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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0030

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halb 8 Uhr in der Kapelle des Ludwig Wilhelm Kranken- '
Heims in aller Stille eine erhebende Gedächtnißfeier statt,
an welcher Ihre Königlichen Hoheiten der Grojzherzog und
die Großherzogin in Begleitung der Hofdame Freiin von
Schönau sowie der Generaloberst von Los Excellenz, die
Oberin und die dienstfreien Krankenschwestern des Hauses
theilnahmen. Herr Prälat O. Doll leitete die kirchliche
Feier-
L6. Karlsruhe, 8. Januar. Der Gesundheitszustand des
Geistl. Raths, Reichstagsabgeordneten Dr. Lender ist gegen-
wärtig leider kein guter. Auf der Rückreise von einer Kreisaus-
schubsitzung in Baden stellten sich, lt. Ldsm., neulich schlag-
ähnliche Schwindelanfälle ein, die zu den ernstesten Be-
fürchtungen Anlaß geben. Geh. Hofrath Dr. Schüle verbot
dem Kranken jede geistige Aufregung und angestrengtere Thätig-
keit, insbesondere die Theilnahme an den Retchstagsverhandlungen.
ff Mannheim, 7. Januar. Der hiesige national-
liberaleVerein hielt gestern seine diesjährige General-
versammlung ab. Den Vorsitz führte Herr Reichstags-
abgeordneter Ernst Bassermann. Herr Kaufmann Jakob
Kuhn erstattete den Jahresbericht, ans dem hervorgeht,
daß der Verein jetzt eine Mitgliederzahl von 3159 besitzt
und gegenüber dem Vorjahre eine bedeutende Zunahme er-
fahren hat. Die Erstattung des Kassenberichts ergab, daß
der Verein trotz der erheblichen Ausgaben bei der Reichs-
tagswahl mit einem Vermögen von ca. 3000 Mk. in das
neue Jahr tritt. Es erfolgte hierauf die Neuwahl deS
Vorstandes, die durch die Wiederwahl der seitherigen
Herren erledigt wurde. Erster Vorsitzender ist wie seither
Herr Reichstagsabgeordneter Ernst Bassermann. Hiermit
war die Tagesordnung erledigt. Herr Bassermann machte
zum Schluß noch einige interessante politische Ausführungen,
in denen er die heutige Konstellation der Parteien und die
in ihr sich anbahnenden Veränderungen besprach, sowie
den Satz aufstellte, daß eine Partei, welche die Aufgabe
ihrer Zeit verstehen und erfüllen wolle, heute von sozialem
Geiste durchtränkt sein müsse.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hobeit der Großherzog haben dem
Vorstand des Kaiserlich Russischen Telegraphenbureaus in Zars-
koje Selo, Kollegienrath Peter Mansvetoff das Ritterkreuz
erster Klasse und dem Beamten bei diesem Bureau, Konstantin
Tereschoff das Ritterkreuz zweiter Klasse des Ordens vom Zäh-
ringer Löwen verliehen und den nachgenannten Personen die Er-
laubniß zur Annahme und zum Tragen der ihnen von dem
Prinz-Regenten von Bayern verliehenen Auszeichnungen ertheilt,
und zwar: dem Großherzoglich Badischen Gesandten Freiherrn
von Bodman in München für den Königlich Bayerischen Ver-
dienstorden vom heiligen Michael 1. Klasse, dem Vorstand des
Geheimen Kabinets Geheimen Legationsrath Dr. Freiherrn von
Babo für denselben Orden 2. Klasse mit Stern und dem Hof-
arzt Dr. Max Dreßler für denselben Orden 3. Klasse.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
nachgenannten Hofbediensteten die Erlaubniß zur Annahme und
zum Tragen der ihnen von dem Prinz-Regenten von Bayern
verliehenen Auszeichnungen ertheilt, und zwar: dem Kammer-
diener Ernst As kaut für das Verdienstkreuz des König!. Bayeri-
schen Ordens vom heiligen Michael, sowie den Hoflakaien Franz
Maier, Adolf Keßler und Karl Koch für die Kgl. Bayerische
silberne Verdienstmedaille.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben die
Bezirksärzte Friedrich Robert Behrle und Dr. Franz Greifs
in Mannheim, sowie die praktischen Aerzte Ferdinand von
Bömble in Konstanz, TheodorLachman u in Ueberlingen und
Dr. Wilhelm Stockert tn Heidelberg zu Medizinalräthen er-
nannt, das Kollegialmitglied bei der Domänendirektion, Geheimen
Finanzrath Julius Wirth, zum Verwaltungsgerichtsrath er-
nannt und das Mitglied des Verwaltungsgerichtshofes Geheimen
Rath 3. Klasse Adolf von Feder aus sein Ansuchen unter
Anerkennung seiner langjährigen, treu geleisteten Dienste und
unter Ernennung zum Geheimen Rath 2. Klasse in den Ruhe-
stand versetzt.

Ausland.
Oesterreich-Ungarn. Pest, 7. Januar. Wie sich nun-
mehr heransstcllt, handelt es sich bei den Wiener Be-
rat Hungen der drei ungarischen Minister in erster Linie
um jene Maßregeln, welche die Regierung während
der Dauer des gesetzlosen Zustandes und im Nothfalle zur
Bekämpfung der Obstruktion zu treffen genöthigt
sein wird. Die Auflösung des Abgeordnetenhauses scheint
dabei nur im äußersten Nothfalle in Aussicht genommen
zu sein, da nach dem strengen Wortlaute des Gesetzes das
Haus erst nach der Annahme des Budgets aufgelöst
werden könnte.
Frankreich. Paris, 7. Januar. Dem Siscle zufolge
wurde der Kassationshof verständigt, daß sich in dem
geheimen Dossier ein gefälschtes Aktenstück befinde und daß
ein Vergleich mit einem im Ministerium des Aeußern vor-
handenen Schriftstück die Fälschung beweisen würde. Das
gelingt und kommt schließlich mit einem blauen Auge — oder
vielmehr mit einer blutigen Nase — davon.
In diese Umrahmung haben die Autoren nun allerlei heitere
Szenen hineingebracht. Sehr aktuell und dabei lustig durch-
geführt ist eine Voroersammlung zur Gründung eines Radlecinnen-
klubs; sodann wird das Verhältniß zwischen der Jette und ihrem
Husaren Plastisch auf der Bühne gezeigt; von einer Metzgers-
frau — man weiß nicht recht zu welchem Zweck — wird ein
Versöhnungsversuch vor dem Schiedsrichter dramatisch vor-
getragen u. s. w. u. s. w. Es ist kein Champagner, auch kein
Rheinwein, aber eine moussirende Berliner Weiße mit ein
paar kräftigen Kümmeln darin.
Die Aufführung ging unter der Regie des Herrn Direktor
Heinrich flott von statten. Den Potsdamer Rentner spielte
Herr Rudolph, dessen Spezialität derartige Rollen sind. Als
seine Frau stand ihm Frl. Frenzel in energischer Haltung zur
Seite resp. gegenüber. Die Familie des Schwagers wurde von
Herrn Sigl und Frl, v. Tacco angemessen repräsentirt. Herr
Blank spielte den jungen Lebemann, der sich in Hymens
Fesseln schlagen läßt, gewandt und lebendig.
Obgleich das Stück sein Amüsement heißt, so bereiten darin
doch Damen, die mit ihm und seinem Vergnügen direkt nichts
zu thun haben, dem Publikum das Hauptamüsement. Namentlich
die Putzmacherin und fesche Radlerin Frttzi Westermann, eine
temperamentvolle Vertreterin der Frauenemanzipation, ist eine
sehr gelungene Figur, zumal in der flotten schneidigen Dar-
stellung durch Frl. Mehrer; sodann die Metzgersfrau Himmer,
die in ihrer beängstigenden Mundfertigkeit von Frl, Sternau
sehr natürlich wtedergegeben wurde, und das echte, im Weichbilde
Berlins beheimathete Dienstmädchen des Frl. Sander.
Auch die Vertreter und Vertreterinnen der kleineren Rollen
waren gleich den Genannten mit Lust und Liebe bei der Sache.
1'. U.

Ministerium des Aeußern bewilligte das Ansuchen des
Kassationshofs um Uebermittelung des Schriftstückes.
England. London, 6. Jan. Eine von der Regierung
Abends ausgegebene Parlamentsdrucksache enthält den
Vorschlag des Zaren bezüglich der Abrüstungs-
Konferenz nebst der Antwort der britischen
Regierung. Lord Salisbury sagte in einer am
24. September 1898 an den englischen Botschafter Skott
gerichteten Depesche: Die englische Regierung zog den
Vorschlag des Zaren in sorgfältige Erwägung und er-
innert Skott daran, daß bereits Baifour in Salisbury's
Abwesenheit die Gründe darlegtc, weshalb eine formelle
Beantwortung des Vorschlages verschoben werden mußte,
aber inzwischen die russische Regierung der herzlichsten
Zustimmung versicherte. Lord Salisbury fügte hinzu, die
Zustimmung beschränke sich nicht auf die Regierung,
sondern werde von der englischen öffentlichen Meinung
getheilt, wie es in schlagender Welse die von öffentlichen
Versammlungen und verschiedenen Vereinen angenommenen
Resolutionen zeigten. Es gebe wenige Völker, wenn es
solche überhaupt gäbe, denen sowohl aus Gefühlsgründen
wie aus Interesse mehr an der Erhaltung des allgemeinen
Friedens gelegen sei als England. Nachdem Lord Salis-
bury die Berechtigung der Ausführungen anerkannt, durch
die der Vorschlag des Zaren begründet wird, erklärt er,
die Regierung werde gern Mitwirken. Wenn der Vorschlag
zu einem Erfolg führe, so würde der Herrscher, dessen
Anregung der Erfolg zu danken sei, den unbeschränkten
Dank der Welt verdient haben. Schließlich wird die
Hoffnung ausgesprochen, daß zugleich mit der Einladung
zur Konferenz die einzelnen Punkte bekannt gegeben werden,
auf welche die Aufmerksamkeit der Konferenz gelenkt
werden soll.
London, 7. Januar. Die Times besprechen die
französische Politik auf Madagaskar und sagen, Frankreich
ignorire absichtlich schon seil sechs Monaten die Beschwer-
den Englands, insbesondere die Klagen darüber, daß
britische Kaufleute andauernd boykottirt werden. Das
Blatt bemerkt dazu, die Franzosen sollten, weil die
Engländer nicht toben und poltern, nur nicht denken,
daß den Engländern die Zweideutigkeit der Politik
der französischen Regierung nicht zum Bewußtsein
gekommen ist, die unter großsprecherischen Phrasen mit
Gier und List handle.
Italien. Rom, 7. Jan. Der frühere französische
Botschafter in Rom, Billot, veröffentlichte in der ksvns
äss äsux Llonäss einen Artikel überden Zollfrieden
zwischen Frankreich und Italien, um seine Verdienste
heroorzuheben. Dabei erklärt er naiv, er habe beabsich-
tigt, Italien vom Dreibunde loszulösen oder
wenigstens durch materiellen Druck Italien zu neutralisiren.
Dagegen protestirt, wie die Frkf. Ztg. berichtet, Rudini,
und die ihm nahestehende OPinione ist entrüstet. Italien
habe, wenn es auch eine Versöhnung mit Frankreich an-
strebte, damit nicht am Dreibunde rütteln wollen. Auch
die Italic protestirt und nennt den Artikel ein Muster der
unglaublichsten Naivetät. Sie erinnert daran, daß Billot
eben deshalb abberufen worden sei, weil er einem zu
starken französisch-italienischen Radikalismus huldigte.
Spanien. Madrid, 7. Jan. General Weyler
gab ein Festessen, an dem 14 Generäle, ein Contre-
admiral, 4 Obersten und zahlreiche andere Offiziere theil-
nahmen und bei dem Trinksprüche auf die Wieder-
geburt des Vaterlandes und die Reorganisation der
Marine ausgebracht wurden. Die Gäste drückten den
Wunsch ans, Weyler möge zur Regierung gelangen.
Türkei. Kanea, 7. Jan. Prinz Georg ernannte
eine Commission von elf Christen und vier Muselmanen,
die die Aufgabe hat, Gesetzentwürfe sowie ein neues orga-
nisches Statut auszuarbeiten, die der Nationalversamm-
lung zur Berathung und Abstimmung unterbreitet werden
sollen.
Amerika. New-Dork, 7. Januar. Senator Mason
brachte eine Resolution ein, die erklärt, der Versuch, die
Philippinen gewaltsam zu annektiren, sei gegen die in
der amerikanischen Unabhängigkeits-Erklärung ausgedrückten
Prinzipien.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 9. Januar.
* Ans der Studentenschaft. In der Sitzung des weiteren
Ausschusses am 16. D-cember gab der Vorsitzende folgende Vor-
schläge des engeren Ausschusses bekannt: 1) Der 2. Juni soll als
viss »osäsmions begangen werden. 2) Vormittags soll eine
akademische Feier in der Aula stattfinden. 3) Abends erfolgt ein
Fackelzug der Studentenschaft nach dem Bismarckdenkmal, wo
eine des Augenblicks würdige Feier und Gesang eines patrioti-
schen Liedes stattfinden solle. Zugleich soll auf dem Michelsberg
ein Fenerfunal entzündet werden. Der Antrag, diesen Vor-
schlägen zuzustimmen und den engeren Ausschuß zu den noth-
wendigen Verhandlungen mit Senat rc. zu ermächtigen, wurde
einstimmig angenommen.
* Städtische Arbeitsnachweisanstalt Heidelberg. (Monats-
bericht). Nach amtlicher Zusammenstellung wurden im Monat
Dezember im Ganzen 635 Gesuche eingetragen: 166 für männl.,
85 für weibl., welche 387 ArbeitSkrälte verlangten (299
männl. und 88 weibl.) und 420 Arbeitskräfte zugewiesen er-
hielten. Arbeitnehmer waren es, insofern dieselben einen
Eintrag verlangten, 384 (326 männl. und 58 weibl.), von
welchen sofort 361 Arbeit nachgewiesen wurde. Befriedigt wurden
im Ganzen 499 und zwar: 200 Arbeitgeber (156 männl. und 44
weibl.) u. 299 Arbeitnehmer; darunter 253 männl. u. 46 weibl.
Zu den 499 Befriedigten können auch in diesem Monat
noch 8-10 Gesuche als befriedigt hinzugerechnet werden, von
denen die Anweisungsscheine nicht mehr an die Anstalt zu-
rückgebracht wurden. Außerdem haben noch 217 Arbeit-
nehmer bei der Anstalt um Arbeit nachgeiucht, welche, da
ibnen nicht sofort passende Arbeit nachgewiesen werden konnte,
aus einen Eintrag verzichteten.
1. Weihnachtsfest der Feuerwehr. Am Samstag, den 7. d.,
feierte die Freiw. Feuerwehr ihr Weihnachtsfest; dasselbe
verlief in allen Theilen auf das herrlichste. Ein vielversprechendes
Programm ließ die Anwesenden auf einen frohen Abend hoffen.
Die Feier wurde eröffnet durch einen Festmarsch, ausgeführt von
der Freiw. Feuerwehrkapelle (Orchester-Verein), die sich den ganzen
Abend sehr thätig erwies. Zwei prachtvolle, der Feier ent-
sprechende, künstlerisch dargeftellte lebende Bilder — die Verkün-

digung der Geburt Christi durch den Engel an die Hirten i
zwei Waisenkinder am hl. Abende in schneebedeckter Landsck
unterm Schutz des hl. Engels - zu denen Herr Max Litt
den begleitenden Text sehr ausdrucksvoll sprach, versetzten die S
wesenden in eine ernste, feierliche Stimmung, die aber bei
folgenden Nummern des Programms schwinden mußte. F
Musikdirektor Radig verherrlichte die Feier durch einige i
schon vorgetragene Lieder .Der letzte Wille" von Löwe. A
?ung von Schumann, ..Frühlingslied" von Becker, zu "de
Herr Musikdirektor Radig die Begleitung übernommen he
Unser Altmeister, Herr Musikdirektor Rosenkranz, erfreute
Anwesenden mit einem schönen Violinvortrag. Inzwischen >
der vrachlvoll geschmückte Weihnachtsbaum angezündet war
und eine Schaar junger Mädchen begann mit dem Verkauf
Loose, die raschen Absatz fanden, da der prachtvolle und re
haltige Gabentempel sehr dazu einlud, dem Glück die Hand
bieten. Die humoristische Szene „Vier Seelen und ein Gedan
von vier Damen von Mitgliedern der Feuerwehr auf das
lungenste zum Vortrag gebracht, erntete rauschenden Beifall
es mußte das Schlußlied wiederholt werden. Auch die Posse
Gesang .Aus Liebe zur Kunst" fand sehr freundliche Aufnah
Sammtltche Darsteller thaten ihr Bestes. Besondere Anerkenn
verdienen die Arrangeure, für den theatralischen Theil !
Max Dlttrich und für den musikalischen Theil Herr Musiklei
Emil Geliert. Kamerad Hilpel brachte ein wirklich humoristist
Potpourri zum Vortrag und setzte damit die Lachmuskeln
Bewegung. Ferner ließ sich Frau Musikdirektor Radig durch
allgemeinen Wunsch nochmals bewegen, die Anwesenden
ihrem Gesang zu erfreuen. Den Schluß bildeten einige Mi
stucke, darunter der von Herrn Musikdirektor Rosenkranz
Feuerwehr gewidmete .Neckarthaler Feuerwehrmars
Alle Mltwirkenden ernteten reichen Beifall und erst in später Stu
trennte man sich mir dem Bewußtsein, eine schöne Weihnach
feter verlebt zu haben.
O Der Vortrag des Hrn. Hauptmanns a. D. Karl Tan
.Psychologische Beodachtun
aus dem Kriege 1870/71. insbesondere aus den Bayernkämt
um Orleans , welcher gestern Abend auf Veranlassung des h
gen Kaufmännischen Vereins im großen Saale des Bürgerkasi
stattfand, hatte eine große Anzahl Zuhörer, darunter auch Dan
zusammengeführt. Der Hr. Redner leitete seinen Vortrag
der Erwähnung des Abrustungsvorschlags des Zaren ein, de
Ausführung er, da ein ewiger Friede undenkbar sei, als r
im Interesse der fortschreitenden Entwickelung unseres Vo
gelegen bezelchnete; im Gegentheil: in einem gutgeschul
schlagfertigen Heere liege unser Heil. Dann, näher auf sein
wähltes Thema eingehend, sprach er in Bezug auf die See
stiminung des Soldaten im Kriege seine Meinung dahin >
daß wohl ein Gebaute: die Furcht vor dem Tod- fast o
geistig normalen und gesunden Menschen innewohne. T
Todesfurcht weide durch Erweckung der Begeisterung bei
Einen, theils auch durch die Aussicht auf Befriedigung
Ehrgeizes bei dem Andern überwunden, könne aber nur d
trefe Einprägung der Pflicht und Erziehung zur Pflicht!
wirkungslos gemacht werden. Der Redner zeigte alsdann
aufmerksam lauschenden Zuhörern durch Schilderung seiner
lebnisse, daß gerade so verschiedenartig, wie die Geschicke
Soldaten im Felde sind, ebenso auch die Seelenstimmung
verschiedenartige sei; eine Hanptursache der glücklichen Ents,
düng des Feldzuges: den frischen, kecken Muth, hätten sich
demicheu Krieger bei allen Wechselfällen des 70er Feldz>
bewahrt, und diese Tugend sei eine Eigeuthümlichkeit
deutschen Armee, die keinem andern Heere der Well in glev
Maße innewohne. Diese Thatsache illustrirte Redner durch
Schilderung von Leistungen sowohl einzelner Soldaten als
kleinerer und größerer Truppenabtheilungen; er erzähve, wie
bayrischer Soldat wahrend eines Gefechtes einzeln vorging
einen gefangenen Franzosen zurückbrachte, wie zehn bahr. Jc
die durch mehrere französische Bataillone bei Besetzung e
Dorfes von den Ihrigen abgeschnitten waren, sich unter Fühi
eines Sergeanten heldenmüthig durchschlugen, wie ein C,
von 3000 Mann die Uebermacht von 14 000 Feinden zm
schlug u, s. w. Herr Toner« machte den Feldzug als Lientei
bei der I. bayrischen Armee unter General v. d. Tann mit
es war ihm in seiner Eigenschaft als Ordonnanzoffizier mög
einen gewissen Ueberblick über die taktischen Bewegungen d
Armeekorps zu gewinnen; er erklärte freimüthig, daß bei
bei Ausbruch des Krieges in der Neuorganisation begriff
bayr. Heere während des Feldzuges verschiedene Fehler gen
worden seien, die heutzutage nicht mehr denkbar seien, aber
Fehler seien durch den Muth und die Ausdauer
Truppen ohne Löse Folgen geblieben. Bei einer seelisch gui
stimmten Armee wirke eine Ueberraschung durch den Feind
ein elektrischer Funken, während bei einer seelisch nicht gut
stimmten Armee die Wirkung einer Ueberraschung eine ni
schmetternde sei, vergleichbar mit dem Zustand eines plötzlich a
wühlten Ameisenhaufens. Die daher. Truppen hatten in der
vom 1. bis 12. Dec. 1870 nicht weniger als 10 Schlachttage,
bei sie einen Drittheil ihrer Mannschaften einbüßten; die
Unterstützung ihrer Kameraden entsandten Mannschaften
preußischen Regimenter erstaunten nicht wenig, als sie die
meintlich aufgelösten bayerischen Truppen in so guter Ord
und muthiger Stimmung antrafen, brennend vor Begierd«
erlittene Scharte wieder auszuwetzen; hier bewirkte also das!
geschick nicht etwa ein Gefühl der Niedergeschlagenheit, so,
das gerade Gegentheil. Wenn man bedenke, daß 75000 ?
zosen von Südwesten, 45000 von Südostm auf das vor
Bayern besetzte Orleans losrnckten und die Bayern es tro
fertig brachten, ohne Schaden zu nehmen, dieser Umzingeln:
entgehen, so könne man nicht genug das Talent ihrer Führe
wundern; auf diesen Letzteren hätte allerdings die Sorge um
Mannschaft wie ein schwerer Alp gelastet. Sie waren sich
ungeheuren Verantwortlichkeit wohl bewußt und ertheilten,
der Redner durch die Schilderung mehrerer Episoden zeigte,
in den kritischsten Momenten mit Ruhe und Klarheit die rick
Befehle. Des weitern müsse im Auge behalten werden, da
Mannschaften bei den vielen beschwerlichen Märschen, bei M
Schnee und Eis ohne Reservekleider waren und auch ö
großer Kälte bivouakiren mußten, hin und wieder auch M
an Lebensmittel eintrat, daß sie aber in edler Begeisterung fü
Sache bei allen Trübsalen und Entbehrungen ihren guten '
behielten; die französischen Offiziere mußten oft mit dem k
ihre Leute vorwärts treiben, während die Deutschen mit n
gem, frischen Wesen auf den Feind losgingen. Der Redner s
seinen hochinteressanten Vortrag mit der Bemerkung, das
Land, das eine solche Armee wie die deutsche besitze, mit Z
ficht der Zukunft entgegensehen könne. Reicher Beifall bel
die klaren Ausführungen des Redners.
X Landwirthschaftlicher Bezirksverein Heidelberg. Dil
rektion des Landwirthschaftlichen Bezirksvereins Heidelberg
auf gestern Nachmittag in das Gasthaus zum Schiff im 6
theil Neuenheim eine Bezirksversammlung einbe
Zur festgesetzten Stunde konnte der 1. Vorsitzende, Herr S^
götter, eine sehr große Anzahl Vereinsmitglieder wie Fl
der Sache begrüßen. Nachdem dies geschehen, sprach Her
zirksthierarzt Väth, II. Vorstand, über Rindviehzucht,
klaren verständlichen Auseinandersetzungen wurden mit g>
Interesse angehört und es ist nur zu wünschen, daß st«
überall zur Richtschnur genommen werden. Sodann wuri
Pos. II der Tagesordnung, Verabfolgung der in Heilig
steinach und Meckesheim erlangten Prämien, überxegangei
dem der I. Vorstand über die Bedeutung der Prämiiru»,
Rindviehes sprach; er ermahnte die Landwirthe, ihre Zucht
gutes Material zu verbessern und insbesondere dahin zu wirke:
in den einzelnen Gemeinden das Farrenmaterial ein gute
In dieser Beziehung sollen keine Ausgaben gescheut werde
dies dem einzelnen Züchter wieder zugut komme. Auc
 
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