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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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». 84. Elftes Klitt. Dienstag, den 1t. April

I8SS.

Württemberg und die preußisch-hessische
Eisenbahn-Gemeinschaft.
Es ist schon kurz mitgetheilt worden, daß am 6. d. in
der zweiten württembergischen Kammer über die preußisch-
hessische Eisenbahngemeinschaft und deren Folgen für Würt-
temberg gesprochen worden ist. Den Anlaß dazu gab der
bekannte Artikel des Frhrn. v. Wöllwarth im Schw. M.,
worin die Vortheile der Gemeinschaft für Hessen sehr ge-
rühmt wurden. In der Kammer schnitt zunächst der Ab-
geordnete Haußmann die Sache an, worauf Herr v. Wöll-
warth seinen Artikel ziemlich lau vertheidigte. Hierauf er-
griff der Staatsminister v. Mittnacht das Wort. Seine
Ausführungen mögen hier nun ausführlicher, als in der
früheren kurzen Notiz geschehen ist, wiedergegeben werden,
denn für Baden ist es sehr wichtig, wie die württember-
gische Regierung sich zu der Gemeinschafts-Frage stellt.
Der Minister meinte, eine Diskussion des Gegenstandes
in der Kammer sei nicht unbedenklich. Aber er wolle doch
nicht ganz schweigen, um keine falschen Schlüsse dadurch
hervorzurufen. Baden, so führte er dann aus, hat zufolge
der Konkurrenz der Main-Neckar-Bahn und der Badischen
Bahnen überhaupt einen Ausfall zu verzeichnen von 650 000
Mark. Baden hat diesen Ausfall erlitten infolge der Ueber-
leitung gewisser Verkehre an die preußisch-hessische
Eisenbahn-Gemeinschaft. Es liegt nun die Frage nahe,
ob auch Württemberg einen Schaden durch diese Gemein-
schaft erlitten hat. Bei den Vereinbarungen, die über eine
andere Verkehrsleitung getroffen werden mußten, hat es
sich um 2 Punkte gehandelt: um die Nord-Südrichtung, bei der
Württemberg nicht betheiligt, um die Ost-Westrichtung, bei der
es behelligt ist. Die auf diese Aenderungen bezüglichen
Vorschläge haben für Württemberg einen Ausfall von
187 000 Mk. ergeben. Es wurden aber mit dem Verkehr
Saarbrücken-Bayern Zugeständnisse gemacht, so daß sich
für Württemberg ein Ausfall ergiebt von 82000 Mk.
Der Ausfall ist also keineswegs groß genug, um uns zu
zwingen, die Flinte ins Korn zu werfen, auf Selbstver-
waltung zu verzichten. Was die Eintheilung im Verkehr
betrifft, ko kann man es keiner Verwaltung verübeln, wenn
sie ihre günstige Lage ausnütze. Einmal haben wir cs
mit Baden, dann mit Bayern u. s. w. zu thun. Die
Gefahr für Baden ist erheblich größer, als die für uns.
Das wurde in Baden auch erkannt und schon 1897 in
der bad. Kammer besprochen. Der Minister verliest die
betr. Verhandlungen. Also in Baden haben Regierung
und Kammer sich einstimmig gegen Aufgabe der Selbst-
verwaltung erklärt. Hr. v. Wöllwarth glaubt selbst, daß
die Diskutirung in diesem Hause zum gleichen Resultat
führen würde, v. Wöllwarth erblickt in der Eisenbahn-
tarifgemeinschaft ein sehr gutes Geschäft; nachdem er mit
Literatur und Briefen aufgetreten ist, könnte nachgerade
diese Frage auf die Tagesordnung gelangen. Es ist nun
die Frage, ob die Regierung sich mit dieser Frage ein-
gehend beschäftigen solle. Redner glaubt, wenn die Regierung
sich darauf einließe, müßte sie sich den Vorwurf gefallen
lassen, ganz ohne Noth demonstrativ in dieser Angelegenheit
vorgegangen zu sein, da ja die Frage eine eminent
politische ist. Wir müßten eben dann auch die Frage
ventiliren, ob wir die Posten und Telegraphen
an das Reich abgeben müssen. Die betr. Vergünstigungen
unserer Posten würden dann für das Publikum wegfallen.
Wir müßten außerdem den Postbeamten dieselben Gehalts-
erhöhungen zu theil werden lassen, wie den Eiseubahn-
beamten. Die Regierung könnte dem neuen Verhältniß
auch gewisse angenehme Seiten abgewinnen; so würde der
Etat wesentlich kleiner und könne schneller eingebracht

Ein Arauenherz.
19) Erzählung aus dem Leben von A. M. Witte.
(Fortsetzung.)
Er war still geblieben nach ihren Worten, sie schaute ihn
an, als lnüffesie enträthseln. was hinter jener düsteren,tiefen
Falte auf seiner Stirn zu lesen stand; endlich brach sie das
Schweigen. „Lothar," — er begegnete ihrem Blick, eine
flüchtige Rede flog über seine Züge wie eine Erinnerung an
das erstorbene Lenzesleben ihrer Liebe, das einst beiden so
reich geblüht hatte, das nun entschwunden sein sollte.
Gab es wirklich noch zwischen ihnen einen Zug von Herzen
zu Herzen, der, die Schranke überspringend, eine Saite ihres
Innern leise wieder berührte und in Harmonie erzittern ließ?
Hätte er sonst gewagt noch mehr zu sprechen? „Wenn Sie wüßten
was leidenschaftliche Liebe ist, dann würden Sie wissen, daß ich
nur kurze Zeit Sie aus den Augen verlor; denn glauben Sie,
daß ich glücklich wurde? Nur der Mensch, der sich selbst
verleugnet, darf es sein und ist dessen werth, mir wurde die
Selbstverleugnung leicht gemacht, denn Adelaide liebte mich,
und von Ihnen glaubte ich mich vergessen, aber dennoch bin
ich niemals glücklich gewesen; ich habe nach Ihnen geforscht,
ohne Erfolg; mir war, als sei die Pforte des Paradieses mir
verschlossen, jetzt ist sie ausgethan, als ich Sie gesehen." Er
trat einen Schritt ihr entgegen, abwehrend streckte sie die
Hände nach ihm aus. „Jetzt erst weiß ich, daß ich Sie ver-
loren, denn Sie haben mich niemals wahrhaft geliebt." War
es wirklich Magdalene, die diese Worte sprach? Ihr war eS
selbst, als habe ein dritter sie gesprochen; aller still getragener
Kummer brach sich Bahn, sie fühlte, daß sie nicht länger die-
Thränen zurückhalten könne, und ohne einen Blick auf Lothar
von Reden zu werfen, verließ sie den Wintergarten, den
fröhlich lachend und plaudernd nun die anderen betraten.

Lieben heißt ja: nie vergessen.
Wochen waren vergangen. Die Knospen schwollen schon
an den Bäumen und hie und da kam neugierig das junge

werden, was das Haus wünsche, und die ständischen Ver-
handlungen würden kürzer, was die Regierung wünsche.
(Heiterkeit.) Man könnte dann die Eisenbahnpctenten nach
Berlin verweisen (Heiterkeit) und den Unterstaatssekrctär
nach Berlin versenden. Der preuß. Minister sei dem
württ. Landtag nicht verantwortlich. Was werde dann
dem württ. Landtag zu sagen übrig bleiben! Der
Minister verliest einige Bestimmungen aus dem hess.-preuß.
Bahngemeinschafts-Statut, die für Preußen günstig sind.
Man müsse sich darüber klar sein, daß für eine Mitwirkung
des württ. Landtags in Eisenbahnsachen kein Raum mehr
sein werde. (Zustimmung.) Der Frhr. v. Wöllwarth
meine es gut, gebe sich aber Illusionen hin, die
nicht zu verwirklichen sind. Es sei beinahe ein Be-
weis von politischer Naivität, zu glauben, daß dann der
württembergische Landtag und die württembergische Regie-
rung noch etwas über die württembergischen Bahnen zu
sagen hätten. Er bewundere den Muth des Abgeordneten
Frhrn. v. Wöllwarth, diese Sache anzustreben und zwar
zunächst ganz allein. (Heiterkeit.) Er müsse erklären, daß
die Abgabe der württembergischen Staatseisenbahnen einen
Gegenstand aktueller Erwägung der Staatsregierung nicht
bilde und daß die Regierung in eine eingehendere Diskus-
sion über diese Frage nur dann eingehcn würde, wenn eine
Mehrzahl von Abgeordneten einen Antrag eingebracht ha-
ben und das Haus beschlossen haben sollte, über den An-
trag zu diskutiren. Er persönlich beabsichtige nicht, am
Schluffe seiner Laufbahn die Abgabe der Staatsbahnen zu
befürworten. Er betrachte die Bahnen als ein Gut von
hoher volkswirthschaftlicher, sozialpolitischer und staatspoli-
tischer Bedeutung, das wir am besten in eigenen Händen
bewahren wollen.
Im weiteren Verlauf seiner Rede sprach der Minister
in Erwiderung auf die Ausführungen zweier Abgeordneten
über die Tarifreform. Zufolge einer Resolution des
deutschen Reichstages seien auf Einladung des Reichseisen-
bahnamts Vertreter der verschiedenen Regierungen zu einer
Kommission zum Bchufe der Berathung über diesen Punkt
in Berlin zusammengetrctcn. Die Kommission sei im Fe-
bruar d. I. noch einmal zusammengetreten, abgeschlossen
seien die Verhandlungen noch nicht. Er wolle nun etliche
in den verschiedenen Parlamenten abgegebene Erklärungen
anführen. (Am 1. März hat der preußische Staatsminister
v. Miquel über die Frage im preußischen Abgeordneten-
haus gesprochen: Die Regierungen seien darüber einig,
daß eine wesentliche Vereinfachung einzutreten habe; zu
einer völligen Einigung werde es kaum kommen. Die
großen Verschiedenheiten der Tarife müssen beseitigt werden.
Allerdings sei damit zugleich eine Reihe alter und guter
Einrichtungen dranzugeben.) Was die Ermäßigung des
Tarifs betreffe, so werden wesentliche Ermäßigungen
auch einen wesentlichen Ausfall (?) im Etat herbeiführen.
Es wäre schade, den jetzigen Stand der Finanzen sofort
wieder durch eine große Reform aufzüheben. Angesichts
der schwebenden Verhandlungen über eine allgemeine
Regelung der Personentarife könne Württemberg nicht ver-
einzelt Vorgehen. Betreffs der württembergischen Aus-
nahmetarife könne er keine allgemeine Unzufriedenheit kon-
statiren, wie der preußische Eisenbahnminister behauptet
habe. Man müßte bei einer Vereinbarung mit den anderen
Staaten natürlich diese Ausnahmetarife aufgeben. In
Baden sei man der Ansicht, daß die Kilometerhefte nur
ein Uebergangszustand seien. Wenn es sich zeigen sollte,
daß ein befriedigendes Ergebniß von den Verhandlungen
in Berlin nicht zu erwarten sei, dann haben die süd-
deutschen Verwaltungen den Versuch zu machen,
ob sie nicht eine allgemeine Vereinbarung betreffs der

Personen taxe unter sich zu Stande bringen können-
Was er in dieser Richtung erreichen könne, werde er versuchen.
Deutsches Reich.
— Zur Frühstückstafel am letzten Sonntag beim
Kaiserpaar waren geladen Graf und Gräfin v. Törring,
der bayerische Artilleriegeneral Bauer, der Gesandte Graf
Alvenslebcn, der sächsische Oberst v. Vitzthum, Abt
Benzlcr von Maria-Laach, der sich beim Kaiser
für das Geschenk des Hochaltars in der Venedictinerabtei
Maria-Laach (Rheinprovinz) bedankte, der neuernannte
Konsul von Jerusalem, Rosen, der neuernannte Flügel-
adjutant Rittmeister v. Bülow u. a.
— Die Kreuzztg. erklärt die Gerüchte von einer bevor-
stehenden neuen Uniformirung der Feldartillerie
als jeder Begründung entbehrend.
— Einer Depesche des New - Jork Herald aus
Washington zufolge behaupten die Beamten des dortigen
Staatsdepartements, die Krönung Tanus entspreche
vollkommen dem Berliner Vertrage, der bestimmt
erkläre, daß die Entscheidung des Oberrichtcrs ausschlag-
gebend sein solle. Osborne und Kautz seien also voll-
kommen berechtigt gewesen, im Verein mit Maxse und den
englischen Kriegsschiffen die Einsetzung Tanus vorzu-
nehmen. Diese Beweisführung hat zunächst den Funda-
mentalfehler, daß sie die Entscheidung des Oberrichters
als bindend ansieht. Nach der Samoa-Akte hat allerdings
der Oberrichter bei einem Streite über die rechtmäßige
Wahl eines Königs die Befugniß, die Entscheidung zu
treffen, und die Vertragsmächte sollen sie annehmen und
sich daran halten. Aber die Entscheidung ist zugleich an
die Bedingung geknüpft, daß sie erfolgt „entsprechend.. .
den Gesetzen und Bräuchen von Samoa und nicht im
Widerstreit mit ihnen". Diese Bedingung hat der Ober-
richter Chambers nicht nur nicht beachtet, sondern das
grade Gegentheil von ihr gcthan. Es kann also keine
Rede davon sein, daß die Vertragsmächte eine solche Ent-
scheidung unbesehen anerkennen müssen, noch viel weniger,
daß diejenige von ihnen, die sie als das Gegentheil einer
unparteilichen gesetzmäßigen Entscheidung betrachtet, die
Hand zu ihrer Durchführung bieten muß.
Baden. lH Neckarbischofsheim, 9. April. In
einer von etwa 150 Personen von hier und Umgegend
besuchten Versammlung des Bundes der Landwirthc, welche
heute im Adlersaale dahier stattfand, referirte Herr
Reichstagsabgcordneter Lucke über seine bisherige
Thätigkeit im Reichstage und gab insbesondere die Erfolge
kund, die im Sinne der agrarischen Bestrebungen während
der letzten Session erreicht wurden.
Herr Lucke sprach ruhig und sachlich und enthielt sich jedes
aggressiven Vorgehen« gegen andere Parteien. Er unterzog die
Interpellation über die Fleischnoth, sowie das Bankgesetz einer
eingehenden Besprechung. Seine Ausführungen über letzteres be-
wiesen, daß er selber diese allerdings recht schwierige Materie
nicht völlig beherrscht. Seine Ausführungen über den neuen
Fleischbeschau-Gesetzentuwrf boten nur ein mäßiges Interesse.
In Baden besitzt man bereits ein bewährtes Gesetz über
die Fleischbeschau, dem der Reichsgesetzentwurf vielfach ent-
spricht. Zu erwähnen ist noch die von dem Redner vertretene
bekannte Forderung nach einer schärferen Beschau des vom Aus-
lande eingeführten Fleisches, welche Forderung auch von einem
anderen Redner aufgestellt wurde. Bezüglich des Tabakbaues
empfahl Herr Lucke Tabakverkaufsgenossenschasten, ohne aber
hierauf näher einzugehen. Zum Schlüsse gedachte er noch des
Fürsten Bismarck und des verstorbenen Bundesvorsitzenden Frei-
herrn von Plötz. Mit einem Hoch auf Kaiser und Großherzog
schloß die sehr ruhig verlaufene Versammlung.
Sachsen Koburg-Gotha. Gotha, 10. April. Bei
Eröffnung des Landtages verlas Staatsminister von
Strenge ein an ihn von dem Herzog von Con-
naught gerichtetes Schreiben des Inhaltes: „Nach dem

Grün hervor, welches der warme Regen, der mehrere Tage
angehalten, schneller ans Tageslicht gelockt Halle. Heute am
Ostersonntag schien die Sonne hellauf die knospende, grünende
Erde hernieder und färbte wundersam Baum und Strauch.
Noch lagen die Tropfen des Regens auf den Gräsern und
Blüthen, sie aber, nicht mehr des freundlichen Spenders,
welcher sie mit Demantperlen geschmückt hatte, denkend, wand-
ten sich wieder den beißen Sonnenstrahlen zu. die sie doch
nicht verzehren — das Bild manchen Lebens. Den Wald-
weg entlang, welcher den Park des Herrenhauses mit dem
Forst verband, schritt Magdalene; sie schaute die sprießenden
Gräser, die keimenden Knospen und tiefer zog sie es in den
Wald hinein. Vom Dorfe läuteten die Osterglocken, und
heiliger Friede zog in ihr Herz. Es war das erste Mal seit
jenem Abend, daß Magda das Haus verließ. Olga war in
derselben Nacht schwer erkrankt und wochenlang schwebte ihr
Leben in größter Gefahr- Treulichst hatte Magdalene sich
mit der fast verzweifelten Mutter in die Pflege des Lieb-
lings getheilt, und endlich war Olga dem Leben zurückgegeben.
Ihre Gedanken konzentrirten sich auf das stille Kranken-
zimmer; sie hatte zu niemand, selbst zu Erna nicht, der Be-
gegnung mit Reden erwähnen mögen ; jede« Gedanken an
ihn batte sic zurückaedrängt; in die Stille des Kranken-
zimmers war sein Name nie wieder gedrungen. Dennoch
war Magdalene unzufrieden mit sich selbst; sie dachte heul,
nun sie ruhiger geworden, anders über ihr Wiedersehen. Sie
hätte nicht so schroff ohne Abschied gehen sollen; hatte sie doch
einst gesagt, es gehöre kein besonderer Edelmuth dazu, zu ver-
geben. und es wäre kein Berrath an seiner Gattin gewesen,
ihm zu sagen, daß sie ihm nicht mehr zürne.
In Gedanken versunken, überschritt Magda eine kleine
Brücke unter der sich ein murmelnder Bach hinzog, und blieb
endlich an einem Postament stehen, welches vor Jahren >m
Walde errichtet worden war; nur schwer konnte man jetzt
das verwitterte Wappen erkennen, aber deutlich las man die
Worte, die sich unter demselben befanden; „Wie du mich
führst, so will ich gehen." Ja, so wollte auch sie ihr Schick-
sal nicht abschütteln. eS nehmen, wie Gott es bestimmte, ob
die Liebe zu ihm Verhängniß oder Erlösung würde, — sie

l wollte alles Gott überlassen. Immer noch läuteten die
* Glocken, sie ging lieser in den Wald hinein, die deutsche Eiche,
die herrliche Buche, die durch die Lichtungen schimmernden
Wiesen erglänzten im ersten smaragdschimmernden Grün.
Lau und feucht zog es mit würzigem Wohlgeruch durch die
Lüste.
(Schluß folgt.)

1. Symphonie-Concert des städtischen Orchesters.
Fl Heidelberg, 11. April.
Merkwürdig, daß jetzt, in der saison morts xsr or osUsnoo, ein
so dankenswerthes Unternehmen wie die städtischen Symphonie-
Concerte so wenig Theilnahme finden sollte. Zweifellos wird
bei der Qualität des Gebotenen dieser Mangel an Interesse bald
ins Gegentheil Umschlagen und das so willig wie billig Gebotene
gebührend gewürdigt werden.
Der Zuhörerschaft von gestern wurde ein ungetrübter ehrlicher
Genuß zu Theil. Die Orchesterleistungen unter Musikdirektor
Radigs Leitung erwiesen sich wiederum als ganz vortrefflich,
den höchsten Anforderungen genügend. Der lebhafte Applaus
und der Hervorruf des Dirigenten bewiesen denn auch die auf-
richtige Befriedigung des Publikums.
Ließen in der Leonoren-Ouvertüre die ersten Geigen anfangs
einige Mal etwas an einheitlichem Strich zu wünschen übrig, so
gelangen dafür die Schlußpassagen desto brillanter.
In ihrer ganzen schillernden Pracht floß die entzückende
Moldau Smetanas. das unvergleichliche Orchestermeisterwerk deS
Böhmen, dahin. In schönster Klarheit erstand Mozart's v-äur-
Symphouie und Liszts Pester Carneval sprühte in richtigem
Geist unb funkelte in echtem Glanze.
Frisch und lebendig wurde das Alles gespielt und übte eine
unfehlbare Wirkung aus. «...
Eine prächtige, metallreiche Altstimme ist Frl. Betty Kofler
vom Mannheimer Hoftheater beschieden, ein Organ von großer
Tragkraft und gleichmäßigem Wohlklang in allen Lag en. Aus
dem eisernen Bestand des Alt-Reperloirs sang sie die Orpheus-
Arie und „An die Musil", dann das Franz'iche „Das Meer har
nr-visn" „NI mit ..5Hck wandre nickt" und
 
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