprach, „cs jei ihr der
böse Gedankc in's Herz gekommen", dennoch aber nichk
den verbrecherijchen Entschluß zugcstehen wollie. Ebenso
Lußerte sie gegen zwei Zengen auf Borhalt über ihre
That, daß schon viele Liädchen ihre Kinder nmgebracht

chcrlei Genüffen und Zcrstrcuungcn Theil nehmcn.

Ein vollcs Jahr dauerte dicsc wcftntlich ver-
bcfferte Lage Eduard's, als cin schwcrer Schlag
diesem Glücke cin plötzlicheS Ende machte.

Htob wagtc sich cines Julitages beim Badcn zu
weit in den Strom hincin, gerieth dabei in eine
Tiefe — und ertrank.

Olnvohl »un Eduard glücklicher Weift diesmal
nicht beim Baden gcgenwärtig «ar und rhn keinerlei
Schuld belastete, so war boch Hiob's Mnttcr von
so maßloftm Schmerzc hingeriffen, daß ihr der An-
blick Eduard's, den sie während cines JahreS bci-
nahe unzertrcnnlich nebcn ihrem Svhne za fthcn
sich gewöhnt, völlig uncrträglich war; der armc
Knabe wurde daher mit einigen Geschenken abge-
dankt und gebeten, sich vor der Hand nicht längcr

tm Hauft fthcn zu laffen. So stel Eduard

aus der Höhe eines knrzen, beschcidcncn Glückes mit
Eincm Male wiedcr in ftin jdnnkles Loos zurück
und «ar im Grunde armer als zuvor...

Anf dtc glücklichen Kinderjahre Pflegen die meistcn
Menschcn wic auf cin »erlorcnes Paradics zurück-
zusehen. Mit frischen Sinnen standcn sie damalS >
fn Berührung mü einer ganz neuen Welt, das l

Ltten, und daß ste, weiin fie es noch einmal zu thun
ätte. es nicht mehr thnn würde. — Ans Grnnd des
im Sinn der Anklage erfolglen WahrfpruchS der Ge-
fchwornen verurtbeilte der Gerichtshof die Angeklagte
wegcn Kindsmords zu vier Jahren Znchthans. (K. Z.)

<?Bom Neckar, 27. Juni. Wir habcn
unlängst der wahrscheinlichen Jntentionen Na-
poleons für den Fall des Ablebens des Pap-
stes gedacht, sowie der fortwährenden Besetzt-
haltung Rom's zur Beeinfluffung einer Neu-
wahl m französischem Sinne. Sollte in der
That ei'ne solche Buonapartistrung des Papst-
thums ersolgen, dann darf sich unser engeres
Vaterland Baden, sowie unser Nachbarland
Würtemberg um so mehr Glück wünschen, des
leidi'gen Concordates zur rcchten Zeit losgc-
worden zu sem, weil alsdann ein doppelter
Alp, nämlich außer dcm geistlichen, auch ein
in politischer Bcziehung höchst mißlieblger,
weltlicher auf uns lasten würde. — Es ist
unter di'esen Umständen auffallend, daß nicht
in Oesterreich ernstliche-Schritte zur endlicheii
Abschüttelung des Cvncordates geschehcn und
von Seitcn der dortigen Bischöfe cin unver-
zeihlicher politischer Fehler, daß sie sich ge-
rade im jetzigen Augenblicke so cifrig für Bei-
behaltung dieses sür die Neugestaltung Oester-
reichs so belästigenden Vertrages vcrwenden.
Kann und wird Oesterrcich je mit cinem fran-
zösisch gesinntcn Papst Hand in Hand gehen?
Es ist bieses undenkbar. Oder gedenkt man
sich durch dic Bewirkung der Wahl clnes Ge-
genpapstes — wozu in Vervna angeblich schon
vorbereitende Maßregeln getroffen sein sollen
— aus der Klcmmc zu ziehen? Wird man
in unsercm Jahrhundert diescs ärgerliche
Schauspiel früherer längst verfloffener Zeiten
wiederholcn, diescn Act einer svlchen einselti-
gen Jntereffcn-Politik, bei dem Älles ctwas
gewinnen kann, nur nicht die Wvhlfahrt und
das Ansehen der Kirche!

Eine andcrweiie vvn Einigen gehoffte, von
Andern gefürchtete Alternative bei einer neuen
Papstwahl, nämlich die Erwählung eincs vor-
herrschcnd italiciiisch gesinnlen Papstes scheint
dagegen bis jctzt nvch keinc bcsonderc Chancen
zn habcn, svnbern eher einmal ein Werk der
Zukunft werden zu könne», vorausgesetzt, daß
die neue Schöpfung des Köiiigrcichs Ztalien
sich crhält und befestigt. Für tas Ansehen
Zialiens wäre cin deffcn Jniereffen zugeneig-
ter, uaüonal gesiniiter Papst unstreitig von der
größte» Bedeuiung. Die Zdeen Gioberti's
und anderer hochgebildeter Patrioten Ztaliens
(um die Mütc der vierziger Jahre) würden
dann in späterer Zcit in etwas anderer Weise
in Erfüllung gehen, nachdem der mildc, mcn-
schcnfrcundliche, aber nicht hinlänglich ener-
gische n»d jenen Jbeen entschiedcn zugeneigte
Pius IX. nicht der Mann gewescn, um in
damaligcr Zeit die sich widerstreiienden Ge-
gcnsätze politischer, naii'onaler und kirchlicher
Natur zu überwinden und in Eins zu ver-
schmclzen.

Darmstadt, 28. Zuni. Der an den Ma-
sern crkrankie Großhcrzog hat nach dem
ärztlichen Bülletin diese Nacht nicht geschlasen.
Fieber nnd Aufregung sind noch wie gestcrn,
die Aihemnoih ist etwas geringer. Die Zunge

Thun der Menschen, nach ftinen Bcwcggründen
noch ein Räthftl um sie her, machte ihrer Beobach-
tung angcnrhm zu schaffen, ohnc ihr Hinzuthun
war in dcr umgcbcnden Kinderwelt frohe Geftllig-
kcit gefundcn, und milde Elternhände wehrten für-
sorgiich die Schatten dcs Lcbens, Kummer und
Krankhcit, ab. Jst nun dieftr fthnendc Rückblick
nach dem Himmel der Kinderjahrc ftlbst beiJenen
zn findcn, welcke keineswegs vor Leiden und Ent-
behrungen bcwahrt geblieben, so darfcs nicht Wunder
nchmcn, wcnn mancher Mensch in spatcren schwcren
Zerten mit Wehmuth ftines früheren Glückcs gc-
denkt, das wtrklich fast nur sonnige Stunden herauf-
geführt.

Eduard war cs beschicden, schon in ftiner Zu-
gcnd auf die frühercn Kinderjahre trauernd zurück-
fthcn zu müffen.

Wie in finstcrer Halle dnrch einen Maucrspalt
cine sonnige Landschaft um so frischer und reizender
crscheint, s° breiteten sich die Frcudcn früherer Tagc,
die Eduard im Elternhause genoffen, vor den Augen
seiner Sehnsucht um so hcller aus, je dunkler die
Lage war, in die er plötzlich wieper zurückgefallcn.

(Fortsetzung folgt j

ist trocken, der Puls unrpthmksch, dcr Aus-
schlag normal.

Frankfurt, 27. Zuni'. Der frühere Ge-
sandte Badens bei dem deutschcn Bunde, Frhr.
v. Marschall-Bieberstein, hal von dcm
Kaiser von Ocsterrelch das Großkreuz des
Ordens der cisernen Krone erhalten.

Jn Berlin wi'rd Temme von der demo-
kratischen Partei als Candidat für die nächste
Abgeordnetenwahl vorgeschlagcn.

Berlin, 27. Juni. Nach längcrem Lei-
den starb vorgestern hi'er der Historienmaler
Felir Schadow im 43. Lebensjahre.

Wien, 24. Zuni. Sitzung des Abgeord-
netenhauses. Di'e Berathung über den Mühl-
feld'schen Antrag wi'rd fvrtgesetzi. Zur Ge-
neraldebatte haben sich noch brei Tproler De-
puiirte gemeldet, um gegen die dem Abgeord-
ncten Brinz entschlüpste Aeußerung zu pro-
testiren, daß Männer, welche stch ven ulira-
monianen Agitaiioncu in Tprol ni'cht anschlie-
ßcn, i'hres Lcbens nicht mehr stcher seien.
Putzer sagt, Brinz habe ihm aus der Secle
gesprochen, aber das Tproler Volk sei weder
so bornirt, noch so schlimm, als es bei bic-
sem Anlaß vielleicht schcinc. Bebenken Sie,
— schließt der Rebncr — daß dvrt einige
durch Lalent und Stellung hervorragende
Persvnen dem Bolke fortwährend vordemon«
striren, es stehe auf gutem gesctzlichem Bo-
den; daß cinige Schmutzbläiter allc unparteii-
schen, sreistnnigen Anhäugcr des Ministeriums
tagläglich mit Spoit und Hohn, mii Znvec-
tiven aller Art überschüiten, und Sie werden
es ganz naiürlich findcn, daß der gemeine
Mann, verblendet und bcihöri, sich manchmal
unbändig äußert; aber eine brudermör-
derische Hand zu erheben, einen polüischen
Mord zu begehen, nein, deffen ist kein Tpro-
ler fähig. Brinz: Zn einem Brief, den ich^
Tags zuvor aus München erhalien, stand
vom bewundernden Muth Pfrcischner's, wel-
cher es gewagt hai, dcn Minister wegen der
Agiiation zu intcrpelliren. Zch dachie zurück
an die Oppvsition, welche sich aus vem tpro-
lischen Landlage geltenv geliend gemacht hat.
Wir Alle sind hier überzcugt, daß in Tprol
gezenwärtig eine fanatische Bewegung herrscht,
und die Folgen einer solchen fanatischen Agi-
tail'on vermag Zedcr zu ermcffen. Bericht-
erstauer Herbst kehrt sich zum Schluffe gegen
diejcnige», wclche behaupien, daß der Miihl-
feld'sche Antrag dcr Autonomie widerspreche.
Zn Galizien stnd Ruihenen eben so gut Ur-
einwohner wie die Polcn; und ln Poien le-
ben neben drei Millivnen Czechen zwei Mill.
Deutsche. Diese Ruihenen nnv diese Deut-
schen nun verstehen unter Autonomie nicht die
Omnl'potenz der Landtage und die Ohnmacht
des siaates. Redner führt an, daß es ge-
gcnwärti'g für di'e deuische Bevölkerung iu
Prag keine cinzige Volksschule gebe. Wenn
die Thatsache, daß sämmtliche Voiksschulen
in Prag in letzierer Zcit czechisirt wur-
den, wie doch jedem Einwohner von Prag
bekannt sei, in biesem Hause von böhmischcn
Abgeordneten gcläugnet wcrde, sv müßteii
diese Herren gaiiz cigcnthümliche Begriffe von

Mannheiiii, 26. Juni. Sämmlliche hiesige Ge-
sangvereine beachten gestcrn Abend dem Herrn Hoscapell-
meister Lachner anläßlich seines2SjährigenJubilänmS
ein Fackelständchen. Der Zug bewegrc sich nnter Voran-
tritt zweier Nlusitcn durch die Hauplstraße vor die Woh-
nung des Jubilars, von wo derselbe nach Absiagung
mehrerer Licder und einer Dankesrede SeitenS des Ge-
seicrten nach dem Wwenkeller abging, um daselbst unter
wechselweisen Vorträgen der Musiken dis znm Anbruch
bes Tages zu verweileu. Bon Seiten des Gesangs-,
Orchefter- und Chorpersonsles soll demselben heule ein
Lorbeerkranz und Pocak. beide von Silber, überreichl
wsrden. Den Schluß dildete ein Festmahl im „Euro-
päischen Hos." General-Musikdirecwr Lachner isl zum
Besuche seines Bruders gestern dahier eintzetroffen.

Nürnberg, 13. Juni. (Nürnb. Corr.) Bei bem
Sängersest in Nürnberg werden 162 Slädte verlreten
sein, daruntcr auS Baden folgende: Durlach 5, Eitlin-
gen 7, Griesbach 9, Heibelberg 4, Karlsruhe 11, Kcu-
stanz 33, Lichtenau 5, Mannheim 30, Wertyeim 17.

(Eoncordat als Ehren-Beleidiguiig.) Die
rzechischeZeitschrist „Blavohcst" erzählt, daß beim Straf-
gerichte in Prag cme Ktage auf Ehren-Beieidigung ein-
gelausen sei. Der Kläger jagte, N. N. habe jhu einen
Lumpen und TaugenichtS geheißen, aber daS verzeihe er
ihm; daß er ihn aber auch Concordat hieß, K,me er
nicht verzeihen und müssc bestraft werden.
 
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