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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0096

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Belgien. König Leopold hat die Demission zweier
ultraklerikaler Minister, der Herren de Smet de Naher
und Nyssens, angenommen. Gleichzeitig veröffentlicht der
Moniteur die Ernennung der Abgeordneten Libaert und
Cooreman zum Finanzminister, bezw. znm Minister für
Industrie und Arbeit. Die Presse der gestürzten Minister
speit Gift und Galle gegen den König; sie greift den König
heftig an und beschuldigt denselben, den Sturz der ultra-
montanen Herrschaft und die Errichtung eines liberalen
Regimes anzustreben, um die Heeresreform und die Ueber-
nahme des Kongostaates durch Belgien durchzusctzen.
England. London, 24. Jan. Cecil Rhodes ver-
langt für den Bau von 380 Kilometern Tanganika-
Eisenbahn, der zwanzig Millionen kosten soll, eine Re-
gierungsgarantie, damit er eine Anleihe für zweieinhalb
Prozent erhalten kann und das junge Unternehmen nicht
mit einer fünfprozentigen Anleihe zu belasten braucht.
Amerika. New York, 24. Jan. Nach der Morning
Post theilte Major Sonnenburg (Berichterstatter einer
Berliner Zeitung),der eben von Manila angekommen ist,
mit, daß die Nachrichten von Reibungen zwischen den
Admirälen Dewey und v. Diederichs unrichtig
seien. Die Gerüchte seien auf interessirte Persönlichkeiten
in Hongkong znrückzuführen, welche Stadt er ein Lügennest
nannte.
Montreal, 19. Jan. Heute wurde hier die „Im-
perial Oil-Gesellschaft" gegründet. Es ist dies weiter
nichts als der canadischc Schwanz des „Standard Oil
Trust", der alle canadischen Petroleum-Gesellschaften aus
dem Felde getrieben hat.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 26. Januar.
* Unser Kaiser feiert morgen seinen vierzigsten Ge-
burtstag. Auf der Mittagshöhe des Lebens angekommen,
stellt der hochbegabte Kaiser die Einsicht und die Willens-
kraft des gereisten Mannes als oberster Führer des deutschen
Volkes in den Dienst des Vaterlandes. Mir Vertrauen blickt
Deutschland auf seinen Kaiser, der in zehn Reaierungsjahren
sich als ein wohlmeinender, temperamentvoller und ziel-
bewußter Herrscher gezeigt hat und mit Dankbarkeit und
mit Freude erkennt es an, daß unter seinem Regiment die
Entwicklung Deutschlands stetig fortgeschritten ist. Möge
unserem Kaiser der festliche Tag. ein Feiertag für das ganze
deutsche Volk, noch recht oft wiederkebrcn!
/X Viirgerausschuß. Der Bürgerausschuß versammelte
sich gestern Nachmittag 4 Uhr. um über die stadträthtiche Vorlage,
betr. den Ankauf des Museumsgebäudes, zu berathen.
Im Saale waren Skizze» ausgestellt, welche die Möglichkeit des
Ausbaus des Museums zu Festhallezwecken erläuterten. Herr
Oberbürgermeister Dr. Wtickens eröffnete die Sitzung in
Anwesenheit von 104 Mitgliedern des Ausschusses und begrüßte
zunächst die neu in den Ausschuß eingetretcnen Herren Aisenpreis
und Engelberth. Zur Tagesordnung übergehend, konstatirte er
zunächst, daß der Stadtverordnetenvorstand der Vorlage ein-
stimmig beigetreten ist, und verwies in der Sache selbst auf den
ausgegebenen ausführlichen Druckbericht. Die Museumsgesell-
schaft habe den Kaufvertrag erfreulicherweise in ihrer General-
versammlung genehmigt. Die Gesellschaft habe sich bei den Ver-
handlungen und bei der Abstimmung nicht von einseitigen
Interessen leiten lassen, sondern auch an das öffentliche Interesse
gedacht, wofür insbesondere ihrem Vorstand, Herrn Geh. Rath
Weyer, Dank gebühre. Redner kommt dann noch kurz auf ein
Eingesandt in einem hiesigen Blatt zu sprechen, worin gefragt
wurde, weshalb der städt. Hochbaumeister nicht die Bauskizzen
geliefert habe; er konstatirt, daß der städtische Hochbaumeister
nicht unthätig gewesen sei, er habe die Frage schriftlich und
zeichnerisch bearbeitet und sei zu allen Erörterungen zugezogen
worden. In dem Augenblicke aber, als die Sache dringlich
wurde, sei er ernstlich krank gewesen. Die Stadt habe deshalb
mit Dank von den Arbeiten der Herren Lender und Ebert
Gebrauch gemacht. Jetzt sei der Stadtbaumeister wieder eifrig
an der Arbeit, da eine Bauvorlage in Bälde vor den Bürger-
üusschuß gebracht werden soll. Redner empfiehlt die Vorlage,
die eine praktische und nicht zu theure Lösung einer lange
schwebenden Frage bringe.
Der Obmann des Stadtverordnetenvorstandes, Herr Rath
Leonhard, empfiehlt die Vorlage mit warmen Worten. Bei
Berathung der Vorlage sei der Vorstand sofort einstimmig der
Meinung gewesen, daß das Anwesen unter allen Umständen von
der Stadt zu erwerben sei, abgesehen ganz von dem Zwecke, für
den es ins Auge gefaßt sei. Es wäre unzulässig gewesen, daß
dieses Gelände, das früher der Stadt gehörte und an städtisches
Gelände anstößt, in fremde Hände übergegangen wäre, aus
denen man es nur sehr schwer und sehr theuer hätte erwerben
können. Einstimmig sei der Vorstand auch der Ansicht, daß die
jetzt zur Verfügung stehenden Säle für gewöhnliche Festlich-
keiten nicht mehr ausreichen und für besondere Anlässe völlig
unzureichend sind. Redner erinnere an das Bankett gelegentlich
der Anwesenheit des Großherzogs, wo viele Besucher zu
ihrem Aerger wegen Platzmangels zurückgewiesen werden mußten.
Trotz dieser empfindlichen Unzuträglichkeiten hätte man lange auf
Abhilfe warten können, wenn nicht die Museumsfrage gekommen
wäre, die der Stadt die Möglichkeit gebe, unter verhältnißmäßig
günstigen Bedingungen die Festsaalfrage rasch zu lösen. Das
Gelände am Jubiläumsplatz habe ja seine großen Vorzüge, aber
der Bau wäre dort doch theuer gekommen, zumal da man vier
Fronten architektonisch auszugestalten gehabt hätte und die Er-
trägnisse wären gering geworden, der Zuschuß um so größer.

Die Museumslage sei zwar nicht so schön, aber doch auch gut,
die Kosten geringer, da der Saal in den Garten gestellt werde.
Die Einnahme sei eine ganz andere und eine sichere. Gegen die Fas-
üng des Vertrages sei nichts einzuwenden, da er bei billiger
Berücksichtigung der Museumsgesellschaft die Interessen der Stadt
wahre. Daß eine dritte Gesellschaft etwa die Festräume erstelle,
die die Stadt gelegentlich zu benutzen gedenke, sei nicht zu
empfehlen.
Der stellvertretende Obmann des Stadtverordnetenvorstandes,
Herr Max Klin ge l, empfiehlt die Vorlage als Stadtverord-
neter und als Vorstand des Gemeinnützigen Vereins. Schon im
Jahre 1884 seien an den Verein Wünsche aus der Bürgerschaft,
die jetzt ihre Erfüllung finden sollen, gelangt und von ihm wei-
ter gegeben worden. Er begrüße das jetzige Projekt als eine
außerordentlich günstige Lösung. Der Gemeinnützige Verein habe
schon im vorigen Jahre auf diese Lösung hingewiesen. Die
Lage des Museums habe große Vorzüge und wichtig sei, daß
ein regelmäßiger Wirthschaftsbetrieb unterhalten werden könne,
was in Verbindung mit weiteren Einnahmen eine mäßige Rente
sichere. Die Stadt habe sich in dem letzten Jahre erheblich ent-
wickelt und vergrößert. Für die Ansüssigmachung Fremder habe man
der Stadtverwaltung und. wie er sagen dürfe, auch dem Gemein-
nützigen Verein zu danken. Einrichtungen zur Unterhaltung seien in
einer Fremdenstadt durchaus nöthig; die Erstellung ausreichender
Festräume sei aus diesem Grund unerläßlich. Die Bauthätigkeit
sei eine gesunde und stehe im Verhältniß zu dem Zuzug Frem-
der. Auch dies sei ein Moment, das zur Lösung der Fcstsaal-
frage ermuthige.
Herr Hofrath Cantor erklärt, daß er früher Gegner jedes
Festsaalbaues gewesen sei, da die Säle des Museums und der
Harmonie zur Roth ausreichten. Seit aber die Eventualität,
daß der Museumssaal fortfallen könnte, eingetreten iei. gestehe
für ihn kein Zweifel, daß hiergegen Vorsorge getroffen werden
müsse. Er empfehle Allen, die bisher mit ihm auf dem gleichen
Standpunkt standen, die Annahme der Vorlage.
Herr Geh. Rath Meyer, Präsident der Museumsgesell-
schaft, dankt für die Anerkennung, die ihm ausgesprochen wurde,
und möchte in dieselbe auch den Finanzdirektor des Museums.
Herrn Ritzhaupt, einbezogen sehen. Die Museumsgesellschaft habe
in der That nicht einseitig ihr Interesse verfolgt, sondern sich
auch vom öffentlichen Interesse leiten lassen, sonst hätte sie das
durchaus ernst gemeinte Angebot der Ballgesellschaft von
400000 angenommen, zumal sie auch bei dieser um den
gleichen Preis hätte zur Miethe wohnen können. Aber die Ge-
sellschaft habe eine Dankesschuld gegen die Stadt, die ihr s. Zt.
das Museumsterrain umsonst gegeben habe, und dann habe sie
cs als in öffentlichem Interesse liegend erachtet, daß die Studt
in den Besitz des Musenms gelange. Ec glaube auch als Stadt-
verordneter die Vorlage empfehlen zu müssen. Ein größerer
Festfaal sei nöthig für die Festlichkeiten innerhalb der Bürger-
schaft sowohl, als auch für Feste mit auswärtigem Besuch. So
habe man vor einigen Jahren den Gedanken, oberrheinische Musik-
feste hier einzuführen, des Platzmangels wegen aufgeben müssen.
Vielleicht werde er jetzt wieder ausgenommen. Die vorgeschlagene
Lösung der Festsaalfcage sei die beste. Von nicht unerheblicher
Bedeutung sei, daß durch dieselbe auch die Platzfrage für die
neue Universitätsbibliothek gelöst werde, sodaß an deren Erstellung
energisch herangegaugen werden könne.
Herr St dtrath Lehmann fügt den Ausführungen der
Vorreduer hinzu, daß für das städtische Orchester bei schlechtem
Wetter bis jetzt kein Lokal vorhanden war. Schon in diesem
Sommer werde bei schlechtem Wetter im Museumssaale bei
Restauration gespielt werden und dann auch im Winter am
Sonntag Nachmittags von 3 bis 7 Uhr, eventuell unter Herbei-
ziehung auswärtiger Kapellen.
Herr Stadtverordneter Dr. Keller macht darauf aufmerksam,
daß nach 8 2 des Vertrags das Mobiliar der Museumsgesellschaft
verbleibt; danach könnte es in der ersten Zeit, bis die Stadt
eigenes Mobiliar hat, Vorkommen, daß zu Festlichkeiten der Saal
von der Stadt und das Mobiliar von der Museumsgesellschaft
zu miethen sei, was zu Unzuträglichkeitcn führen könnte.
Herr Oberbürgermeister Dr. Wilckens hofft fest, daß es da
zu Schwierigkeiten nicht kommen werde, und Herr Geh. Rath
Meyer versichert Namens der Museumsgesellschaft deren Enk
gegenkommen.
Herr Stadtverordneter Ritter fragt an, ob bei der etwaigen
Dislocirung der Museumsbibliothek nach dem Hause Seminar-
straße 1 von der Museumsgesellschaft ein besonderer Miethspreis
zu zahlen sei, was vom Herrn Oberbürgermeister verneint wird.
Hierauf wird zur Abstimmung geschritten und der Ankauf
des Museumsgebäudes um 350 000 „/L sowie die Entnahme dieser
Summe aus Anlehensmitteln mit allen gegen zwei Stimmen
genehmigt.
Der zweite Gegenstand der Tagesordnung betraf das Ortsstatut
bezüglich der Verpflichtung zum Besuch der Gewerbeschule.
Es handelte sich dabei um eine neue Redaktion des bereits be-
stehenden Orlsstatuts, wozu verschiedene Aenderungen der Gesetz-
gebung Veranlassung gegeben hatten. In das Verzeichntß der
Gewerbe, für deren Lehrlinge der Besuch der Gewerbeschule
obligatorisch ist, wurden die Gärtner neu ausgenommen. Herr
Tapezier Atzler wandte sich gegen das, wie ec sich ansdrückce,
„ewige Gewerbeschullaufen", das den Lehrlingen ein halbes Jahr
ihrer Lehrzeit koste; dieser Ausfall sei für die gewerbliche Aus-
hildung nachtheilig. Es sei dem Handwerk zuviel zugemuthet,
daß der Bestich der Gewerbeschule bis zum 18.Jahr einschließlich
ausgedehnt werde. Man solle den Besuch der Volksschule bis
zum 15. Jahr vorschreiben und den Unterricht der Gewerbeschule
auf die Abendstunden oder auf die Sonntage verlegen. Herr
Oberbürgermeister Dr. Wilckens gab zu, daß für die Hand-
werksmeister mit dem Besuch der Gewerbeschule durch ihre Lehr-
linge Unbequemlichkeiten vorhanden seien. In heutiger Zeit
müsse alles Nöthige für die Ausbildung der Handwerker geschehen
und was sie in der Gewerbeschule lernen, trage dazu bei,
sie konkurrenzfähig zu erhalten. Der Gewerbeverein sowie die dem
Gewerbeschulrath angehörenden Handwerksmeister hätten sich mit
dem Statut einverstanden erklärt. Berechtigte Interessen seien
berücksichtigt worden, ein entsprechender Stundenplan sei auf-
gestellt worden, Dispens werde erforderlichen Falls gegeben.

nannt, drerßigtausend Mark; nach dem Tode der Eltern
nochmals dreißigtausend. Beinah war es Wanders zu Kopf
gestiegen, daß seine Dame die Gefeiertste war. Und er hätte
sich säst auf der Stelle Verlobt.
Er überlegte, was er für ein Brautgeschenk machen solle,
kramte dabei tm Schrank und hielt das bunte Schächtelchen
in der Hand, das er nun öffnete.
Im Watrpolster die beiden kleinen Ohrringe.
Die Erlebnisse mit Aennchen stunden vor seinem Herzen.
Er athmete schwer, kniff die Lippen ein und blickte forschend
auf die blauen Knöpschen, als schaue er in Aennchens Augen.
XVI.
Der Mai war allgemach herangekommen.
Wanders hatte mit Vierguts zu verhandeln, der in der
Schirlkammer arbeitete.
Er trat ein und erblickte den Alten zusammengeduckt an
der Hobelbank.
Nun schlich er zurück und dachte gutmüthig: „Schlaf ein
wenig, alter Mensch."
Nach einer Stunde kam er wieder, fand den Schläfer in
der nämlichen Stellung, trat mit fürchtender Erwartung her-
an, und erblickte einen stillen Mann, dessen Seele ent-
flohen war.
Wanders erschrack nicht; aber das Geheimniß des Todes
faßte ihn. Noch war der Flügelschlag des Sterbcengels zu
spüren. Otto stand herunter gebeugt und forschte im erstorbenen
Gesicht: — sacht war die Fackel erloschen am fehlenden

Brennstoff. Wie oft batte er nach der vollbrennenden die
Hand schon ausgestreckt — um sie auszutreken! Er dachte an
den Knecht, der lange nach seiner Heimath abgeschoben wor-
den war und kaum wieder seinen Weg kreuzen würde.
„Vater ViergutS! — Hört doch! —Hört einmal alter
Manu!-"
Todt — ohne Zweifel. —
Als Wanders die hockende Gestalt berührte, verlegte sich
der Schwerpunkt und sie glitt zur Erde, von Wanders auf-
gehalten, der sie sacht niederlegte.
Dann sab er sich um, rückte eine Bank zur Wand und
richtete ein Lager. Darauf legte er den alten Mann nieder.
Der ruhte wie schlafend und sah aus, als ob er angenehme
Träume habe.
Wanders ging zur Mutter, sagte: „Der alte Vierguts ist
todt — sacht eingeschlasen. Mach' kein Geräusch, sonst kommt
das ganze Dorf hergestürzt," — geleitete die Frau zur Schirr-
kammer und schickte einen Boten der Aennchen vorsichtig be-
nachrichtigen sollte.
Als er wieder im Wohnzimmer war, fiel ihm allerlei ein,
das er erledigen wollte. Er mußte noch eine Zeitungsnotiz
Nachsehen, sodann im Kalender die vorjährig erzielten Rind-
und Schweinepreise aufsuchen; holte den Kalender, blätterte
und dachte dabei. Ihm kamen die blauen Ohrringe in den
Sinn, Bertha Erbt, seine Brücher Erlebnisse und die Mili-
tärzeit. Darüber vergaß er auf die Notizen zu achten.
Er warf das Buch auf den Tisch — trat an das Fenster.
(Fortsetzung folgt.)

Redner müsse sich entschieden dagegen verwahren, daß man de»
Unterricht auf die Sonntage oder auf die Abendstunden verlege.
Die jungen Leute seien Abends abgespannt und könnten dem
Unterricht nicht mehr folgen; der Sonntag solle den Schülern
und den Lehrern gelassen werden. Tie Wiedereinführung des
Sonntagsunterrichts würde einen sonderbaren Eindruck machen
und zu Einsprachen Veranlassung geben. Die Vorlage wurde
mit allen gegen 2 Stimmen angenommen und hierauf die
Sitzung gegen Vz6 Uhr geschloffen.
T Bismarcktrauerfeier. Im Frankenhause veranstaltete gestern
Abend der Heidelberger O.6., die Burschenschaften Allcmannia
und Frankonia, eine Trauerseier für den Heimgegangenen Mit-
begründer des Deutschen Reiches und Altreichskanzler Fürsten
Bismarck, die einen würdevollen Verlauf nahm und de» er-
hebendsten Eindruck hinterließ. Außer den aktiven und inaktive»
Bundesbrüdern und einer Anzahl alter Herren beider Burschen-
schaften hatten sich der Prorektor, Herr Geh. Hofrath Kehrer,
der Amtsvorstand, Herr Geh. Regierungsrath Pfister, mehrere
Professoren und sonstige eingeladene Gäste zu der Feier ctn-
gefunden. Ter Saal des Frankenhanses war finnig geschmückt.
An der einen Seite desselben war zwischen Fahnen und Em-
blemen die umflorte Büste des Verewigten inmitten frischen
GrünS aufgestellt Die Feier begann mit einem vom Orchester-
Verein vorgetragenen Musikstück, worauf Herr stuck. Traut-
wein (Frankonia), eine patriotische Begrüßungsansprache hielt,
an die anschließend der „Landesvater" gesungen wurde. Hierauf
ergriff Herr Geh. Hofralh Erdmannsdörffer das Wort
zu einer nach Form und Inhalt ausgezeichneten und begeistern-
den Festrede. In vortrefflicher Weise gab er Eingangs den
Empfindungen Ausdruck, die das deutsche Volk bei der Nachricht
von dem Hinscheiden des großen Mannes erfüllten und die fick
weit inniger und lebhafter als bei dem Tode großer Männer
früherer Jahrhunderte äußerten. Aus einem Vergleich der Kund-
gebungen bei dem Tode Bismarcks mit denjenigen bei dem Tode
Luthers oder Friedrichs des Großen ging hervor, daß das
Nationalgefühl des deutschen Volkes einen mächtigen Aufschwung
genommen habe. Im weiteren Verlauf seiner geistreichen Aus-
führungen mahnte der Redner, den Geist Bismarcks, der sich in
seinen hinterlaffeneu Gedanken und Erinnerungen ein unvergäng-
liches Denkmal gesetzt habe, im deutschen Volke lebendig zu er-
halten. Noch sei das letzte Wort in der deutschen Frage nicht
gesprochen, es werden Tage kommen, wo diese ihre Lösung er-
heische. Mögen sich dann Männer vorfinden, die erfüllt sind
vom Geiste Bismarcks. Dann dürfen wir die Hoffnung hegen,
daß die Krisis zur Ehre des deutschen Namens gelöst werde und
zur Erfüllung aller nationalen Wünsche führe. Der Geist Bis-
marcks sei im deutschen Volke stark und lebendig, er sei es,
werde es und bleibe cs. Nach der eindrucksvollen Rede
wurden drei Strophen aus den niederländischen Volksliedern
vom Orchester gespielt. Herr stuck. Fielitz (Allemannia)
sprach ein von vaterländischer Begeisterung erfülltes Ge-
dicht, worauf ein Lorbeerkranz an der Büste Bismarcks
niedergelegt wurde. Tie Musik spielte eine Tondichtung
von Händel. Dann wurde das Lied „Schwört bet
dieser blanken Wehre" gesungen, worauf Herr Trautwein noch
einige eiugelaufene Begrüßungstelegramme verlas und hiermit
die Feier schloß.
V. Gartenbau-Verei«. Gestern Abend hielt der Gartenbau-
Verein im Gartensaale der Harmonie seine Monatsversammlung
ab, welche einen starken Besuch zu verzeichnen halte. Der erste
Vorsitzende eröffnete die Sitzung und theilte mit, daß eigentlich
die Hauptversammlung mit Rechnnngsvorlegung abzuhaltcn wäre.
Es wäre leider übersehen worden, dies bekannt zu machen; er
bitte daher um Abstimmung, ob dieselbe obgehalten oder ver-
schoben werden soll. Hr. W. Pfaff schlug die sofortige Vor-
nahme der Generalversammlung vor. womit sich die übrige»
Mitglieder einverstanden erklärten. Zuerst wurde auf Vorschlag
des Hrn. Pfaff der alte bewährte Vorstand per Akklamation
wiedergewählt. Der erste Vorsitzende. Herr Geh. Hofrath Prof.
Dr. Pfitzer, dankte, nahm die Wahl an und sprach die Hoff-
nung aus, daß auch die übrigen Herren des Vorstandes die
Wahl anuehme» werden. Hierauf fand die Rechnungslegung
statt. Der Einnahme von Ml. 599.81, incl. 62 Mk. Kassen-
bestand vom Vorjahre, stehen Ausgaben in Höhe von Mk. 483.50
gegenüber. Dazu kommen noch Mk. 50 an die Städt. Sparkasse
eingezahlt und Mk. 66.31 Kassenbestand. Das BereinsoermögeN
beläuft sich auf Mk. 140631 gegen Mk. 1315 im Vorjahre. Es
wurden zur Rechnungsprüfung einige Herren gewählt. Darauf
erhielt Herr Garteninspektor Massivs das Wort zu seinem für
diesen Abend angeküudigten Vortrag: lieber Küchenkräuter.
(Wegen Raummangel erfolgt ausführlicher Bericht im nächsten
.familtcnblait.) Nach Beendigung des Vortrages dankte Herl
Hofratb Pfitzer dem Redner im Namen der Anwesenden für
seine äußerst lehrreichen und für jede Hausfrau insbesondere
höchst interessanten Ausführungen. Hierauf ergriff Herr Pfafl
nochmals das evort und forderte die Anwesenden auf. sich zui»
Danke und zur Anerkennung der Rührigkeit und Umsicht des
Vorstandes von den Plätzen zu erheben. Den Schluß der Sitzung
bildete die übliche Verloosung von Topfpflanzen, unter denen
schon einige Frühlingskinder zu bemerken waren.
K Vad. Viehhändler-Verein. Am Sonntag, den 29. Januar,
Mittags halb 12 Uhr beginnend, findet hier im Saale zu>N
„Goldenen Roß" eine Versammlung des Badischen Viehhändler-
Vereins statt behufs Besprechung wichtiger Angelegenheiten,
worauf wir ganz besonders aufmerksam machen.
* Eine praktische und vortheilhafte Neuerung im Lokal-
bahnverkehr wird nach dem Mannh. Anz. nächster Tage in Wirk-
samkeit treten. Zur Entlastung des Personals werden auf den
Stationen Mannheim, Schwetzingen und Heidelberg Fahr-
karten-Automaten aufgestellt werden, aus welchen jeder
Fahrgast gegen Einwurf von 10-Pfennigstücken sich sein Biller
selbst ziehen kann und zwar in der Weise, daß auch bei Karte»
die auf 5 aufgehen (z. B. 15-, 2ö-Pfennigkarteu), die 10 Pfg-
voll, also 20, 30 re. eingeworfen werden. Die restirenden 5 Pfg'
erhält man sodann mit dem betreffenden Billet aus dem Auto'
maten zurück.
LH Schösfengerichtssitzung vom 25. Jan. 1) Georg Höhr,
Taglöhner von Allenbach, erhielt wegen Körperverletzung
4 Monate Gefängniß, 2) Friedrich Kersebaum, Direktor hier,
wurde von der Anklage wegen Ruhestörung freigesprochen,
desgleichen 3) Wilhelm Pauli, Cementarbeiter in Nußloch, vo»
der Anklage wegen groben Unfugs, ebenso 4) Margaretha HA
von Mannheim von der Anklage wegen Ueberlretung des 8 361 '
5) Georg Baust, Metzger von Nußloch, und Konrad Holzwarth'
Metzger, erhielten wegen Beleidigung eine Geldstrafe von je 10 I-
— Polizeibericht. Ein Taglöhner wurde wegen Urkunden-
fälschung. ein Maurer wegen Beihilfe hierzu, und ein h>^
wohnhafter Müller wegen Blutschande verhaftet.
Billigheim (Baden), 23. Jan. Gestern Abend verschied A
hiesigen Schlosse nach schwerem Siechthum der Majoratsherr Gral
Karl von Leiningen-Billigheim, Mitglied der badisch^
Ersten Kammer und früherer Attachö der bayerischen Gesansff
schaft in Wien, im Alter von nahezu 40 Jahren. Er hatte stA
erst vor etwa 6 Monaten mit einer Dame bürgerlicher HerkuNl
aus Wien vermählt, deren Schicksal allgemeine Theilnahine h"
vorruft. Graf Karl war in allen Schichten der Bevölkerung nK-
gen seines leutseligen Wesens veliebt.
Mannheim, 25. Jan. Nachdem der Mannheimer Karn ^
val, der in früheren Jahren am Rhein eine große Rolle gesp>"
hatte, seit über einem Jahrzehnt geruht, soll er in diesem J<E
wieder kräftig aufersteyen. Ein öffentlicher Karnevalrzug '
großem Stil ist in Vorbereitung, veranstaltet und arrangirt v«>
der Karnevalsgescllschaft „Feuerio". Der Zug wird aus w»,
weniger als 32 Nummern bestehen, die möglichst glänzend dur«,
geführt werden sollen. Wir heben folgende hervor: Indus"»
hafenwagen, Oktroiwagen, Jagdwagen, Fäkalienwagen, Rheins«»'
 
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