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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0611

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parlamentarischcn Sitten und Gebräuchen ha«
ben. (Bravo ltnks.) Nach stalistischen Da-
tcn stellke stch überbl'cs herans, daß gerade
die czechische Nation es gewesen, welche rn
dcr vergangcnen Periode bi'c meisten Werk-
zeuge zur Unterstüßung des Bach'schen Re-
gimes geli'efert. Er scinerseits halte es mi't
der Ehre nicht vereinbar, wenn Abgeordnete,
die an den Sitzungen deS, auf Grund des
Februar-Patentes versaminelten Reichsrathes
theilnehmen, bennoch das Patent iuimerfort
in Frage stellen. (Beifall.) Von einem pol-
nischen Abgeordneten wird hier das Verlan-
gen nach einem Ordnungsrufe laut. Da der
Prästdent diesen verweigert, erklärt der Pole,
Herrn Herbst persönlich zur Rechenschaft
ziehen zu wollen. Es beginnt hierauf die
Specialvebatte. Bei Paragraph zwei hielt
Mühlfeld einc tief einschneikenbe Rede. Er
sagte u. a>: Was die Stellung der kathol:'-
schen Kirche zu den Grundrechten beträfe, so
handelt es sich nicht darum, ob bie Lehre
Christi der Frciheit zuwider sei', sonbern da-
rum, wie sich die Träger der kirchlichen Ge-
walt der Freihcit gegenüber, nach dem Zcug-
niffe der Geschichte, verhalten haben. Wenn
katholische Länder Verfaffungen besttzen, so
sei cs fraglich, ob sie ihre Constitutionen
durch die Kirche oder trotz derselben erhalten
haben. Das Beispiel Englanbs habe Bischof
Pirsik i'n unglücklicher Stunde gewählt, um
sich barauf zu berufen, denn König Johann
von England habe nicht dem Papste zu Liebe
die ingKllÄ vliAitn gegeben, sondern wcil er sich
i'n Geloverlegenheiten befand; und die dsbsss
oorplls-Actc sci erst geschaffen worden, ais
der Satz feststand, daß der englische König
wie in weltlichen so auch in kirchlichen Din-
gen ves Landes der oberste Herr sei. Red-
ner weist, um zu zeigcn, daß die Päpste sich
stets freiheitsfeindlich bcnommen haben, auf
die deutsche Geschichte hin. Wo sie dem Ab-
solutisunis der deutschcn Fürsten einen Damm
gesetzt hätten, da sei daS nur geschehen, um
auf Kosten dcr königlichen Gewalt die päpst-
liche zu erhöhen. Die katholische Kirche habe
sich auch von jcher der freien Forschung ent-
gegengestkinuit. Beweis davon Galilei und
dic Behinderung der Naturwiffcnschaften durch
den Klerus. (Lebhaftcs Bravo von der
Gallerie.)

Zm Gegensatz zu dcr Nachricht aus Wien
vvm 26., melbet ein Telegramm vom 27. d.:
„Der Kaiser hat diesen Vormittag die Depu-
tarion des ungarischen Lanbtages, welche die
Abreffe zu überbringen hatte, empfangen."

Jm Widerspruch uiit dem gestern mitgetheil-
ten Wiencr Telegramm läßt sich die „Allg.
Ztg." gleichfalls aus Wien vom 27. Juni
telegraphiren: Beglaubigtcn Gerüchten zufolge
wirv der Kaiser die Adreffe ber Magparen
nicht annehmen, und die Herren, welche sie
überbringen, die Grafen Apponpi und Kolo-
inun Ghiczp, als Deputatiou nicht empfangen,
dagegen ihnen als Privatperson eine Aubienz
bewilligen.

Oesterretchische Monarchie.

Agram, 25. Juni. Jn der heutigen Land-
tagssitzung sprach Cardinal Haulik bezüglich
der ungarischcn Uiiionsfrage scine Meinung
dahin ans: Ungarn solle früher erklären, zu
dein gesetzlicheu Wege, den cs 1848 dem Throne
und Gcsammt-Oesterreich gegenüber verlaffen,
zurückkehrcn zu wollen, che Croatien sich mit
ihm in Unterhandlungen einläßt, sonst sei er
sür den Anlrag dcs Ccntralausschuffes. Zla-
tarovic vcrtheibigt den Antrag ber Agramer
Vertreter; der drängcnden Umstände wegen
soll die baldigste Union mit Ungarn im Prin-
cipe ausgesprochrn, vie Formulirung der Be-
dingungen jevoch bis zur Feststellung des Vcr-
hältniffes Ungarns zu Oesterreich vertagt wer-
deu. Sagvvac und Krsnjavi sprechen für dcn
Antrag des Central-Aiiöschuffes. Bis jetzt
sprachen zwanzig Rcvner, neunundfünfzig sind
bis heute noch vorgemerkt. (W. Bl.)

F r a n k r e i ch.

Paris. „Cvnstitutl'onnel" bcmerkt: „Jta-
lien habe noch ein großes Problem zu lösen,
nämlich ob ein Königreich Jtalien mit der
Unabhängigkeit des Papstthums verträglich

I wäre; sei dikS nicht der Fall, so werde es
> keine Dauer haben; der König von Jtalien
dnrfe nicht vergefse», daß er Katholik, und
ber Papst, daß er Jtaliener sei." — Schöne
Worte, darum aber nicht baarer Unsinn; bei
derartigen Fragen hört die Sentimcntalität
auf und wäre bei Franzosen vornhercin nicht
zu sinben.

Paris, 24. Zuni. Die Broschüre des
Hrn. A. v. Cesena (nach andern Nachrichten
von Hrn. v. Cadorc, Sekretär bcr franzö-
sischen Gesandtschaft in Rom): „Rührt nicht
an Rom" wird morgen ausgcgeben werden.
Der Verfaffer protestirt gegen die Jdee, daß
Rom di'e nothwcndige und natürliche Haupt-
stadt des Königreichs Jtalien sei, und behaup-
tet, die wahre Hauptstadt sei Neaprl. Der
Papst müffe als unabhängiger Souverän in
Rom bleiben, aber die Ausübung seiner welt-
lichcn Gewalt einer wählbaren Municipalität
übertragen. Das Budgct des Papstes solle
durch freiwillige Beiträge aller katholischen
Staaten bestrilten, und es sollc eine in allen ka-
tholischen Ländern geworbene Ehrengarde für
den hei'Itgen Vater organisirt werden ... Aus
dcm 4. Bandc der Memoiren Guizot's erfährt
man, daß der König L. Philipp dcm Prinzen
Ludwig Napolcvn durch den Unterpräfcctcn
von Lorient ein Geschenk von 15,000 Fran-
ken übermache» ließ, alS derselbe nach der
Straßburger Erpeditivn nach Amerika gc-
bracht wurde.

C n g l a n

London, 25. Juni. Vor dem Kanzlei-
gerichtshof kam gestern der Koffuthnotenpro-
ceß zur Schlußverhandlmig, und es haben
die Richtcr folgende Verfügung genehmigt:
daß sämmtliche Steine oder Plalten, die zur
Fabrikation der fraglichen Banknoten dienten,
längstens bis zum 22. Juli d. Z. zerstört
und bis zu deinselben Termine sämmtliche
.Noteu zum Behuf der Zerstörung ausgeliefert
werden müffen.

Italten

Mailand, 25. Jun». Dcr heutigen „Per-
severanza" wird aus Turin vom 24. gc-
schrieben: „Heutigen Nachrichten aus Nom
zufolge leidct der Papst fortwährcnd an einem
Fußübel; die Wunde hat sich geschloffen; in
Folge deffen siheilt sich der Krankheitsstoff bem
ganzen Kürper mit."

Turin, 23. Juni. Man schreibt dem
„Meffag. bu Midi": Gestern wiirdcn Koffuth
und Klapka von dem Minister des Jnnern,
Hrn. Minghetti, empfangen und conferir-
ten mit dcmselben länger als zwei Stunden.
Es wurde über die Mittel gesprochcn, welche
gecignet seien, die ungarische Bewegung in
dem Augenblick zum Anshruch zu bringen, wo
Jtalien bercit sein würde, dieselbe zu unter-
stützen und daraus Nutzen zu ziehen.

Turin, 27. Zuni. Die Note der franzö-
sischen Regierung über die Anerkennung lau-
tet: Der Kaiser hat eingewilligi auf den
Wunsch Victor Emanuels, denselden als Kö-
nig von Jtalien anzuerkennen. Aber diese
Anerkennung schließe keineswegs eine Billi-
gung ber retrospective» Politik des Turiner
Cabinets in stch ein, noch crmuthige sie Un-
ternehmungcn, welche den allgemeinen Frie-
den stören könnten. Die kaiserliche Regie-
rung betrachtet dic Nichtintervention als Re-
gel und weist jede Verantwortlichkeit für
aggressive Projecte zurück. Dic Occupation
Noms wird so lange dauern, bis dic Jnte-
reffen, welchc die französischen Truppen nach
Rom geführt, durch hinreichende Garantien
gcdeckt stnd. — Der Ministcrprästdent dankt
in sciner Note dem Kaiser für die Ancrken-
nung. Er erinnert an sein Programm und
daran, daß in den letzten Abstimmungen die
Kammern den Wunsch ansvrnckien, daß die
ersehnte Lösung ohne Erschütterung herbeige-
führt werde. Unser Wunsch ist, Rom Ztalien
wiederzngebcn, ohne der Kirche Etwas vvn
ihrer Größe, noch dem Papste seine Unab-
hängigkeit zu rauben. Er hofft, der Kaiser
werre in einiger Zeit seinc Truppcn von
Rom zurückrufen können, ohne bei den Ka-
tholiken Befürchtungen zu erregen; er über-
läßt es der hvhen Weisheit deS Kaisers, die-

sen Moment zu bestimmen und hvsst, Frank-
reich werde stch nicht weigern, Rom zu An-
nahme dieser Ucbereinkunft zu bewegen, die
nur von den glücklichsten und fruchtbarsten
Folgerungen begleitct scin kann.

Graf San Martino hat vön der Regie-
rung 60 Linienbataillone verlangt, um daraus
mobile Kolonnen für alle Punkte der neapo-
litanischen Provinzen zu bilden, die von Rän-
berbanden politischer und unpolitischer Art
gefährdet sind. Auch auf Sicilien fleht es
nicht beffer aus als im Ncapolitanischcn. Der
Bourbonenbande, die zwischen Noto und Sp-
rakus gelandet war, ist es gclungen, die Berge
der Jnsel zu gewinnen, und so die Wachsam-
keit der in beträchtlicher Anzahl aufgebvtenen
Streitkräfte zu paralpsiren. Der Grneral-
statthalter della Rovere hatte den Schuldigen
erst große Nachstcht versprochen, wofern sie
innerhalb 3 Tagen stch unterwcrfen. Als dieß
nichts half und außerdem einigc Fällc barba-
rischer Wildheit von ihnen vcrübt wurden,
sah sich der General zur Strengc gcnöthigt
und ließ 23 Rebellen, die ergriffen wurden,
als sic ein Dorf anzündeten, niederschießen.
Es scheint, daß der Kampf vön beiden Sei-
ten gegenwärtig mit einer Erbittcrung ge-
führt wird, wie noch nic.

Neueste Machrichten

Newyork, 19. Zuni. Zwischen den Trup-
pcn bes Staates Miffouri und den Unions-
truppen ist es zu ciner Schlacht bei Bootville
gekommen. Erstere hatten 300 Todte. Der
Gouverueur von Miffouri hat die Flucht er-
griffen.

Pesth, 26. Zuni. ^ Da zu wicderholtcn
Malen Patrouillen verhöhnt und Nachls so-
gar Flintenschüffe aus dieselben abgcfcuert
wordcn, so forbert der Polizeichcf in einer
Proclamation bie Einwohner auf, die Ord-
nung aufrecht zu erhalten ünd bie Behörden
zu unterstützen; die Patrouillen svllen nöihigen-
salls von thren Waffcn Gebrauch machen.

Paris, 27. Juni. Heute hat unter gro-
ßem Volkszulaufe der Proceß Mires wiedcr
begonncn.

Wirn, 28. Zuni. Die heutige „Wieiier
Correspondenz" bezcichnet bie Nolc Thouve-
ncl's vom 16. d. als zufricdeiistellend für
Oesterrelch und Spanien, welche durch ihre
nculiche Anfrage bloS beabsichtigten, eine be-
stimmte Meinungsäußerung des französischen
Cabinets hinsichtlich ber römischen Frage zu
provociren, indcin ste den Papst unter dem
französischen Schutzc vollkommen sicher
wiffen.

Vermischte Nachrichten.

Kork, ri. Ziini. (Ort. B.) Am 18. Jmil wmde ill
Sarid eill Iräfliger, gesunder Kuabe geboren, dem der ltuke
Arm fehlt. DaS Schultergeleul, Schlüffclbeiu und Schul-
lerdlalt siud uormal oorhandcu. Der gauze Stumpen hat
das Auslehcn, als sei der Oberarm nahe an dcm Schulter-
gcteul abgcuommcn, und fitzt an dessen Eudc eiu kletaer
häutigcr, wetcher Wulfi, aus dem fich dret Rtnuen uach
»orucn befiudcu, dtc die werdendcn Fiuger (dea kteine»,
Ring- und Mittclfiugcr) andeuten.

LindlM, 23. Zuai. (Schw. M.) Zn Folge der Be>
schlufiuahme der Geneialversammluug der Aclionäre dcr
hiesigen Bodensce-Dampsschtssfahrts- Gcsell-
schast geht uunmehr vom uächficu Mouat au der Bctricb
an dcu Staat über.

Dörscnbericht.

Frankfurt, i7. Juni. Die Börse war stlll llnd leb-
loS, dic EourSvcräudcrungen schr uubedcnteud. Vou Spe-
culatiouspapicreu warcn eS allein österr. Baukactten, die
«tne nicht uubedeutcudc Stctgcrung aufwtescn und für dte
ntchi unerhebliche KausSausträge vorlagcn.

Ocsterr. Credit 144 2/2 bcz. Bankacticn 843. Nattoual

8-/- Uhr. Crcdtt 144'/«--/, bez. Nat. SL»/^

Verioojung.

Karlsruhe, 28. Zuni. Bet dcr hcutigen Gewiuu-
jiehuug der bad. 3S-fl.-l!°ofe stud soigende Nummeru mit
j- 1808 st. Gewinu gezogeu wordcn: Nr. 3924. 187.786.
111.913. 128,879. 198,764. 284,487. 274,277. 304,773.
388,3811. 395,338.

Deutschkatholische Gemeinde.
Nächsten Soimiag, ben 30. d. M., früh
9 Uhr feiern wir das Gründungsfest
unserer Gemeinde, wozu wi'r alle unsere
Freunde höfiich kinladen.
 
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