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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921

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Heft 19
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der wichtigsten und fympathifchften Beiträge zur
deutfchen Kunpgefd)ichte begrüßt, da es tro§
Seiner thematischen Begrenzung (Heltgefühl in
pch birgt. Biermann.
Neue ruffifdje Kun[tHteratur
1.
Eine der kulturell Schwerwiegendsten Folgen
jener radikal-revolutionären Umwälzung des
ganzen wirtschaftlichen und politischen Lebens,
welche Rußland in den lebten Jahren über Sich
ergehen laffen mußte, war das faß gänzliche
3ufammenfchrumpfen jeder wiffenfchaftlichen
und Speziell auch der kunstwissenschaftlichen
Literatur. 3um Eeil war dies natürlich eine Be-
gleiterscheinung der allgemein So äußert Schwie-
rigen ruffifchen Lebensverhäitniffe, aber in erSter
Reihe wirkte hier dennoch, neben der unsäglichen
Mifere des DruckereiweSens und dem Starken
Mangel an Papier Sowie Sonstigem technischen
Material, die Nationalisierung des geSamten Ver-
lagweSens mit einigen wenigen Ausnahmen,
welche jede private Initiative auf dieSem Ge-
biete im Korne erstickte. Der Schwerfällig ar-
beitende Apparat des Staatsverlags diente vor-
nehmlich praktifchen Sowie agitatoriSch-populären
3wecken und hatte für rein künftlerifche oder
wiffenfchaftliche Aufgaben nicht viel übrig.
Die ehemaligen führenden ruffifchen Kunftzeit-
fchriften, wie die„StaryjeGody", „Apollon", der
„Russkij Bibliophil", exiftieren fchon feit Jahren
nicht mehr, die dickleibigen Mitteilungen und
Berichte der archäolgifchen Gefellfchaften und
Inftitute und die üblichen Alufcumsberichte find
verfchwunden, und nichts Neues von Bedeutung
ift an ihre Stelle getreten. Au einzelnen Ver-
suchen, So Sehens des ofßziellen Kunftdeparte-
ments und Seiner Organe, hat es nicht gefehlt,
aber diefe Periodica haben feiten mehr als eine
einzige oder im beften Falle ein paar Nummern
erlebt. Eine der wenigen Ausnahmen bildete
der „KafanfcheMufeums-Anzeiger" i, der es Schon
bis zum zweiten Jahrgang gebracht hat, fowie
das vorwiegend informatorische Organ des
„Glawmuszj"", welches ganze fünf Nummern
zählt. Alles in allem dürfte die ganze ruffifche
Kunftliteratur der lebten vier Jahre auf einem
kleinen Regal reichlich Plat; finden.
Letphin hat pch die Lage einigermaßen ge-
beffert, und einigen Kunftinftituten ift es nun ge-
lungen, ihre Publikationen endlich in gedrucktem
3uftand vor pch zu fehen. Es läßt pch kaum
Sagen, wieviel Mühe, 3eit, Selbstaufopferung
— der Sekretär famt Mitgliedern einer gelehrten
* „Kafanfkij Mufejnij Kljeftnlk."
' „Cbudofbeßwennaja Sbifn.*

GcScllfchaft befaßten fich Sogar felbft mit dem
Sat; einiger Berichte! — und guter (Hillen dazu
erforderlich waren, um fo mehr, als es pch darum
handelte, diefen Drucken auch äußerlich ein äfthe-
tifches Gewand zu verleihen, von dem man
bislang faft gewohnheitsgemäß repgniert hatte.
A tout seigneur tout honneur. In tadellofer
typographifch-iHuftrativer Ausftattung erfchien
unlängft das erpe Fjeft des von der Direktion
der Ermitage, Petersburg, in Auspcht genom-
menen Sammelbandes („Sbornik") von Auf-
fäßen ihrer Konservatoren. Das Fjeft ift dem
Andenken des ehemaligen Leiters der Abteilung
für mittelalterliche Kunft diefes Mufeums und
Verfaffers der kapitalen „Argenterie Orientale'",
Jakob Iwanowitfch Smirnow, gewidmet,
der im Oktober 1918 allzu früh verfchied, auch
ein Opfer des damals befonders für Mufeums-
leutc in Rußland fo unendlich Schwierigen Da-
feins. Die Reihe der Auffät^e des „Sbornik"
beginntProf.O. (Haidhauer mit einer Abhand-
lung über in der Ermitage bepndliche Marmor-
köpfe im Pergamonftil, und den Schluß des
Bandes bildet ein Auffa§ von A. de Coube,
wiederum über eine Marmorbüfte — derjenigen
Peters des Großen — von dem ganz unbekannten
italienifchen Bildhauer Carlo Albaghini. Coube
weift nach, daß letzterer niemals, wie bisher vor-
ausgefeßt, nach Rußland gekommen war und
fein (Herk auf Grund der bekannten, feit 1861
wieder in Petersburg bepndlichen (Hachsbüfte
Peters des Großen ausgeführt hat, welche der
3ar 1719 dem Kardinal Ottoboni als Gefchenk
nach Rom gefandt hatte. Fjerr Sergej Eroj-
ni§ky, der jetzige energifche Direktor der Ermi-
tage, gibt eine Überfid)t über die (Herke des
am Fjofe Katharinas 11. tätig gewefenen deutfehen
Bildhauers, Emailleurs, Verfertigers von Glas-
ßüffen und Steinfchneiders Georg Heinrich König,
von welchem die Ermitage u. a. eine ganze Reihe
Potemkinfcher Porträtmedaillons bep^t. Ein ver-
wandtes Ehoma behandelt Frl. M. Makfimowa,
indem pe ein Bild von Katharina 11. als leiden-
schaftlicher Sammlerin antiker Kameen und Gem-
men entwirft. Schließlich befaffen pch zwei Auf-
fä^e von E. von Liphart und Alexander
Benois mit einigen Gemälden der ehemaligen
kaiferlichen Sammlungen. Erfterer kommt auf
die von ihm 1915 in den „Staryje Gody" re-
produzierte „Flucht nach Ägypten" aus dem Palais
zu GatcF)ina zurück, welche früher als Jugend-
werk Eizians galt, vom Verfaffer aber dem Paris

* Diefer 1909 von der Ard)äoloqifd)en Gefollfcßaft ber-
ausgegebene Bilderatlas umfaßt atle in Rußiand aufge-
fundenen altorientalifcben Gold- und Silbergeräte. Den
Cextband konnte Smirnow nicht mehr beendigen.

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