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Heidelberger Familienblätter — 1868

DOI Kapitel:
No. 78 - No. 91 (1. Juli - 31. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43665#0362

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— 352 —

etwa dem des 2. Abſchnittes der jetzt geltenden
Verfaſſungsurkunde, der „Staatsbürgerliche und
politiſche Rechte der Badener“ überſchrieben iſt, ent-
ſprechend, in den einzelnen Entwürfen in engere
Grenzen gewieſen oder weiter ausgedehnt, je nach
dem politiſchen Standpunkt der Verfaſſer.
ö (Schluß folgt.)

Neue Blumenleſe aus der Pariſer
„Laterne“.

Folgende weitere Proben aus dem obengenann-
ten Witzblatte mögen beweiſen, ſowohl mit welcher
Kühnheit dieſes Blatt fortwährend ſeine Satire an
allem ausläßt, als auch, mit welcher Geduld die
Regierung dieſe Nadelſtiche erträgt. Als Illuſtra-
tion zu den Budget-Verhandlungen bemerkt die
„Laterne“: ö
Wir werden wohl ſchwerlich, geliebte Leſer,
lange eine Koͤchin behalten, die ein eigenes Buch
für Filet, ein anderes für Hammelbruſt, ein drit-
tes für Radieschen und noch eins für Artiſchocken
hält und die bei Ablegung dieſer verwickelten Rech-
nung uns mit der Anzeige überraſcht: „Ich habe
auch vergeſſen, der Herrſchaft zu ſagen, daß ich.
kein Geld hatte, um einen Topf Senf zu kaufen,
und darum 500 Frs. von der Gemüſehändlerin ent-
liehen habe.“ So gerade ſind unſere Budgets.
Ferner enthält ſie folgende Anſpielungen:
Man ſchreibt aus St. Helena: „Die ehemals
vom General Bonaparte bewohnten Gemächer wer-
den neu austapeziert.“
Die Gewohnheit, wie ſie in Abyſſinien beſteht,
den Eigennamen eine beſtimmte Bedeutung zu ge-
ben, iſt leider in Europa nicht eingeführt. So
könnte man den Namen Pinard in einen andern
umwandeln, der bedeutete: Klein, aber ſtürmiſch;
Perſigny könnte heißen: Eſſen und nichts arbeiten,
Magne: Nach mir mag die Welt untergehen, und
Rouher: Das Kaiſerreich iſt die Anleihe!
Seit einigen Tagen ſind die Schildwachen an
den Gittern der Tuilerien angewieſen, namentlich
zur Zeit, wenn die Muſik ſpielt, keine allzu excen-
triſchen Toiletten mehr in den Garten einzulaſſen.
Wenn an der Stelle gemeiner Grenadiere Geſandte
Wache ſtehen müßten, ſo dürften manche von ihnen
ihre eigenen Frauen nicht paſſiren laſſen. (Fürſtin
Metternich 7). ͤ ö
Der Graf und die Gräfin von Paris ſind in
Baden angekommen, wo ſie einige Zeit zu verwei-
len gedenken. Welch Glück, daß wir nicht mehr
unter Napoleon I. leben! Baden liegt ſo nahe bei
Ettenheim (wo der Herzog von Enghien aufgegrif-
fen wurde.)

das Rauchen nicht unterlaſſen wolle,

Ein amerikaniſches Blatt gibt folgende Schilde-
rung von dieſer Strafcolonie der Vereinigten Staa-
ten: Die Dry Tortugas! Wer erſchrickt nicht bei
dem Gedanken an dieſe entſetzliche Inſel? Was
für die Ruſſen Sibirien, für die Franzoſen Cayenne,
für die Spanier Fernando Po iſt, das iſt für die
freien Amerikaner das Eiland Dry Tortugas an
der Südſpitze von Florida. Eine Verbannungsan-
ſtalt im ſchrecklichſten Sinne des Wortes. Ein
kleines, ödes, nacktes Korallenriff, auf dem kein
Baum Schatten verleiht, auf dem nicht einmal eine
Quelle vorhanden iſt. Einige Baracken, in welchen
theils die Gefangenen, theils die wachehabenden
Soldaten untergebracht ſind, bilden die einzigen
Spuren von Leben. Traurig erhaben ſind dieſe
Gebäude über dem nackten Felſen. Die Sonne
ſcheint mit all' ihrer tropiſchen verſengenden Gluth
Jahr aus Jahr ein auf die Unglücklichen herab,
welche rings vom Meere umgeben und fern von
aller Menſchlichkeit verdammt ſind, eine elende Exi-
ſtenz daſelbſt zu friſten. Das gelbe Fieber und
andere Seuchen ſuchen die Inſel regelmäßig heim.
Für Thiere ſind die Dry Tortugas ein unbewohn-
barer Aufenthalt; aber Menſchen haben ihn zur
Qual für ſich und Anderen zur Wohnung auser-
wählt; und dieſe freien Republikaner ſogar waren
es, welche nicht vor dem Gedanken zurückſchauderten,
eine ſolche Verbannungsanſtalt für Republikaner
zu etabliren. Die Exiſtenz der Dry Tortugas als
amerikaniſche Strafanſtalt iſt für die Vereinigten
Staaten eine unauslöſchliche Schmach. Die Dry-
Tortugas ſind aber nicht blos ein Schandfleck für
Amerika, ſondern für die ganze civiliſirte Welt.

Ariſtarchi Bey.
Der „Rh. Curr.“ bringt folgende Darſtellung
des im herzogl. Park zu Biebrich ſtattgehabten Auf-
tritts zwiſchen dem türkiſchen Geſandten und einem
Gartenpolizeidiener. Der Letztere erſuchte den ihm
unbekannten Herrn (der in Civil war und keinerlei
Auszeichnung trug) in hoflicher Weiſe, das Rauchen
zu unterlaſſen, da ſolches im Park nicht geſtattet
ſei. Da der Herr trotz dieſer Aufforderung weiter

rauchte, iſt der Gartenpolizeidiener wiederholt zu

daß, wenn er
er den Park
verlaſſen müſſe. Hierauf iſt der Geſandte in hef-
tigen Zorn gerathen, iſt dicht vor den Mann hin-
getreten und hat demſelben ſeine brennende Ci-
garre in's Geſicht geworfen, ſo daß letzterer
mehrere kleine Brandwunden davon trug, von wel-
chen gegenwärtig noch die Spuren ſichtbar ſind.
Hierauf iſt denn allerdings der Gartenpolizeidiener.
auch zu Thätlichkeiten übergegangen.

ihm getreten, und hat ihm bemerkt,

Redaktion. Druck und Verlag von Adolph Emm erling.
 
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