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Heidelberger Familienblätter — 1868

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No. 27 - No. 39 (1. März - 29. März)
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Heidelberger Samilienblätter.

Belletriſtſche Beilage zur Heidelberger Zeitung.

M 32.

Freitag, den 13. März

1868.

Die Nachbarn.

(Fortſetzung.)

Quentin, die Hände auf dem Rücken zuſam-
mengelegt, ließ, geradeaus ſchreitend, langſam die
Augen über das ganze Bild laufen und wandte
nur in Zwiſchenräumen einmal den Blick nach
ſeinem Begleiter, der mit ſichtlichem Intereſſe jede
Einzelnheit der Umgebung muſterte. „Ja,“ ſagte
der Erſtere, als Heinrichs Augen auf dem anſchei-
nenden Luſtgehölz ruhten, „dort drüben werdet Ihr
mich einmal begraben, dort ſchläft ſchon meine Alte,
und es iſt ein hübſches Ruheplätchen, das ich ihr
eingerichtet habe. — Mit der Zeit gehen wir auch
zuſammen einmal dort hinüber — jetzt aber ſollſt
Du unſer Niggervolk ſehen, das mit Sonnenunter-
gang nach Hauſe kommt — werdet Euch in Eu-
ropa wahrſcheinlich andere Begriffe von der Skla-
verei hier gemacht haben.“ Er nickte wie in einem
befriedigenden Gedanken und ſchritt raſcher vor-
wärts; nach kurzem Gange aber blieb er plöͤtzlich
ſtehen, und in das braune Geſicht trat ein ſchweres,
dunkles Roth. „Verdammt will ich ſein, wenn ich
weiß, was der Burſche hier zu ſuchen hat!“
brummte er, „ſollte doch um Gottes willen meinen

Boden am wenigſten betreten!“ — Heinrich Som-

mer war überraſcht ſeinem Blicke gefolgt und ſah
einen hochgewachſenen jungen Mann vom Grunde
herauf ſchreiten, der, ſobald er ihrer anſichtig ge-
worden zu ſein ſchien, ſeinen Gang beſchleunigte.
Er trug die leichte gewöhnliche Tracht der wohlha-
benden Farmer, indeſſen herrſchte eine Sorgfalt in
ſeinem Aeußern, die wohlthuend in's Auge fiel,

ohne daß ſich doch irgend eine unterſcheidende Auf-
fälligkeit gegen Andere hätte angeben laſſen; Hein-
rich's Augen aber bemerkten ſchnell die eigenthüm-
liche Freiheit und Sicherheit in den Bewegungen

4.

3 Die Miene des Alten ſchien mit jedem Schritte
des Herannahenden mehr einen von dem bisherigen

dieſer jugendkräftigen Geſtalt, und unwillkürlich

richtete er bei ihrem Nahen ſich ſelbſt gerader auf.

Ausdruck verſchiedenen Charakter anzunehmen, und
der junge Deutſche ſah einen ſo böſen Zug um

unwillkürlich mußte er an die „zehn Teufel“ den-
ken, die Quentin nach des „Doktors“ Anſicht bis-
weilen im Leibe habe. Der Herankommende ſchritt
indeſſen mit freier, offener Miene herbei und ſchien
ſeine Aufmerkſamkeit faſt mehr auf die fremde,
ſtattliche Erſcheinung neben dem Pflanzer, als auf
deſſen Unheil verkündendes Geſicht zu richten.
„Mr. Quentin, ich komme in einer Angelegen-
heit, die unſer beiderſeitiges Intereſſe betrifft,“ be-

gann er mit wohlklingender Stimme, noch ehe er

in unmittelbarer Nähe war, „und ſo werden Sie
wohl ſo freundlich ſein, mir ein paar Worte zu
erlauben.“ ö —
Des Alten Geſicht hatte eine Art trotzig-ſtarren
Ausdrucks angenommen. „Sie wiſſen, Sir,“ ſagte
er kurz hervorgeſtoßen, „daß ich es ſchon für eine
Strafe des Himmels anſehe, daß ich Ihre Familie
in meiner unmittelbaren Nachbarſchaft habe, und
ſo weiß ich nicht, welcher irgend mögliche Grund

Sie auf meinen Boden führen kann.“

Ein ſchnelles Roth ſtieg in das Geſicht des
Herantretenden, aber er ſchien kräftig ſeiner Erre-
gung Herr zu werden. „Ich glaube doch nicht,
Mr. Quentin, daß Ihnen unſererſeits auch nur
das Geringſte zu Leide gethan worden iſt,“ erwie-
derte er mit einem ſo beſcheidenen und doch ſo
würdigen Tone, daß Heinrich wider Willen ſein
ganzes Innere davon bewegt fühlte, „und wenn
Sie einfach Ihr Herz walten ließen, ſo weiß ich,
daß unſer nachbarliches Verhältniß ein durchaus
anderes ſein würde. —“
„Ich hoffe, Sir, Sie ſind nicht hier, um mein
Herz in Anſpruch zu nehmen,“ prägter Hchr der
Pflanzer, während ein voll ausgeprägter Hohn in
ſeinen Mienen zuckte.
„Nein, Mr. Quentin, nur Ihr Intereſſe!“ er-
wiederte der Andere ruhig. „Sie kennen den
Sumpf, der eines Theils in unſere Farm, zum
größeren aber ſich in die Ihrige erſtreckt; Sie
werden auch wiſſen, welchen Einfluß ſeine Nähe
auf den allgemeinen Geſundheitszuſtand ausübt
und wie viel Acker vorzügliches Land ſich durch
eine Austrocknung gewinnen ließen. Wir ſind nun
dem Hauptzufluſſe auf die Spur gekommen und
würden ſofort an die Entwäſſerung gehen, wenn

wir darin auf Ihre Unterſtützung und thätige
ſeinen Mund zucken, wie er ihn in dieſem derben,

gutmüthigen Geſichte kaum für möglich gehalten;

Theilnahme rechnen dürften. Der Bodenlage hal-
ber müßte die Hauptleitung ohnedies nach Ihrer
 
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