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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0287

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Xr. 64. Zweites Statt.

Doaaekstag, den 16. Mär?

1899.

Deutsches Reich
— Das Marineverordnungsblatt veröffentlicht folgende
allerhöchste Verfügung:
Nachdem Ich Mich entschlossen habe, den Oberbefehl
über Meine Marine ebenso wie über Meine Armee selbst
zu führen, erachte Ich es nicht für zweckmäßig, wenn zwischen
Mir und den einzelnen Befehlshabern eine centrale Com-
rnandobehörde steht, die lediglich meine Befehle zu über-
mitteln hoben würde. Ich bestimme daher: 1. Die Behörde
»Ober-Commando der Marine" kommt in Fortfall. 2. Die
bisherige Admiralstabsabteilung des ObercommandoS wird
selbständig mit der Bezeichnung „Admiralstab der Marine",
mit dem Chef des Admiralslabes der Marme an der Spitze
und dem Sitz in Berlin. Der Chef des Admiralstabes wird
Mir unmittelbar unterstellt. Ich verleihe ihm die Disciplinar-
und Urlaubsbefugmsse, wie sie bisher dem commandirenden
Admiral zugestanden. Im Admiralstabe werden außer den
Admiralstabsgeschästen die militärpolitischen Angelegenbeiten
der im Auslände befindlichen Schiffe bearbeitet. Alle übrigen
Abtheilungen und Decernate des ObercommandoS werden
aufgelöst. 3. Es werden Mir ferner unmittelbar unterstellt:
Die Chefs der Marinestationen, der Jnspecteur des Bildungs-
wesens. der Chef des 1. Geschwaders, der Chef des Kreuzer-
aeschwaders. Ich verleihe diesen Befehlshabern, die gerichts-
herrli ten Disziplinär- und Urlaubsbefugnisse, wie sie bisher
dem commandirenden Admiral zustanden. 4. Ich behalte
Mir vor, einen „Generalinspecteur der Marine" zu ernennen.
Der Chef der Marinestation der Ostsee, Admiral
Köster wurde unter Belastung in seinem bisherigen Ver-
hältnisse und unter Verleihung der Befugnisse und des
Rangs eines commandirenden Generals zum General-
inspecteur der Marine ernannt.
— Contreadmiral Ben bemann ist zum Chef des
Admiralstabs der Marine ernannt worden.

Aus Stadt und Land.
lH Leimen, 13. März. Vom 4. April d. I. ab findet hier
leweils am Dienstag und Freitag Vormittag, in den Sommer-
monaten von 7—12 Uhr und in den Wintermonaten von 8—12
"hr ein Wochenmarkt statt Wenn auf einen dieser Tage
ein gesetzlicher Feiertag fällt, so findet der Wochenmarkt am vor-
hergehenden Tage und wenn auch auf diesen ein Feiertag fällt,
am darauffolgenden Mittwoch bezw. Samstag statt.
X Sandhansen 15. März. Heute Morgen 8 Uhr brach in
dem Anwesen des Landwirths Johann Eberhart an der Schueid-
Mühlstraße dahier Feuer aus, welches das Wohnhaus mit
allen Nebengebäuden einäscherte. Mobiliar und Vieh konnten
gerettet werden. Wie man hört, sollen Kinder im Schopfe ein
Feuerchen angcmacht haben, wodurch der Brand entstanden ist.—
Gestern wurden zwei junge Leute von hier abgeführt, die einen
fremden Brauburschen mißhandelt und um seine Baarschaft
erleichtert haben sollen.
** Hirschhorn, 14. März. Die gestrige Lohrindcnver-
Ueigerung dahier ist leider wiederum recht schlecht ausgefal-
len. Kaufliebhaber waren zwar genug erschienen und es hätten
Wohl die etwa 50 000 zum Verkauf gekommenen Zentner Rinden
für alle die erschienenen größten und größeren Ledcrfabrikanten
Deutschlands lange nicht ausgereicht. Aber dennoch wurden nur
>e nach Qualität — Alter und Standort — 4 bis 5.40 Mk. pro
Zentner gezahlt, ein Preis, der leider die so massenhaft ange-
pstanzten Rindenwälder des Odenwaldes ganz unrentabel macht.
-2or 30 Jahren kosteten die Rinden bekanntlich weit mehr Gul-
ben. als heute Mark.
's Mannheim, 13. März. Die hiesige Volksschule steht
bor der wichtigen Frage einer totalen Reform, welche in
ber nächsten Zeit in unserer Stadt im Vordergrund der öffent-
lichen Diskussion stehen wird. Angeschnitten worden ist die An-
gelegenheit durch eine umfangreiche Denkschrift, weiche Herr
Stadtschulrath Dr. Sikkinger an den hiesigen Stadtrach gerichtet
bat. In dieser Denkschrift weist der Leiter unserer Volksschulen
barauf hin, daß seit vielen Jahren an der hiesigen erweiterten
lirolksschui^ru^erhältnißmaßi^veni^Schnle^ü^u^berften

Klasse gelangen und daher beim Austritt aus niedrigeren Klassen
des regelrechten Abschlusses ihrer Ausbildung entbehren, und daß
in dieser Hinsicht die Mannheimer Volksschule an letzter Stelle
unter den erweiterten Volksschulen der größeren badischen Städte
rangire. Herr Sikkinger vertritt die Ansicht, daß diese Mißstände
unbedingt beseitigt werden müssen und zwar durch eine Gliederung
des Schulorganismus. Es soll die Einrichtung einer erweiterten
Schulabtheilung mit höher gesteckten Lehrzielen und einer ein-
fachen Schulabtheilung mit kürzer gesteckten Lehrzielen erfolgen.
Die Sonderung der Kinder soll frühestens vom 3. Schuljahre
an auf Grund der Ergebnisse eines mindestens zweijährigen
Schulbesuchs erfolgen. Für die Zutheilunci der Kinder in die
einfache und in die erweiterte Schulabtheilung soll allein die
Schule zuständig sein. Die Sonderung soll erfolgen auf Grund
der Leistungen und Kenntnisse der Schüler. Es wird außerdem
noch eine Anzahl Hilfsklassen für diejenigen Kinder errichtet, die
infolge organischer Gebrechen in ihrer geistigen Entwickelung
zurückgeblieben sind, sich aber immer noch als bildungsfähig er-
weisen. Nach den bisher gemachten Erfahrungen glaubt Dr.
Sikkinger. daß von den Kindern zwei Drittel in die erweiterte
Schulabtheilung und ein Drittel in die einfache Schulabtheilung
kommen werden.
Ueberlingen, im März. Von den kühnen Forschungsreisenden
Prof. Dr. F u t t e r e r - Karlsruhe und Amtmann Dr. Hol-
derer- Lahr, welche im December 1897 zur Durchquerung
Asiens aufbrachen, erhielt ein Ueberlinger Herr unter 14. Jan.
vom Han-River (China) aus einen Brief, in dem es laut Seeb.
heißt: „Von Kaschgar ging unser Weg über Turfan nach Chami,
worauf die Wüste Gobi in 30 Tagen durchquert wurde. Von
wilden Thieren wurden wir zwar nicht belästigt, wohl aber
hatten wir unter schroffem Witterungswechsel (Gluthhitze, Schnee-
fall mit einer Temperatur von — 10 Gr. 0. und wieder Gluth-
hitze), sowie unter furchtbaren Stürmen zu leiden, die uns oft
am Weiterkommen hinderten. Von Soutschon aus erreichten wir
Donker, wo die Karawane für Tibet ausgerüstet wurde. Un-
glaubliche Schmierigkeiten hatten wir zu überwinden, ehe wir
aufbrechen konnten: unser Dolmetscher ließ uns im Stich und die
chinesischen Behörden, die sehr wohl wissen, daß sie in Tibet so
gut wie nichts zu sagen haben, thaten alles, um uns von unserem
Unternehmen abzuhalten. Doch schließlich drangen wir durch,
gelangten wohlbehalten bis zur südwestlichen Ecke des Kukn Nor
(See) und zogen dann aus unerforschten Pfaden südöstlich bis
zum Hoangho, überschritten denselben und beabsichtigten nun,
seinen Lauf bis zum Knie zn erforschen und in der Szetschnan-
Provinz herauszukommen. Wir kamen nur bis zum oberen
Tao-Thal; dort erfolgte ein Ueberfall durch räuberische Tibetaner,
und, wenn wir uns auch wacker wehrten, konnten wir es doch
nicht verhindern, daß fast unsere sämmtlichen Thiere weggetrieben
wurden. Zwei Kugeln schlugen durch unser Zelt, doch blieben wir un-
versehrt; ein Tibetaner hatte eine Revolvsrkugel in den Leib erhalten,
worauf der ganze Stamm, dem er angehörte, drohte, er werde
blutige Rache an uns nehmen. Wir saßen in einer bösen Mause-
falle, doch endlich kamen wir auch hier durch und erreichten,
freilich unter großen Opfern, Taotschou, dann den Tan-Fluß,
vorgestern den Han-Rtver, von dem wir nun nach Hankow
gondeln. Eigentlich können wir den Tibetanern dankbar sein,
daß sie uns überfielen, denn in der Szetschuan-Provinz wären
wir wohl von den Aufrührern ohne Weiteres todtgeschlagen
worden." Der Brief trägt den chinesischen Poststempel „Hankow,
24. Jan. 1899" und den englischen Stempel „Hongkong,
31. Jan. 1899"; in Ueberlingen kam derselbe an am 4 März;
er brauchte also vom Aufgabeort bis Ueberlingen gerade 40 Tage.
Die Forschungsreisenden Dr. Holderer und Prof. Dr. Fntterer
sind auf der Heimreise und werden bald wieder in der badischen
Heimath eintreffen.
Aus Baden, 10. März. Der Inhaber der bekannten Uhren-
fabrik, Gebrüder Jung Hans in Schramberg, Commerzien-
rath A. Junghans, hatte seinerzeit dem Gouvernement von
Kiautschou in Tsintau eine Auswahl seiner Uhren unentgelt-
lich gesandt, um die Wohn- und Diensträume der deutschen Be-
satzung möglich auszustatten. Die Sendung (50 Weckeruhren,
12 Pendelwanduhren und ein Negnlateur mit Musikwerk) traf in
Kiautschou noch rechtzeitig ein, um den Weihnachtstisch der
Truppen zu schmücken. Betgefügt waren ein halbes Dutzend
Christbäume und ein Schreiben des Spenders na die jungen
„Kameraden" in Kiautschou, in dem er daran erinnerte, daß 1870,

als die „alten Kameraden" um die Weihnachtszeit vor Paris
standen, mancher sich einen Christbaum machte, um sich das Heim-
weh zu mildern. Darum sende er diese Christbäume aus dem
Schwarzwald sammt den Lichtern. Für diese Gabe gingen Herrn
Junghans von Gouverneur Rosendahl in Tsintau, wie von Unter-
offizieren und Mannschaften des dritten Seebataillons und des
Matrosen-Artillerie-Detachement in Kiautschou zahlreiche Dankes-
zuschriften zu. Besonders hübsch sind die Ansichtspostkarten von
Tsintau und Umgebung, welche von Unteroffizieren, Korporal-
schoften und Mannschaften mit Dankesbezeugnngen an den
Spender der Gaben abgesandt wurden.
X Patentbericht für Baden vom 7. März 1898,
mttgetheitt von dem Internat. Patentbureau C. Kley er in
Karlsruhe. (Auskünfte ohne Recherchen werden den Abonnenten
dieser Zeitung bei Einsendung der Frankatur gra tis ertheilt.)
a. Patent-Anmeldungen: L. 23478. Bügeleisen mit
lösbarem Handgriff; Zus. zu Pat. 74762. Emil Reis, Pforz-
heim. Angemelbet am 30. Sept. 1893. — Ll. 15204. Fang-
auslösung für mehrfach aufgehängte Fahrstühle. Hermann Mohr,
Mannheim, Friedrtchsfelderstr. 11. Angemeldet am 14. April
1893. — b. P a t e n t - E r t h e i l u n g e n : Keine. —
o. Gebrauchsmuster-Eintragungen: Nr. 110203.
Ofengestell zu irischen Kachelöfen mit vier verticalen, sämmtliche
Kacheln einschließenden metallische» Eckleisten sowie mit metalli-
schen Querleisten zur Trennung der Kacheln. Gebr. Bischer,
Karlsruhe. Angemeldet am 26. Jan. 1899. — Nr. 110379.
Geflochtener Fahrrad-Transport-Kocb, bei welchem Deckel und
Boden aus einem Stück geardeilet sind, und das Fahrrad von
der Leite eingeschoben werden kann. Friedrich Ludwig, Graucls-
baum. Angemeldet am 16. Jan. 1899. — Nr. 110 449. Patrone
zur Zentratzündung mit sternförmigem Ambos. Ernst Schreiner
in Durlach (Baden). Angemeldet am 31. October 1898.

Verl oosu» gen.
Stadt Antwerpen IVO Fr -Loose vom Jahre 1887. Ziehung
am 10. März. Auszahlung am 1. Juli 1899. Gezogene Serien:
Nr. 447 3315 3842 4168 4567 6059 6809 8137 8442 10171
10762 11276 12324 16671 18490 19782 20774 22329 26586
26596 28878 34993 36489 36628 39185 41255 41617 44422
45064 45164 46232 46528 47135 47415 47788 52001 53139
53518 54L07 58669 60759 62373 63527 67267 68446 68779
70362 72579. Hauptpreise: Serie 8442 Nc. 15 ä 100 000 Fr.
Serie 45164 Nr. 9 ä 1000 Fr. Serie 22379 Nr. 3 ä 500 Fr.
Seile 11276 Nr. 19. Serie 41255 Nr. 18 L 250 Fr. Serie 3315
Nr. 14, Serie 3842 Nr. 6, Serie 6309 Nr. 11, 13, 17, Serie
18490 Nr. 16, Serie 19782 Nr. 4, Serie 20774 Nr. 3, Serie
28878 Nr. 15. Serie 34993 Nr. 15, Serie 39185 Nr. 4, Serie
46528 Nr. 12. Serie 52001 Nr. 21, Serie 53139 Nr. 21, 24,
Serie 54807 Nr. 3, Serie 62373 Nr. 20, Serie 67267 Nr. 5,
Serie 68446 Nr. 14 je 150 Fr. Alle übrigen gezogenen Nummern
je 110 Fr.

Literarisches.
—Z Paris 1870/71. Von Carl Blcibtreu. Jllustrirt von
Chr. Speyer. 13 Bogen. Geh. 2 Mk., geb. 3Mk. Verlag von
Carl Krabbe in Stuttgart. Bleibtreu hat vornehmlich die beim
deutschen Publikum wenig bekannten Zustände auf französischer
Seite beleuchtet und manch neues Streifficht fällt auf die inneren
Verhältnisse der belagerte» Riesenstadt, sowie die mannigfache
Lähmung der höheren Befehlfübrung theils durch egoistische
Zwistigkeiten der Führer untereinander, theils durch demagogische
Umtriebe. In dem großen Gemälde fehlt kein charakteristischer
Zug, keine Einzelheit. Alles lebt, alles vtbrirt von leidenschaft-
licher Bewegung.
Für die Redaction verantwortlich: F. Montua in Heidelberg.
I«ütn 8Li^r»iitz»rr»n«! "WK
kmriodtniigs - üsgonstänlls jsäsr Lrt, als: lasst-, Kalkes-,
lrink- rmä Vkasobservios, Las- anä l'etroleumiampsn, Ssslsotcs,
versilbert, Lbsiilwlr nnä Oksnbsin; versilberte, verniolistte naä
sieinnietcelwaaren, llsooraiionsgegenstänüs, Miller sto. sto., in
llsn sinkaotrstsa bis rn äso keiostsir ^nskniirnngoa, bei äasssrst
billigen kreisen smptisbit
INI,««. v«»„ ILöniK, ilnuptstr. 124.

Amtliche
Bekanntmachungen.
Bekanntmachung.
Die Aufnahme von
Zöglingen in die Blinden-
erziehungsanstalt in Il-
vesheim betr.
Nr. 4003. Auf Beginn des kommen-
de» Schuljahres — zu Anfang des
Kanals September — werden in der
Vlindenerziehungsanstalt zu Ilvesheim
"ne Anzahl Plätze für Zöglinge frei
werden.
5 Ausnahmsfähig sind körperlich ge-
sunde und bildungsfähige blinde Kin-
der, welche das achte Lebensjahr zu-
suckgelegt und das elfte noch nicht
überschritten haben.
. Eltern und Vormünder solcher Kin-
der werden aufgefordert, etwaige An-
meldungen bei dem Vorstand der
"3Undenerziehungs Anstalt Ilvesheim
Woglichst bald einzu: eichen.
Die Ortsschulbehörden werden ver-
?!Aaßt, hie ersteren auf dieses Aus-
schreiben besonders aufmerksam zu
wachen.
Karlsruhe, den 2. März 1899,
^"^herzoglicher Ob.rschulrath.
Dr. Arnspergcr.
Meyer.
Nr, 23 2391. Vorstehend bringen
!»tr die Bekanntmachung Gr, Ober-
wulraths vom 2. d. Mts, Nr. 4003
^"öffentlichen Kenntnis)
Heidelberg, den 11 März 1899.
KroßH. Bezirksamt.
Jacobi.

Bekanntmachung.
Die Reinigung der
Gehwege in der Stadt
Heidelberg betr.
Nr. 10057 H. Seitdem die Stadt-
gemeinde im vorigen Jahre die Reini-
gung der Stratzenfahrbahnen über-
nommen hat, wird die Beobachtung
gemacht, daß vielfach die Gehwege
seitens der Hausbesitzer nicht gehörig
rein gehalten werden, und es scheint
ein großer Theil der Hausbesitzer der
irrigen Meinung zu sein, die Stadt
habe mit der Reinigung der Straßen
auch jene der Gehwege übernommen.
Wir sehen uns deßhalb veranlaßt,
ausdrücklich darauf aufmerksam zu
machen, daß die Reinigung der Geh-
wege nach wie vor den Hausbesitzern
obliegt, und bringen im Nachstehenden
die hierüber maßgebende ortspolizeiliche
Vorschrift vom 30. Mürz 1898 (22. De-
zember 1865) mit dem Anfügen zur
öffentlichen Kenntniß, daß die Schutz-
mannschaft zur strengen Ueberwachung
dieser Vorschriften angewiesen ist.

Reinigung der Gehwege.
8 1-
In sämmtlichen Straßen und Gassen
der Stadt sind die Gehwege täglich
und zwar in den Monaten vom 1. April
bis 1. October Morgens 8 Uhr, in
den Monaten vom 1. October bis
1. April Morgens 9 Uhr und Sams-
tags außerdem noch Abends 5 Uhr
resp. 4 Uhr zn reinigen.
8 2.
Die Verbindlichkeit des Reinigens
für die betr. Bewohner erstreckt sich
auf den ganzen Theil des Gehweges

längs der Häuser, Höfe/"Tärten, oder
privateigenthümlichen Plätze.
Dem Eigenthümer des Hauses, wenn
er solches bewohnt, im anderen Falle
dem Hauptmiether, liegt es ob, dafür
zu sorgen, daß diese Verbindlichkeit
gehörig erfüllt werde.
Ist das Hans an mehrere Haus-
bewohner vermiethet, so entscheidet
zunächst die etwa zwischen dem Haus-
eigeuthümer und den Miethern oder
zwischen diesen unter sich getroffene
Vereinbarung über die Verbindlichkeit
WM Gehwegreinigen. Fehlt eine solche
Vereinbarung oder ist sie unvollständig,
oder ihre Existenz nicht sofort über-
zeugend nachzuweisen, so bleibt der
Eigenthümer oder Hauptmiether allein
für den Vollzug der Reinigung ver-
antwortlich.
Bei unbewohnten Gebäuden, sowie
bei allen Stallungen, Remisen, Gärten
u. s. w. hat der Eigenthümer oder Be-
nutzer der Lokale für das Reinigen zu

Das Reinigen der Gehwege hat im
nachbarlichen Einvernehmen so viel als
möglich zu gleicher Zeit zu geschehen.
Dasselbe muß so vorgenommen werden,
daß der Gehweg gehörig rein ist.
8 4.
Die Reinignngspflichtigen können von
der Schntzmannschaft jederzeit dazu an-
gehalten werden, die Gehwege, abge-
sehen von der regelmäßigen Remignngs-
pflicht, und auch die Straßenfahrbahn
zu säubern, wenn dies im Interesse der
Reinlichkeit und des ungehinderten Ver-
kehrs als dringend geboten erscheint
Dies gilt namentlich dann, so oft die
Verunreinigung der Straße durch sie
veranlaßt wird und alsdann erstreckt
sich selbstverständlich die Verpflichtung
auf den ganzen Umfang der verun-

reinigten Straße, wenn, wie z. B- beim
Abladen von Kohlen und dergl., auch
der Platz vor den Nachbarhäusern da-
von betroffen wird.
8 5-
Bei trockener Witterung sind die zu
reinigenden Flächen vor der Reinigung
zur Verhinderung des Anfstänbens mit
Wasser zu begießen.
8 6 aufgehoben.
8 7 aufgehoben.
8 8.
Der Straßenkehricht darf nicht in
die Oeffnungen der städtischen Kanäle
(Kanalspunden) geschafft und muß so- !
gleich von der Straße entfernt werden. !
Der beim Reinigen der Gehwege sich
ergebende Kehricht darf auf die Straße
geworfen, jedoch nicht in die Oeffnungen
der städtischen Kanäle geschafft werden.
Begießen der Straßen:
8 9-
Beim Eintritt der heißen Jahreszeit
und anhaltender Trockenheit sind die
Straßen nnd Gehbahnen wenigstens
einmal des Tages und zwar zwischen
6 und 7 Uhr Abends mit frischem
Wasser zu begießen-
In der Hauptstraße und Leopold-
straße (Anlage) hat dieses auch noch
Morgens zwischen 7 und 8 Uhr zu ge-
schehen.
Bezüglich der Verpflichtung zum Be-
gießen ist 8 2 maßgebend.
8 10 aufgehoben.
Beseitigung von Eis und Schnee:
8 11.
Bei eintretendem Schneewetter oder
bei strenger Kälte sind die Gehbahnen
vor den Häusern durch die Hauseigen-
thümer insoweit von Eis und Schnee
rein zu halten, daß die Kommunikation
ungestört bleibt.

8 12.
Aus den Häusern dürfen Schnee
und Eis nur unter der Voraussetzung
auf die Straße getragen werden, daß
dieselben sofort von da wieder wegge-
bracht werden.
Schneeballwerfen, Schlitten-
fahren u. f. w:
8 13-
Das Schneeballwerfen, das Schleifen
auf den Gehbahnen, das Fahren mit
Rntschschlitten auf denselben, auf den
Straßenabhängen und öffentlichen
Plätzen bei eingctretcnem Schneefall,
das Fahren mit Fuhrwerken aller Art,
insbesondere Schlitten, Chaisen nnd
sonstigen leichteren Gefährten ohne
Schellenbehänge oder Glocken, der Ge-
brauch von langen, sog. Schlittenpeit-
schen in der Stadt ist untersagt.
Glatteis r
8 11-
Bei eintretendem Glatteis oder so-
bald die Gehwege nicht ohne Gefahr
begangen werden können, sind diese ge-
hörig zu bestreuen.
8 15.
Es darf zn dieser Zeit kein Wasser
vom Hausbedarf aus den Häusern in
die Straßenrinnen geleitet werden.
Ueberhanpt darf nach eingetretenem
Frost kein Wasser mehr in die Rinnen
oder ans die Straßen — namentlich
in der Rühe der Brunnen — geschüttet,
es muß dies vielmehr unmittelbar in
die Oeffnungen der Kanüle eingegossen
werden.
8 16 aufgehoben.
Heidelberg, den 6. Mürz 1899.
Kroßlj. Bezirksamt.
Dr Klotz.
 
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