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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0248

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Ausland.
Frankreich. Paris, 6. März. Deputirtenkammer.
Der radikale Abgeordn-te für Rsunton, Brunet, befragt
den Minister des Auswärtigen über die Angelegenheit von
Maskat. Bisher habe die Abmachung vom Jahre 1862
die Beziehungen Frankreichs und Englands zum Sultan
von Maskat geregelt. Redner fragt, ob dieses Verhältniß
eine Aendecung erlitten habe und ob Frankreich in Mas-
kat nicht mehr dieselben Rechte besitze, wie England. —
Minister Delcasss führt aus, aus die Nachricht, daß
Frankreich eine Kohlenstation bewilligt worden sei, habe
sich der britische Agent in Maskat gleich zum Protest ein-
gefunden und unter der Drohung der englischen Geschütze
habe der Sultan die Frankreich ertheilte Bewilligung zu-
rückgenommcn. Frankreich habe sich aber nicht in diesen
Beschluß ergeben. Was die Abmachung von 1862 be-
treffe, so habe Frankreich nie die Absicht gehabt, sie zu
ändern. Es sei Frankreichs Absicht, in dieser Hinsicht auf
allen Rechten zu bestehen und alle seine Pflichten zu er-
füllen. Es seien der britischen Regierung über den Zwi-
schenfall Vorstellungen gemacht worden, worauf sie aner-
kannt habe, daß beide Länder in Maskat gleiche Rechte
besitzen und daß Frankreich eine Kohlenstation beanspruchen
darf. Die britische R gierung habe ihr Bedauern über
das Vorkommniß geäußert und beide Regierungen seien in
Unterhandlungen darüber, wo die französische Kvhlcnstation
errichtet werden soll. Es sei daher unrichtig, zu be-
haupten, Frankreich habe eine Demüthigung erlitten.
Die französischen Kammern hätten sich weise benommcn,
indem sie der Regierung ermöglicht hätten, im Stillen über
die Angelegenheit zu unterhandeln. „Wir haben dies ge-
than und eine Geuugthuung erhalten, die nicht minder
bedeutet, weil sie ohne Lärm erlangt wurde." (Beifall.)
Paris, 6. März. Die vereinigten Kammern des
Cassationshofes unter dem Vorsitz Mazeaus er-
nannten Ballot-Be a up rs, den Vorsitzenden der Civil-
kammer, als Nachfolger Quesnay de Beaurepaires, zum
Berichterstatter in der Angelegenheit der Re Vision des Drey-
fusprozesses. Dem Vernehmen nach wird die Angelegen-
heit nicht vor dem 10. April zur öffentlichen Verhandlung
kommen.
Italien. Rom, 6. März. Der heute früh 8.30 Uhr
ausgegebene ärztliche Bericht über dos Befinden des
Papstes lautet: Das allgemeine Befinden des Kranken
und der Zustand der Operationswunde sind sehr befrie-
digend. Bis morgen Abend wird kein weiterer Bericht
ausgegeben. Körperwärme 36,6 Grad, Puls 66, Athmung
20. Gez. Lapponi, Mazzoni.
Spanien. Madrid, 4. März. Das neue K a-
binet bilden: Silvela (Vorsitz und Aeußeres), Dato (In-
neres), Villaveide (Finanzen), Duran (Justiz), Polavieja
(Krieg), Marquis Piedal (öffentliche Arbeiten u. Colonien),
Camara (Marine). Das Kabinet hat einen ausgesprochen
klerikal-reaktionären Charakter. Armes Spanien!
Amerika. New-Aork, 6. März. Der deutsche
Kaiser sandte au die Gattin des erkrankten amerikanischen
Schriftstellers Rudyard Kipling ein Telegramm, welches
in der Uebersetzung wie folgt lautet:
Als enthusiastischer Verehrer der unvergeßlichen Werke Ihres
Mannes, erwarte ich mit Spannung eine Nachricht über sein Be-
finden. Gott gebe, daß er Ihnen und Allen erhalten bleibe, die
ihm für die Herz erhebende Art dankbar sind, in der er die Tha-
ten unserer gemeinsamen Rasse besungen HU.
Frau Kipling sprach durch Vermittlung des deutschen
Botschafters in Washington ihren tiefgefühlten Dank aus
und ließ gleichzeitig melden, daß sich ihr Gemahl auf dem
Wege der Besserung befinde.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 7. März.
X Aus dem Stadtrath. In der gestrige» Stadtrath s-
fitzung wurden u. A. folgende Gegenstände zur Kenntntß
bezw. Erledigung gebracht:
1. Nach dem Geschäftsausweis der Verrechnung der städtischen
Sparkasse wurden bei dieser im vorigen Monate 1590 Einlagen
mit zusammen 237331.69 Mk. gemacht, dagegen in 796 Einzel-
beträgen zusammen 257779.14 Mk. an die betreffenden Einleger
urückbezahlt und hat die Gesammtzahl der letzteren seit dem An-
ang des Jahres um 187 zugenommen.
2. Aus einer Vorlage der Gewähr- und Pfandgerichtskom-
mission geht hervor, daß im IV. Vierteljahr 1898 folgende Ein-
träge in die öffentlichen Bücher gefertigt wurden und zwar ins
Grundbuch: 104 Käufe, 16 Erbschaften und dergl. sowie 16 son-

Abwehr in dem Augenblick, da er erkennt, daß er seine erste
Frau als Schwiegermutter und seine Schwiegermutter als
Schwiegergroßmulter wieder erhalten habe, von starker Wirkung.
Die Rolle der zweiten sanften Frau war bei Frl. H o h e n e ck
gut aufgehoben, ebenso diejenige des Schiffskapitäns und Onkels
Corbulon bei Herrn S t g l. Die erste Frau spielte Fräulein
v. Tacco, deren Kunst durch eine immer belegt klingende
Stimme leider etwas beeinträchtigt wird. Herr Mayri ng gab
den Champeaux munter und frisch; er sollte nur versuchen, seinem
Organ mehr Klangfarbe zu geben. Das Zusammenspiel ging gut,
bis auf die zweite Ohrfeigenscene, welche mißlang. 8. ül.

III. Concert zum Besten der zu erbauenden evangelischen
Kirche.
Heidelberg, 7. März.
Eine oft bewährte Kraft hatte sich wieder in den Dienst der
Wohlthätigkeit gestellt, Herr Sienold jun. war die Seele des
musikalischen Unternehmens. Unermüdlich war er dabei von der
ersten bis zur letzten Nummer als Pianist thätig, und .konnte
seine schon mehrfach gerühmten vortrefflichen musikalischen Eigen-
schaften: wohlgebtldete Technik, Feinfühligkeit, tadelloses Sich-
Anpassen nach den verschiedensten Seiten hin in bestem Lichte
zeigen. Aus der Eigenschaft des Begleiters trat er in der ersten
Nummer des Programms heraus, einer Jmprovisata von Reinecke
für 2 Claviere, die er in Gemeinschaft mit Herrn F. Samuely
zu Gehör brachte. Beide Vortragende erwiesen sich darin als
künstlerisch geschulte Clavierspteler, deren reifes Können die be-
deutenden technischen Schwierigkeiten mit Leichtigkeit überwand.
Mit ihrer absolut sicheren, ebenso eleganten als brillanten Wieder-
gabe des ziemlich heiklen Tonstückes ernteten sie lebhaften und
wohlverdienten Beifall. Schade, daß die beiden Flügel um eine
Kleinigkeit in der Stimmung dlfserirte».
Von Berufsmusikern hatten sich Hofconcertmeister Krasselt
von Weimar und Hofopernsänger Abel von Mannheim zur

stige Einträge: ins Pfandbuch: 69 bedungene, 10 richterliche und
4 gesetzliche Pfandrechte, 1 Vorzugsrecht, 3 Versteigerungs-
verfügungen, 1 sonstiger Eintrag und 6 Einträge über. 198
Löschungen.
3. Die Vergebung der Lieferung von 300 obm Pflastersteinen,
von 468 qm Holzpflaster und von 2230 m Sandstein-Randsteinen
erfolgt nach den Anträgen der Stadtbaukommission.
4. Es wird angeordnet, daß das an der Landestelle für die
Neckardampfboote zu errichtende Wartehäuschen noch vor Ablauf
des Monats hergestellt wird.
5. Die für die Vermiethung von Räumen im Museumsgebäude
von Vereinen rc. zu erhebenden Beträge für Miethe, für H eizung,
Beleuchtung n. s. w. wurden nach den Anträgen der besonderen
Kommission festgestellt.
A Frauen-Verein. Der hiesige Frauenverein hielt gestern
im Garteusaale des Museums seine Generalversammlung ab. Der
Vorsitzende Beirath Dr. Blum trug den allgemeinen Bericht pro 1898
vor, woran sich die Berichte der Abtheilungsvorstände über die
6 Abtheilungen anschlossen Wir entnehmen dem Bericht, daß
der Verein zu Anfang 1898 395 Mitglieder besaß, am Jahres-
schluß 388. Der Abgang durch Wegzug, Tod und Austritt ist
somit durch Neueingelretene nicht völlig ausgeglichen worden.
Der Vorsitzende nahm hieraus Anlaß, den Anwesenden die
Werbung »euer Mitglieder ans Herz zu legen. Der Vorstand
nimmt jeder Zeit neue Mitglieder au. Der Jahresbeitrag stellt
sich auf nur 2 M. Die Hauptkasse des Vereins hatte 8007,10 Mi
an Einnahmen und 7754,89 Ml an Ausgaben aufzuweiseu. Das
Vermögen derielben belief sich am Schluß des verflossenen
Jahres auf 24405,86 Ml Was die einzelnen Abtheilungen an-
betrifft, so war die Arb eits schule von 113 Schülerinnen besucht.
Der Schulbesuch hat sich somit wieder in erfreulicher Weise ge-
hoben; eine HilfSlehrertn mußte angenommen worden. Der
Schule ist die Berechtigung ertheilt, für das Examen als Hand-
arbeitslehrerinnen vorzubereiten, was jedenfalls günstig auf ihre
Frequenz einwirken wird. Die Ablheilung II, Näh verein,
hat an Mittwoch Nachmittagen 407 Stück Wäsche angefertigt
und davon 388 an Bedürftige abgegeben. Die Flickschule
wurde letzten Winter von 54 Mädchen aus der 7. Klasse der
Volksschule, die zu Ostern aus der Schule austreten, besucht.
In der Krankenpflege des Vereins sind jetzt sieben Schwestern
thätig; sie haben 1114 Personen an 1714 Tagen und 1721
Nächten gepflegt. Das Frauenheim, das von Frl. Krapp
mit Umsicht und Thatkrast geleitet wird, bietet das Gepräge des
Behagens und Friedens dar. Die Armenpflege des Vereins
gliedert sich in Wohlthättgkeitsoerein, Suppenanstalt und Volks-
küche. Mit einer Unterstützung an Brod und Fleisch und dergl.
wurden 198 Personen bedacht Aus der Suppenanstalt wurden
8000 Portionen unentgeltlich abgegeben. Wegen Vergrößerung
der Gewerbeschule mußten Suppenanstalt und Volksküche ihr
Lokal räumen; ein passender Ersatz konnte nicht gleich gesunden
werden. Man hofft in dem städtischen Hause Btenenstraße 7
unterzukommen, inzwischen ist die Suppenanstalt städtischerseits
unter Mitwirkung der Abtheilung IV. in einem provisorischen
Lokal weitergefuhrt worden. DieHerberge des Vereins wurde
von 548 Dienstboten aufgesucht; die Stellenvermittelung
erzielte das günstige Resultat, daß 411 Dienstboten eine Stellung
zugewiesen wurde. Die Schule für weibliche Dienübote zählte
11 Zöglinge. Auch Herberge und Schule müssen ihr Lokal im
Marpall verlassen, sie hoffen auf dem städtischen Grundstück am
Jubiläumsplatz wenigstens für einige Jahre unlerznkommen, in
dem sich provisorisch im Hinterhaus die Suppenanstalt befindet.
Die Abtheilung VI, welche sich der B ea u fs i chti g u ng der
Pflegekinder widmet, hatte einen schweren Verlust zu ver-
zeichnen durch das Htnscheiden von Frau Luise Schulze. Der
Jahresbericht gedenkt der Dahingeschiedenen mit Anerkennung
unb Herr Pfarrer Schmitthenner widmete ihr in der gestrigen
Generalversammlung einen schönen Nachruf. Im Jahre 1898
standen 351 Kinder unter der Aufsicht des Vereins. Die Unter-
abtheilung 4. der Ablheilung VI beschäftigt >ich mit der Mäd-
chenfürsorge. Hier war das besondere Arbeitsgebiet der verstor-
benen Frau Schulze. Die Fürsorge kouzentrirt sich im Wesent-
lichen darauf, bedürftige Mädchen für ein Jahr in die Dienstboten-
Ichule der Abtheilung V unlerzubringen, sie auch im Bügeln und
'Nähen unterrichten zu lassen und sie auf ihrem weiteren Lebens-
weg mit Rath uuo Thal zu unterstützen. Wenn die Erfolge
nicht immer die gewünschten sind, so liegt dies häufig daran,
daß die Angehörigen oer Mädchen sich einmischen und die Mäd-
chen oft vor der Zeit wieder aus der Anstalt sortnehmen. Die
Unlerabtyeiluiig 1i hat im verflossenen Jahre einen ersten Ver-
such mit Füisorge für Fabrikarbeiterinnen gemacht. Mittwochs
Abends zwischen 6 und halb 9 Uhr wurden 26—41 junge Fabrik-
arbeiterinnen und Kinder im Jnbustriesaal des allen Schulhauses
versammelt, wo Handarbeiten gemacht und die Zeit ihnen mit
Lorlcseii, Singen, Räthselrathen u. s. w. verkürzt wurde. Von
den 21 Fabrikarbeiterinnen kamen nur 8 regelmäßig. Den andern
war der Weg aus der Weststadt für den regelmäßigen Besuch zu
weit. Einzelne erklärten auch, es seien ihnen zu viel kleine Kinder
zugegen. Die noch schulpflichtigen Kinder wurden nach der Weih-
nachtsfeier entlassen. Es blieben noch 16 Besucherinnen, darunter
6 Fabrikarbeiterinnen. Der Versuch soll fortgesetzt werden. Aus
Vorschlag des Vorstands wird der Verein sich ein weiteres Ge-
biet der Thättgkeit erschließen. Es ist in Erfahrung gebracht
worden, dag in manchen Familien — und durchaus nicht bloß in
den.ärmsteN Familien — sehr prekäre Verhältnisse eintreten, wenn die
Frau in die Wochen kommt und Niemanden hat. der in dieser
Zeit statt ihrer den Haushalt versieht, so ist es vorgekomme».
daß Wöchnerinnen schon am vierten Tag wieder am Wasch-
zuber standen und auch sonstige schwerere Arbeit für die Familie
verrichteten. Die schädlichen Folgen solcher verfrühten An-
strengung im schonungsbeüürfligen Zustand liegen auf de^

Mitwirkung eingefunden. Dem Violinspieler sind sehr gute
Eigenschaften nachzurühmen, eine klare Spielmeise, ohne jede
afstctirte Manier, angenehm r, weicher Ton und eine bis zur
Virtuosität ausgebildele Technik. Ter Eindruck seiner Leistungen
ist ein außerordentlich sympathischer. Außer einem Adagio von
Vteuxiemps und dem bekannten Adagio aus dem 6-moII-Loncert
von Bruch bot er noch eine gefällige Serenade von Sienold seu.,
um schließlich in einer Phantasie seines ungarischen College»
Hubay ein technisches Brillantfeuerwerk zu bieten, das lebhaft
cka oapo verlangt wurde.
Der Tenor, Herr Abel, z. Zt. der Nachbarbühne Mannheim
angehörend, aber für Leipzig gewonnen, besitzt Stimmmaterial,
das die so versprechend begonnene Carrisre erklärlich erscheinen
läßt. Mittellage und Höhe haben viel Glanz und Frische, die
Tiefe dagegen ist noch wenig ansprechend. Der junge Sänger,
offenbar auf dem Concertpodium noch nicht recht heimisch, darf
noch emsig an seiner Ausbildung Weiterarbeiten. In Mittellage
und Tiefe neigt er zum Tremoliren, oft macht sich eine etwas
stoßende Tongebung geltend; das Athemholen ist nicht immer
korrekt, zu Beginn distontrte er auch merklich. Von den Liedern,
unter denen wiederum eine Composttion von Sienold seu., ein
sehr melodiöses Mailied, Aufnahme gefunden hatte, sagte das
letztere Herrn Abel am meisten zu. Der zarte Vortrag von
„Wanderers Nachtlied" von Schubert und die flotte Schneidigkeit,
mit der er Schumanns „Hidalgo" ausrüstete, sicherten dem Gast
einen lebhaften Applaus. Auch in den übrigen, beifällig aus-
genommenen Nummern übte der Wohlklang des Organs und die
Wärme des Vortrags eine gute Wirkung.
Das Concertunternehmen darf als ein vollkommen geglücktes
bezeichnet werden.
Nur die Malice der unmusikalischen Außenwelt spielte ihm
einen kleinen Streich. Machte neulich ein stürmischer Spielmann
einen Angriff auf die Harmonie des Bach-Veretns-Concertes, so
war es gestern der Sturm selbst, der einem Fenster unberuse.ne
„Obertöne" und Klopfgeistecgelüste störend entlockte. vr. 8 '

Hand. Der Frauen-Verein will nun drei Pflegerinnen aufstellen,
die es übernehmen, in solchen Fällen die Hausfrau in ihrer
Arbeit zu vertreten, bis sie sie wieder selbst übernehmen kann.
Es handelt sich alio wohlgemerkt nicht um Krankenpflege, sondern
um Haushaltsführung. Natürlich werden die betreffenden Per-
sonen. wenn sie die Haushaltung besorgen, die Kinder für die
Schule Herrichten u s. w., auch nach der Wöchnerin zu sehen
haben. Die Pflegerinnen sollen ein jährliches Wartegeld von
50 bis 80 Mi erhalten. Dafür müssen sie jeden Augenblick be-
reit sein, die Führung des Haushalts einer Wöchnerin zu über-
nehmen. Sie erhalten in solchen Fällen täglich 1,50 Mi oder,
wenn sie die Kost in der betreffenden Familie nicht haben können,
2 Mi Der Betrag ist von der betreffenden Familie zu zahlen,
wenn diese nicht dazu im Stande ist, so übernimmt die Stadt die
Zahlung. Die neue Einrichtung, das ist klar, kann sehr segens-
reich wirken. Und sie wird es hoffentlich!
O Für das Lehrerinnenheim in Lichtenthal. Wie wir aus
Karlsruhe hören, sind die Vorbereitungen zu dem vom 11. bis
13. März in der dortigen Festhalle stattfindenden Jahrmärkte
oder Bazar zum Besten des Lehrinnenheims in
Lichtenthal jetzt in vollem Gange. Die Arbeit der Vor-
bereitungen mag keine geringe sein; denn der Verein darf mit
Freude und Dankbarkeit bekennen, daß er von allen Seiten mit
dem freundlichsten Wohlwollen bei seinem Unternehmen unter-
stützt worden ist. Auch von Heidelberg muß gerühmt werden,
daß es in der bereitwilligsten und opferfreudigsten Weise eine
große Menge schöner und nützlicher Gaben dem Vereine zu diesem
Zwecke hat zufließen lassen. Es wird sich somit der Jahrmarkt
äußerst bunt und reichhaltig gestalten, und man kann nur
wünschen, daß die kauflustigen Besucher in eben so reichem Maße
sich einstellen werden: Manch kleinere oder größere Opfergabe
dürfte dort zu erwarten sein, dem Empfänger zur Freude, dem
Unternehmen der Lehrerinnen zur Wohlfahrt. Wir geben der
Hoffnung Raum, daß die Freunde und Gönner der Sache nicht
Karlsruhe allein es überlassen werden, für den guten Erfolg des
Jahrmarktes einzutreten, daß vielmehr auch von unserer Stadt
sowie anderen Orten Badens kleine Opfer in dieser Hinsicht nicht
gescheut werden.
88 Neuer Comet. Am Süd-Sü^-West-Himmel ist jetzt Abends
in der Dämmerung (7 Uhr) ganz tief am Horizont (bei ^ Eridani)
ein Comet zu sehen, welcher auch mit bloßem Auge wahr-
genommen werden kann. Derselbe ist von Swift in Californien
entdeckt worden. Da der Comet eine Bewegung nach Norde»
und Osten zu besitzt, so wird er auch in unseren Breiten bald
zu sehen sein. Er wird sich quer durch das Sternbild des
Eridanus auf den Orion zu bewegen. Jedoch ist über seine
Bahn noch nichts Näheres bekannt.
8 Aus dem Stadttheil Reuenheim. An der Sitzung der
Ev. Kirchengemerndeversammlungam letzten Sonn-
tag nahmen 28 Mitglieder, sowie Herr Bürgermeister Dr. Walz
theil. Nachdem der Bescheid auf die letzte Kirchenvisitation mit-
getheilt worden war, genehmigte die Versammlung die Anstellung
eines leitenden Architekten für den bevorstehenden Kirchenbau,
den Vertrag mit dem Verrechne! der Steuer- und Kircheubau-
kasse und gab ihre Zustimmung zur Ausgabe von 3prozentigen
Schuldverschreibungen zu 50, 100 und 500 Mk. im Gesammt-
betrage von 60 000 Mk., die in der Gemeinde untergebracht wer-
den sollen. Möchten sie willige Aufnahme finden!
(J Schöffengerichtsfitzung im Stadtrathssaale vom 6. März.
1) Friedrich Hammel aus Dietenhan, z. Zt. hier in Haft, er-
hielt wegen Unterschlagung 3 Wochen Gefänguiß, 2) Frieda
Christiana Karolina Oswald aus Stuttgart, z. Zt. hier in Hafk,
wegen Diebstahls 10 Tage Gefängniß, 3> Wilhelm Rehberger,
Jnstallateurlehrling hier, wegen Körperverletzung 1 Woche Ge-
fängniß. 4) Die Verhandlung gegen Karl Hanne, Taglöhner
hier, wegen Hausfriedensbruchs und Bedrohung wurde vertagt.
5) Karl Kollmar, Gypser hier, erhielt wegen Körperverletzung
3 Wochen Gefängniß, 6 Johann Adam. Scheible, Schlosser-
lehrling hier, wegen Körperverletzung 3 Tage Gefänguiß,
7) Margaretha Neff aus Unterschönmaltenwag, z.Zt. hier in Hast,
wegen Unterschlagung und Betrugs 10 Tage Gefängniß, 8) Jakob
Windisch V , Taglöhner, und Barbara Windisch, Cigarrenmacherin.
beide in Kirchheim, erhielten wegen Jagdvergehens und Dieb-
stahls elfterer 1 Woche Gefängniß, letztere 6 Tage Gefängniß.
9) Georg Riesenacker, Landwirth in Dossenheim, wurde von der
Anklage wegen Hausfriedensbruchs freigesprochen. 10) Jakob
Dalgauer, Schlosser in Leimen, erhielt wegen Körperverletzung
eine Geldstrafe von 10 Mi event. 2 Tage Gefängniß, 11) Leon-
hard Heid aus Miesenbach, z. Zt. hier in Haft, wegen Körper-
verletzung, Diebstahls und Unterschlagung 5 Wochen Gefängniß,
12) Joh. Ulrich Zimmermaun, Cementarbeiter in Wieblingen,
wegen Körperverletzung eine Geldstrafe von 5 M, der Mitange-
klagte Ludwig Schneider, Cementarbeiter in Rohrbach, wurde frei-
gesprochen. 13) Jakob Schmitt, Fabrikbarbeiter in Reilsheim, und
Joh. Valentin Treiber, Landwirth in Gauangelloch, erhielten
wegen Körperverletzung und Uebertretung des § 367 N.St.G.B.
Schmitt eine Geldstrafe von 30 M event. 6 Tage Gefängniß,
Treiber eine solche von 10 Mi event. 2 Tage Gefängniß.
— Polizeibericht. Ein Cementarbeiter aus Wieblingen, der
gestern Abend am Bahnhofe dahier Ruhestörung verübte und
dem dortigen Schutzmann auf dessen Zurechtweisung keine Folge
leistete, wurde wegen Widerstand verhaftet; auf der Wachtstube
machte er eine» SelbstMordversuch, indem er sich mit einem
Messer in den Hals schnitt. Acht weitere Personen kamen wegen
Ruhestörung und Unfugs zur Anzeige.
8. 6. Mannheim, 6. März. Am Samstag Abend stürzte
hier ein Neubau ein, der binnen Kurzem bezogen werden sollte.
Zum Glück befand sich Niemand in demselben, als der Einsturz
erfolgte. Die Ursache ist noch nicht ermittelt. Man glaubt, daß
der Einsturz dadurch herbeigeführt wurde, daß bei den auf dem
anstoßenden Grundstück vorgenommenen Fundamentirungsarbeiten
die Untergrabung der Giebelmauer des eingestürzten Hauses zu
tief ausgesührt wurde. Das Haus war Eigenthum der Bau-
meister Becker, Großmüller und Jakobi von Ilvesheim. Der
Schaden ist sehr beträchtlich.
L. öl. Karlsruhe, 6. März. Für den Bau und Betrieb einer
Eisenbahn von Wiesloch nach Meckesheim und von Wiesloch
nach Waldangelloch wurde nunmehr die Konzession der Badischen
Lokal-Eisenbahnen-Aktiengesellschaft in Karlsruhe ertheilt. Die
Bahn muß bis zum 1. Januar 1902 in Betrieb genommen sein-

Theater- und Kunstnachrichten.
Heidelberg, 7. März. (Stadlkheater.) Da Herr Kärger
noch immer verhindert ist, aufzutretcn, hat die Theaterdirektw»
Herrn Hofopernsänger Kromer von Mannheim eingeladen, in de)
morgigen ersten Ausführung der Oper „Rigoletto" die Titelpartie
als Gast zu singen. Die sonstige Besetzung der Oper durch dn
ersten Kräfte haben wir bereits mltgetheilt und fügen nur noch
hinzu, daß bei dieser Vorstellung, die im Abonnement stattfindet,
alle Preisermäßigungen aufgehoben sind.
Heidelberg, 7. März Auf das im großen Saale des Mu-
seums am 9. ds. stattfindende Symphoniekonzert des städtischen
Orchesters machen wir an dieser stelle noch besonders aufmerk-
sam. Für dasselbe ist ein schönes Programm aufgestellt, das
seine Anziehungskraft nicht verfehlen wird. Durch d e Mitwirkung
der Konzertsängerin Frl. Maria Krebs aus Frankfurt gcwinw
das Konzert noch an Interesse. Es findet unter der Leitung des
Hrn. Musikdirektors Radig statt, der auch die Klavierbegleitung der
Lieder übernimmt. Zu dem Concert haben die Mitglieder de»
Museums freien Eintritt, für Nichtmitglieder werden Karten
bei Herrn O. Petters, Leopoldstr. 5, abgegeben. Näheres s.
Anzeigetheil der heutigen Nummer.
Mannheim (Grotzh. Hof- und Nationaltheater.) Mittwoch»
8. März: „Fuhrmann Herrsche!".
Darmstadt. (Großh. Hofthcater.) Mittwoch, 8. März: „D>-
Walküre". Donnerstag, 9. März: „Wohlthättge Frauen".
tag, 10. März: „Siegfried".
 
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