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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0224

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sein werden. — Der Staatssekretär sprach dann noch über
die Abrüstungskonferenz, den Fall Roth (in Brasilien), ver-
schiedene Vorfälle in Marokko, nnd schließlich über Samoa.
Diesen Theil seiner Ausführungen werden wir in der
nächsten Nummer d. Bl. wiedergeben.
Deutscher Reichstag. Berlin, 28. Febr. Fortsetzung
der Berathung des Etats der Zölle und Verbrauchs-
steuern.
Auf Anregung des Abg. Dr. Paasche (ntl.) bemerkt der
Direktor im Reichsschatzamt Körner: Eine Erleichterung im
Zollverfahren bei der Zuckerverzollung sei schwer durchzuführen.
Graf Klinckow ström (cons.) bemerkt: Die Unterstützung
der kleinen Müller liege im Interesse des ganzen Landes. Das
neue Müllerei-Regulativ sei noch viel schlechter als das alte.
Redner bittet nach Besprechung einzelner Mißstände den Staats-
sekretär, recht bald eine neue Conferenz zur Berathung eines
neuen Müdlenregulativs einzuberufen.
Staatssekretär Frhr. v. Thielmann vermißt den Beweis
in den Behauptungen des Vorredners, daß das alte Regulativ
schädigend wirke, doch seien die verbündeten Regierungen bereit,
eine neue Conferenz einzuberufen, um das relativ Beste in dieser
Sache zu suchen.
Abg. Ga mp (Rp.): Die finanzielle Seite der Frage habe
keinen großen Werth. Aber das Interesse der landwirthschaftlichen
Kleinbetriebe komme hier sehr in Betracht, Die heutigen Erklä-
rungen des Schatzsekretärs müßten im Lande berechtigte Miß-
stimmung erregen. (Beifall rechts.)
Direktor Körner giebt dem Vorredner gegenüber eine Ueber-
sicht über die Entwicklung der Mehlausfuhrvergünstigungen.
Abg. Dr. Gerstenbergcr (südd. Bauernd.) befürwortet die
Einführung eines Quebrachodolzzolles.
Abg. Tr. Hahn (B. d. Landw.) beklagt die wachsende Aus-
fuhr des Futtermehles, die die Landwirthschaft bei der zunehmen-
den Pflege der Viehzucht übel empfinde. Die Regierung sollte
die kleinen Betriebe schützen, die derzeitigen Maßnahmen der Re-
gierung unterstützten aber nur die großen Betriebe und hieben in
dieselben Kerbe mit den Sozialdemokraten.
Abg. Möller-Duisburg (natl.) regt die Schaffung von
zollfreien Enclaven im Jnlande zugunsten des Veredlungsver-
kehrs an.
Abg. Brömel (fr. Ver.) hält es wirthschaftspolitisch für
höchst bedenklich, durch das Regulativ den Müllcreibetrteben eine
Exportprämie zu gewähren.
Abg. Rö sick e-Kaiserslautern (Ld. d. Landw.) weist auf die
bedenklichen Manipulationen bei dem Export und Import von
mit Kleie vermischtem Mehl hin.
Abg. B cck-Aichach (Centr.) wünscht stärkere Besteuerung der
Exportmühlcn.
Eine Reihe von Titeln wird bewilligt, darunter die Titel
Zuckersteuer und Salzsteuer, letzterer ohne Debatte.
Bei Titel Branntweinsteuer regt Abg. Lucke-Patershausen
<Bd. d. Landw.) eine Reform dieser Steuer an.
Darauf vertagt das Haus die Weiterberathung auf morgen.
Baden. L.O. Karlsruhe, 28. Febr. Unter dem
Vorsitz des Rechtsanwalts Dr. Süpfle fand heute Abend
eine gut besuchte Versammlung des Eisenbahnreform-
vereins statt, in der zunächst Prof. Böhtlingk über
die Tariffrage referirte. Er sprach sich energisch für ein
selbständiges Vorgehen Badens in der Tarifreform aus,
da von Preußen in dieser Hinsicht nichts zu erwarten sei.
Minister v. Brauer habe im Landtage die Zusage gemacht,
selbständig vorzugehen, wenn keine allgemeine Verständigung
erzielt werde. Dies scheine der Fall zu sein, denn von
den Berathungen der betr. Commission im Reichseisenbahn-
amt habe bis jetzt noch nichts verlautet. Als zweiter
Redner sprach Redakteur Röder über die Nachtheile,
welche den badischen Eisenbahnen durch die preußische
Eisenbahnpolitik, insbesondere durch die preußisch-hessische
Betriebsgemeinschaft drohen. Er berechnet den Schaden,
der durch letztere dem badischen Staat erwachsen ist, auf
650 000 Mark im abgelaufenen Jahre. Ter kolossalen
preußischen Concurrenz könne Baden nur entgegenarbeiten
durch Herabsetzung der Personen- und Gütertarife und Er-
stellung neuer Bahnen. Preußens Eiseubahnpolitik dürfe
für die süddeutschen Bundesstaaten niemals maßgebend
werden. Rechtsanwalt Dr. Frühauf wies auf die Miß-
stände am Karlsruher Bahnhof hin, der nur 8 Geleise,
anstatt 16—20 habe. Das Bruchsaler Eisenbahnunglück
möge den Abgeordneten, die heute noch von der Karlsruher
Bahnhoffrage nichts wissen wollen, zur Warnung dienen.
Er bedauert, daß die Abgeordneten aller Parteien, trotz
ergangener Einladung in der Versammlung durch Abwesen-
heit glänzen. Möge man des Gutachtens des bayerischen
Sachverständigen gedenken, der die Zustände auf dem
Karlsruher Bahnhof für direkt gefährlich erklärte. Prof.
Böhtlingk schlug nun eine Eingabe an den Landtag
vor, in der die Hauptgesichtspuukte der drei Vortrage den
Abgeordneten mit der Bitte um Berücksichtigung zur
Kenntniß gebracht werden. Die Eingabe wurde nach
einer anregenden Diskussion einstimmig gutgeheißen.
6.6. Pforzheim, 28 Febr. In einer öffentlichen Volks-
versammlung stellte Genosse Optficius Namens des Vorstandes des
sozialdemokratischen Vereins den Antrag, daß der von Geistes-
krankheit befallene Reichstagsabg. Agster auf Kosten der Ge-
nossen des 9. Bad. Reichstagswahlkreises in einer Privatheil-
anstatt untergebracht werde. Einer demnächst zusammentretenden
Wahlkreiskonserenz soll der gleiche Antrag unterbreitet werden.
Nach ärztlicher Aussage ist übrigens eine baldige Reconvaleszenz
' des Erkrankten zu erwarten.

doch wird er unserer Jnstrumentatkörperschaft nur das beste nach-
sagen können. Es ereigueien sich ein paar kleine Unfälle, die
allerorten möglich, aber sonst vermochte unser Lokalstolz beim
Anhören in üppiger Blüthe aufzuschießen. Sein Debüt ab-
solvtrte der neue Harfenist und erweckte dabei angenehme Er-
wartungen.
Was Prof. Wolfrum dem Dirigenten-Gast an die Hand gab,
war wohl so gut wie fertige Arbeit, und als dieser ihm den
Taktstock zum „Sturmlied" abgab, konnte er es mit Seelenruhe
und Sicherheit thun,
Richard Strauß ließ sich auch zur Klavierbeleitung am Flügel
nieder. Das war eine genußreiche Episode. Man hätte auch
ohne Singstimme den Tonzauber des „Ständchens", wie er ihn
aus den Tasten holte, mit Wonne hingenommen.
Die Interpretin für die eiugestreuten Gesangsnummern war
„Frau Richard Strauß", wie das Programm ankündigte. Es
liegt etwas Schönes in dieser Art der Benennung. Eine Reihe
von Sängerinnen hat das Glück gehabt, zu Mitarbeiterinnen
ihrer schöpferischen Gatten zu werden, musikalisch in ihnen aufzu-
gehen. Und so klingt es sympathisch, von „Frau Richard Strauß"
oder „Frau Felix Mottl" oder „Frau Eugen d'Albert" zu hören.
Jedenfalls besser, als wenn man von Herrn Sarah Bernhard,
oder Herrn Bertha von Suttner, oder Herrn Lina Morgenstern
reden wollte.
Frau Strauß hat den Vorzug, daß sie ganz in den Geist der
Compositton etngeweiht, deren musikalischen und dichterischen Ge-

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Landgerichtspräsidenten Emil Fieser in Freiburg die Erlaub-
niß zur Annahme und zum Tragen des ihm verliehenen König!.
Preuß. Kronen-Ordens 2. Klasse ertheilt.
— Mit Entschließung Großh. Generaldirektion der Staats-
eisenbahnen wurde Stationsverwalter Gustav Hauger in
Pfullendorf unter Ernennung zum Betriebssekretär zur Central-
verwaltung versetzt.
Karlsruhe, 28. Febr. Um 11 Uhr empfing heute
der Großherzog den Minister von Brauer zur Bortrag s-
crstattung und ertheilte dann dem Großherzoglichen Ge-
sandten in München Geheimerath Freiherrn von Bodman
eine Privataudienz. Die Großherzogin begao sich heute
Vormittag 9'/, Uhr nach Baden. Dieselbe traf um '/,2
Uhr hier wieder ein.

Ausland.
Frankreich. Paris, 28. Febr. Mehreren radikalen
Blättern zufolge ging aus den bei Buffet beschlag-
nahmten Papieren der unzweideutige Nachweis einer
orleanistischen Verschwörung hervor. Gewisse
auswärtige Souveräne hätten Geld für die Verschwörung
hergegeben, welche von einem aktivenGeneral aus-
geführt werden sollte, von dem es hieß, daß er dem-
nächst Kriegsminister würde. Die Orlcanisten sollten nur
die Ernennung des Generals zum Kriegsminister ab-
warten, um zu handeln. Dsroulöde habe den ganzen
Plan zerstört.
Paris, 28. Febr. Die Petite Rspublique veröffentlicht
eine Unterredung mit Buffet, in der dieser das Ver-
langen äußerte, vor den Staatsgerichtshof gestellt zu
werden, wenn man glaube, daß er an den Verschwörungen
Theil genommen habe. Das Blatt glaubt zu wissen, daß
in den beschlagnahmten Papieren die Namen von
Präfekten und sonstigen Beamten enthalten sind, die nach
Gelingen des Staatsstreiches an die Stelle der gegen-
wärtigen gesetzt werden sollen. Der Staatsstreich sollte
stattfinden, sobald ein General, dessen Name nicht an-
gegeben war, Kriegsminister geworden sei. Der Figaro
will erfahren haben, die beschlagnahmten Schriftstücke ent-
hielten die vollständigen Einzelheiten über die künftige
Einrichtung einer monarchistischen Regierung und Ver-
zeichnisse der von dem Herzog von Orleans nach seinem
Erscheinen in Frankreich zu ernennenden Beamten. Gleich-
wohl werde wahrscheinlich das Bestehen einer Ver-
schwörung nicht nachgewiesen werden können, ob-
schon belastende Briefe gefunden worden seien. Einer habe
z. B. gelautet: „Sehen Sie zu, ob General H. wird
marschiren wollen. Wenn ja, antworten Sie sofort. Werde
Antwort weiter schicken, dann wird alles gut gehen." Der
Figaro nennt den Namen des Briefschreibers nicht, bemerkt
jedoch, er werde heute oder morgen dem Untersuchungs-
richter Fabre Aufklärungen zu geben haben.
Paris, 28. Febr. Der Senat setzte heute die Be-
rathung der Revisionsvorlagen fort. Justizminister
Lebret erklärte: Die Verhandlungen vor dem Cassations-
hof werden öffentlich und contradictorisch sein. Die Re-
gierung hat auch alle Maßregeln getroffen, damit die Ver-
handlungen möglichst umfassend seien: Nach lebhafter
Debatte beschloß der Senat mit 155 gegen 12-v Stimmen,
in die Einzelberathun g der Revisionsvorlage ein-
zutreten.
Italien. Rom, 28. Febr. Der Papst ist leicht
unpäßlich. Die Empfänge, die heute statlfinden sollten,
wurden deshalb verschoben. Der Papst hütet das Bett.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 1. März.
X Ans dem Stadtrath. In der Stadtraths sitzung
vom 27. v. M. wurden u. A. folgende Gegenstände zur Kenntniß
bezw. Erledigung gebracht:
1) Seitens der General-Intendanz der Großh. Cioilliste
wurden im Auftrag Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs
den städtischen Schulen der hiesigen Stadt zwei Exemplare des
Kunstblattes: „Internationale Flottenschau in Kiel am 21. Juni
1895" nach dem Gemälde des Marinemalers F. Stollenberg zum
Geschenke gemacht, wofür der Stadtrath seinen Dank ausspncht.
2) Das Geschenk des Herrn Kaufmannes Franz Trau zur
städtischen Kunst- und Alterthümersammlung. bestehend in einem
Buch aus dem Jahre 1805: Geschichte und Beschreibung der
Stadt Heidelberg von Professor Fried. Pet. Wundt, wird dankend
entgegen genommen.
3) Nach dem Geschäftsbericht des Vorstandes des städtischen
chemischen Laboratoriums wurden von demselben im Januar
2 Proben von Käse, 1 von Bratwürsten, 1 von Cocosbutter,
9 von Kuhbutter, 5 von Kuhmilch, 6 von Margarine, 14 von
Metallspielwaaren, 2 von Palmin, 8 von Petroleum, 24 von
Schweineschmalz, 1 von Terpentin, 1 von Traubenwein. 3 von
Trinkwasser und 60 von Wurst untersucht. Von den 137 Unter-
suchungen erfolgten 135 im Aufträge von Behörden und 2 auf
Antrag von Privaten. Die Untersuchung je einer Milchprobe
aus den Milchkuranstalten von Joh. Baur und von Jakob
Schweickardt lieferte ein günstiges Ergebniß.

halt voll und vortrefflich erschöpft und darüber vergessen läßt,
daß die Stimme in den hohen Lagen sehr viel an Klang und
sinnlichem Retz eingebüßt hat und oft recht schwer ansprtcht. Die
stilvolle Vermittlung wirkt dennoch bedeutend.
Von drei Liedern mit Orchesterbcgleitung sind zwei, „das
Rosenband" und „Morgen" etwas süßlich und nicht sonderlich
hervorragend. Dagegen ist „Cäcilte" ein Lied voll Temperament
und Eigenart.
Mit seiner Violinbegleitung hatte Concertmeister Grau Glück
und Erfolg.
Drei Lieder mit Klavierbegleitung zeigten Strauß von den
verschiedensten Setten. Innig hingebend in „Meinem Kinde",
fast an Schubert gemahnend in dem schlichten Ernst des „Be-
freit". Wenn ich nur den Text verstehen könnte! Stirbt „sie",
oder ist es eine Nora? Der theils mit Recht berühmte, theils
mit Recht berüchtigte „Dehmel" hat vielleicht wie sein großer
College Goethe „Halbunsinn" in der Extase von sich gegeben.
„TuS Ständchen" bleibt ein Juwel, und gestern hat es.
- — weuu auch sonst Wiederholungen eine selbstmörderische Sünde
' sind — zum zweiten Male fast »och prächtiger geblitzt.
. Nicht hübsch war es, daß ein Spielmann aus der Nachbar-
, schaft den einen Liedervortrag mit illoyaler Concurrenz störte,
i Mein Gott, man lebt eben in einem Militärstaat. Vielleicht
bringt Jemand den Zwischenfall im Reichstag zur Sprache.
: vr. 8.

4) Das Ergebniß der Holzversteigerung vom 20. d. M. mit
einem Erlös von 6010 „Al 15 ^ wurde genehmigt.
5) Die Herausgabe des Fremdenblattes der hiesigen Stadt
für den nächsten Sommer wird der Firma Ad. Emmerling u.Sohn
dahier übertragen.
6) Die Bauvorhaben des Privatmannes E. Kauffmann,
Ladeuburgerstraße Nr. 63, und des Schuhmachers Peter Busch.
Landhaus straße Nr. 8, wurden nicht beanstandet.
7) Die Lieferung des diesjährigen Porphyrschotterbedarfs
wurde der Gemeinde Dossenheim und der Firma Gebrüder
Leferenz übertragen.
** Vom Bürgerausschutz. Die auf gestern Nachmittag an-
beraumte Sitzung wurde von dem Vorsitzenden, Herrn Ober-
bürgermeister Dr. Wilckens, um 5'/. Uhr in Anwesenheit von
87 Mitgliedern eröffnet. Der erste Gegenstand der Tagesordnung
betraf die mit der Gemeinde Waldhilsbach und dem Müller
Braun daselbst vorbehaltlich der Genehmigung des Bürger-
ausschusses wegen der Wasserversorgung abgeschlossene Verein-
barung. Der Obmann des Stadtverordnetenvorstandes, Herr
Rechtsanwalt Leonhard, theilte mit, daß sich der Stadt-
verordnetenvorstand mit der Vorlage des Stadtraths einverstanden
erklärt habe, gab eine ausführliche Darlegung der Angelegenheit
nach ihrer thatsächlichcn und rechtlichen Seite und empfahl den
Antrag des Stadtraths zur Annahme. Herr Medicinalrath
Mittermaier regte an, auf dem Königstuhl einen Ventil-
brunnen im Interesse der zahlreichen Schulkinder, die den
Berg besteigen, an die Wasserleitung anzuschließen. Herr
L. Goos richtete die Anfrage an den Vorsitzenden, aus
welchem Grunde sich der Stadtrath dazu verstanden habe,
der Gemeinde Waldhilsbach eine Wasserleitung zu errichten.
Der Vorsitzende sagte der Anregung des Herrn Mediziual-
rath Mittermaier eine wohlwollende Prüfung im Stadtralh zu.
Auf die Anfrage des Herrn Goos erwiderte er, er sei zwar der
Ansicht, daß die Stadtgemeinde in der streitigen Frage im Rechte
sei, glaube aber, daß Zweckmäßigkeits-wie Billigkeitsgründe dafür
sprächen, die Angelegenheit nicht weiter auf dem Prozeßwege zu
betreiben, sondern ihr ein Ende zu machen. Der Prozeß, in dem
noch nicht einmal ein Urtheil erster Instanz gefällt sei, könnte
sich noch Jahre lang hinziehen. Der Betrieb der Leitung vom
Rombach'Reservoir nach dem Königstuhl und der Sternwarte
koste jährlich 13—1400 „Al, welcher Betrag, wenn die Leitung
vom Roß- und Michelsbrunnen bis zur Rombach ausgeführt sei,
wegfalle, dann der kostenlose Turbinenbetrieb an Stelle des
Petroleum-Moiorenbetriebs trete. Auch sei eine Verstärkung der
Rombachleitung, aus der die oberen Stadttheile mit Wasser ver-
sorgt werben, dringend nölhig. Man sollte daher möglichst bald
zu einem Uebereinkommen gelangen. Aber auch Billigkeitsgründe
sprächen für den Vergleich, namentlich da auf der einen Seite
eine große, aufblüheude Stadtgemeinde mit zunehmenden Steuer-
kapitalien, auf der anderen eine kleine, arme Gemeinde stehe.
Dieser gegenüber sollte man es nicht so genau nehmen. Einer
großen leistungsfähigen Gemeinde sei es in solchem Falle würdig,
ein Opfer auf sich zu nehmen. Gründe der Billigkeit sprächen
auch dem Müller Braun gegenüber. Die Aus sührungen des
Herrn Oberbürgermeisters waren mehrfach von zustimmenden
wischenrufen aus der Versammlung begleitet, die auch am
chlusse ihren Beifall zu erkennen gab. Die Vorlage des Stadt-
raths wurde einstimmig angenommen. Die beiden folgenden
Gegenstände wurden ohne Discussion durch Annahme der stadt-
räthlichen Anträge erledigt. Sie betrafen, wie schon in Nr. 49
d. Bl. mitgetheilt, die Uebernahme eines dem kath.Psarralmosenfonds
gehörenden Grundstücks im Rohrbacher Baubezirk im Flächengehalt
von 41 a 8 gm auf die Stadtgemeinde zum Preise von 15 000 „/L
und den Ankauf eines dem Herrn Medicinalrath Mittermaier
gehörigen Grundstücks im Flächengehalt von 20 a 10 gm in der
Hinteren Eppelheimer-Weggewann zum Preise von 2000
Schluß der Sitzung 6 Uhr.
y Nationalliberale Versammlung. Auf die heute Abend
8 Uhr im Gartensaale der Harmonie stattfindende naitonalliberale
Versammlung machen wir unsere Parteigenossen hiermit noch
besonders aufmerksam. Auf der Tagesordnung steht ein Vor-
trag unseres Parteiführers, des Herrn Geh. Raths Meyer,
über die politische Lage. Herr Meyer ist bekannt als ein Redner,
der klar, sachlich und in fesselnder Form belehrend spricht. Es
genügt also wohl dieser Hinweis allein, um die Parteifreunde
zum zahlreichen Besuch der Versammlung zu veranlassen. An
den Vortrag schließt sich die Neuwahl des Ausschusses an.
Chronik der Stadt Heidelberg für das Jahr 1897. Als
Nachfolger des nach Karlsruhe berufenen Herrn Direktors Waag
hat auf Ersuchen des Stadtraths Herr Direktor Thorbecke
die Weckerfühiung der städtischen Chronik übernommen. Als
Frucht seiner Thätigkeit als Chronist liegt die Chronik der Stadl
für das Jahr 1897 jetzt im Druck vor (Verlag von I. Hörning,
Preis 80 Pfg.). In zehn Hauptabschnitten faßt das Werk alles,
was das Jahr 1897 unserer Stadt Heidelberg gebracht hat, in
einem übersichtlichen Bilde zusammen. Vier Beilagen und die
Porträts von acht in diesem Jahre dahingcschiedenen Bürgern er-
höhen den Werth des Werkes. Wir schließen uns dem Wunsche,
den der Stadtrath in einer Vorbemerkung ausspricht, an. daß
diese Publikation auch unter der neuen Redaktion dazu beitragen
möchte, die Theiluahme an den Geschicken und der Entwicklung
der Stadt in weitern Kreisen zu fördern und zu beleben.
** Der Sonutagsverkehr auf der Post hat laut Bekannt-
machung des Kais. Postamts in vorliegender Nr. d. Bl. eine kleine
Aenderung erfahren, indem die Schalter von jetzt an nicht mehr
Nachmittags von 5—6 Uhr, sondern schon von 12—1 Uhr Mit-
tags geöffnet sein werden.
— Ueberfahren. Gestern Nachmittag wurde beim Cafä Wächter
ein vier Jahre altes Kind, das sich in Begleitung seiner Mutter
befand, von einem Kutscher überfahren. Dasselbe erlitt aM
Kopfe Verletzungen, die aber nicht gefährlich sein sollen.
— Polizeibericht. Fünf Personen kamen in verflossener Nacht
wegen Unfugs und Ruhestörung zur Anzeige.
Ll Neckarbischofsheim, 28. Febr. Die gestern erfolgte Ab-
stimmung der Vichbesitzer dahier über die Errichtung einer
Ortsviehversicherungsanstolt hatte ein negatives
Resultat. Mit überwältigender Mehrheit verwarf man die Ein-
richtung einer so segensreichen Institution unter Verkennung aller-
noch so eindringlich gepredigten, dafür sprechenden Thalsachen-
Verschiedene Gründe wirkten zu diesem Ende zusammen, nicht
zuletzt ein starker Mangel zeitgemäßer Denk- und Anschauungs-
weise. Wenn ein Drittel der Äiehbesitztt einig sind, können diese
noch unter sich einen solchen Verein mit Anschluß an den Landes-
verband. d h. mit staatlicher Unterstützung gründen, wenn aber
dieses Drittel nicht aufgezählt werden kann, wer gibt dem Ei«-
zelnen, der sein Vieh versichern will, Gelegenheit, dies zu thun-
Den früher im Lande thätig gewesenen Privatgesellschaften »-
die Erwerbung von neuen Versicherungen untersagt worden-
sodaß keine Gelegenheit geboten ist, das Risiko der Versicherung
einer Gesellschaft zu übertragen.
Mannheim, 28. Febr. Nur noch ein kurzer Zeitraum trenn
uns von der Eröffnung der ungefähr 20 Minuten von SaNv
Hofen gegen den Waldhof zu erbauten In te-Sp inn er e i Nb
Weberei. Das Verwaltungsgebäude ist bereits betvoh'^
Gegenwärtig ist man mit dem Montiren der Maschinen in de»
überaus umfangreichen Fabrikräumlichkeiten beschäftigt und a»»
eine größere Anzahl von Arbeilerwohnungen ist bereits uN»
Dach. Verschiedene Jtaltenerfamilien sind in Sandhofen anA
kommen und haben sich dort niedergelassen, um in der neuerriw
teten Fabrik Beschäftigung zu finden.
t. Fürth i. O., 28. Februar. Es konnte unlängst von tst^
berichtet werden, daß hier und auch in der Umgegend »cn
Jagdvcrpachtungen einen Mehrerlös von 300—4«^
Prozent erzielten. Daß aber eine Jagdverpachtung mehr a-,
600 Prozent Mehrerlös erzielte, haben wir doch noch nicht »
fahren. Dies ist nun thatsächlich gestern in Aschbach vo^
kommen. Die dortige Jagd gehört zum Theil der Gemein
und der etwas kleinere Theil dem Fiskus. Beide Jagden wurv
 
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